oft auch fälschlich
Vierhänder
(Quadrumăna) genannt, bilden
mit dem
Menschen die erste
Ordnung der
Säugetiere, die
Primaten (s. d.), und sind unter allen
Tieren dem
Menschen körperlich
und geistig am ähnlichsten. Bei den meisten Affen ist der
Schädel rundlich und um so menschenähnlicher,
je jünger das
Tier ist; die
Kiefer sind meist hoch, kurz und kräftig, entwickeln sich aber mit zunehmendem
Alter so sehr in
die
Länge, daß der
Gesichtswinkel (s. d.) bei manchen
Arten nur 60°, bei andern nur 45° oder sogar nur
30° beträgt, während er beim
Menschen 80-85° ausmacht.
Die
Nase
[* 4] geht ohne
Absatz in die
Lippe
[* 5] über und tritt nur bei
Semnopithecus nasica beträchtlich aus dem
Gesicht
[* 6] hervor. Die
Zähne
[* 7] nähern sich denen des
Menschen, doch findet sich niemals eine vollständig geschlossene Zahnreihe, vielmehr ragen
die Eckzähne auch bei den höchsten Affen stark hervor, und zwischen ihnen und den benachbarten
Zähnen ist stets in der Art
eine
Lücke vorhanden, daß beim
Schluß der
Kiefer die Eckzähne nicht auf-, sondern nebeneinander greifen.
Backenzähne 20 oder 24 (s. unten). Die Augenhöhlen sind stets geschlossen, die mittelgroßen oder
auch kleinen
Augen vorwärts gerichtet und einander mehr genähert als beim
Menschen. Das äußere
Ohr
[* 8] ist meist nur von mäßiger
Größe, bald dem menschlichen
Ohr einigermaßen ähnlich, bald mehr zugespitzt, aber stets ohne
Ohrläppchen. Der
Hals ist kurz,
dünn und rund; der
Rumpf ist gestreckt, an der
Brust mit zwei
Zitzen versehen, aber in den
Weichen stark
eingeschnürt.
Das
bezeichnendste Merkmal der ganzen
Gruppe liegt in der
Bildung der
Hände und
Füße. An beiden nämlich läßt sich gewöhnlich
der innerste
Finger, resp. die innerste
Zehe den andern vier gegenüberstellen; so vermögen die Affen nicht nur mit den
Händen,
sondern auch mit den
Füßen zu greifen. Doch bleibt der
Fuß nach seinem ganzen
Bau ein
Fuß und ist keineswegs
eine
Hand,
[* 9] so daß man auch die Affen nicht
Vierhänder nennen darf, sondern sie als
Säugetiere mit zwei
Händen und zwei Greiffüßen
bezeichnen muß.
Einigen fehlt der
Daumen völlig oder ist nur als Stummel vorhanden oder nicht den andern
Fingern gegenüberstellbar.
Finger und
Zehen tragen zum Teil
Krallen, zum Teil
Nägel
[* 10] (s. unten). Die vordern
Gliedmaßen sind oft länger als die hintern,
welche ebenso wie das
Becken und die
Wirbelsäule nicht zum aufrechten
Gang
[* 11] eingerichtet sind. Die
Schenkel sind zu dünn, und
ihre Muskulatur ist zu schwach, als daß sie auf die Dauer den
Körper zu tragen vermöchten.
Daher nehmen die Affen nur selten
eine aufrechte
Stellung an und vermögen sich nur mit
Hilfe eines
Stocks darin zu erhalten.
Der
Gang der höhern Affen auf dem
Boden ist ein unbehilflicher, weil sie mit dem Außenrand der
Füße auftreten.
Ihre natürlichste
Ortsbewegung
[* 12] ist das Klettern, und hierin werden sie kaum von einem andern
Tier übertroffen. Viele bedienen
sich dabei ihres langen
Wickel- oder Greifschwanzes und können mit ihm sogar kleine Gegenstände ergreifen und zu sich heranziehen.
Das Haarkleid der Affen bedeckt den ganzen
Körper, mit Ausnahme einzelner
Stellen des
Gesichts, der innern
Handfläche und häufig des
Gesäßes, und neigt sich oft zu Färbungen, die sonst bei
Säugetieren seltener vorkommen.
Einzelne
Arten sind durch besondere natürliche Frisuren und durch
Barte ausgezeichnet. Im innern
Bau stehen die Affen dem
Menschen
sehr nahe. Der
Schädel gleicht dem unsrigen in vielen
Punkten, ist aber bei den Erwachsenen meist durch
starke Muskelleisten und das Vorspringen des Kieferteils tierischer. Das
Gehirn
[* 13] steht dem des
Menschen an
Masse relativ nach
und hat auch im allgemeinen einfachere Windungen. Die
Wirbelsäule besteht aus 7
Hals-, 12 bis 14
Rippen-, 3-7
Lenden-, 2-5
Kreuzbein- und 3-33 Schwanzwirbeln.
Das
Schulterblatt ist breit, das
Schlüsselbein sehr stark, das
Becken schwach. Die Muskulatur ist bei vielen
Arten eine äußerst
kräftige. Der
Tastsinn spielt eine sehr bedeutende
Rolle; so sind die
Spitzen derFinger und des Greifschwanzes mit sehr feinem
Gefühl begabt. Auch der Geruchssinn ist hervorragend entwickelt. Die seelischen Thätigkeiten der
Affen, vor allen ihr
Talent zu geschickter
Nachahmung, sind groß und wurden von jeher hoch angesehen; ja, ganze
Völker der niedersten
Kulturstufen haben, durch den menschenähnlichen Körperbau der Affen verleitet, in ihnen
Waldmenschen gesehen, welche nur aus
Scheu vor der
Arbeit die Sprachfähigkeit verleugneten.
Die Affen leben vorzugsweise von
Früchten, doch auch von
Insekten;
[* 14] in der Gefangenschaft gewöhnen sie sich
meist an die
Speisen des
Menschen. Sie bringen die
Nahrung mit den
Händen oder dem Greifschwanz zum
Munde. Das Weibchen wirft
in der
Regel nur Ein
Junges. Unter den Affen finden sich Monogamisten und Polygamisten; jene leben vereinzelt,
diese bilden aus
Familien bestehende kleinere oder größere
Scharen, welche das älteste Männchen anführt. Der Aufenthalt
der Affen ist auf die heiße
Zone beschränkt und überschreitet nirgends den Verbreitungskreis der
Palmen;
[* 15] am nördlichsten wohnen
die Makaks
(Inuus ecaudatus) von Nordafrika und
Gibraltar.
[* 16] Meist leben sie auf
¶
Bäumen, und manche berühren den Boden nur im Tode. Die Stimme ist nur bei einigen kleinern Arten sanft, sonst schreiend oder
grunzend.
Die lebenden Affen (25 Gattungen mit über 230 Arten; wegen der fossilen s. unten) bringt man in 3-5 Familien unter. Die früher
gleichfalls hierher gerechneten Halbaffen
[* 20] (Prosimii) erhebt man jetzt meist zu einer eignen Ordnung.
2. Familie: Breitnasen (Platyrrhini oder Cebidae), mit sehr breiter Nasenscheidewand und daher seitlich gerückten, weit voneinander
getrennten Nasenlöchern;
AlleFinger
mit Nägeln; Daumen nie vollkommen gegenstellbar, fehlt auch wohl ganz. Der Schwanz ist gewöhnlich sehr lang, nur selten zum
Greifen geeignet. Bei mehreren Arten an dem Zungenbein eine weite Knochenblase, die mit dem Kehlkopf
[* 21] in Verbindung steht und die
Stimme ungemein verstärkt. Namentlich ist dies bei den gesellig lebenden Brüllaffen (Mycetes) der Fall,
deren unerträgliches Geheul die Reisenden als eine wahrhafte Plage schildern. Die mit einem Wickelschwanz versehenen Arten
schwingen sich mittels desselben nicht nur von Ast zu Ast, sondern hängen sich auch aneinander, indem sie lange Ketten bilden.
3. Familie: Schmalnasen (Catarrhini), mit schmaler Nasenscheidewand und daher dicht nebeneinander gelegenen Nasenlöchern.
Dem Menschen am ähnlichsten. Gleich ihm im Ober- und Unterkiefer mit jederseits 2 falschen (Prämolaren) und 3 echten (Molaren)
Backenzähnen; die Schneidezähne stehen aber nicht wie bei ihm senkrecht, sondern schräg nach vorn,
auch ragen die Eckzähne stark hervor. Das Gesicht meist dünner und kürzer behaart als der übrige Körper, so daß sich
häufig Schnurr-, Kinn- und Backenbärte unterscheiden lassen.
Gliedmaßen lang und dünn; die Füße meist weit vollständiger entwickelt als die Hände, an denen der
Daumen zuweilen nur als kleiner Stummel vorhanden ist; Finger und Zehen sämtlich mit Nägeln. Schwanz niemals stark ausgebildet,
nie ein Greif- oder Wickelschwanz, häufig kurz oder gar nicht vorhanden. Oft sind Gesäßschwielen vorhanden, d. h.
nackte,
schwielige Stellen an den Hinterbacken, welche bei der mangelnden Muskelbekleidung der Sitzknorren das
Hocken auf dem Hintern erleichtern.
Was die fossilen Affenreste anlangt, so zweifelte man lange an deren Vorhandensein und war geneigt, anzunehmen,
daß vor dem Menschen auch keine Affen auf der Erde gewesen seien. Später aber hat man sie, freilich sparsam, in den Tertiärgebirgen
Europas, Asiens und Amerikas aufgefunden. Nur Neuholland entbehrt derselben wie der lebenden Affen. IhreFormen schließen sich an
die der Jetztzeit an; die Alte Welt beherbergte nur Schmalnasen, die Neue nur Breitnasen. In denKnochenhöhlenBrasiliens hat man neben Resten von Hapale, Mycetes, Cebus etc. auch eine ausgestorbene Form von bedeutender Größe, Protopithecus,
gefunden.
In der ältesten Tertiärzeit bewohnte ein Makak das südöstliche England und Frankreich, doch scheint derselbe seinen indischen
Gattungsgenossen näher gestanden zu haben als den jetzt auf dem Felsen von Gibraltar hausenden. In der
mittlern Tertiärzeit fanden sich orangartige Affen (Pliopithecus und Dryopithecus,
[* 22] s. Tafel »Tertiärformation
[* 23] II«)
[* 24] am nördlichen
Fuß der Pyrenäen sowie am Pentelikon in Griechenland.
[* 25]
[* 2] Fossile menschenähnliche Affen sind bisher nur in vereinzelten Bruchstücken, bestehend in einzelnen Zähnen, Unterkiefern,
Stücken von Oberarm und Schenkel, und zwar in Süddeutschland, Frankreich und der Schweiz
[* 26] gefunden worden, und es hat sich an
jedem dieser Funde begreiflicherweise ein lebendiges Interesse geknüpft, weil man in ihnen die Brücke
[* 27] zwischen
Mensch und Tier gefunden zu haben glaubte. Zwei Arten ließen sich bisher unterscheiden, die beide den indischen Gibbons (Hylobates)
nahezustehen scheinen.
Der eine (Pliopithecus antiquus) ist in einem 1857 von Lartet in den Süßwassermergeln von Sansan (DepartementGers) gefundenen
Unterkiefer mit 16 Zähnen und mehreren noch im Knochen
[* 28] steckenden Oberzähnen aus der Braunkohle von Elgg in
der Schweiz bekannt und den lebenden Gibbon-Arten so ähnlich, daß mehrere Paläontologen ihn dieser Gattung einordneten. Ein
größeres Interesse knüpfte sich an eine Anzahl von etwa einem Dutzend Backenzähnen, welche die Erzwäscher in den neogenen
Bohnenerzen am Mong bei Salmendingen (Schwäbische Alb) gefunden hatten, und die von den ersten Paläontologen
und Anatomen ganz unzweifelhaft für Zähne von Menschen gehalten wurden, deren Dasein dadurch in die jüngere
Tertiärzeit
gerückt worden wäre.
Nun erhielt aber Lartet 1856 aus dem mittlern Miocän bei St. Gaudens (Obergaronne) am Nordrande der Pyrenäen einen fast vollständigen
Unterkiefer mit derartigen Zähnen, dessen genauere Untersuchung ergab, daß es sich um einen wirklichen
in der Größe zwischen Orang-Utan und Schimpanse handle, der nach seinem Finder den NamenDryopithecus Fontani erhielt und als
der menschenähnlichste aller bekannten lebenden und fossilen Affen galt. Er zeichnete sich außer durch die sehr
menschenähnlichen hintern Backenzähne namentlich noch durch das steil abfallende Kinn aus, welches unter
der Annahme, daß die Vorderzähne nicht so schräg nach vorn, wie bei andern Affen, gestanden hätten, auf ein schöneres
menschenähnliches Profil schließen ließ als bei den andern Anthropoiden.
Man knüpfte an diesen Fund die weitgehenden Schlüsse, und AlbertGaudry nahm 1878 keinen Anstand, zu vermuten,
daß diesem Tier die Kohlenreste und behauenen Feuersteine zuzuschreiben seien, welche der AbbéBourgeois in miocänen Schichten
gefunden haben wollte. Man wird dadurch an die angeblich von Emin Pascha beobachteten und in Stanleys neuem Buch geschilderten
Schimpansen erinnert, die ihren Weg durch den dichten nächtlichen Wald mit - brennenden Fackeln suchen
sollen!
Gaudry hat seine gute Meinung vom Dryopithecus aber beträchtlich geändert, seit 1889 ein zweiter vollständigerer Unterkiefer
desselben Affen auf der gleichen Fundstätte ans Licht
[* 29] gebracht und ihm zur Untersuchung übergeben wurde. Er findet nun, daß
das Gesicht bei der bedeutenden Länge des Unterkiefers durchaus nicht negerähnlich gewesen sein könne
(wie Lartet behauptet hatte), daß das Gebiß ebenso stark hervorragte wie beim Gorilla und sogar stärker als beim Orang-Utan
und Schimpansen und also auch des niedrigststehenden Menschen.
Von besonderem Interesse sind seine Bemerkungen über die Enge des Raumes, der in diesem Unterkiefer für die Zunge
übrigblieb, woran er Schlüsse über die Entwickelung des Sprachvermögens knüpft. BeimMenschen kann sich die Zunge beträchtlich,
sowohl nach der Breite
[* 30] als nach der Länge, ausdehnen, weil die gebogenen Unterkiefer zwischen den Backenzahnreihen beträchtlichen
Raum lassen, und weil die Kinnwand nicht nur sehr dünn ist, sondern sich unten nach vorn vorstreckt,
wo sie den für den Menschen so charakteristischen Kinnhöcker bildet. Dadurch erhält die Zunge nach beiden Seiten wie nach
vorn einen sehr freien Spielraum, namentlich wenn sie sich nach unten krümmt, was mit der hohen Ausbildung des Sprachvermögens
bei höhern Rassen zusammenzuhängen scheint, denn bei tiefer stehenden Menschenrassen
[* 31] bemerkt man, daß
sowohl der Raum zwischen den hintern Backenzähnen etwas weniger breit ist, als auch das Kinn weniger Raum gewährt, wenngleich
der Unterschied nicht bedeutend ist.
BeimSchimpansen ist das Kinn im untern Teile nach hinten (statt nach vorn, wie beim Menschen) geneigt und die Backenzahnreihen
sind parallel, statt nach außen gebogen zu sein, so daß der Zunge weniger Raum bleibt, sich nach vorn
zu verlängern und hinten in die Breite zu strecken. BeimOrang-Utan und Gibbon ist der Breitenraum noch beschränkter, und beim
Gorilla kommt eine bedeutende Verdickung der Kinnwandung hinzu, um den Längsraum weiter zu verkürzen. Nun liegen
diese Verhältnisse beim Dryopithecus noch ungünstiger als selbst beim Gorilla,
¶
mehr
denn der Raum zwischen den Unterkieferästen ist ebenso eng wie bei diesem, die Kinnwand aber noch dicker und nach hinten
stark geneigt, so daß sich der Befund sogar dem bei nichtanthropoiden Affen nähert. Da nun das Sprachvermögen und
die Vorbereitung der Organe zu demselben als das wichtigste Merkmal der Erhebung des Menschen über das
Tier angesehen werden müssen, so muß man nachGaudry zugeben, daß in diesem Punkte der höchststehende unter den fossilen
Anthropoiden weiter vom Menschen entfernt steht als die heute lebenden Anthropoiden, Ergebnisse, die sich freilich nur schwer
mit den Folgerungen der frühern Untersuchung an derselben Tierart vereinigen lassen. Es wird dies dadurch
erklärt, daß der Lartetsche Kiefer einem jungen Individuum angehört habe, bei dem der Prognathismus noch nicht so entwickelt
war wie bei dem jetzt gefundenen vollentwickelten, und es ist bekannt, daß auch die jetzt lebenden Anthropoiden in der Jugend
viel menschenähnlicher sind als im Alter. Daraus hätte man aber schließen müssen, daß dies für die
ausgestorbenen Anthropoiden überhaupt anzunehmen sei, nicht bloß für ihre Jugend, und es ergibt sich hier ein noch ungelöster
Widerspruch mit der Theorie, der sich zum Teil dadurch löst, daß die ältern Menschenrassen ebenfalls ein wenig vorragendes
Kinn zeigen.
[* 2] (Simiae), eine sehr charakteristische Ordnung der Säugetiere, auch Vierhänder (Quadrumana) genannt, weil
sie an allen vier Gliedern wirkliche Hände besitzen. Ihre Körpergestalt nähert sich der menschlichen. Sie haben dreierlei
Zähne: meißelförmige Schneidezähne, konische, oft sehr lange und scharfe Eckzähne und höckerige Backzähne, entweder
in derselben Zahl wie der Mensch oder vier Backzähne mehr als dieser, ferner zwei Brüste. Ihr Knochenbau macht sie
wenig geschickt zum aufrechten Gange, begünstigt aber, zumal durch Länge der Glieder
[* 33] und die hintern greifenden Hände, das
Klettern, wie denn auch die meisten Affen wahre Baumtiere, einige nur, wie die Paviane, Felsentiere sind.
Bei allen ist der Rücken stark behaart, doch das Gesicht und Gesäß bei vielen, zumal den afrikanischen,
nackt und dann oft eigentümlich gefärbt. Der Schwanz fehlt nur wenigen, ist aber von verschiedener Länge und bei gewissen
amerik. Arten zu einem Greiforgan (Wickelschwanz), gleichsam einer fünften Hand, umgebildet. Die Größe wechselt von derjenigen
eines Menschen mittlerer Statur bis zu derjenigen einer großen Ratte; alle besitzen aber ansehnliche Muskelkraft
und vermögen sich daher schnell und sicher zu bewegen.
Aus der Form der Backzähne ergiebt sich, daß die Affen vorzugsweise von vegetabilischer Nahrung leben; sie ziehen Früchte und
Samen
[* 34] vor, ohne indes Insekten, kleinere Vögel
[* 35] und Säugetiere, Reptilien sowie Eier
[* 36] und Würmer
[* 37] zu verschmähen. Die Eckzähne
erinnern zwar an das fleischfressende Raubtier,
[* 38] sind aber nur Waffen.
[* 39] Die Affen leben meist in Polygamie
und in kleine Gesellschaften vereint; wenige, wie der langarmige Gibbon (Hylobateslar Ill.),
sind monogamisch.
Zwillingsgeburten scheinen selten zu sein. Die Jungen werden von den Müttern mit vieler Liebe gepflegt. Ihre Gemütsäußerungen
sind je nach den Arten verschieden. Einige Nachtaffen sind äußerst träge, die größern, in der Regel
menschenähnlichen Affen meist melancholisch, besonders im Alter, in der Jugend dagegen sanftmütig und zutraulich, während die
Paviane wild und störrisch sind. Die meisten gewöhnlichen Affen sind außerordentlich lebhaft, lüstern, listig,
neugierig, wachsam und
selbst mutig und durch diese Eigenschaften sowie durch ihre große Behendigkeit
eine wahre Landplage für den in ihren Gegenden wohnenden Menschen. Im allgemeinen sind sie auf die tropische Palmenzone beschränkt,
die sie nur an wenigen Orten, wie z. B. bei Gibraltar und in den Hochgebirgen Tibets, überschreiten. Das Gehirn des Affen ist
durchaus nach dem menschlichen Typus gebaut; doch bleibt die hohe Intelligenz des Tieres auf die Jugendzeit
beschränkt, während im höhern Alter zugleich mit der Entwicklung der Kiefer die tierischen Affekte vorwiegen. Junge Affen lassen
sich stets zähmen, alte nur selten.
Unter den eigentlichen Affen unterscheidet man die der Neuen Welt und die der Alten Welt.
Die der Alten Welt oder Schmalnasen (Simiae catarrhinae; s. Tafel: Affen der Alten Welt I - IV) bewohnen die tropischen Gegenden
Asiens und Afrikas. Sie haben 32 Zähne wie der Mensch, eine schmale Nasenscheidewand, oft Backentaschen und Gesäßschwielen,
nie einen Wickelschwanz. Es gehören hierher die Paviane (Cynocephalus, Taf.
II,
[* 40]
Fig. 1; IV,
[* 40]
Fig. 3) mit ungeheuern Eckzähnen in dem Hundskopfe, nackten,
oft seltsam gefärbten Stellen im Gesicht und am Gesäß;
die Meerkatzen (Cercopithecus, IV,
[* 40]
Fig. 2, 4) von zierlichen Formen,
mit meist langem Schwanze;
die Makaken (Macacus, II,
[* 40]
Fig. 2; IV,
[* 40]
Fig. 1, 6) von plumper Form, mit
meist kurzem Schwanze;
Das Leben der Affen im wilden Zustande wie in der Gefangenschaft schildern in anziehender WeiseBrehm in seinem «Illustrierten
Tierleben», Bd. 1 (3. Aufl.,
Lpz. 1890),
und Martin in seiner «Illustrierten Naturgeschichte der Tiere», Bd. 1 (ebd. 1882). Im nördl.
Europa
[* 41] gehen die Affen meist an Magen-Darmkatarrh zu Grunde. Lungenschwindsucht, welche früher ebenfalls eine große Menge der
gefangenen Affen dahinraffte, ist seltener geworden, seitdem man sie mehr an unser Klima
[* 42] gewöhnt hat. Selbst große Kältegrade
sind den Affen nicht unangenehm und namentlich die großen Paviane ertragen, ohne Unbehagen zu
zeigen, Kälte von -10° R. und darüber.
Die Zahl der jährlich eingeführten altweltlichen Affen ist sehr groß. Kleinere Makaken und Paviane kann man schon für 20 M.
das Stück erhalten. Meerkatzen kosten, je nach der Häufigkeit ihrer Einführung, 30 - 100 M., Stummel-
und Schlankaffen sind teurer und obendrein sehr hinfällig. Große Paviane werden mit 300 - 500 M. bezahlt, Gibbons und Menschenaffen,
je nach ihrer Größe, mit 400 - 1500 M.
Eine eigentümliche, vielgestaltige Gruppe affenähnlicher Tiere bilden die Halbaffen (s. d.). Fossile Halbaffen hat man in
großer Zahl in Nordamerika
[* 43] und Europa schon in den ältern Tertiärschichten gefunden; echte Affen im
Miocän und Pliocän von Europa, darunter auch menschenähnliche große Affen (Miopithecus) bei Sansan am Fuße der
Pyrenäen, sowie den Dryopithecus, der menschenähnlicher als selbst die heutigen Anthropoiden ist, bei St. Gaudens und im
Pliocän von Eppolsheim.
¶
mehr
Die der Neuen Welt oder Plattnasen (Simiae platyrrhinae, s. die Tafel: Affen der Neuen Welt) haben 36 Zähne, eine breite Nasenscheidewand,
stets einen langen Schwanz und sind ohne Backentaschen und ohne Gesäßschwielen; an ihren Armen ist die Hand und besonders der
Daumen meist weniger entwickelt als an den Füßen. Sie leben in Südamerika
[* 45] zwischen der Landenge von
Panama
[* 46] und dem 25.° südl. Br. stets nur in Wäldern. Sie bilden zwei Gruppen; die eine besitzt einen am Ende mit verbreiterten
Wirbeln versehenen Greifschwanz, der bei den Rollschwanzaffen (Cebus), wozu der Kapuzineraffe (Cebus capucinusErxl.,
[* 44]
Fig.
3) gehört, unten behaart, bei den mit fürchterlicher Stimme begabten Brüllaffen (Mycetes,
[* 44]
Fig. 1), den
daumenlosen Stummelaffen oder Spinnenaffen (Ateles,
[* 44]
Fig. 2), den Wollaffen (Lagothrix) unten nackt ist. Zu der zweiten Gruppe
mit gewöhnlich gebildetem Schwanze gehören namentlich die Schweifaffen (Pithecia,
[* 44]
Fig. 4), Springaffen (Callithrix) und die
trägen Nachtaffen (Nyctipithecus,
[* 44]
Fig. 5) der Urwälder Guyanas. Eine besondere Gruppe bilden die Krallenäffchen
(Arcopitheci), zu denen die niedlichen Uistiti oder Saguine
[* 44]
(Fig. 6) und Löwenäffchen gehören.
Die amerikanischen Affen bewohnen die dichten Urwälder und verlangen in der Gefangenschaft größere Wärme
[* 47] und mehr Feuchtigkeit
als ihre altweltlichen Vettern. Ihre Haltbarkeit ist eine beschränkte, da die Eingewöhnung an unser
Klima nicht recht gelingen will. Die Einfuhr beschränkte sich fast nur auf die Kapuzineraffen, die für 30 - 50 M.
und die Uistiti, die für 10 M. zu haben sind. Brüllaffen, Wollaffen und Spinnenaffen kommen seltener nach Europa und werden
auch entsprechend teurer bezahlt.