mehr
zahlreiche mikroskopisch kleine
Lücken in ganz regelmäßiger
Anordnung und von bestimmter Gestalt: es sind die sogen.
Knochenhöhlen
(K
[* 1]
Fig. 1-3), welche im lebenden Knochen
die Knochen
zellen enthalten. Von ihnen kommen etwa 900 auf
ein Quadratmillimeter; sie stehen durch feine hohle Fortsätze miteinander und mit den
Haversischen
Kanälen in
Verbindung und
stellen so ein die gesamte Knochen
substanz durchziehendes Röhrennetz her, vermittelst dessen der aus den
Blutgefäßen stammende
Nahrungssaft auch ins dichteste Knochen
gewebe eindringt.
Die Knochen
zellen, welche die
Knochenhöhlen vollständig ausfüllen, vereinigen sich gleichfalls unter sich durch zahlreiche
feinste
Ausläufer zu einem
Netz, welches die
Ernährung des Knochen
gewebes vermittelt. In ihnen lagern
sich darum auch keine
Kalksalze ab. Die Knochen-
oder
Beinhaut (periosteum) ist eine feste, weißliche, glänzende Faserhaut
von wechselnder
Dicke, welche den Knochen
überall, mit Ausnahme der überknorpelten Gelenkflächen, überzieht und fest mit ihm
zusammenhängt.
Muskeln des Menschen

* 2
Muskeln.
Mit ihrer äußern Oberfläche verweben sich die
Sehnen der
Muskeln
[* 2] und die
Bänder. Sie ist reich an
Blutgefäßen
und
Nerven,
[* 3] welche beide auch in den Knochen
eindringen. Wird die Knochenhaut auf irgend eine
Weise vom Knochen abgetrennt, so werden
letzterm seine Ernährungsquellen abgeschnitten, und er muß, soweit er entblößt ist, absterben (s.
Knochenbrand).
[* 4] Anderseits besitzt sie die Fähigkeit, Knochensubstanz zu erzeugen, und thut dies sogar,
wenn sie aus dem Zusammenhang mit ihrem eignen Knochen gelöst und an andre Körperstellen, selbst in andre Individuen,
verpflanzt wird.
Knochenmark heißt die weiche
Masse, welche die
Lücken der schwammigen Knochensubstanz ausfüllt. Es besteht
aus gallertartigem
Bindegewebe mit vielen Fettzellen, ist außerordentlich reich an
Blutgefäßen und enthält auch
Lymphgefäße.
Soweit es nicht in Fettgewebe umgewandelt ist, scheint es gleich der
Milz den
Ort für die Entstehung der
roten Blutkörperchen
[* 5] aus weißen zu bilden.
Gewebe (Zeuge: glatte

* 6
Gewebe.Entstehung und Wachstum des Knochens sind noch nicht völlig aufgeklärt. Die allermeisten Knochen des Körpers gehen aus einer knorpeligen Anlage hervor; eine geringe Anzahl aber, nämlich gewisse Schädelknochen, bilden sich aus einer weichen bindegewebigen Anlage heraus. Die Verknöcherung der knorpeligen oder bindegewebigen Anlage der Knochen findet von ganz bestimmten Stellen (den sogen. Ossifikationspunkten) aus in radial fortschreitender Richtung statt. Die Ablagerung der mineralischen Substanz geschieht aber keineswegs direkt in den Zellen des Bindegewebes oder des Knorpels, so daß diese einfach zu den schon oben erwähnten Knochenzellen würden, vielmehr werden jene Gewebe [* 6] allmählich aufgelöst und durch echtes Knochengewebe ersetzt. Letzteres wird von besondern Zellen (Osteoblasten), welche vielleicht den im Knochenmark enthaltenen weißen Blutkörperchen entstammen und langsam verkalken, gebildet.
Ihrer Gestalt nach teilt man die in lange, platte und dicke (kurze) Knochen. Die langen, cylindrisch gestalteten Knochen oder Röhrenknochen kommen nur an den Extremitäten vor, wo lange Hebelarme notwendig sind, um große und schnelle Bewegungen auszuführen. Ihr Mittelstück (diaphysis) besteht fast ganz aus Rindensubstanz und führt in seinem Innern den mit schwammiger Substanz und Knochenmark gefüllten Markkanal; die Enden (apophysis, epiphysis) bestehen fast ganz aus schwammiger Substanz mit einem dünnen Überzug von Rindensubstanz.
Sie sind ansehnlich dicker als das Mittelstück und tragen die mit einer dünnen Knorpellage überzogene Gelenkfläche. Solange der Knochen wächst, sind sie mit dem Mittelstück durch eine dünne Knorpelscheibe verbunden, die aber nach vollendetem Wachstum auch verknöchert, so daß alsdann der Röhrenknochen wirklich nur Ein Stück bildet. Platte (breite) Knochen werden zur Bildung von Höhlen verwendet, z. B. die Knochen des Schädelgewölbes. Die dünne Lage von spongiöser Substanz, welche zwischen die beiden Rindenplatten eingeschaltet ist, führt hier den Namen Diploe. Die dicken (kurzen) Knochen, wie sie an der Hand [* 7] und am Fuß vorkommen, bestehen aus schwammiger Substanz mit einem dünnen Überzug von Rindensubstanz. - Die Verbindung der Knochen untereinander findet bald in beweglicher Weise, durch Gelenke (s. d.), bald in unbeweglicher Weise statt. Im letztern Fall (der sogen. Synar-
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1. Querschliff durch einen Röhrenknochen.
Fig. 2. Längsschliff durch einen Röhrenknochen.
Knochenasche - Knochen

* 8
Seite 9.877.Fig. 3. Haversisches Kanälchen] ¶
mehr
throse) ist sie entweder eine unmittelbare (Knochennaht, s. d.) oder eine mittelbare, indem eine Lage Knorpel [* 9] oder auch Bänder zwischen die zu verbindenden Knochenflächen eingeschaltet ist (sogen. Symphyse, Synchondrose, Syndesmose). - Beiden wirbellosen Tieren gibt es keine echten Knochen, obwohl eine Erhärtung ihrer Gewebe durch abgelagerte Kalksalze in mehr oder minder großer Ausdehnung [* 10] sehr gewöhnlich (z. B. bei Echinodermen, Muscheln, [* 11] Schnecken [* 12] etc.) und selbst Knorpel bei einigen unter ihnen verbreitet sind. Über die zum Teil hohlen Knochen der Vögel [* 13] s. d.
Die Krankheiten der Knochen bestehen entweder in einer gewaltsamen Trennung ihres Zusammenhangs (Knochenbrüche, Knochenwunden) oder in einer Veränderung des Gewebes. Im ersten Kindesalter, in welchem die Knochen blutreicher, saftiger und weicher sind, finden sich besonders häufig skrofulose und rhachitische Knochenkrankheiten, während in spätern Lebensaltern Syphilis und Tuberkulose zu langwierigen und entstellenden Knochenerkrankungen Veranlassung geben.
Alle Knochenerkrankungen verlaufen wegen des langsamer vor sich gehenden Ernährungsprozesses der Knochen langsamer als Krankheiten andrer Gewebe; sie sind besonders gefährlich, wenn sie in der Nähe der Gelenke ihren Sitz haben, und können durch langwierige Säfteverluste, Eiter- und Jauchevergiftung, durch speckige und amyloide Entartung innerer Organe schweres Siechtum oder den Tod herbeiführen. Über die einzelnen Knochenkrankheiten s. die betreffenden Artikel: Knochenbrand (mit der Phosphornekrose), Knochenfraß (Knochenentzündung), Knochenhautentzündung, Knochenmarkentzündung, Knochenerweichung, Rhachitis (englische Krankheit), Knochenauswuchs (Knochengeschwulst), Knochenbrüche.
Süd-Amerika. Fluß- und

* 14
Südamerika.[Technische Verwendung.]
Die Knochen finden ausgedehnte Anwendung in der Technik. Man verarbeitet Rinder-, Pferde-, Hirschknochen und bezieht die erstern zum Teil aus Südamerika. [* 14] Durch Auskochen oder Dämpfen unter schwachem Druck werden die Knochen entfettet, dann an beiden Enden abgesägt, um die Röhren [* 15] zu gewinnen, worauf man diese bleicht und als Bein an Drechsler, Schnitzer, Knopfmacher abgibt. Man verfertigt aus ihnen Klaviaturen, Stockknöpfe, Schachfiguren, Knöpfe, Messer- und Gabelhefte, Falzbeine, Kämme etc. besonders in Nürnberg, [* 16] Fürth [* 17] und Geißlingen (Württemberg). [* 18]
Vergilbte Beinarbeiten werden wie Elfenbein gebleicht, auch färbt man die in derselben Weise (s. Elfenbein). Höchst wichtig ist die Benutzung der Knochen zu Leim (s. d.) und Düngerpräparaten (s. Knochenmehl); bei Luftabschluß geglüht, geben sie die Knochenkohle, bei Luftzutritt geglüht, Knochenasche. Bei der Bereitung der Knochenkohle entsteht auch empyreumatisches Öl und eine ammoniakalische Flüssigkeit. Durch Auskochen, Dämpfen oder Extrahieren gewinnt man aus den Knochen das Knochenfett.
Vgl. Andes, Die Verarbeitung des Horns, der Knochen etc. (Wien [* 19] 1885).
Festigkeit [unkorrigie
![Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert] Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert]](/meyers/thumb/56/56_0705.jpeg)
* 20
Festigkeit.Prähistorische Knochengeräte sind meistens kleiner als die Hirschhorngeräte (s. Hirschhorn) und kamen da zur Verwendung, wo die Festigkeit [* 20] des Hirschhorns nicht ausreichte, z. B. bei längern Meißeln, Messern, Harpunen, dünnen Pfriemen und Nadeln. [* 21] Größere Stücke sind die sogen. Schlittknochen, Beinknochen von Pferd [* 22] und Rind, [* 23] welche, unter die Füße gebunden, als Schlittschuhe dienten. Auch bei der Weberei [* 24] fanden die Beinknochen zum Glätten des Gewebes Anwendung.