Früchte
,
in der
Rechtswissenschaft die organischen Erzeugnisse einer
Sache, welche dazu bestimmt sind, von der
Sache
abgeschieden zu werden und eine selbständige
Existenz zu führen. Hiernach gehören auch die Tierjungen, ferner die
Wolle
von
Tieren,
Milch,
Honig u. dgl. zu den Früchten
im juristischen
Sinn. Im
Gegensatz zu den organischen Erzeugnissen einer
Sache, den sogen. natürlichen Früchten
(fructus
naturales), werden sonstige
Nutzungen, welche eine
Sache abwirft, als bürgerliche
Frucht (fructus civiles) bezeichnet, also
z. B.
Pacht- und
Mietgelder,
Zinsen u. dgl. Die fructus naturales aber werden
in fructus mere naturales und industriales eingeteilt, welch letztere sich dadurch von jenen unterscheiden, daß
ihre Gewinnung nicht bloß von der Naturkraft, sondern auch von menschlicher
Pflege und menschlichem Fleiß abhängt.
Lehrbegriff - Lehrerin
![Bild 61.37: Lehrbegriff - Lehrerinnen [unkorrigiert] Bild 61.37: Lehrbegriff - Lehrerinnen [unkorrigiert]](/meyers/thumb/61/61_0037.jpeg)
* 3
Lehre.
Andre Bezeichnungen und
Einteilungen der Früchte
hängen mit der allerdings nicht unbestrittenen
Lehre
[* 3] von dem juristischen
Fruchterwerb und der Prästation der Früchte
im
Prozeß zusammen. So unterscheidet man fructus pendentes oder stantes und
separati, d. h. die noch an der fruchttragenden
Sache hangenden und die von derselben (sei es absichtlich,
sei es zufällig) getrennten Früchte;
ferner fructus percepti und percipiendi, erstere die Früchte, welche von dem zur
Fruchtgewinnung Befugten in
Besitz genommen worden sind, letztere diejenigen, welche man hätte ziehen können, aber nicht
gezogen hat; endlich fructus exstantes und consumti, je nachdem die gezogenen Früchte
bei dem
Besitzer
noch vorhanden oder von ihm verbraucht, veräußert oder verarbeitet sind.
Die fructus pendentes erscheinen lediglich als Teile der Hauptsache und gehören dem
Eigentümer derselben zu. Die separierten
Früchte
fallen mit der
Separation sofort in das
Eigentum dessen, dem die fruchttragende
Sache zugehört;
ebenso ist es bei der Emphyteuse (s. d.); der
Nießbraucher dagegen erwirbt die Früchte
erst mit der
Perzeption. Der gutgläubige
Besitzer erwirbt die Früchte
nach der herrschenden
Lehre und nach dem sächsischen
Zivilgesetzbuch ebenfalls mit der
Separation,
während er nach andern dieselben perzipieren muß, ohne jedoch dadurch alsbald
Eigentümer der Früchte
zu werden; vielmehr sollen sie ebenfalls nur als im gutgläubigen
Besitz befindlich anzusehen sein.
Das preußische
Landrecht gibt allen Nutzungsberechtigten, also auch dem redlichen
Besitzer, das
Eigentum an den Früchten
gleich
bei ihrem Entstehen. Wird der
Besitzer einer
Sache auf die
Klage des Eigentümers hin zur Herausgabe der
Sache an den letztern verurteilt, so wird in Ansehung der Früchte
zwischen der Zeit vor und nach der Klagbehändigung
unterschieden. Der gutgläubige
Besitzer muß die zur Zeit der Klagbehändigung vorhandenen Früchte
, aber auch nur diese,
mit herausgeben, der bösgläubige
Besitzer dagegen auch die fructus percepti und percipiendi.
Was die nach der Klagbehändigung gezogenen Früchte
anbelangt, so haftet der gutgläubige
Besitzer hier ebenso wie der bösgläubige
Besitzer
vor der Klagbehändigung. Dagegen muß der letztere nach Behändigung der
Klage für alle Früchte
haften, welche der
Eigentümer hätte ziehen können, wenn er rechtzeitig in den
Besitz der
Sache gekommen wäre.
Vgl. außer den Lehrbüchern des Pandektenrechts: Heimbach, Die Lehre von der Frucht nach den gemeinen in Deutschland [* 4] geltenden Rechten (Leipz. 1843);
Göppert, Über die organischen Erzeugnisse (Halle [* 5] 1869);
Köppen, Der Fruchterwerb des bonae fidei possessor (Jena [* 6] 1872);
Brinz, Zum Rechte der Bonae fidei possessio (Münch. 1875).