Räderwerke
(Rädergetriebe), Verbindungen von Rädern und Radwellen (s. Rad) derart, daß sie zur Bewegungsübertragung von Welle zu Welle dienen. Sie beruhen in der Hauptsache auf dem Prinzip des Rades an der Welle (s. d.) und unterliegen daher im allgemeinen den Hebelgesetzen. Zu jedem Räderwerk gehören mindestens zwei mit je einem Rad versehene Wellen [* 2] (sogen. Vorgelege), deren eine auf irgend eine Weise (z. B. vermittelst einer an ihr befestigten Kurbel) [* 3] eine Drehbewegung empfängt und mit Hilfe ihres Rades (des treibenden Rades) auf das Rad der Nachbarwelle (das getriebene Rad) und somit auch auf diese überträgt. Die Kraftübertragung von Rad zu Rad geschieht entweder mittels ineinander greifender Vorsprünge (Kämme, Zähne) [* 4] oder unter Anwendung eines künstlichen Druckes durch die Reibung [* 5] der Radkränze, wonach man ¶
mehr
Zahnräderwerke
[* 7] (s. d.) und Reibungsräderwerke
(Friktionsräderwerke
) unterscheidet.
Läßt man im letztern Fall die Radkränze direkt gegeneinander reiben, so hat man die direkt wirkenden Reibungsräderwerke
(s. Friktionsräder);
[* 8] erzeugt man jedoch die zur Übertragung nötige Reibung durch ein um beide Räder gelegtes biegsames Zwischenorgan
(Riemen, Schnur, Seil, Band),
[* 9] so erhält man die indirekt wirkenden Reibungsräderwerke
, welche weiter in
Riemenräderwerke
[* 10] (Seiltrieb, Schnurtrieb, s. d.) eingeteilt werden.
Auch bei Zahnrädern kommt eine indirekte Übertragung vor in der Weise, daß in die Zähne eingreifend Ketten als Zwischenglieder benutzt werden (sogen. Kettenräder). Die Zahnräder arbeiten entschieden sicherer als die Reibungsräder und sind daher vorzuziehen, wenn es sich entweder um möglichst präzise Bewegungsübertragung (z. B. bei Uhren, [* 11] Schraubenschneidemaschinen etc.) oder um die Übertragung sehr großer Kräfte (z. B. bei Winden, [* 12] Kränen) handelt.
Auch sind bei ihnen die Reibungsverluste verhältnismäßig gering, dagegen verursachen sie, besonders bei großer Umfangsgeschwindigkeit, leicht großen Lärm und bei Veränderungen der Geschwindigkeit sowie bei plötzlichem Ein- und Ausrücken starke Stöße. Dem gegenüber zeichnen sich die Reibungsräder durch einen sanften, geräuschlosen und Bewegungsunterschiede vermittelnden Gang [* 13] aus, allerdings unter einer Vergrößerung der Reibungswiderstände, wie sie durch den für die Bewegung durch Reibung erforderlichen Druck hervorgerufen wird.
Fernere Vorzüge der indirekt wirkenden Reibungsräderwerke
sind die Leichtigkeit der Verbindung von Maschinen auf
größere Entfernungen (z. B. der Arbeitsmaschinen mit einer Deckentransmission durch Riemen, eines Motors mit einer mehrere
hundert Meter entfernten Kraftmaschine durch Seiltrieb etc.) und die Veränderlichkeit des Übersetzungsverhältnisses. Nach
der Lage der Achsen lassen sich folgende Anordnungen von Räderwerken
unterscheiden: die Achsen fallen in dieselbe Linie (dann
spricht man nicht mehr von einem Räderwerk, sondern von einer Kuppelung
[* 14] [s. d]; nur wenn solche Achsen
durch Vermittelung einer dritten aufeinander wirken, hat man ein wirkliches Räderwerk);
die Achsen sind parallel, und die
Räder liegen in einer Ebene (der gewöhnlichste Fall, wird repräsentiert durch Stirnräderwerke
und zwar Zahn- oder Reibungsräderwerke
,
den offenen und geschränkten Riementrieb, Schnurtrieb, Seiltrieb);
die Achsen schneiden sich (konische Räderwerke
, Riementrieb,
Schnurtrieb etc. mit Leitrollen);
die Achsen kreuzen sich in verschiedenen Ebenen, sind windschief (Schrauben- und hyperbolische
Räderwerke
, geschränkter Riementrieb).
Im allgemeinen geschieht bei Räderwerken
die Übertragung der Bewegung von einem Rad auf das
andre dadurch, daß sich die Umfänge aufeinander abrollen. Es ist daher die Umfangsgeschwindigkeit beider
Räder gleich, dagegen steht die Winkelgeschwindigkeit und die Anzahl der Umläufe in der Minute zu der Größe der Umfänge (bei
Zahnrädern auch zu der Anzahl der Zähne) und somit zu der Größe der Radien im umgekehrten Verhältnis (das sogen. Übersetzungsverhältnis).
Nur bei Schrauben- und Hyperboloidrädern sind diese Beziehungen wegen des Hinzutretens axialer Verschiebungen komplizierter. Die Größe des Übersetzungsverhältnisses zwischen den Rädern eines Räderpaars oder Vorgeleges ist aus praktischen Rücksichten innerhalb gewisser Grenzen [* 15] zu halten, weshalb man sehr häufig mehrfache Vorgelege, d. h. Kombinationen von mehr als zwei durch Räder verbundenen Wellen, anwendet. Hier erhält man das Gesamtübersetzungsverhältnis durch Multiplikation der Übersetzungsverhältnisse der einzelnen Räderpaare.
Häufig ist es erwünscht, das Übersetzungsverhältnis variieren zu lassen. Hier sind Räderwerke
aus exzentrischen,
Ellipsen-, Polygonalrädern etc. am Platz, wenn es sich um eine fortwährende periodisch
ungleichförmige Bewegungsübertragung handelt. Wünscht man jedoch das Übersetzungsverhältnis innerhalb gewisser Grenzen
beliebig einstellen zu können, so kann man auswechselbare Räder, aus- und einrückbare Vorgelege, Stufenscheiben
sowie besondere Konstruktionen der Reibungsräder anwenden (s. Wechselgetriebe).
[* 16] Räderwerke
, welche eine Änderung der Bewegungsrichtung
zulassen, heißen Wendegetriebe
[* 17] (s. d.). S. auch Getriebe.
[* 18]
Vgl. Weisbach-Herrmann, Mechanik, Tl. 3, Abt. 1 (2. Aufl., Braunschw. 1876);
Reuleaux, Der Konstrukteur (4. Aufl., das. 1882);
v. Reiche, Maschinenfabrikation (Leipz. 1876);
Keller, Triebwerke (2. Aufl., Münch. 1881);
Pinzger, Maschinenelemente (2. Aufl., Leipz. 1883).