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Ratifikation vor. Sein Inhalt war folgender:
1) Frankreich verzichtet zu Gunsten des Deutschen Reichs auf den nordöstl. Teil von Lothringen mit Metz [* 2] und Diedenhofen [* 3] sowie auf das Elsaß außer Belfort. [* 4]
2) Frankreich zahlt 5 Milliarden Frs., und zwar eine Milliarde 1871, den Rest in einer Frist von 3 Jahren.
3) Die Räumung des
Landes wird unmittelbar nach
Ratifikation des
Vertrags beginnen, und zwar werden die
deutschen
Truppen zunächst das
Innere von
Paris,
[* 5] die
Forts auf dem linken Ufer der Seine und verschiedene Departements räumen,
darunter vorwiegend die westlichen. Nach der
Ratifikation des definitiven Friedensvertrags und
Zahlung der ersten halben Milliarde
erfolgt die Räumung der
Forts auf dem rechten Seine-Ufer. Nach Erlegung von 2 Milliarden wird die deutsche
Besetzung nur noch
die Depart.
Marne,
Ardennen,
Haute-Marne, Meuse,
Vogesen, Meurthe sowie die Festung
[* 6]
Belfort umfassen. Die rückständigen
Summen
werden mit 5 Proz. vom
Tage der
Ratifikation an verzinst.
4) Die deutschen
Truppen werden alle Requisitionen in den von ihnen besetzten Departements unterlassen,
jedoch trägt
Frankreich die Kosten ihres
Unterhalts.
5) Den Bevölkerungen der abgetretenen Provinzen wird eine bestimmte Frist gewährt, innerhalb welcher sie ungestört auswandern können.
6) Die Kriegsgefangenen werden unverweilt zurückgegeben.
7) Die Eröffnung der eigentlichen Friedensverhandlungen wird in Brüssel [* 7] nach Ratifikation dieses Vertrags erfolgen. Einige Nebenbedingungen waren noch hinzugefügt.
Am 1. März wurde der Friedensvertrag mit 546 gegen 107
Stimmen von der Nationalversammlung angenommen. Durch diese schnelle Erledigung
wurde
Paris die Demütigung erspart, das ganze deutsche
Belagerungsheer als
Sieger in seine
Mauern einziehen zu sehen. Dasselbe
war dazu in drei
Abteilungen für drei aufeinander folgende
Tage geteilt. Am 1. März rückten unter
General
von Kameke
Abteilungen des 6., 11. und 2. bayr. Korps ein. Die übrigen Heeresteile sollten an den beiden
nächsten
Tagen folgen.
Da aber die
Ratifikation des Friedensvertrags so früh erfolgte, räumten die deutschen
Truppen, wie
verabredet,
Paris schon 3. März wieder. Der Deutsche
[* 8]
Kaiser mit seinem
Stab
[* 9] und
Kabinett verließ nun
Frankreich,
nachdem er noch auf dem Schlachtfelde von
Champigny und
Bry-sur-Marne 5. März eine Heerschau über die sächs. und württemb.
Truppen, die hier ruhmvoll gekämpft, abgehalten und ihnen seinen Dank dafür gesagt hatte.
Die Verluste der Deutschen betrugen an Toten 2058 Offiziere, 47320 Unteroffiziere und Gemeine, die der Franzosen 2900 Offiziere, 136000 Unteroffiziere und Gemeine. Gefangen genommen wurden etwa 11860 franz. Offiziere, 372000 franz. Unteroffiziere und Gemeine. Erobert und erbeutet wurden von den Deutschen 107 Adler [* 10] und Fahnen, 1915 Feldgeschütze und Mitrailleusen, 5526 Festungsgeschütze, 855000 Handfeuerwaffen. [* 11] Der Munitionsverbrauch der Deutschen stellt sich annähernd auf 338310 Kanonenschüsse der Feldartillerie, 520500 Kanonenschüsse der Festungsartillerie, 20 Mill. Infanteriepatronen. Die materiellen Verluste der 34 von den Deutschen besetzten franz. Departements betrugen an Steuern, Kontributionen und Geldstrafen 79558000, an Naturallieferungen 134155000, für Unterbringung und Ernährung der Truppen 101445000, durch Brand, Zerstörung von Ortschaften u. s. w. 393659000, zusammen 708817000 Frs.
In
Brüssel trat darauf (28. März) der Friedenskongreß zusammen. Die Unterhandlungen wurden jedoch durch eine in
Paris ausgebrochene
Revolution verzögert, von der franz. Regierung vielleicht auch absichtlich in die Länge
gezogen in der Hoffnung, günstigere
Bedingungen zu erhalten. Zu spät und mit unzureichenden Kräften
bekämpfte die Regierung die Revolution; es entstand ein Bürgerkrieg auf der West- und Südseite von
Paris, in welchem die
Hauptstadt angesichts des deutschen
Heers bombardiert wurde, jetzt von
Franzosen. Die Regierung gewann endlich die Überzeugung,
daß es ihr eigener
Vorteil sei, den Frieden mit
Deutschland
[* 12] zu beschleunigen, und so trug der Minister
Favre auf eine Besprechung mit dem Reichskanzler Fürst
Bismarck an. Die Zusammenkunft fand 6. Mai in
Frankfurt
[* 13] a. M. statt, und 10. Mai wurde
dort der definitive Friede unterzeichnet, der an den
Bedingungen des Präliminarfriedens im wesentlichen nichts änderte,
nur die Zahlfristen der
Kriegskosten verkürzte und, wie Fürst
Bismarck wegen der Zustände in
Paris gefordert,
die
Besetzung verlängerte.
Litteratur. Von Gesamtdarstellungen sind hervorzuheben: Der Deutsch-Französische Krieg 1870-71, redigiert von der kriegsgeschichtlichen Abteilung des Großen Generalstabes (5 Bde. mit zahlreichen Karten und Plänen, Berl. 1874-81), in fast alle europ. Sprachen übersetzt; Kriegsgeschichtliche Einzelschriften.
Hg. vom Großen Generalstabe. Heft 1-15 (ebd. 1883-93);
Die deutschen Kriege von 1864, 1866, 1870/71 in wohlfeiler Bearbeitung nach den Großen Generalstabswerken, Bd. 3 (ebd. 1891);
Moltke, Geschichte des Deutsch-französischen Krieges (2. Aufl., ebd. 1891);
Verdy du Vernois, Studien über den Krieg.
Auf Grundlage des Deutsch-französischen Krieges 1870/71 (Bd. 1 u. 2: Ereignisse in den Grenzbezirken [Vom 15. Juli bis 2. Aug. 1870]; Bd. 3: Gefecht von Saarbrücken [* 14] ebd. 1892).
Weitere, zum Teil populäre Darstellungen bieten die Werke von Borbstädt (ebd. 1872), Menzel (2 Bde., Stuttg. 1871), Niemann (2 Bde., Hildburgh. 1871-72), Rüstow (6 Tle., Zür. 1871), L. Hahn [* 15] (Berl. 1871), Hiltl (Bielef. 1873; 5. Aufl. 1888), Fontane (2 Bde., Berl. 1873-76), Junck (2 Bde., Lpz. 1876), Fechner (4. Aufl., Berl. 1890);
außerdem Hirth und Gosen, Tagebuch des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 (3 Bde., ebd. 1871-74);
Scherr, 1870-71. Vier Bücher deutscher Geschichte (2. Aufl., 2 Bde., Lpz. 1880);
Kunz, Einzeldarstellungen von Schlachten [* 16] aus dem Kriege Deutschlands [* 17] gegen die franz. Republik vom Sept. 1870 bis Febr. 1871 (1.-5. Heft, Berl. 1891-94). - Über die Operationen der einzelnen deutschen Armeen berichten die Werke von von Wartensleben (Südarmee, 2. Aufl., Berl. 1872; Nordarmee, ebd. 1872), Schell (Erste Armee, 2. Aufl., ebd. 1872; Nordarmee, ebd. 1873), von der Goltz (Zweite Armee, ebd. 1873 u. 1875), Kunz (Feldzug der Ersten Armee im Norden [* 18] und Nordwesten Frankreichs, ebd. 1889), Hoenig (Volkskrieg an der Loire, Bd. 1 u. 2, ebd. 1893) u. a. Über die Thätigkeit der deutschen Artillerie erschienen Bearbeitungen für die einzelnen Schlachten von Hoffbauer und Leo (Berl. 1873 fg.). Eine Bearbeitung der Belagerungen veröffentlichten R. Wagner und P. Wolff (ebd. 1874 fg.). - Von französischen Darstellungen der Kriegsereignisse sind zu nennen: Freycinet, La guerre en province pendant le siège de Paris (1871 u. ö.; deutsch, 4. Aufl., Lpz. 1892); ¶
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d'Aurelle de Paladines, La première armée de la Loire (Par. 1872; deutsch Wolfenbüttel [* 20] 1874-75);
Chanzy, La deuxième armée de la Loire (8. Aufl., Par. 1888; deutsch Hannov. 1873);
Faidherbe, Campagne de l'armée du Nord (Par. 1871; deutsch Cass. 1872);
Bazaine, L'armée du Rhin (Par. 1871; deutsch Cass. 1872);
Vinoy, Siège de Paris (Par. 1872);
Ducrot, La défense de Paris (4 Bde., ebd. 1875-78);
Favre, Le [* 21] gouvernement de la défense nationale (3 Tle., ebd. 1871-75);
d'Irrison d'Hérisson, Journal d'un officier d'ordonnance (ebd. 1885; deutsch Augsb. 1885);
Boulanger, L'invasion allemande (3 Bde., Par. 1888-90; deutsch Wien [* 22] 1888-91);
Souvenirs du général Jarras, chef d'État-major général de l'armée du Rhin, 1870 (Par. 1892). - Verzeichnisse der über den Krieg veröffentlichten Schriften finden sich in der «Militärlitteraturzeitung» (Berlin) [* 23] und im 12. Jahrgange der «Zeitschrift des Königlich [* 24] Preußischen Statistischen Bureaus». Die Verluste sind deutscherseits den für alle Kontingente veröffentlichten amtlichen Verlustlisten zu entnehmen sowie dem Werke: Engel, Verluste der deutschen Armeen im Kriege gegen Frankreich 1870/71 (Berl. 1872).