Titel
Clodius
,
1) Publius Clodius
Pulcher, einer der gewaltthätigsten Parteiführer in der letzten Zeit der
römischen
Republik, aus dem patrizischen
Geschlecht der Claudier (die Namensform Clodius
, welche bei ihm die
gewöhnliche ist, kommt auch sonst vereinzelt bei andern
Gliedern des Claudischen
Geschlechts vor), begleitete seinen Verwandten
Lucullus im dritten Mithridatischen
Krieg, trug durch seine Aufreizungen wesentlich zu der
Meuterei der
Truppen bei, welche dem
Lucullus die
Frucht seiner
Siege raubte, begab sich, nachdem letzterer den Schauplatz des
Kriegs verlassen,
zu dem
Statthalter von
Kilikien, welcher ihn zum Befehlshaber seiner
Flotte ernannte, geriet aber als solcher in die Gefangenschaft
der Seeräuber, die ihn indes bald ohne Lösegeld freiließen. Nach
Rom
[* 3] zurückgekehrt, klagte er
Catilina wegen
Erpressungen
an, ließ sich aber von demselben bestechen und trug durch die Art seiner
Anklage selbst dazu bei, daß
er freigesprochen wurde. Nachdem Clodius
darauf 64
v. Chr. den
Statthalter des jenseitigen
Gallien, L.
Murena, nach seiner
Provinz
begleitet hatte, zog er sich 62 in
Rom dadurch, daß er sich in die Festfeier der
Bona Dea, bei welcher
die Anwesenheit von
¶
mehr
Männern aufs strengste verboten war, infolge einer Liebesintrige Anzuschleichen suchte, eine schwere Anklage zu, die nur durch die Bestechlichkeit der Richter mit seiner Freisprechung endete. Bei ebendiesem Prozeß wurde dadurch, daß Cicero Zeugnis gegen ihn ablegte, der Grund zu der Feindschaft zwischen ihm und Cicero gelegt, die von nun an auf die Schicksale und Handlungen beider den größten Einfluß geübt hat. Zunächst war er 61 als Quästor in Sizilien [* 5] abwesend; unter Cäsars Konsulat aber erreichte er es 59 durch dessen Einfluß, daß er, nachdem er durch Adoption in den Plebejerstand übergetreten, für 58 zum Volkstribun erwählt wurde.
Als solcher stellte er, nachdem er durch eine Reihe andrer Gesetze teils die Macht der Senatspartei zu schwächen, teils die Volksgunst für sich zu gewinnen gesucht hatte, den gegen Cicero gerichteten Antrag, daß derjenige, welcher einen römischen Bürger ohne richterliches Verfahren getötet, geächtet werden solle, wodurch Cicero veranlaßt wurde, da er seine Verurteilung voraussah, ins Exil zu gehen. Von nun an, schon in seinem Tribunat, namentlich aber in den folgenden unruhigen Jahren 57-53, verübte er an der Spitze einer gedungenen Gladiatorenbande teils im Dienste [* 6] der Triumvirn, teils aber auch im Gegensatz gegen dieselben, namentlich gegen Pompejus, die gröbsten Gewaltthätigkeiten, so daß die Stadt nicht selten zwischen ihm und Milo, der sich zum Vorkämpfer der Senatspartei aufwarf, der Schauplatz blutiger Kämpfe war.
Für 52 bewarben sich beide, Clodius
und Milo, jener um die Prätur, dieser um das Konsulat. Am 19. Jan. 52 begegneten sie sich auf
der Appischen Straße unweit Bovillä, und es entspann sich zwischen beider Gefolge ein Streit, worin Clodius
verwundet
ward. Er wurde in ein nahes Gasthaus gebracht, aber auf Befehl Milos wieder herausgerissen und auf der Straße ermordet. Seinen
Leichnam trug das Volk in die hostilische Kurie und verbrannte ihn hier auf einem Scheiterhaufen, wobei die Kurie und die nahegelegene
Basilica Porcia in Feuer aufgingen. - Des Clodius
Schwester Clodia, ebenfalls mit Cicero verfeindet, von großer Schönheit, aber so
sittenlos, daß sie den Spottnamen Quadrantaria (von quadrans, ein Viertelas) erhielt, soll ihren Gemahl Quintus Metellus Celer,
der 60 v. Chr. Konsul war, vergiftet haben. Als sie gegen ihren Buhlen M. Cölius Rufus aus Rache, weil er sie
verlassen, Anklage erhob, daß er sie zu vergiften gesucht habe, verteidigte Cicero diesen in einer noch erhaltenen Rede.