Fabel
Fabelepopöe - Faber

* 2
Seite 5.990.(lat. Fabula), im weitern Sinn das Süjet jeder Dichtung, z. B. eines Dramas oder eines Epos, oder nach Lessing jede Erdichtung, womit der Dichter ¶
mehr
eine gewisse Absicht verbindet; im engern Sinn eine besondere Dichtungsart, nach ihrem angeblichen Erfinder (Äsop) Äsopische
Fabel
genannt, die zu den didaktischen oder Lehrgedichten gehört und sich von der Paramythie (s. d.) dadurch unterscheidet, daß
die versinnlichte Wahrheit eine moralische, von der Parabel
[* 3] (s. d.) aber dadurch, daß das versinnlichende Bild aus
dem Tierleben genommen ist. Den Grund, warum in der Fabel
hauptsächlich Tiere, zu moralischen Wesen erhoben, handelnd eingeführt
werden, findet Lessing mit Recht in der allgemeinen Bekanntheit ihrer Charaktere, die dem Dichter eine genaue Charakterisierung
erspart.
Die Fabel
ist alt und im Orient entstanden. Berühmt sind die indischen Fabeln
, die man gewöhnlich dem Bidpai
(s. d.) beilegt, und die Fabeln
des Arabers Lokman. Auch die Entstehung der in der griechischen Litteratur weist nach dem
Orient: Äsopos war ein Sklave aus Phrygien. Durch die Griechen wurde sie den Römern bekannt, Phädrus übertrug die griechischen
Fabeln
ins Lateinische. Als die alte Litteratur unterging, erhielt sich das Andenken an die Äsopischen
Fabeln
bei Spaniern und Franzosen (im »Maître Pathelin«). Im Mittelalter interessierten sich vorzüglich die Deutschen dafür;
deutsche Fabeln
aus der Zeit der Minnesänger gab Bodmer heraus (Zür. 1757). Der älteste deutsche Fabel
dichter scheint Stricker
(um die Mitte des 13. Jahrh.) zu sein; Boner (zu Anfang des 14. Jahrh.) ist als treuherziger Fabel
dichter
durch seinen »Edelstein« bekannt.
Italiener und Spanier beschäftigten sich am wenigsten mit dieser Gattung. Bei den Franzosen hat Lafontaine durch Witz und Eleganz
den kindlichen Ton der Fabel
verwischt. Die besten englischen Fabulisten sind Gay und Moore. Die deutsche Nation
nahm sich auch ferner mit Liebe dieser Dichtungsart an. Im 16. Jahrh. lebte der treffliche Fabulist Burkhardt Waldis. Hagedorn
erzählte Fabeln
in der Manier des Phädrus und in der Lafontaines; Gellerts Fabeln
wurden mit Enthusiasmus aufgenommen.
Gleim, Lichtwer, Willamov folgten. Lessings Fabeln
sind in Prosa, geistvoll, kurz, treffend, ohne poetische
Ausschmückung und beziehen sich zum Teil auf litterarische Verhältnisse. Pfeffels Fabeln
sind zum Teil satirisch, zum Teil
sentimental. In neuer Zeit ward die Fabel
wenig angebaut, nur der Schweizer Fröhlich verdient Erwähnung; trefflich für das
Kindesalter sind Heys Fabeln
(mit O. Speckters Zeichnungen). Eine »Fabel
lese« gab Ramler heraus (Leipz. 1783-90, 3 Bde.).