Clearing-House
(spr. klihring haus'), Ausgleichungs-, Abrechnung
shaus, eine Anstalt, in
welcher Schulden und Forderungen der
Banken und
Bankiers untereinander durch gegenseitige Abrechnung
ausgeglichen werden. Das
erste Clearing-House entstand um 1775 als reines Privatunternehmen einer Anzahl
Londoner
Bankiers; seine Bedeutung wuchs mehr und mehr
in dem
Maße, wie sich die Anwendung des Checks (s. d.) in England verallgemeinerte,
und gegenwärtig bildet es den Centralpunkt des ganzen engl. Geldverkehrs.
Die Zahl der beteiligten Bankhäuser wechselte mit der Zeit in ziemlich weiten Grenzen; [* 2] nachdem 1854 die großen Londoner Joint-Stock-Banken (Aktiengesellschaften) zugelassen worden, erscheinen überhaupt nur die größten Bankunternehmungen Londons als unmittelbare Teilnehmer. Aber alle Banken der Hauptstadt nicht nur, sondern auch der Provinz stehen mit irgend einer der am Clearing-House beteiligten Banken in der Art in Verbindung, daß letztere für jene als Agentur die Ausgleichung ihrer Checks übernimmt (sog. Country Clearing). Die Bank von England hat sich dieser großartigen Organisation erst 1864 angeschlossen.
Das technische Verfahren ist wesentlich folgendes. Für jede Bank wird auf eine Liste nebeneinander gestellt, was sie von jeder der übrigen zu empfangen oder zu fordern hat. Dann wird die Differenz der sämtlichen Aktiv- und Passivposten gebildet. Hat nun eine Bank einen Rechnungsüberschuß herauszuzahlen, so weist sie die Bank von England (bei der jede Bank und das Clearing-House selbst ein Conto hat) durch einen Check an, die betreffende Summe auf das Conto des Clearing-House zu übertragen, und der Vertreter des Clearing-House läßt dann aus den ihm überwiesenen Beträgen derjenigen Banken, welche einen Überschuß haben, in ihrem Conto bei der Centralbank den Überschuß ihrer Forderungen über ihre Schulden gutschreiben.
Die Mitwirkung von barem Gelde oder Banknoten ist also bei dieser Art des Verkehrs überhaupt nicht mehr erforderlich, während vor dem Beitritt der Bank von England die Zahlung der Differenzen noch in Noten erfolgte. Es werden im Londoner Clearing-House in der neuern Zeit jährlich zwischen 6-8000 Mill. Pfd. St. ausgeglichen. In dem (am 30. April endigenden) Rechnungsjahre 1867/68 erreichte die Geschäftsziffer erst 3257 Mill. Pfd. St., sie stieg dann stetig, bis sie 1874/75 6013 Mill. Pfd. St. erreichte, ging dann 1876/77 bis 4873 Mill. Pfd. St. zurück und hob sich 1880/81 wieder auf 5910 Mill. Pfd. St. und 1881/82 auf 6382 Mill. Pfd. St. Bereits 1888 erreichte der Umsatz beinahe die Höhe von 7 Milliarden Pfd. St. 1890 wurde der höchste Betrag seit dem Bestande des Clearing-House mit 7,801 Milliarden Pfd. St. umgesetzt, 1891 aber nur 6,847, 1892 6,481Milliarden Pfd. St. erreicht. Im Durchschnitt bleiben nur etwa 5 Proz. des Umsatzes durch Buchung auf den Büchern der Bank of England zu begleichen. Daneben haben die engl. Provinzialbanken in mehrern Städten, z. B. in Manchester [* 3] und Liverpool, [* 4] lokale Clearing-House gegründet.
Noch großartiger als in England, jedoch weniger einheitlich, hat sich das Abrechnung
sverfahren in den
Vereinigten Staaten
[* 5] von
Amerika
[* 6] entwickelt. Bei dem bedeutendsten Clearing-House, dem 1853 in Neuyork
[* 7] begründeten
betrug die
Summe der Abrechnungen
in dem Finanzjahre 1858 (endend am 1. Okt.) erst 4756 Mill. Doll., stieg 1869 auf 34407 Mill.
Doll. und 1881 auf die enorme Höhe von 49 377 Mill., sank dagegen in der Folge und belief sich 1892 auf 36662 Mill.
Doll. Die Zahl der Clearing-House hat sich in der nordamerik.
Union von 8 in 1865 auf 73 Ende 1892 gehoben, an welchen
das Neuyorker Clearing-House den Löwenanteil hat.
In den andern Clearing-House zusammen wurden 1892 25447 Mill. Doll. abgerechnet. Auch
hier bleiben nur wenige Prozent des
Umsatzes zu begleichen.
Auf dem europ. Kontinent ist das Abrechnung
sverfahren zur Zeit weniger
entwickelt. Der 1864 gegründete
Wiener Saldierungsverein (s. Saldo), welchem auch die
Österreichisch-Ungarische
Bank angehört,
weist 1892 nur die
Summe von 278 Mill.
Fl. an zum Austausch eingelieferten Wechseln, Checks und
Anweisungen auf. - Im
Deutschen
Reiche hat sich durch die Einrichtung und
Ausdehnung
[* 8] der
Giro-Abteilung (s.
Giroverkehr) der
Deutschen Reichsbank,
die geringe Konzentration des Bankwesens und die langsame
Entwicklung des Checksystems (s. Check) das Bedürfnis nach Clearing-House nicht
so sehr fühlbar gemacht. Indes ist die Reichsbank selbst 1884 mit der Errichtung von Abrechnung
sstellen in
Berlin,
[* 9]
Bremen,
[* 10] Breslau,
[* 11]
Dresden,
[* 12]
Frankfurt
[* 13] a. M.,
Hamburg,
[* 14] Köln,
[* 15]
Leipzig
[* 16] und
Stuttgart
[* 17] vorgegangen. Die Gesamtumsätze dieser 9 Abrechnung
sstellen
sind von 12130196100 M. 1884 auf 16762790900 M. im J. 1892 gewachsen und waren 1889 am größten (18048962400 M.). Auf
Giroconto
zu buchen blieb
Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.
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