Von Oktavian begnadigt, lebte er, bis an sein Ende geistesfrisch und litterarisch thätig, bis 27
v. Chr.
VarrosGelehrsamkeit umfaßte das ganze Gebiet des damaligen
Wissens, und seiner Produktivität kam kein
Römer
[* 4] und nur wenige
unter den Griechen gleich. Die Gesamtzahl seiner teils prosaischen, teils poetischen Werke betrug über 70 in mehr als 600
Büchern.
Vollständig erhalten haben sich davon nur die im 80. Lebensjahr verfaßten drei
Bücher über die
Landwirtschaft
(hrsg. von
Schneider in den
»Scriptores rei rusticae«, Leipz. 1794, und von
Keil, das. 1882 ff.; Textausg.
von
Keil, das. 1889) und von den 25
Büchern des Werkes
»De lingua latina« Bd. 5-10 (beste Ausg.
vonSpengel, 2. Aufl., Berl. 1885, und O.
Müller, Leipz. 1833). Hauptsächlich galten seine
Studien der
heimischen
Sprache,
[* 5] Litteratur, namentlich der dramatischen (s.
Plautus),
2) PubliusTerentius, röm. Dichter, am Atax in
Gallien geboren (daher Atacinus),
lebte 82
¶
mehr
37 v. Chr. und gehörte der in seiner Zeit aufkommenden alexandrinischen Richtung der römischen Poesie an. Sein Hauptwerk, die
»Argonautae«, in 4 Bänden, eine freie Nachbildung der »Argonautica« des Apollonios von Rhodos, scheint die bedeutendste Leistung
auf dem Gebiet des erzählenden Epos zwischen Ennius und Vergil gewesen zu sein. Sammlung der geringen
Überreste seiner Dichtungen bei Riese: »M. Ter. varronis saturarum Menippearum reliquiae« (Leipz. 1865).
MarcusTerentius, von seinem Geburtsort Reate im Sabinerland Reatinus genannt, der größte Gelehrte des alten
Roms, wurde 116 v. Chr. geboren. Er bekleidete die höhern Staatsämter bis zur Prätur und kämpfte dann im Bürgerkriege auf
seiten des Pompejus in Spanien. Nach dem Ende des Krieges kehrte er, von Cäsar zum Vorstand der zu gründenden
öffentlichen Bibliothek bestimmt, nach Rom zurück. Von Antonius proskribiert, verlor er, wenn auch nicht sein Leben, so doch
einen Teil seiner Bibliothek und seinen Grundbesitz. Er starb im höchsten Greisenalter.
Ein Vertreter der alten nationalen Römersitte, erstreckte Varro seine Forschungen auf alle Gebiete
des menschlichen Lebens, insbesondere aber auf die des röm. Altertums (Sprache, Religion, Sitten, Recht, staatliche Einrichtungen
u. s. w.). Unter seinen poet. Werken ragen die 150 Bücher«Saturae Menippeae»
hervor, in denen Prosa und Poesie, sowie Ernst
und Scherz, ähnlich wie bei dem Cyniker Menippus, gemischt waren; unter den prosaischen Werken freierer
Art und Form die 76 Bücher «Logistorici», welche philosophische, namentlich ethische Erörterungen
mit vielen Belegen aus Mythen und Geschichte enthielten.
Unter den gelehrten Werken V.s war das bedeutendste eine röm. Altertumskunde in 41 Büchern, von denen 25 dem öffentlichen
und Privatleben, 16 dem Sakralwesen gewidmet waren. Daneben treten bedeutsam die 15 Bücher «Imagines»
oder «Hebdomades», welche außer dem biogr. Text 700 Porträtbilder (wahrscheinlich durch Schablonen hergestellt) nebst beigegebenen
Versen enthielten. Von weittragender Bedeutung waren ferner die 9 Bücher «Disciplinae», die erste röm. Encyklopädie, aus
der später die sog. sieben freien Künste des Mittelalters hervorgegangen
sind. (S. Martianus Capella.) Dazu hat Varro die hier zusammengefaßten Disciplinen großenteils auch in Einzelschriften bearbeitet
und auch Werke über die Landwirtschaft und «De jure civili» geschrieben. Endlich hat er außer einem großen Hauptwerke «De
lingua latina» mehrere Specialschriften grammatischen Inhalts verfaßt.
Erhalten sind nur «De re rustica» (hg. neuerdings von H. Keil zusammen mit CatosBuch, Bd. 1, Lpz. 1884,
und Bd. 2, Heft 2, 1891),
sowie sechs Bücher, aber unvollständig, von den 25 des Werks «De lingua latina» (hg. von Spengel,
Berl. 1826 u. 1885, und von O. Müller, Lpz. 1833). Eine Sammlung und Bearbeitung der zahlreichen Fragmente
der übrigen Werke fehlt zur Zeit noch. Die der «Saturae Menippeae» besorgten Öhler (Quedlinb. 1844),
Bücheler
in der Ausgabe des Petronius (3. Aufl., Berl. 1882); die der «Logistorici»
Riese (in der Ausgabe der «Saturae», Lpz. 1865) und mit denen der «Heptomades»
Chappuis (Par. 1868). Von dem gelehrten systematischen Hauptwerk V.s über die
röm. Altertumskunde sind die Fragmente der ersten Hälfte im 5. Bände der «LeipzigerStudien» (1882),
die der andern, welche
das Sakralwesen enthielt, von Merkel in seiner Ausgabe von Ovids Fasten (Berl. 1841) gesammelt; die der Schrift«De vita populi
romani» hat Kettner (Halle
[* 8] 1863),
die der vier Bücher«De gente populi romani» derselbe in den «VarronischenStudien» (ebd. 1865), die der grammatischen Schriften Wilmanns bearbeitet (Berl. 1864). Von ältern Gesamtausgaben ist zu nennen
die von Stephanus mit Scaligers Anmerkungen (Par. 1581‒91). –
Ritschl, Die
Schriftstellerei des M. T. Varro (im 3. Band
[* 9] der «Opuscula», Lpz. 1877) nebst den
andern Arbeiten desselben über Varro;Boissier, Étude sur la vie et les ouvrages de Varron (Par. 1861).
Publius TerentiusVarro Atacinus, röm. Dichter, geb. 82 v. Chr. zu Atax in der Narbonensischen Provinz (in Gallien),
unfern der Hauptstadt Narbo Martius (Narbonne), gest. 37 v. Chr. Bedeutendere Werke von ihm waren die
nach dem griech. Original des Apollonius (s. d.) von Rhodus gedichteten «Argonautica»,
ein originales Epos «De bello Sequanico», über den KriegCäsars gegen die Sequaner, außerdem eine Chorographie und eine Witterungskunde
nach alexandrinischen Vorbildern.
Die Bruchstücke sind zusammengestellt von Bährens («Fragmenta
poetarum romanorum», Lpz. 1886).