lebendes Abbild dieser Art von Novellistik. Außerdem nahm in
Dresden
[* 2] lebhaften Anteil an der Leitung des Hoftheaters. Ein
Resultat davon sind seine gehaltreichen «Dramaturgischen
Blätter» (2 Bde., Bresl.
1825-26; 3 Bde., Lpz. 1852),
die er auch in seine «Kritischen
Schriften» (4 Bde., Lpz.
1848-52) aufnahm. Seine litterar.
Arbeiten in dieser Zeit sind vor allem
Shakespeare gewidmet. Seit 1825 erschien
unter seiner Leitung die Fortsetzung der Schlegelschen
ÜbersetzungShakespeares, an der seine geistvolle Tochter, Dorothea
Tieck (geb. 1799, gest. und
WolfGraf von
Baudissin (s. d.) arbeiteten; er selbst begleitete das Werk mit Anmerkungen.
Wie er früher die Werke von
Novalis (Berl. 1802) und
MalerMüller (Heidelb. 1811) herausgegeben hatte,
so jetzt die
Schriften von Heinr. von
Kleist (Berl. 1826), Solger (Lpz. 1826) und Jak.
Mich. Reinh. Lenz (Berl. 1828).
Bald nach der Thronbesteigung
Friedrich Wilhelms IV. von
Preußen
[* 3] wurde Tieck von diesem mit ansehnlicher
Pension und dem
Titel eines
Geh.
Hofrats an den preuß.
Hof
[* 4] gezogen und lebte seitdem, oft kränkelnd, abwechselnd
in
Berlin
[* 5] und
Potsdam,
[* 6] wo damals die verschiedenen theatralischen Versuche hauptsächlich von ihm ausgingen. Er starb zu
Berlin.
Eine Sammlung seiner «Gedichte» (3 Bde.,
Dresd. 1821-23; neue Ausg., Berl. 1841),
die von reichem dichterischen
Talent Zeugnis ablegen, aber in der
technischen Form zum
Teil vernachlässigt sind, veranstaltete er selbst, wie auch die seiner «Sämtlichen
Schriften» (unvollendet, 20 Bde., Berl.
1828-46); seine «Nachgelassenen
Schriften» veröffentlichte Köpke (2 Bde., Lpz.
1855). Ausgewählte Werke T.s gaben heraus: H. Welti (8 Bde., Stuttg. 1886-93),
Minor (in Kürschners
«Deutscher Nationallitteratur», ebd. 1885 fg.), Klee (3 Bde.,
Lpz. 1892). -
Vgl. Köpke,Ludwig Tieck
Erinnerungen aus dem Leben des Dichters (2 Bde., Lpz.
1855);
T.s Schwester
Sophie Tieck, geb. 1775 zu
Berlin, vermählte sich 1799 mit Aug. Ferd.
Bernhardi (s. d.). Nach ihrer Scheidung (1805)
von diesem ging sie 1810 eine
zweite Ehe mit einem Herrn von Knorring ein, mit dem sie sich nach
Esthland
[* 8] wandte, wo sie 1836 starb.
Außer Gedichten hat sie einige
Romane und Schauspiele veröffentlicht.
Friedr., Anatom und Physiolog, geb. zu
Cassel, bezog 1798 die
Universität zu
Marburg,
[* 9] an der er
hauptsächlich
Anatomie,
Physiologie und
Chemie studierte. Zu seiner praktischen Ausbildung besuchte er sodann die Hospitäler
zu
Bamberg
[* 10] und zu
Würzburg,
[* 11] worauf er sich 1804 zu
Marburg habilitierte. Hieraus ging er wieder nach
Würzburg, wo er besonders
das
Nervensystem studierte. Darauf machte er eine
Reise nach
Paris.
[* 12] Durch Vermittelung
Sömmerrings erhielt
er 1806 die Professur der Zoologie und
Anatomie an der
Universität Landshut.
[* 13] Von seinen wissenschaftlichen
Arbeiten sind hervorzuheben
die unvollendet gebliebene «Zoologie» (1. bis 3.
Tl., Landsh. und Heidelb. 1808-14, eins der wichtigsten und
gelehrtesten Werke über
Anatomie der
Vögel),
[* 14]
die er mit Reinhold und Treviranus gemeinschaftlich herausgab, «Das Hirn des
Negers mit dem des
Europäers und Orang-Utans verglichen» (Heidelb. 1837),
«Von den Duverneyschen,
Bartholinschen oder Cowperschen
Drüsen des
Weibes u. s. w.» (ebd. 1840),
«Von der Verengung und Schließung der Pulsadern in
Krankheiten» (ebd. 1843)
und «Von lebenden
Würmern und
Insekten
[* 16] in den
Geruchsorganen des
Menschen» (Mannh. 1844). Nach der bad. Revolution von 1848 und
1849, an der auch zwei seiner
Söhne (von denen der eine, Gustav
Nikolaus, als Kommandant von Rastatt
[* 17] in Rastatt
standrechtlich erschossen wurde) Anteil nahmen, nahm er 1849 seine Entlassung vom Lehramte und lebte
seitdem erst zu
Frankfurt
[* 18] a. M., dann in
München,
[* 19] wo er starb. Seine letzte
Arbeit war die «Geschichte des
Tabaks
und anderer ähnlicher Genußmittel» (Frankf. 1854). -
Christoph Aug., Dichter, geb. zu
Gardelegen,
[* 20] studierte seit 1770 in
Halle
[* 21] die
Rechte und wurde dann Sekretär
[* 22] bei einem
Advokaten in
Magdeburg.
[* 23] 1781 ging er als
Erzieher nach Ellrich, wandte sich 1789 auf
Gleims Einladung nach Halberstadt
[* 24] und wurde 1792 Gesellschafter des Domherrn von
Stedern, mit dessen Familie er 1794 nach
Magdeburg und 1795 in die Nähe von
Quedlinburg
[* 25] zog. 1799 siedelte
er nach
Berlin über, wo er 1803 mit Frau von der Recke zusammentraf.
Sie begleitete er in die böhm.
Bäder, nach
Italien
[* 26] (1804-6) und der
Schweiz
[* 27] und blieb seitdem als treuer Lebensgefährte in
ihrer Nähe, erst zuBerlin, seit 1819 zu
Dresden. Hier lebte Tiedge auch nach dem 1833 erfolgten
Tode seiner
Freundin, durch deren letzten Willen für seine letzten Lebenstage gesorgt war. Er starb Tiedge erwarb
sich als Dichter seiner Zeit einen großen
Namen durch sein Lehrgedicht
«Urania»
(Halle 1801; auch in Reclams «Universalbibliothek»;
neu hg. von Mendheim in Bd. 2 der
«Lyriker und
Epiker» in Kürschners
«Deutscher Nationallitteratur»),
das große
Verbreitung
fand, so wenig diese auf rationalistischer
Anschauung aufgebaute und in Schillerscher Redeweise abgefaßte Behandlung der
Kantschen
Philosophie tiefern poet. Wert hat. Eine Art Fortsetzung der
«Urania» bilden die «Wanderungen durch den Markt
des Lebens» (2 Bde.,
Halle 1833; neue Aufl. 1836). 1812 erschien ein idyllischer Liederroman «Das
Echo, oder
Alexis und
Ida» (darin das einst viel gesungene «An
Alexis send' ich dich»),
1815 der Liederroman
«Ännchen und Robert»
(Halle 1815). Auch sonst war Tiedge als
Lyriker geschätzt; sein Liedchen «Schöne Minka, ich
muß scheiden» ist noch heute nicht vergessen. Eine
Ausgabe seiner «Gesammelten Werke» besorgte sein Freund
Eberhard (8 Bdchn.,
Halle 1823-29). -
Vgl. T.s Leben und poet.
Nachlaß (hg. von
Falkenstein, 4 Bde., Lpz. 1841);
Eberhard,
Blicke in T.s und Elisas Leben (Berl. 1844);
Kern, Beiträge zu einer Charakteristik des Dichters
Tiedge (ebd. 1896).
¶
mehr
Die nach dem Tode T.s zu Dresden 1841 begründete Tiedge-Stiftung hat den Zweck, das Grab des Dichters zu erhalten und einzelnen
Dichtern und Künstlern oder deren Witwen und Kindern Unterstützungen zu gewähren. 1896 betrug das Vermögen der Stiftung,
das vom sächs. Kultusministerium verwaltet wird, 662000 M.