der Front) und die auf Panthern reitenden
Genien (Treppenwangen), außerdem die sitzende Marmorstatue Ifflands im Innern. 1819 Mitglied
der
Akademie zu
Berlin
[* 3] geworden, griff Tieck seit 1820 in den regen Umschwung der
Berliner
[* 4] Kunstakademie mit ein. Mehrere Jahre
beschäftigte ihn die Herstellung der antiken Monumente für das königl. Museum, bei
dem er seit der Eröffnung desselben als Direktor der Statuenabteilung angestellt war. Unter anderm modellierte er auch die 1829 in
Erz gegossenen Gruppen der
Dioskuren
[* 5] als Rossebändiger für den
Überbau des königl. Museums nach den Vorbildern auf dem
Monte-Cavallo
zu
Rom und
[* 6] 1836 in
Dresden
[* 7] die
Büste seines
Bruders. Er starb Seine künstlerische Neigung war
auf engern Anschluß an die
Antike gerichtet, als dies bei
Rauch der Fall war.
Ludwig, Dichter, geb. zu
Berlin als Sohn eines Seilermeisters, besuchte seit 1782 das Friedrichs-Werdersche
Gymnasium, studierte seit 1792 in
Halle,
[* 8] Göttingen
[* 9] und
Erlangen
[* 10] Geschichte sowie ältere und neuere Litteratur
und machte schon damals
Shakespeare zum Mittelpunkt seiner Bestrebungen. Nach
Berlin zurückgekehrt, lieferte er, wie seine
Schwester
Sophie, seit 1795 auf Veranlassung
Nicolais für die von
Musäus und J. G.
Müller begonnenen «Straußfedern» eine
Anzahl kleinere Erzählungen, erst nach franz.
Mustern, dann originale Beiträge, unter denen «Die beiden
merkwürdigsten
Tage aus
Siegmunds Leben» (1796) der bedeutendste war. Sein eigenstes Wesen, das damals der geistlosen romantischen
Phantastik verfallen war, bekundete er in der wüsten Erzählung
«Abdallah» (Berl. 1795) und in dem unerquicklichen, düstern
Roman «William Lovell» (3 Bde.,
ebd. 1795-96). Dagegen zeichnen sich sein
«Peter Lebrecht, eine Geschichte ohne Abenteuerlichkeiten» (2
Bde., Berl. 1795-96) und «Volksmärchen
von
Peter Lebrecht» (3 Bde., ebd. 1797) durch gewinnende
Naivetät wie durch einen gesunden
Humor aus.
Eine originale
Dichtung im
Tone der Volkssage war das träumerisch melancholische
Märchen «Der blonde Ekbert».
Schon jetzt,
in den Märchendramen
«Blaubart» und «Der gestiefelte
Kater», kämpfte Tieck mit satir. Laune ebenso gegen
die Dichter der
Aufklärung wie gegen das aufgeklärte Publikum. Derselben
Polemik gab er eine andere Form in dem
Lustspiel
«Die verkehrte Welt» (1799).
In den «Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders» (Berl.
1797),
ursprünglich von seinem Jugendfreunde Wackenroder (gest. 1798),
an welchen jedoch auch Tieck Anteil
hatte, ferner in den
«Phantasien über die Kunst» (Hamb. 1799),
in welchen Tieck den Nachlaß Wackenroders mit einigen
Aufsätzen
vermehrt herausgab, besonders aber in dem Kunstroman
«Franz Sternbalds Wanderungen» (2 Bde., Berl.
1798) sprach sich eine Liebe zur Kunst aus, die sich aller selbstgefälligen Kennerei und Spielerei mit
dem Schönen und
Erhabenen widersetzte, zugleich aber in
Verbindung mit einer schwärmerischen Religiosität auftrat, welche
über T.s Hinneigung zum
Katholicismus keinen Zweifel übrigließ.
Nicolai wandte sich deshalb von ihm ab; doch schloß sich
eng an Aug. Wilh. von Schlegel an, den er 1798 in
Berlin kennen gelernt hatte.
Nachdem sich Tieck 1798 mit einer Tochter des
Hamburger Pastors
Alberti vermählt hatte, ging er 1799 nach
Jena,
[* 11] wo er an
Novalis einen neuen Freund erwarb. Damals veröffentlichte er
«RomantischeDichtungen» (2
Bde.,
Jena 1799-1800),
in denen außer dem «Zerbino» noch die
Tragödie «Leben und
Tod der Genoveva» erschien. Im «Zerbino»,
einer Fortsetzung des «Gestiefelten
Katers», wnrde die materielle, antipoet. Denkart mit
Ironie geschildert, während sich
darin zugleich die Verehrung der romantischen
Poesie in allen ihren
Farben spiegelte. Seine
Übersetzung des
«Don Quixote» (4
Bde., Berl. 1799-1801; 3. Aufl.
1831; neue Ausg. 1852) übertraf weit alle bisherigen Versuche.
Endlich erschien 1804 sein längst erwarteter
«Kaiser Octavianus», der nur in Einzelheiten schöne Gipfelpunkt seiner romantischen Schöpfungen.
Neben diesen dichterischen
Arbeiten widmete er sich dem
Studium der Litteratur des deutschen Mittelalters und veröffentlichte 1803 aus
BodmersPariser Liederhandschrift «Minnelieder aus der schwäb.
Vorzeit». Sein äußeres Leben verlief ziemlich unruhig: 1801-2 hielt er sich in
Dresden, dann auf dem
Gute seines Freundes Burgsdorff, Ziebingen bei
Frankfurt
[* 12]
a. O., auf;
im
Sommer 1806 heimgekehrt, lebte er wieder meist in Ziebingen, wo er 1811 Solgers Freundschaft gewann, die
von großem Einfluß auf seine Zukunft wurde.
Tieck war jetzt bei einem
Wendepunkte seines Lebens angekommen. Er hatte sich losgerungen von den mystischen
Elementen, die ihn früher beherrschten, und begann festere Kunstformen zu suchen, wie sich dies zunächst im
«Phantasus»
(3 Bde., Berl. 1812-17; neue Aufl.
1844-15) zeigte. In diesem Werke vereinigte er den
Inhalt von
«Peter Lebrechts Volksmärchen» mit manchem
Neuen, worunter das
Drama «Fortunat», zu einem kunstreichen Ganzen nach Art von
Boccaccios «Decamerone». Sein «Frauendienst
oder Geschichte und Liebe des Ritters und Sängers
Ulrich von Lichtenstein» (Tüb. 1812) trug, wie die Minnelieder, viel zur
Wiederbelebung der ältern deutschen
Dichtkunst bei. Auch sein
«Deutsches Theater» (2 Bde.,
Berl. 1817), eine Sammlung älterer deutscher Schauspiele, war litterarhistorisch verdienstvoll.
Mit seinem Freunde Burgsdorff machte er 1817 eine
Reise nach England, wo er neue Materialien für
Shakespeare sammelte, von
dem er bereits sechs
Stücke übersetzt und in dem Werke «Altengl.
Theater
[* 14] oder
Supplemente zum Shakspear» (2 Bde., Berl.
1811) veröffentlicht hatte. 1819 wandte er sich nach
Dresden, wo er besonders als Novellendichter sehr
fruchtbar war; die Novellen erschienen teils in verschiedenen Taschenbüchern, zuletzt meist in der
«Urania», teils als «Novellenkranz»
(4. Jahrg., Berl. 1831-35),
teils gesammelt (14 Bde., Bresl. 1835-42;
vollständig, 12 Bde., Berl. 1853-54).
Unter ihnen sind die bedeutendsten «Dichterleben» und
«Der
Tod des Dichters». Noch höher steht der umfangreichere, aber unvollendete
«Aufruhr in den Cevennen» (Berl. 1826),
während
«Der junge Tischlermeister» (2 Bde.,
ebd. 1836) nicht gleichen Beifall finden konnte. Unterschätzt wird meist sein eigenartiger
Roman «Vittoria Accorombona» (2
Bde., Bresl. 1840; neue Aufl.
1841).
In den Novellen der
Dresdener Zeit zeigt sich von T.s früherer
Romantik kaum eine
Spur. Vorherrschend
ist der geistreiche Dialog über Litteratur und Leben der Gegenwart, vielfach von der feinsten und schärfsten
Ironie durchdrungen.
Die berühmten Abendzirkel in
Dresden, wo Tieck sein seltenes
Talent als Vorleser entfaltete, waren ein
¶
Tiefseeforschung
* 15 Seite 65.828a.
[* 15]
^[Abb. 1. Tiefseelot nach Belknap und Sigsbee.]
[* 15]
^[Abb. 11. Profil des Meeresbodens auf dem Kurs der „Tuscarora“
durch den Stillen Ocean. Die eingezeichneten Zahlen sind die gefundenen Temperaturen in Celsiusgraden.]
[* 15]
^[Abb. 12. Profil des Nordatlantischen Oceans auf der Strecke der Kabelzüge. Die eingezeichneten Zahlen sind die gemessenen
Tiefen in Metern.]
¶
lebendes Abbild dieser Art von Novellistik. Außerdem nahm in Dresden lebhaften Anteil an der Leitung des Hoftheaters. Ein
Resultat davon sind seine gehaltreichen «Dramaturgischen Blätter» (2 Bde., Bresl.
1825-26; 3 Bde., Lpz. 1852),
die er auch in seine «Kritischen Schriften» (4 Bde., Lpz.
1848-52) aufnahm. Seine litterar. Arbeiten in dieser Zeit sind vor allem Shakespeare gewidmet. Seit 1825 erschien
unter seiner Leitung die Fortsetzung der Schlegelschen ÜbersetzungShakespeares, an der seine geistvolle Tochter, Dorothea
Tieck (geb. 1799, gest. und WolfGraf von Baudissin (s. d.) arbeiteten; er selbst begleitete das Werk mit Anmerkungen.
Wie er früher die Werke von Novalis (Berl. 1802) und MalerMüller (Heidelb. 1811) herausgegeben hatte,
so jetzt die Schriften von Heinr. von Kleist (Berl. 1826), Solger (Lpz. 1826) und Jak.
Mich. Reinh. Lenz (Berl. 1828). Bald nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV. von Preußen
[* 22] wurde Tieck von diesem mit ansehnlicher
Pension und dem Titel eines Geh. Hofrats an den preuß. Hof
[* 23] gezogen und lebte seitdem, oft kränkelnd, abwechselnd
in Berlin und Potsdam,
[* 24] wo damals die verschiedenen theatralischen Versuche hauptsächlich von ihm ausgingen. Er starb zu
Berlin.
Eine Sammlung seiner «Gedichte» (3 Bde.,
Dresd. 1821-23; neue Ausg., Berl. 1841),
die von reichem dichterischen Talent Zeugnis ablegen, aber in der
technischen Form zum Teil vernachlässigt sind, veranstaltete er selbst, wie auch die seiner «Sämtlichen
Schriften» (unvollendet, 20 Bde., Berl.
1828-46); seine «Nachgelassenen Schriften» veröffentlichte Köpke (2 Bde., Lpz.
1855). Ausgewählte Werke T.s gaben heraus: H. Welti (8 Bde., Stuttg. 1886-93),
Minor (in Kürschners «Deutscher Nationallitteratur», ebd. 1885 fg.), Klee (3 Bde.,
Lpz. 1892). -
Vgl. Köpke, LudwigTieckErinnerungen aus dem Leben des Dichters (2 Bde., Lpz.
1855);
T.s Schwester SophieTieck, geb. 1775 zu Berlin, vermählte sich 1799 mit Aug. Ferd. Bernhardi (s. d.). Nach ihrer Scheidung (1805)
von diesem ging sie 1810 eine zweite Ehe mit einem Herrn von Knorring ein, mit dem sie sich nach Esthland
[* 26] wandte, wo sie 1836 starb. Außer Gedichten hat sie einige Romane und Schauspiele veröffentlicht.