Leiche
oder Leichnam (Cadaver), der tote Organismus im Tier- wie im Pflanzenreiche. Sobald das Leben erloschen ist (s. Tod), nimmt der Stoffumsatz, der dem Einfluß der Blutbewegung, der Atmung, der Nahrungszufuhr u. s. w. entzogen ist, eine andere Richtung an, und es tritt Fäulnis (s. d.) ein, welche sich durch ganz bestimmt eintretende Erscheinungen (Leichenerscheinungen) zu erkennen giebt. Bei den Tieren gerinnt das Blut, die Muskeln [* 2] (s. d.) werden, gleichfalls infolge der Gerinnung der Muskelsubstanz, starr (Totenstarre), das Blut fließt nach den tiefer gelegenen Stellen (Blutsenkung) und färbt die blassen Körperteile, auch die Haut, [* 3] rotblau (Totenflecken).
Bleibt die Leiche
länger liegen, so sickert Flüssigkeit aus derselben, die die
Haut blasig abhebt und infolge eingetretener
Fäulnis stärkern
Geruch verbreitet. Die schließlich entstehende Jauche ist nicht bloß durch ihren
Geruch widerlich, sondern oft auch den Lebenden gefährlich, die mit verletzter
Haut mit derselben in Berührung kommen, da
sich häufig auch krankheiterregende
Spaltpilze an dem Zersetzungsvorgang beteiligen oder schon im Körper vorhandene dadurch
weiter verbreitet werden. Es entstehen von den vergifteten
Stellen aus manchmal lebensgefährliche
Entzündungen
der
Lymphgefäße
(Rotlauf, Septichämie und Pyämie) oder häufig hartnäckige
Entzündungen
(Leichenpusteln) und
Geschwüre
der
Haut, in andern Fällen harte, schmerzhafte, warzenähnliche Knoten der
Haut, die man als
Leichentuberkel bezeichnet.
Man spricht deshalb von
Leichengift (s.
Leichenalkaloide) und
Leichenvergiftung. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich
nicht um
Gifte und
Vergiftungen, obwohl bei der Leiche
nfäulnis
Gifte eintreten, sondern um Infektionserreger
und infektiöse Erkrankungen. Wer sich einer
Infektion mit
Leichengift ausgesetzt hat, lasse die Hautwunde ausbluten, betupfe
sie sodann mit
Carbolwasser,
Ammoniak oder
Höllenstein und verbinde sie mit einem antiseptischen
Verbandstoff
(Carbolsäure,
Salicylsäure,
Jodoform);
Entzündungen bedürfen ärztlicher Behandlung. Will man die Leiche
konservieren,
so bringe man sie sofort in ein kaltes luftiges Zimmer, besprenge sie öfters mit
Sublimat- oder Carbolsäurelösung und kühle
sie durch
Eis
[* 4] ab; die bedeckenden
Tücher sind mit Chlorkalklösung zu tränken, das
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Gesicht [* 6] mit einem mit Essig befeuchteten Tuch zu bedecken. Über das Einbalsamieren s. d.
Die Leichenöffnung (Sektion, Autopsie), bestehend im Aufsägen der Schädelhöhle und Öffnen der Brust- und Bauchhöhle, hat
den Zweck, den Arzt über die abgelaufene Krankheit zu unterrichten und der Medizin Material zu ihrer fernern Ausbildung zu
liefern. Tritt ein Todesfall durch die Schuld eines andern ein, oder wird dies vermutet, so beantragt
das Gericht die Leichenöffnung (gerichtliche Sektion, Obduktion, s. d.). Eine eingehende
anatomische und, wenn nötig, auch chem. Untersuchung der Leiche
giebt die Grundlagen
zudem gerichtsärztlichen Gutachten. In jedem andern Falle aber hat der Arzt oder eine andere hierzu bestellte
Person eine Bescheinigung über den Todesfall auszustellen. (S. Leichenschau.) An vielen Orten sind sog. Leichenhäuser oder
Leichenhallen errichtet, um die Leiche
bis zur Beerdigung aufzunehmen. (S. Leichenhaus.)