Die
Leichenöffnung (Sektion,
Autopsie), bestehend im Aufsägen der Schädelhöhle und Öffnen der
Brust- und Bauchhöhle, hat
den Zweck, den
Arzt über die abgelaufene
Krankheit zu unterrichten und der
Medizin Material zu ihrer fernern Ausbildung zu
liefern.Tritt ein Todesfall durch die Schuld eines andern ein, oder wird dies vermutet, so beantragt
das Gericht die
Leichenöffnung (gerichtliche Sektion, Obduktion, s. d.). Eine eingehende
anatomische und, wenn nötig, auch chem. Untersuchung der Leiche giebt die Grundlagen
zudem gerichtsärztlichen Gutachten. In jedem andern Falle aber hat der
Arzt oder eine andere hierzu bestellte
Person eine
Bescheinigung über den Todesfall auszustellen. (S.
Leichenschau.) An vielen Orten sind sog.
Leichenhäuser oder
Leichenhallen errichtet, um die Leiche bis zur
Beerdigung aufzunehmen. (S.
Leichenhaus.)
Leichenbasen,
Kadaveralkaloide,
Ptomaïne, Septicine, eine Anzahl von organischen
Basen, die sich bei der Fäulnis (s. d.) von
Eiweißstoffen bilden und deshalb nicht selten in faulenden Leichenteilen gefunden
werden. Sie werden von den Fäulnisbakterien erzeugt, sind den
Pflanzenalkaloiden in ihren Reaktionen ähnlich und erfordern
deshalb bei der gerichtlich-chem. Untersuchung von
Leichen besondere
Aufmerksamkeit. Diese
Basen sind zum
Teil giftig
(Leichengifte),
zum
Teil ungiftig.
Bei der Fäulnis treten zunächst
Cholin, C5H15NO2, Neuridin, C5H14N2,
Trimethylamin, N(CH3)3, auf;
später entstehen
Cadaverin, C5H14N2, Putrescin, C4H12N2, und Saprin, C5H14N2, ferner die sauerstoffhaltigen
giftigen
Basen Mydatoxin, C6H13NO2, und Mydin, C8H11NO. Aus der giftigen Miesmuschel ist das dem Curare ähnliche
Mytilotoxin, C6H15NO2, erhalten worden u.s.w. Einige der
Basen sind ihrer chem. Konstitution nach
bereits bekannt und auch synthetisch darstellbar. -
Leichenhalle, Parentationshalle,
Gebäude, in welchen
Leichen bis zur
Beerdigung aufbewahrt und aufgebahrt
werden. Ursprünglich wollte man durch solche Einrichtungen der Gefahr vorbeugen, lebendig begraben zu werden. Bei ansteckenden
Krankheiten ist es zweckmäßig, die
Leichen sobald als möglich aus der Wohnung zu entfernen, um die Überlebenden
vor der Erkrankung zu bewahren. Leichenhaus sollen nicht nur einen hallenartigen, aus einzelnen
Abteilungen bestehenden
und gut ventilierten Raum für
Aufstellung der
Särge, sondern auch geeignete Räume für Sektionen gewähren.
Das erste Leichenhaus wurde auf
Hufelands Anregung 1792 in
Weimar
[* 2] errichtet. Jetzt fehlen die Leichenhaus auf keinem größern Friedhofe mehr.
Einen andern Zweck hat das
Leichenschauhaus
[* 3] (Morgue), in
welcher die
Leichen unbekannter
Personen zur öffentlichen
Schau ausgestellt werden behufs Rekognoscierung
u. dgl. Bei großer Hitze wie bei schnell in Verwesung übergehenden
Leichen
ist deren Entfernung aus den Wohnungen ebenfalls wünschenswert.
Endlich wird es mehr und mehr üblich, die Einsegnungsfeierlichkeiten
in der mit dem Leichenhaus verbundenen Kapelle abzuhalten.
die unbefugte Wegnahme einer
Leiche aus dem Gewahrsam der dazu berechtigten
Personen; auch die Wegnahme
von Sachen, die der
Leiche mit ins
Grab gegeben wurden. Leichenraub wird nach §. 168 des
Deutschen Strafgesetzbuches (ähnlich das Österr.
Strafgesetz von 1852, §. 306 und der
Schweiz.
[* 6] Strafgesetzentwurf von 1896) mit Gefängnis bis zu 2 Jahren und fakultativem
Ehrverlust bestraft. Wegnahme von Leichenteilen wird als
Übertretung mit Geldstrafe bis 150 M. oder Haft bis 6 Wochen bestraft
(§. 367, Nr. 1). Wegnahme von Sachen kann Diebstahl sein, z. B.
Wegnahme eines, einem nahen
Angehörigen in die Gruft mitgegebenen Familienschmucks, weil anzunehmen,
daß an diesem der Gewahrsam nicht aufgegeben ist. Andernfalls ist es
Störung des Gräberfriedens (s. d.).
Nach §. 134 des
Deutschen Militärstrafgesetzbuches vom wird wegen Leichenraub mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren, in minder
schweren Fällen mit Gefängnis bis zu 5 Jahren und Versetzung in die zweite
Klasse des Soldatenstandes
bestraft, wer im Felde in der
Absicht rechtswidriger Zueignung einem auf dem Kampfplatze gebliebenen
Angehörigen der deutschen
oder verbündeten
Truppen eine Sache abnimmt.
GleicherStrafe verfällt, wer einem
Kranken oder Verwundeten auf dem Kampfplatze,
auf demMarsche, auf dem
Transporte oder im Lazarett, oder einem seinem Schutze anvertrauten Kriegsgefangenen
eine Sache wegnimmt oder abnötigt.
Unzucht an einer
Leiche. Leichenschändung wurde früher nach der Praxis des gemeinen deutschen
Strafrechts und nach
manchen Landesstrafgesetzen als Art der
Sodomie, wenn auch geringer als
Päderastie oder
Unzucht mit einemTiere
bestraft. Das Deutsche
[* 7] Strafgesetzbuch kennt jene Unsittlichkeit als ein besonderes
Verbrechen nicht mehr. Hier würde, wie
bei Verstümmelungen oder andern
Schändungen der
Leiche, soweit nicht zugleich
Störung des Gräberfriedens (s. d.) oder
Leichenraub
(s. d.) vorliegt, Bestrafung aus dem
Gesichtspunkt einer
Beleidigung der Hinterbliebenen oder wegen groben
Unfugs in Frage kommen
können.
oder
Totenschau, die im obrigkeitlichen
Auftrag erfolgende sachkundige Untersuchung eines Verstorbenen
vor derBeerdigung. Zweck derselben ist teils die Verhütung des Lebendigbegrabenwerdens, teils Entdeckung von
Verbrechen, von
epidemischen oder ansteckenden
Krankheiten und andere polizeiliche oder statist. Nachweise. Eine gut
¶