Titel
Gruner
,
1) Justus von, preuß. Staatsmann, geb. zu Osnabrück, [* 2] besuchte das Gymnasium daselbst, studierte die Rechte in Halle [* 3] und Göttingen, [* 4] lebte dann als praktischer Jurist in Osnabrück und gab mehrere Schriften über das Strafrecht und die öffentliche Sicherheitspflege heraus. 1802 trat er in den preußischen Staatsdienst, ward zuerst Kammerrat in Franken, 1804 in die oberste Verwaltung nach Berlin [* 5] berufen und 1805 Direktor der Kriegs- und Domänenkammer in Posen. [* 6]
Der
Krieg von 1806 machte seiner dortigen Thätigkeit bald ein Ende, und Gruner
begab sich nach
Ostpreußen,
[* 7] wo
Stein und
Hardenberg seine Fähigkeiten kennen lernten. Nachdem er die
Kriegs- und Domänenkammer in
Pommern
[* 8] geleitet, ward er 1809 Polizeipräsident
von
Berlin und 1811 als
Geheimer
Staatsrat
Chef der gesamten höhern Staatspolizei. Ein eifriger
Patriot
und unversöhnlicher
Feind der
Franzosen, fügte er diesen großen
Schaden zu und war der
Mittelpunkt der Vorbereitungen für
die nationale
Erhebung.
Als
Preußen
[* 9] 1812 das
Bündnis mit
Napoleon schloß, schied Gruner
aus dem preußischen
Staatsdienst aus und begab sich nach
Prag
[* 10] zu
Stein. Er leitete von hier aus die Ausführung des Steinschen
Plans einer Volkserhebung in Norddeutschland. Um aber einem
von
Frankreich drohenden Auslieferungsantrag auszuweichen, ließ die österreichische
Regierung Gruner
verhaften
und ein Jahr bis zum
Herbst 1813 in
Peterwardein in
Haft behalten. Darauf übernahm er die
Verwaltung von
Berg, organisierte das
Generalgouvernement des Mittelrheins und war 1814-15
Generalgouverneur von
Berg. Überall beseitigte er, von
Görres unterstützt,
in kurzer Zeit die französischen
Elemente, sammelte die deutsch-patriotischen
Kräfte und organisierte
die Streitmittel für den
Kampf gegen
Frankreich. 1815 kurze Zeit
Chef der deutschen
Polizei in
Paris,
[* 11] leitete er die Rückgabe
der Kunstschätze. Nach dem
Frieden wurde Gruner
zwar geadelt, aber wegen seiner liberalen
Gesinnung nicht im innern
Staatsdienst
verwendet, sondern zum
Gesandten in der
Schweiz
[* 12] ernannt. Doch starb er schon in
Wiesbaden.
[* 13]
2) Ludwig, Kupferstecher, geb. zu Dresden, [* 14] begann seine Studien in der Malerei 1815 unter Klinger, widmete sich dann unter Krüger der Kupferstecherei und ging 1825 nach Mailand, [* 15] wo er unter Longhi und P. Anderloni seine Studien fortsetzte. 1828 besuchte er das südliche Frankreich und Spanien, [* 16] wo er dem Escorial ein dreimonatliches Studium widmete. 1832 zurückgekehrt, vollendete er den Stich des Porträts von Mengs und ging dann nach England und Schottland.
Madonnen nach
Raffael sowie die
Aussetzung
Moses' (aus der Sammlung zu
Blenheim) waren die
Arbeiten, die ihn dort beschäftigten.
Nach
Mailand zurückgekehrt, lieferte er das
Porträt des
Giulio de'
Medici,
Moses nach
Murillo und das
Pax vobiscum
nach
Raffaels
Bild im
Besitz des
Grafen P.
Tosi zu
Brescia. Im J. 1837 wandte sich Gruner
nach
Rom,
[* 17] wo er hauptsächlich nach
Marc
Anton
studierte und
Stiche von einer
Folge von
Mosaiken unter dem
Titel: »I mosaici della cappella
Chigi«
(Rom 1839)
fertigte. Daraus folgten die Fresken an der
Decke
[* 18] des
Saals des Heliodor. Im J. 1842 ging Gruner
aufs neue nach
England, um
Zeichnungen
nach den Raffaelschen
Kartons in Hamptoncourt in der
Größe des
Originals auszuführen.
Später gab er das Prachtwerk
»Fresco decorations and stuccos in Italy« (Lond. 1844, 2. Aufl.
1854) und auf Befehl der
Königin »The decorations of the garden pavilion in the grounds of
Buckingham Palace« (das. 1846)
heraus. Es folgte der
Stich nach dem
Traum des
Ritters von
Raffael in der Nationalgalerie.
Von der britischen Regierung beauftragt, für die Kunstanstalten ein Buch mit Vorlegeblättern in Farbendruck nach den besten Mustern Italiens [* 19] herzustellen, lieferte er 1850 das Prachtwerk »Specimens of ornamental art«, Zu seinen Stichen gehören ferner: Christus am Ölberg nach Raffael (? London, [* 20] Nationalgalerie) und die Almosenverteilung des heil. Lorenz, aus der Fiesolekapelle im Vatikan. [* 21] Dann gab er heraus die Raffael-Karyatiden aus dem Vatikan in 15 Blättern (1852). Bald darauf wurde er zum Direktor am königlichen Kupferstichkabinett zu Dresden ernannt. In dieser Stellung veröffentlichte er: »Die Basreliefs an der Vorderseite des Doms zu Orvieto« (Text von Braun, Leipz. 1858);
»Lo scaffale, or presses in the sacristy of Santa Maria delle Grazie ¶
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at Milan. Illustrations of the painted decorations by B. Luini« (Lond. 1859-60); »A selection of the art treasures in the Green Vaults at Dresden« (Dresd. 1862); »The terracotta architecture of North Italy« (Lond. 1867). Für den englischen Hof [* 23] lieferte er 1860 die Dekorationen zu dem Mausoleum der Herzogin von Kent und 1861 die Entwürfe zu dem Mausoleum für den Prinzen Albert. Er starb in Dresden.