wenig bekannt ist. Nach neuern Forschungen ist es mindestens zweifelhaft, ob dem Ergotin eine besondere Wirksamkeit
zukommt. Nach Dragendorff ist dies nicht der Fall. Kobert giebt an, daß das im
Mutterkorn enthaltene
Cornutin, die Sphacelinsäure
und die Ergotinsäure die
Träger
[* 2] der Wirksamkeit seien, und von anderer Seite wird dies dem Scleromucin
und der Sclerotinsäure zugeschrieben.- Man bezeichnet mit Ergotin auch kurzweg das
Mutterkornextrakt (Extraktum Secalis cornuti)
des
Arzneibuches für das
Deutsche Reich.
[* 3] Dasselbe wird bereitet durch zweimaliges
Ausziehen von 2
Teilen frisch gepulvertem
Mutterkorn mit 4
Teilen Wasser. Die
Auszüge werden bis auf 1
Teil eingedampft, der
Rückstand mit 1
TeilWeingeist
gemischt, nach 3
Tagen abfiltriert und das Filtrat zu einem dicken Extrakt eingedampft. Neben diesem Extrakt enthält das
Arzneibuch noch ein Mutterkornfluidextrakt (Extraktum Secalis cornuti fluidum).
heißt ein Gegenstand, der durch seine
Größe gefällt; man unterscheidet extensiv und intensiv
Erhabenes,
je nachdem ein Gegenstand durch seine
Ausdehnung
[* 4] oder durch seine Kraft
[* 5] erhaben wirkt. Manche Ästhetiker führen
die erste
Art der Erhabenheit auf die zweite zurück (Köstlin,Hartmann). Ein Gegenstand ist dann erhaben, wenn
er durch seine Unermeßlichkeit in uns Gefühle erregt, die uns auf ein
Übersinnliches (Vernunftidee) hinweisen, wodurch
wir uns gehoben fühlen. Dies ist die
Ansicht Kants. Natürlich erscheint nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige
Kraft erhaben, wo sie über das gewöhnliche
Maß hinaus sich äußert. Unter den Alten schrieb über
das
Erhabene Longinus. Unter den Neuern hat sich um die Aufhellung dieses
Begriffs nach dem Vorgange
Burkes in seiner
Schrift
«Philosophical inquiry into the origin of our ideas of the sublime and beautiful»
(Lond. 1756; deutsch Lpz. 1773) ganz besonders Kant verdient gemacht
in der «Kritik der Urteilskraft» (Berl. 1790).
Wesentlich auf Kantscher Grundlage hat
Schiller den
Begriff des
Erhabenen weiter entwickelt und ihn auf ästhetische und ethische
Gegenstände angewandt, und zwar in den
Aufsätzen«Über das
Erhabene», «über das Pathetische»
u»
s. w. -
Vgl. Vischer, über
das
Erhabene und Komische (Stuttg. 1837);
Erhaben von
Hartmann, Die Deutsche Ästhetik seit Kant (in den «Ausgewählten
Werken», Bd. 3, Berl. 1886).
derWelt, in der christl. Dogmatik diejenige Thätigkeit
Gottes, die dem Weltall nach
Substanz und Form das Fortbestehen sichert. Sie wird von der Schöpfung (s. d.)
und von der Regierung der Welt unterschieden, mit letzterer aber gewöhnlich wieder unter dem
Begriffe der
Vorsehung (s. d.)
zusammengefaßt. Die ältern prot. Dogmatiker hielten die
Erhaltung eigentlich für ein stetes Neuschaffen der sonst sofort
wieder in Nichts zurücksinkenden Welt.
Die neuere
Theologie setzte an die
Stelle der Unterscheidung von
Schaffen, Erhalten und Regierung der Welt den
Begriff einer
ewigen Schöpferthätigkeit
Gottes. Richtiger ist unter der Schöpfung die göttliche
Kausalität in
Bezug auf das
Dasein, unter
der Erhaltung der Welt dieselbe
Kausalität jedoch nur in
Bezug auf den gesetzmäßigen Verlauf oder auf die Ordnung
der Welt zu verstehen, wogegen die Regierung sich auf die Verwirklichung des göttlichen Weltzwecks bezieht.
Die Frage, wie sich die endlichen im natürlichen Kausalzusammenhang inbegriffenen
Ursachen zur unendlichen göttlichen
Kausalität
verhalten, wird von der altprot. Dogmatik durch den
Begriff der göttlichen Mitwirkung (concursus) bestimmt,
vermöge dessen jede Wirkung einerseits ganz göttlich, andererseits ganz kreatürlich sein soll. So unbeweislich diese
Annahme
auch ist, so unmöglich ist es doch, das Verhältnis von göttlicher und natürlicher Thätigkeit näher auszudenken. Sobald
man nämlich dieses versucht, setzt man entweder die kreatürlichen
Ursachen zu unselbständigen Werkzeugen der in Wahrheit
alleinigen göttlichen
Kausalität herab oder halbiert zwischen beiden dergestalt, daß die göttliche Ursächlichkeit durch
die endliche begrenzt, also selbst verendlicht erscheint.
desSchwerpunkts. Der Schwerpunkt
[* 6] zweier
Massen, z. B. m und 2 m, liegt in deren Verbindungslinie, doppelt
so weit von der
Massem als von 2
m. (S. Schwerpunkt.) Da sich nun nach Newtons
[* 7] Gesetz der Gegenwirkung
(s. d.) die
Massen durch ihre Wechselwirkung entgegengesetzte
Beschleunigungen in der
Richtung der Verbindungslinie erteilen,
die den
Massen umgekehrt proportional sind, so verschiebt sich die
Masse 2 m immer nur halb so viel als m, weshalb man auch
nach der Verschiebung den Schwerpunkt an derselben
Stelle findet wie zuvor.
Dieser
Satz gilt allgemein für frei bewegliche
Massen. Bewegt sich der Schwerpunkt derselben schon
vor der Wechselwirkung,
so wird dessen
Bewegung durch die Wechselwirkung nicht abgeändert. Die
Bewegung des Schwerpunktes zweier
Massen ist vor und
nach dem
Stoße dieselbe. Der Schwerpunkt einer
Bombe beschreibt seine parabolische Flugbahn weiter, wenn
auch die
Bombe während des Fluges platzt. Der
Satz der
Erhaltung der Flächen ist eine Erweiterung des eben angeführten
Satzes,
die sich auf drehende
Bewegungen bezieht. -
Vgl. Mach, Die Mechanik in ihrer
Entwicklung (2. Aufl., Lpz. 1889).
(Suspensio), die bei weitem häufigste Form des Selbstmordes, nur ganz selten in mörderischer
Absicht vorgenommen, ist diejenige gewaltsame Todesart, bei welcher ein um den
Hals geschlungener und irgendwo befestigter
Strick durch die eigene Körperschwere der betreffenden
Person zugeschnürt wird und so durch den Verschluß der Luftwege baldigen
Erstickungstod herbeiführt. Gewöhnlich bleibt der Körper
frei in der
Schlinge hängen, ohne daß die
Füße den
Boden berühren, doch kommt es auch oft genug vor, daß die
Suspension an so niedrigen Gegenständen oder an so
langen
Stricken erfolgt, daß der Körper des Selbstmörders nach dem Erhängen mit den Füßen oder andern
Teilen auf dem
Boden ausruht
und so in stehender, kauernder, kniender oder selbst liegender
Stellung gefunden wird. Am
Halse Erhängter beobachtet man in der
Regel eine sog.
Strangrinne oder Strangulationsmarke, d. h. einen ringförmigen, mehrere Millimeter tiefen,
von der
¶
mehr
einschnürenden Schlinge herrührenden Eindruck der Haut,
[* 9] in dessen Grund die Lederhaut oft hornartig fest und bläulich oder
bräunlich verfärbt erscheint. Die sonstigen Sektionsbefunde sind die des akuten Erstickungstodes: das Gesicht
[* 10] ist blaurot
und gedunsen, Gehirn
[* 11] und Lungen sind strotzend mit dunkelrotem Blut erfüllt, die rechte Herzkammer erweitert und bluthaltig,
die linke gewöhnlich leer, auch sind kleine Blutergüsse im Gehirn, unter dem Bauchfell und den Schleimhäuten
nicht selten.
Oft genug ist die gerichtsärztliche Beurteilung hinsichtlich der Frage, ob ein Mord oder Selbstmord vorliegt, außerordentlich
schwierig und nur durch die scharfsinnigste Verwertung aller einzelnen Momente mit Sicherheit zu entscheiden. Hinsichtlich
der Häufigkeit des Erhängen in den einzelnen Lebensaltern hat die Statistik ergeben, daß die jugendlichen männlichen
Selbstmörder mit Vorliebe zum Strick greifen, daß dagegen im mittlern Lebensalter diese Art des Selbstmordes abnimmt und
an ihrer Stelle das Ertränken, Erschießen und Vergiften in den Vordergrund tritt, und daß erst im spätern Alter das
Erhängen wiederum häufiger wird.
Beim weiblichen Geschlecht kommt das Ertränken als Selbstmord in der Jugend häufiger vor, nimmt aber mit fortschreitendem
Alter immer mehr ab und wird dann auch durch das Erhängen ersetzt. In Preußen
[* 12] sind während des Zeitraums 1881-89 durchschnittlich
jährlich 5694 Selbstmörder (4558 männliche und 1136 weibliche) ermittelt worden, von denen 3476 oder
61,0 Proz. ihrem Leben durch Erhängen ein Ende machten. Davon gehörten 2970 (= 85,5 Proz.)
dem männlichen, 506 (= 14,5 Proz.) dem weiblichen Geschlecht an. (S. auch Erdrosselung.)