Bulgarien (Lage und Oberflächengestaltung. Pflanzenwelt. Tierwelt. Klima)
mehr
718 im
Banat. Die Zahl der Bulgaren ist früher sehr überschätzt worden; sie dürfte nicht viel mehr als 4 Mill. insgesamt
betragen, von denen etwa 2326000 auf
Bulgarien
[* 2] und
Ostrumelien kommen. Der Rest verteilt sich auf die
Türkei,
[* 3]
Rußland,
Rumänien
und
Österreich.
[* 4] Der
Religion nach gehört die Mehrzahl der Bulgaren der griech.-orthodoxen
Kirche an, weiter
rechnet man unter ihnen 30000
Unierte, 50000 röm. Katholiken (meist um Philippopel und bei
Temesvár), 5000
Protestanten und 300000
Mohammedaner.
Letztere wohnen insbesondere im Rhodopegebirge und tragen den
Beinamen der Pomaken. Der
Bulgare ist intelligent, mäßig, sparsam,
gastfreundlich; er besitzt Familienliebe und Sittlichkeit, ist aber mißtrauisch, habgierig und ränkesüchtig.
Die Frömmigkeit, wenigstens in den äußern Formen, ist allgemein verbreitet.
Vgl. Zeuß, Die
Deutschen und die Nachbarstämme
(Münch. 1837);
Schafarik,Slaw.
Altertümer (deutsch von Mosig von Ährenfeld, 2 Bde., Lpz.
1843–44);
vornehmlich von
Bulgaren (s. d.) bewohnte Landschaft im nordöstl.
Teil der
Balkanhalbinsel,
[* 6] welche das Balkangebirge
und seine nördl.
Abdachungen bis zur Donau begreift und seit dem
Berliner Vertrag
[* 7] von 1878 das autonome, aber tributpflichtige,
unter türk.
«Suzeränität» stehende FürstentumBulgarien bildet, und mit dem sich, durch die
Revolution in Philippopel und mit Billigung der Großmächte durch das
KonstantinopelerProtokoll vom thatsächlich
die autonome
ProvinzOstrumelien vereinigt hat (s. unten, Geschichte). Demnach zerfällt Bulgarien nach seinem
heutigen
Umfange in zwei
Teile:
1) das eigentliche Fürstentum Bulgarien innerhalb der Grenzen
[* 8] des
BerlinerVertrages;
und
Oberflächengestaltung. Das eigentliche Fürstentum B. grenzt im N. an
Rumänien, von diesem bis auf den östlichsten
Teil der Grenze (gegen die Dobrudscha) durch die Donau geschieden, im O. an das
SchwarzeMeer, im
S. an
Ostrumelien
und das türk. Wilajet Saloniki,
[* 9] im N. an das türk. Wilajet Kossovo
und an das Königreich
Serbien. Es erstreckt sich als ein von W. nach O. langgedehntes Gebiet von 42 bis 44° nördl.
Br. und von 22 bis 28 ½° östl. Lage von Greenwich und umfaßt 64493 qkm.
Die autonome
ProvinzOstrumelien (s. d.) umfaßt die Südabhänge des
Balkan mit den sich daran schließenden Längsthälern
der Giopsa (bulgar. Strjama) und der
Tundža, die Thalebene der obern
Maritza (die Ebene von Philippopel) abwärts bis zu den
Engen unterhalb
Seimenli-Tirnova nebst den Nordabhängen des Rhodopegebirges sowie den nördl.Teil des
Istrandschagebirges mit der
Küste um den Golf von
Burgas am
SchwarzenMeer und grenzt im N. und
W. an das eigentliche B., im
S. an die türk. Wilajets Saloniki und
Adrianopel und im O. an das
SchwarzeMeer. Sie liegt zwischen 41 ⅔ und 43° nördl.
Br. und 23 ½ und 28° östl. Lage von Greenwich und umfaßt 35900 qkm.
Nach der
Abtretung einiger Landstricke an die
Pforte infolge des
KonstantinopelerProtokolls 1886 zählt das jetzt unter bulgar.
Verwaltung stehende Gebiet 99276 qkm (davon entfallen 34783 auf die 6 ehemals ostrumel.
Kreise).
[* 10]
In
natürlicher Hinsicht begreift das eigentliche B. den südl.
Teil des Donautieflandes (rechts des
Stroms)
nebst dem, dasselbe im W. und S. umziehenden Gebirgsbogen des
Balkan (s. d.) bis zu dessen Kamm. Nur auf einer
Strecke von 110 km,
am
Durchbruch des
Isker durch den
Etropol-Balkan, greift B. über den
Balkan nach S. hinüber und umfaßt dort die
Hochthäler im Quellgebiet des genannten
Flusses, sowie die Landschaft an der obern
Struma, also das Gebiet des Vitošgebirges,
des Rilo-Dagh bis zu den nördlichsten
Ketten des Rhodope (Mussalla 2930 m, höchster Punkt des Fürstentums).
Dieser außerhalb des Rahmens des eigentlichen Donaubulgarien fallende Landesteil ist von bedeutender Wichtigkeit als Durchgangspforte
zwischen Rumelien und
Serbien sowie zwischen Donaubulgarien und Macedonien. Den Hauptteil des fast durchweg
gebirgigen
Landes bildet dagegen das nördl.
Vorland des
Balkan, ein allmählich nach N. sich absenkendes Plateau, vorwiegend
aus Gesteinen der Kreideformation
[* 11] in wenig gestörter Lagerung bestehend, in der Nähe der Donau von einer mächtigen Lößdecke
überzogen, die einen fruchtbaren Getreideboden abgiebt.
Die der Donau zueilenden Balkanflüsse:
Isker, Vid,
Osma (Anmerkung des Editors: Osam? ), Jantra,
Lom und viele andere haben
sich steilwandige
Thäler in dieses Plateau eingegraben, welches ebenfalls steil gegen die Donau abfällt. Diese Steilränder,
besonders der gegen die Donau, dem flachen, sumpfigen rumän. Ufer gegenüber,
bieten ebensoviele strategische Verteidigungslinien dar, die in diesem Eingangslande der
Balkanhalbinsel von besonderer Wichtigkeit
sind. Die Donau ist nicht bloß der Schutz des
Landes gegen N., sondern auch die Verkehrsader, welche den größten
Teil der
Ein- und Ausfuhr B.s vermittelt.
Pflanzenwelt zeigt, entsprechend der geogr.
Lage, einen Mischungscharakter von Mitteleuropa und den pontischen
Steppen,
ist aber schon stark von Formen des
Orients durchsetzt. Die höhern
Berge haben über der
Baumgrenze arktische
Weiden und vielerlei
Hochalpenpflanzen in ihren Matten. Südlich des
Balkan besonders gedeihen die prächtigen Ölrosen, Kulturformen von RosacentifoliaL.,gallicaL. und damascenaL. Der
Boden B.s ist in den ebenern Plateauteilen fruchtbar und
besonders für Getreidebau geeignet. Die
Wälder sind in den Ebenen stark verwüstet; nur auf den Nordabhängen des
Balkan,
besonders des
KleinenBalkan, sowie im Rilo- und Rhodopegebirge giebt es noch ansehnliche
Buchen-, Koniferen- und
Eichenforsten.
Klima
[* 14] zeigt bereits eine
Annäherung an dasjenige der Mittelmeerländer, doch sind die Winter streng und
schneereich;
Frühjahr und Herbst sind die Zeit reicher Niederschlage und der üppigsten
Vegetation;
in dem dürren
Sommer vertrocknen
Gräser
[* 15] und Kräuter, die meisten
Bäche versiegen und das Land nimmt, namentlich im östl.
Teil, ein steppenartiges Aussehen
an. Im allgemeinen ist das Klima gesund;
719 Ebene der Maritza in Ostrumelien ist ausgezeichnetes Getreideland, während die fruchtbaren Längsthäler ihrer Nebenflüsse
am Südfuße des Balkan durch ihre Rosenkultur berühmt sind. Zugleich ist die Linie der Maritza die Hauptverkehrsstraße zwischen
Konstantinopel
[* 17] und Serbien und weiterhin Österreich. Das Klima Ostrumeliens zeichnet sich vor dem Donaubulgariens durch mildere
und kürzere Winter aus; die Vegetation trägt einen mehr südländischen Anstrich; die Wälder sind auf
die Abhänge des Balkan und der Rhodope beschränkt.