Titel
Grimma.
[* 1]
1)
Amtshauptmannschaft in der sächs. Kreishauptmannschaft
Leipzig,
[* 2] hat 846,54 qkm, (1890) 90918 (45163 männl., 45755 weibl.)
E. in 8
Städten und 177 Landgemeinden. - 2) Hauptstadt der
Amtshauptmannschaft Grimma
, 30 km südöstlich von
Leipzig, links an der
Mulde, an den Linien
Leipzig-Döbeln-Dresden und
Glauchau-Wurzen
(Muldenthalbahn) der Sächs. Staatsbahnen
[* 3] (2
Bahnhöfe),
[* 4] in einem Thalkessel reizend gelegen, ist Sitz der
Amtshauptmannschaft, eines Amtsgerichts (Landgericht
Leipzig),
Hauptsteueramtes,
Rentamtes, einer Superintendentur, Bezirksschulinspektion, Bezirkssteuereinnahme,
Straßen- und Wasserbauinspektion,
und
hat (1890) 8957 (4748 männl., 4209 weibl.) E., darunter 237 Katholiken, in Garnison (700
Mann) das 19. Königin-Husarenregiment, Postamt erster
Klasse,
Telegraph,
[* 5] Fernsprechverbindung; 4 luth.
Kirchen, darunter die 1685 erbaute Klosterkirche und die im 13. Jahrh. erbaute Frauenkirche,
eine kath. Kapelle, Rathaus (1442) und königl. Schloß, jetzt
Sitz der
Behörden, ein
Krieger- und ein Lutherdenkmal, ein 1838 gegründetes Schullehrerseminar, seit 1874 in einem ansehnlichen
Neubau, ein zweites Seminar für ältere Schulamtsaspiranten (seit 1855), Realschule mit Progymnasium,
neue
Bürgerschule (1883) im Renaissancestil, Bezirkskorrektions- und Siechenhaus. Am bekanntesten
ist Grimma
durch seine
Landes- und Fürstenschule (Illustre Moldanum), welche Kurfürst
Moritz in dem ehemaligen, 1288 gegründeten
Augustiner-Eremitenkloster errichtete.
Sie wurde eingeweiht und besteht seit dem Umbau von 1828 aus einem
Alumnat (126
Schüler) sowie
aus 6 Pensionsstellen (Rektor Dr. Gehlert, 12
Lehrer, 6
Klassen, 161
Schüler) mit 104
Frei- und 22 Koststellen (s. Fürstenschulen).
Die
Bibliothek umfaßt mehr als 10000
Bände. Die Anstalt befindet sich seit 1892 in einem prächtigen Neubau. Die ehemals
blühende Tuchindustrie sowie der Holzhandel haben aufgehört. Wichtig sind die Kunstmühlen, eine Eisengießerei
[* 6] und Maschinenbauanstalt, eine Patentziegelei, Fabrikation von Brennereieinrichtungen,
Glacéleder und Papierdüten, zwei
Wäsche-
und Garnbleichen, Gerberei, Färberei und mehrere Druckereien für leinene und wollene
Stoffe. Grimma
besitzt sehr schöne Promenaden
und in unmittelbarer Nähe ausgedehnte und gutgepflegte Waldparkanlagen und wird als
Sommerfrische sehr
besucht. In der Umgegend das der Fürstenschule gehörige Klostergut Nimbschen mit den Ruinen des 1251 gegründeten Cistercienserklosters,
in welchem
Katharina von
Bora lebte, das schön gelegene Hohenstädt, das Dorf Döben mit altem Schlosse, bereits 1185 als
Burg Dewin urkundlich, auf welcher
Albrecht der
Stolze seinen
Vater
Otto den
Reichen gefangen gehalten haben
soll, und die Golzermühle mit Kunstmehlmühle, Maschinenbauanstalt und Papierfabrik. - Grimma
ist sorbischen Ursprungs
und wird schon 1065 als Stadt erwähnt. Seit Erbauung des Schlosses, das schon 1200 stand, hielten die Markgrafen von Meißen
[* 7] und Kurfürsten von
Sachsen
[* 8] hier öfters
Hof.
[* 9] Am kam zu Grimma
der sog. Grimma
ische Machtspruch
zu stande, der die Streitigkeiten der beiden sächs. Linien über
Lehns-, Münz- und Bergsachen schlichtete. -
Vgl. Lorenz, Die Stadt in Sachsen, historisch beschrieben (Lpz. 1856-71);
Führer durch Grimma
und Umgegend (4. Aufl., Grimma
1892).
[* 1] ^[Abb: {Wappen}]