Alberoni
,
Giulio, Kardinal und span. Staatsminister, geb. zu
Fiorenzuola unweit
Piacenza als der Sohn eines Winzers, war
Kirchendiener der
Kathedrale zu
Piacenza, bis es ihm die Gunst Varnis,
des Vicelegaten von Ravenna ermöglichte, in den geistlichen
Stand zu treten. Später (1706) folgte er dem
Herzoge von
Vendôme,
der das franz.
Heer
in
Italien
[* 2] befehligte, nach
Frankreich und 1724 als Sekretär
[* 3] nach
Spanien
[* 4] an den
Hof
[* 5] Philipps V. Hier lernte Alberoni
die einflußreiche Fürstin
Orsini kennen, die den klugen und gewandten Mann für ihre Pläne zu
benutzen hoffte.
Durch ihren Einfluß wurde er Geschäftsträger des Herzogs von Parma [* 6] und vermittelte in dieser Stellung die zweite Ehe Philipps V. mit Elisabeth Farnese, der Erbin von Parma. Durch diese gelangte er nun zur höchsten Würde im Reiche, schon 1714 leitete er die Geschäfte; nach wenigen Jahren verlieh ihm der Papst den Kardinalshut. [* 7] Seine rührige und aufgeklärte Verwaltung rief in Spanien neues Leben wach, aber seine ans Abenteuerliche streifende äußere Politik, die alle Kabinette Europas in Bewegung brachte, zog dem Staate neue Opfer und Wirren zu. Sein Ehrgeiz und der seines Königs sowie besonders seiner Herrin war, die europ. Macht des durch den Utrechter Frieden gebrochenen Spanien wiederherzustellen.
Vor allem hoffte Alberoni
, die ital.
Provinzen von
Österreich
[* 8] wiederzugewinnen, da dieser
Staat durch die türk.
Angriffe seit Dez. 1714 vollauf beschäftigt schien. Seine Feindseligkeiten richteten sich aber auch gegen England und
Holland, ja auch gegen
Frankreich, wo mit der Regentschaft Philipps von
Orleans ein den Ideen
Ludwigs XIV. völlig entgegengesetztes
System zur Herrschaft gekommen war. In enge
Verbindung trat Alberoni
mit dem
Grafen Görtz, der damals
Schwedens
Politik leitete.
Ihr
Plan war, zwischen
Rußland und
Schweden
[* 9] Frieden zu schließen, den
Einfall des Prätendenten
Jakob
Stuart,
Jakobs II. Sohn,
in
Schottland zu unterstützen und auch in
Frankreich die gleiche Parteirichtung an die
Spitze zu bringen.
Zur
Abwehr dieser Pläne kam es zu einer
Verbindung
Frankreichs, Englands, des
Deutschen
Reichs und
Hollands in der sog. Quadrupelallianz.
Der
Angriff auf
Italien, den Alberoni
im
Sommer 1717 unternahm, versprach anfangs Erfolg;
Sardinien
[* 10] ward occupiert und 1718 Palermo
[* 11] und Messina
[* 12] besetzt.
Dann aber erfolgte der Rückschlag. Die schwed. Schiffe, [* 13] die Karl XII. nach England hatten bringen sollen, waren schon vor Stralsund [* 14] vernichtet, der König selbst ward vor Frederikshall erschossen, der schott. Aufstand mißglückte, die span. Flotte ward von dem engl. Admiral Byng am sicil. Vorgebirge Passero fast vernichtet. Österreich machte sich durch den Frieden mit der Türkei [* 15] zu Passarowitz die Hand [* 16] in Italien frei, während ein franz. Heer Anfang 1719 in Spanien selbst einrückte.
Nun willigte endlich Philipp V. in die von den Verbündeten als erste Friedensbedingung verlangte Entfernung
A.s. Am mußte
dieser das Land verlassen. Das päpstl. Gebiet wurde ihm von Clemens XI. verboten. Nachdem er sich ein
Jahr lang in den
Apenninen verborgen aufgehalten, auch eine glänzende
Rechtfertigung seiner Politik geschrieben, nahm er nach
dem
Tode Clemens' XI. (1721) seinen Sitz im
Konklave ein und beteiligte sich an der
Wahl Innocenz' XIII., der ihm seine Gunst
zuwendete. Unter
Benedikt XIII. (1724) fiel Alberoni
aufs neue in
Ungnade und zog sich von
Rom
[* 17] auf sein Gut
Castel-Romano
zurück. Clemens XII. ernannte ihn dagegen 1734 zum Legaten von Ravenna. Zuletzt lebte er in
Piacenza, wo er starb.
Seine «Lettres intimes au comte J. Rocca» gab
Bourgeois heraus (Par. 1893). -
Vgl. Rousset, Hist. du cardinal
Alberoni
(Haag
[* 18] 1719);
Bersani, Storia del
Cardinale Guilio Alberoni
(Piacenza 1862).
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