Slowenen
(Winden), [* 2] ein südslawischer Volksstamm, welcher den größten Teil von Krain, [* 3] Untersteiermark, den südöstlichen Teil Kärntens, Görz [* 4] und das Gebiet von Triest, [* 5] einen kleinen Teil von Istrien (im NW.) und von Ungarn [* 6] (im SW., zwischen Raab [* 7] und Mur) bewohnt und (1880) 1,214,000 Seelen zählte. Nachdem die S. gegen das Ende des 6. Jahrh., dem Andrang der Avaren weichend, von Pannonien her eingewandert waren, finden wir sie bereits 595 mit dem bayrischen Herzog Thassilo im Kampf.
Zwischen 627-662 standen sie mit Samos Reich in einem Bundesverhältnis, und um diese Zeit fand nach und nach das Christentum bei ihnen Eingang. Nachdem sie mit dem Markgrafen von Friaul zum Teil siegreiche Kämpfe bestanden hatten, mußten sie sich seit der Mitte des 8. Jahrh. der Herrschaft der Franken unterwerfen. Als erster den Franken unterworfener windischer Fürst wird Borut (750) genannt. Sodann bildete die sogen. windische Mark einen Bestandteil des Reichs Karls d. Gr. Später schieden sich daraus die Herzogtümer Steiermark, [* 8] Kärnten und Krain ab. Noch jetzt führt der Kaiser von Österreich [* 9] den Titel eines Herrn der windischen Mark. Weiteres in den Artikeln Slawen und Krain.
Die Sprache [* 10] der S. (Slowenisch oder Windisch) ist sehr nahe mit den südostslawischen Sprachen, namentlich den serbokroatischen Dialekten, verwandt. Als ältestes Sprachdenkmal sind die berühmten »Freisinger Denkmäler« (s. d.) zu nennen, die aus dem 10. Jahrh. stammen; von da an fehlt es an Schriftwerken bis zur Reformation. Letztere fand unter den S. zahlreiche und eifrige Anhänger und rief eine geistliche Litteratur (darunter eine vollständige Bibelübersetzung, 1584) hervor, die indessen durch die darauf folgende Gegenreformation bald wieder unterdrückt wurde.
Seitdem ruhte die litterarische Thätigkeit bei den S. abermals so gut wie ganz, um erst gegen Ende des 18. Jahrh., namentlich mit dem Auftreten des Dichters Valent. Vodnik (gest. 1819), der mit großem Erfolg die Volkssprache in die Litteratur einführte, zu neuem Leben zu erwachen. Neben Vodnik ist Georg Japel (gest. 1807), Mitarbeiter an einer neuen (katholischen) Bibelübersetzung (auch sonst als Übersetzer thätig), sodann als der eigentliche Schöpfer der slowenischen Poesie Franz Preširen (gest. 1849) zu nennen.
Einen Mittelpunkt der slowenischen Litteratur, die sich allmählich immer entschiedener dem Volksinteresse zuwandte, bildete die 1843 von Bleiweiß [* 11] gegründete Zeitschrift »Kmetijske in rokodelske Novice«, an der sich alle zeitgenössischen Schriftsteller beteiligten. Wir heben von den neuern Erscheinungen hervor: die Lyriker Jovan Vesel-Koseski, L. Toman (gest. 1870),
Franz Levstik (geb. 1833),
der sich durch seine »Lieder« (1853) den Zorn der Geistlichkeit zuzog, und Krek (»Poezije«, 1850), die Geschichtschreiber Fr. Bradaschka (über altslawische Geschichte) und J. ^[Janez] Parapat (über die slowenische Geschichte) etc. Auch zwei der bedeutendsten slawischen Gelehrten, Kopitar und Miklosich, sind S., ihre Schriften jedoch in deutscher Sprache verfaßt. Sammlungen slowenischer Volkslieder gaben Vraz (»Narodne pěsni ilirske etc.«, Agram [* 12] 1839) und Janežič (»Cvetje slovenskoga naroda«, Klagenf. 1852) heraus; eine deutsche Übersetzung slowenischer Lieder veranstaltete Anast.
Grün (»Volkslieder aus Krain«, Leipz. 1850). Slowenische Grammatiken lieferten Kopitar (»Grammatik der slawischen Sprache in Krain, Kärnten und Steiermark«, Laib. 1808),
Metelko (Laib. 1825),
Murko (2. Aufl., Graz 1850),
Sket (3. Aufl., Klagenf. 1885),
Janežič (5. Aufl., das. 1876; auch deutsch; »Lesebuch«, 1854), Levstik (Laib. 1866), Suman (Klagenf. 1884); Wörterbücher: Murko (Graz 1833, 2 Tle.) und Janežič (2. Aufl., Klagenf. 1867, 2 Bde.).
Vgl. Šuman u. a., Die S. (Teschen 1881);
Klun, Die slowenische Litteratur (Wien [* 14] 1864);
Šafařik, Geschichte der südslawischen Litteratur, Bd. 1 (Prag [* 15] 1864).