Kieselgur
,
Bergmehl, Tripel, Infusorienerde, Diatomeenpelit, eine bald lose, mehlähnliche, bald etwas festere, kreide- oder thonähnliche, aber leicht zerreibliche Masse, von weißer, gelblicher und graulicher Farbe, die nach den Untersuchungen insbesondere von Ehrenberg gänzlich oder zum größten Teil aus den kieseligen Panzern mikroskopischer abgestorbener Bacillariaceen oder Diatomeen (sog. Infusorien), namentlich der Gattungen Gallionella, Melosira, Navicula, Synedra, Gomphonema, zusammengesetzt wird, deren Struktur auf das vortrefflichste erhalten ist.
Ein Kieselpanzer von
Melosira distans Kütz.
(Gallionella distans Ehr.)
mißt etwa 0,0078
mm. Die
Kieselsäure dieser Panzer liegt nicht in dem krystallinischen Zustande vor,
wie im Quarz, sondern in dem amorphen und wasserhaltigen, wie im
Opal, zeigt deshalb auch nur einfache Lichtbrechung und das
geringe spec. Gewicht von etwa 2. Die Kieselgur
findet sich als Lager
[* 3] von zuweilen bedeutender Mächtigkeit im Gebiet
der
Tertiärformation,
[* 4] namentlich aber der Torfbildungen, so z. B. am Südrande der
Lüneburger
[* 5]
Heide, wo
sie stellenweise 10 m mächtig wird, bei Franzensbad in
Böhmen,
[* 6] bei Altenschlirf im Vogelsgebirge, am
Habichtswald bei
Cassel,
unterhalb des
Bodens von
Berlin;
[* 7]
die großartigsten Ansammlungen dieser mikroskopisch-pflanzlichen Überreste entdeckte Fremont im Flußgebiete des Fall-River, eines Arms des obern Columbiaflusses in Oregon;
in den Kawshoh-Mountains am Fossil-Hill in
Nevada erreicht die Kieselgur
eine Mächtigkeit von 60
m;
auch in der Umgegend von Richmond in Virginien finden sich massenhafte Ablagerungen derselben.
Der sog. Polierschiefer von Kutschlin bei
Bilin in
Böhmen ist nur eine ausgezeichnet geschieferte,
etwas festere und härtere
Abart der Kieselgur.
In technolog. Hinsicht hat die Kieselgur vielfache Anwendung gefunden,
nicht nur als Rohprodukt, sondern auch geschlämmt, gebrannt und präpariert, so zur Herstellung von
Wasserglas,
Smalte und
Ultramarin,
Thonwaren,
[* 8]
Goldleisten,
Papiermaché und
Dynamit, als Steinkitt, als Füllungsmittel für Seifen, Papier
und Siegellack,
Kautschuk- und Carbolsäurepräparate.
Infolge ihres geringen Wärmeleitungsvermögens hat die Kieselgur
ferner Anwendung zur Füllung der Hohlräume
von Eisschränken und feuerfesten Geldschränken sowie von Eiskellern gefunden und erfolgreicher als die Schlackenwolle zur
Bekleidung von Dampfrohren. Sie wird endlich auch benutzt als Polier- und Putzpulver und zur Herstellung leichter, auf
Wasser schwimmender
Steine. Neuerdings wird sie zur
Wasserreinigung mittels des Berkefeldfilters verwendet. -
Vgl. Krätzer, Wasserglas und Infusorienerde, deren Natur und Bedeutung für Industrie, Technik und Gewerbe (Wien [* 9] 1886).