Alpen,
[* 3] an der Linie Laibach-S. (23 km) der Österr. Staatsbahnen,
[* 4] hat (1890) 738, als Gemeinde 2368 slowen. E., Lederbereitung,
Anfertigung von Pelzen und groben Zwirnspitzen und in der Nähe eine große
k. k. Pulverfabrik,
Töpfereien, Porzellan-,
Cement-,
Putzpulver- und Kaolinfabrik, sowie eine Kaltwasserheilanstalt nach Kneippschem
System. - 3) Stadt in der österr.
Bezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Krems in Niederösterreich, am linken Ufer der Donau, 2 km westlich von Krems
(s. d.), dessen
Hafen es bildet, durch eine
Brücke
[* 5] mit
Mautern verbunden, ist Dampferstation und hat (1890) 4203 E.,
Denkmal
des Feldmarschalllieutenants Schmidt, der 1805 hier fiel, drei
Kirchen, Trümmer zweier
Burgen
[* 6] und ein
städtisches Museum. Zwischen
S. und Krems das ehemalige Kapuzinerkloster Und.
1)
Bezirk im schweiz. Kanton Schaffhausen,
[* 7] hat 27,6 qkm und (1888) 3132 E., darunter 886 Katholiken,
in 3 Gemeinden. - 2) S. am Rhein, Hauptstadt des
Bezirks S., 17 km östlich von Schaffhausen
[* 8] auf dem rechten Ufer des
Rheins, da, wo derselbe den
Untersee verläßt, in 302 m Höhe, an der Linie
Romanshorn-Schaffhausen der Nordostbahn (Bahnhof
in der Vorstadt
Burg auf dem linken Rheinufer), ist Dampferstation und hat (1888) 1583 E., darunter 187 Katholiken,
Post,
Telegraph,
[* 9] Fernsprecheinrichtung, alte
Mauern und
Türme, eine ehemalige, jetzt in Privatbesitz befindliche neu
hergestellte Benediktinerabtei St.
Georgen, mit schönem Renaissancesaal (1515), got. Kreuzgang und roman.
Kirche, ein Rathaus mit prächtigen
Glasgemälden und zahlreiche alte Häuser mit Staffelgiebeln, Erkern und Fresken; Schuh-,
Teigwaren-, Uhrenschalen- und Möbelfabrik, Gerbereien,
Acker- und
Weinbau. -
Vgl. Ziegler, Geschichte der Stadt S. am Rhein
(Schaffh. 1862);
Charlotte von,
Goethes Freundin, geb. zu
Weimar,
[* 11] war die älteste Tochter des Hofmarschalls von Schardt.
Sie trat mit 15 J. als Hofdame in den Dienst der Herzogin
Anna Amalia und verheiratete sich 1764 mit dem
herzogl. Stallmeister
FriedrichFreiherrn von Stein, dem sie (bis 1774) sieben
Kinder gebar. Nachdem
Goethe im Nov. 1775 nach
Weimar gekommen war, erfaßte ihn alsbald zu der fast 7 J. ältern Frau eine heftige Leidenschaft, welche zum innigsten,
edelsten langjährigen Seelenbunde führte, der auf
Goethes Leben und
Dichten großen läuternden Einfluß
übte.
Charl. von S. ist das Urbild seiner Iphigenie. Nach der Rückkunft
Goethes von seiner ital.
Reise (1788) wollte sich jedoch
das alte innige Verhältnis nicht wiederfinden, und die bald darauf von ihm mit
ChristianeVulpius eingegangene
Verbindung führte
eine völlige Entfremdung herbei, die erst ganz allmählich einem dauernden freundschaftlichen Verhältnisse
wieder Platz machte. Auch mit
Schiller und dessen Frau hat Charlotte lange freundschaftlich verkehrt.
Sie wurde 1793
Witwe und starb zu
Weimar. Die zahlreichen
BriefeGoethes an Frau von S., mit Ausnahme der
Briefe aus
Italien,
[* 12] gab A.
Scholl zuerst in 3
Bänden (Weim. 1848-51) heraus; 2.
Ausgabe, bearb. von Fielitz (2 Bde.,
Frankf. 1883 -85).
Vgl. auch
Goethes Liebesbriefe an Frau von S., hg. von H.
Düntzer (Lpz. 1886).
Die ital.
Briefe, welche sich
Goethe seiner Zeit für die Ausarbeitung der «Ital.
Reise» zurückerbeten und dann nicht zurückgegeben
hatte, wurden
gleichzeitig mit den
Briefen an Herder von Erich Schmidt als 2.
Band
[* 13] der
«Schriften der
Goethe-Gesellschaft»
herausgegeben:
«Tagebücher und
BriefeGoethes aus
Italien an Frau von
S. und Herder» (Weim. 1886). Sämtliche
BriefeGoethes an
Frau von S. nebst dem
Tagebuch aus
Italien gab Heinemann heraus (4 Bde., Stuttg.
1894-95).
GoethesBriefe an Frau von S. gehören nicht nur zu den wichtigsten Zeugnissen über
Goethes Persönlichkeit,
sondern sind auch für sich betrachtet eins der schönsten
Denkmäler der klassischen Litteraturepoche.
Ihre eigenen
Briefe hatte Frau von S. von
Goethe sich zurückgeben lassen und kurz vor ihrem
Tode verbrannt. Die von ihr 1794 geschriebene
Tragödie in Prosa «Dido» (hg. von
Düntzer, Lpz. 1867; neu gedruckt bei Fielitz,
«Briefe an Frau von S.», Bd. 2) ist von geringem
poet. Wert und enthält unschöne
Anspielungen auf
Goethe, sein Verhältnis zu ihr und zu
Christiane. Viele anziehende
Briefe
der Frau von
S. an
Schillers Gattin finden sich in «Charlotte von
Schiller und ihre Freunde» (Bd. 2, Stuttg.
1862). -
Vgl.
Düntzer, Charlotte von S. (2 Bde., Stuttg.
1874);
ders., Charlotte von
S. und Corona
[* 14]
Schröter (ebd. 1876);
Christian Gottfr.
Dan., Geograph, geb. zu
Leipzig,
[* 16] studierte daselbst 1788-90 Geographie,
Topographie
und
Statistik und wurde 1794
Lehrer am Gymnasium zum
GrauenKloster in
Berlin
[* 17] und 1802 Professor. Er starb in
Berlin.
Seine Hauptwerke sind: «Handbuch der Geographie und
Statistik» (2 Bde., Lpz.
1809; dann mit H. Hörschelmann neu bearbeitet von Wappäus, Willkomm,
Brachelli u. a., 7. Aufl., 4 Bde.,
ebd. 1853-71),
«Geographie für Schule und Haus» (27. Aufl.,
von
Wagner und Delitsch, ebd. 1877),
die nach Naturgrenzen dargestellte «Geographie für Real- und
Bürgerschulen» (1811; 2. Aufl.
1818),
«Geogr.-statist. Zeitungs-, Post- und Comptoirlexikon»
(2 Bde., Lpz. 1811; 2. Aufl., 8
Tle. in 4 Bdn., ebd. 1818-21, nebst zwei «Nachträgen»,
ebd. 1822-24),
«Über den preuß.
Staat nach seinem
Länder- und Volksbestande» (mit Demian; Berl. 1818),
«Handbuch der Geographie
und
Statistik des preuß.
Staates» (ebd. 1810),
«Reisen nach den vorzüglichsten Hauptstädten von Mitteleuropa»
(7 Bde., Lpz. 1827-29).
Friedr. von, Zoolog, geb. zu Niemegk in
Brandenburg,
[* 18] studierte 1838-41 in
Berlin, wurde 1848 Privatdocent
an der
Universität daselbst, 1850 als ord.
Professor nach
Tharandt und 1855 in gleicher Eigenschaft nach
Prag
[* 19] berufen. Er starb Sein
Hauptwerk ist «Der Organismus der Infusionstiere» (3
Bde., Lpz. 1859-83).
Heinr. Friedr.
Karl,
Freiherr vom, deutscher Staatsmann, geb. auf dem Familienstammschloß zu Nassau
an der
Lahn als letzter männlicher
Sproß eines alten frank. Reichsfreiherrengeschlechts, jüngster Sohn des kurmainzischen
Geheimrats
Karl Philipp vom
S. und dessen Gattin, geborenen Langwerth von Simmern. Er studierte 1773-77
in Göttingen
[* 20]
Rechts- und
Staatswissenschaften, ging dann auf kurze Zeit nach Wetzlar
[* 21] und kam nach verschiedenen größern
Reisen in
Deutschland,
[* 22]
Österreich
[* 23] und
Ungarn
[* 24] nach
Berlin, wo er in den preuß.
Staatsdienst trat und unter dem Minister von Heinitz als
Referendar imBergwerks- und Hüttendepartement
¶
mehr
angestellt wurde. 1782 zum Bergrat ernannt, wurde er 1784 mit der Leitung der Bergwerke, bald auch der Fabriken in Westfalen
[* 26] beauftragt. Ein Jahr später erhielt er eine diplomat. Mission nach Mainz,
[* 27] um den Kurfürsten für den Anschluß an den Fürstenbund
zu gewinnen, was ihm auch gelang. Nach der Rückkehr von einem längern Aufenthalt in England 1788 zum
Kammerdirektor, 1793 zum Präsidenten der Kriegs- und Domänenkammern der GrafschaftMark und des Herzogtums Cleve
[* 28] und 1796 zum
Oberpräsidenten sämtlicher westfäl.
Kammern mit dem Wohnsitz in Minden
[* 29] ernannt, erwarb er sich in dieser Stellung außerordentliche Verdienste um die Verwaltung
und Landeskultur Westfalens: Wege und Wasserstraßen wurden angelegt, die Ruhr schiffbar gemacht, der
Kohlenbau verbessert, das Steuer- und Accisewesen neu geregelt, Handel und Gewerbe gehoben. Nach dem 1802 mit Frankreich abgeschlossenen
Vertrage über die preuß. Entschädigungen fiel S. die schwierige Aufgabe zu, die neu erworbenen katholischen westfäl.
Länder, Münster
[* 30] und Paderborn,
[* 31] dem preuß. Staate anzugliedern. Durch den Reichsdeputationshauptschluß
(1803) verlor S. auch seine eigenen reichsfreien Besitzungen an der Lahn, die von dem Herzog von Nassau eingezogen wurden.
Im Okt. 1804 wurde S. zum Chef des Accise-, Zoll-, Fabriken- und Kommerziendepartements des Generaldirektoriums ernannt und mit
der Leitung der Bank und Seehandlung beauftragt. Er reformierte das Salzwesen, setzte die Aufhebung aller
binnenländischen Zölle durch, richtete das StatistischeBureau ein und verbesserte die Accisetarife in Ost- und Westpreußen.
[* 32]
Bedeutungsvoller noch wurde sein Eingreifen in die allgemeinen Staatsangelegenheiten. Unzufrieden mit den Schwankungen der
preuß. Politik 1805 und 1806, bekämpfte er in einer Denkschrift die bestehende Kabinettsregierung und
deren Träger,
[* 33] namentlich Haugwitz und Lombard, und empfahl unmittelbare Verbindung des Königs mit den obersten Staatsbehörden
(Mai 1806). Einige Monate später (September) beteiligte er sich an der von Joh. von Müller verfaßten, von den königl. Prinzen,
sowie von Rüchel und Phull unterzeichneten Eingabe, in der König Friedrich Wilhelm zur Entlassung seiner
Ratgeber aufgefordert wurde.
Nach den Niederlagen von Jena
[* 34] und Auerstedt rettete S. die Staatskassen aus Berlin; hierdurch allein ward die Fortsetzung des
Krieges in Ostpreußen ermöglicht. Im Rate des Königs sprach sich S. entschieden gegen alle Unterhandlungen mit Napoleon
aus. Friedrich Wilhelm wünschte ihn an die Spitze des auswärtigen Ministeriums zu stellen; doch da S.
als Vorbedingung die Aufhebung des Kabinetts und die Entfernung des Kabinettsrats Beyme forderte, so erhielt er Anfang Jan. 1807 in
ungnädigster Weise den Abschied. Er zog sich nach Nassau zurück und entwarf hier Juni 1807 die Denkschrift «über die zweckmäßige
Bildung der obersten und der Provinzial-Finanz- und Polizeibehörden in der preuß. Monarchie», deren Grundgedanke
die Einführung der Selbstverwaltung bildet. Als nach dem Frieden von Tilsit
[* 35] Hardenberg (s. d.) aus seinem Amte als leitender
Minister scheiden mußte, riet er dem König, S. zu seinem Nachfolger zu ernennen. Dieser nahm ohne Zögern den Ruf an, kam nach
Memel
[* 36] und wurde nun mit der Leitung der gesamten Civilverwaltung des Staates betraut.
In Westfalen, dem alten Lande der Bauernfreiheit, hatte sich S. eine eigene Ansicht von dem Wesen polit. Freiheit gebildet.
Im Gegensatz zu der mechan. Staatsauffassung des 18. Jahrh.
sah er im Staate einen von sittlichen Kräften bewegten und hohen sittlichen Zwecken dienenden Organismus,
der zur rechten Entfaltung seiner Kraft
[* 37] nur gelangen kann, wenn alle Klassen der Bevölkerung
[* 38] an der Arbeit und an den Opfern
für den Staat teilnehmen. Daher wollte er die staatliche Bevormundung, die ausschließliche Beamtenherrschaft ersetzt wissen
durch freiwillige Mitarbeit der besitzenden Bevölkerung, durch die Selbstverwaltung der Gemeinden und
Städte, der Kreise
[* 39] und Provinzen und durch die Teilnahme des Volks an der Gesetzgebung des Staates.
Die verloren gegangene Verbindung zwischen Staat und Gesellschaft sollte wiederhergestellt werden und zwar durch die Schaffung
eines freien Staatsbürgertums und Einführung ausgedehntester Selbstverwaltung innerhalb der neu zu
organisierenden und fest zu konzentrierenden Staatsverwaltung. Zugleich trat S. den kosmopolit. Ideen des 18. Jahrh. und der
Französischen Revolution durch eine ausgeprägt nationale Auffassung des Staatslebens entgegen. Allerdings ist unter S.s Ministerium
nur ein Teil seiner Pläne verwirklicht worden; hauptsächlich die Befreiung des Landvolks von der Hörigkeit, die Selbstverwaltung
der Städte, die Organisation der obersten und Provinzialbehörden (s. Preußen,
[* 40] Geschichte) konnten in der
kurzen Zeit seiner Amtsverwaltung in Angriff genommen werden.
Das Edikt vom betreffend «den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die persönlichen
Verhältnisse der Landbewohner», beseitigte die Erbunterthänigkeit der noch zum größten Teil unfreien
Bauern und hob die Frondienste auf; es vernichtete zugleich die ständische Gliederung des Fridericianischen Staates und ermöglichte
den freien wirtschaftlichen Verkehr zwischen den drei Ständen, indem fortan Bürger und Bauern Rittergüter erwerben durften,
ein Recht, das bisher allein dem Adel zugestanden hatte.
Ein zweites Edikt vom beseigte die Erbunterthänigkeit auf sämtlichen preuß.
Domänen. Die im Anschluß an die Grundsätze der Nassauer Denkschrift ausgearbeitete Städteordnung vom deren Grundlagen
trotz mancher Änderungen noch heute in Kraft sind, gab den Städten die Verwaltung ihres Vermögens und ihrer sonstigen Angelegenheiten,
Wahl der Magistrate und Teilnahme der Bürger an der Verwaltung durch selbstgewählte Vertreter. Durch die
unter dem vom König genehmigte, aber nicht publizierte Verordnung über «die
veränderte Verfassung der obersten Verwaltungsbehörden in der preuß. Monarchie» wurden das
Generaldirektorium, das Kabinettsministerium (das bisherige Auswärtige Amt) und das Justizdepartement aufgehoben und statt
deren ein Staatsrat und fünf Fachministerien für Auswärtiges, Inneres, Finanzen, Justiz und Krieg eingesetzt.
Stein (Heinr. Friedr.
* 42 Seite 65.291.
Bei den Provinzialbehörden wollte S. die frühern Kriegs- und Domänenkammern (s. d.) als «Regierungen»
unter den Oberpräsidien fortbestehen lassen. Von andern Reformen sind zu erwähnen: Verbesserung der Zünfte, Hebung
[* 41] der Erziehung
in christlich-deutschem Geiste, Vorbereitungen für die Errichtung einer neuen Universität u. a. Auch
für die Durchführung der Militärreform war S.s Mitwirkung von Bedeutung. Als Krönung des ganzen Reformwerkes dachte er
sich die Einführung von Reichsständen, so daß er nach Rankes Worten mit Recht als «der
¶
mehr
intellektuelle Urheber des Repräsentativsystems in Preußen» gelten kann. Wenn bei dieser ganzen unter S.sNamen gehenden Reformgesetzgebung
nur ein Teil von ihm selbst veranlaßt oder unmittelbar bearbeitet ist, so muß um so stärker betont werden, daß die Durchführung
des ganzen Reformwerkes nur durch S.s Ansehen, Thatkraft und Entschlossenheit ermöglicht wurde, wie denn
nach seinem Rücktritt sogleich eine völlige Stockung eintrat. Überdies wurde S. noch durch die Sorge für die Herstellung
der preuß. Finanzen und die Aufbringung der Kontributionen an Frankreich, über die er selbst in Berlin mit Daru längere Zeit
verhandeln mußte, vielfach in Anspruch genommen.
Bei diesem ganzen unermüdlichen Wirken blieb S.s Hauptziel immer die BefreiungPreußens
[* 43] und Deutschlands
[* 44] von der franz. Fremdherrschaft. Schon 1808, als Österreich sich infolge der span. Ereignisse zu einem neuen Kriege mit Napoleon
rüstete, glaubte S. die Zeit zu einer Erhebung gekommen und knüpfte mit Österreich wie mit England geheime Verhandlungen
an. In diesen Zusammenhang gehört das Schreiben S.s an Wittgenstein vom worin von der Verbindung
mit den Unzufriedenen in Hessen
[* 45] und Westfalen die Rede war, das den Franzosen in die Hände fiel und 8. Sept. unter den heftigsten
Ausfällen gegen S. im «Moniteur» veröffentlicht wurde. S. bat sofort
um seine Entlassung, die der König ihm erst infolge wiederholter franz.
Drohungen erteilte. An demselben Tage erließ S. an seine Mitarbeiter ein Rundschreiben, ein Reformprogramm, das
als «S.sTestament» bekannt ist, jedoch mehr die Gesinnungen seines Verfassers Schön (s. d.) wiedergiebt. Nach kurzem Aufenthalt
in Berlin, wo er Nachricht von der Achtserklärung Napoleons (Madrid,
[* 46] gegen «le
nommé S.» erhielt, ging er nach Prag, dann nach Brünn,
[* 47] bis ihm Metternich 1810 wieder in Prag zu leben gestattete.
Nach dem Abschluß der Konvention von Tauroggen erhielt S. von AlexanderVollmacht, mit Yorck und den preuß. Behörden zu verhandeln,
um «die Kriegs- und Geldmittel zur Unterstützung der Unternehmungen gegen die franz. Heere in Thätigkeit
zu setzen». Am in Königsberg
[* 50] angelangt, ließ er durch den Landhofmeister Auerswald den Landtag für Ostpreußen
einberufen, hob die Kontinentalsperre auf, öffnete die Häfen, sorgte für Verpflegung der Yorckschen Truppen und gab unter
manchen Streitigkeiten und Schwierigkeiten den ersten Anstoß zur ErhebungPreußens.
Ebenso unterstützte er den Abschluß der Allianz zwischen Preußen und Rußland (Breslau-Kalisch, Febr. 1813). In der Umgebung
des Zaren machte S. den Befreiungskrieg mit. Er trat an die Spitze des nach einer preuß.-russ. Konvention vom 19. März errichteten
Centralverwaltungsrats für die zu erobernden deutschen
Gebiete, dem hauptsächlich die Aufbringung von
Geldmitteln für die Bewaffnung und Verpflegung der verbündeten Heere oblag. Nach der Schlacht von Leipzig wurde durch einen
Vertrag zwischen Preußen, Rußland und Österreich diese Verwaltung in der Weise neu organisiert, daß unter S.s Oberleitung Generalgouvernements
zunächst für Sachsen,
[* 51] dann für Frankfurt
[* 52] und Berg gebildet wurden. S. vereinigte mit der Verwaltung der
eroberten deutschen Länder, bald auch der franz. und belg. Gebiete links vom
Rhein, die Sorge für Lieferungen und Kriegssteuern, Verpflegung, Bewaffnung und Lazarettwesen der verbündeten Heere. Er leistete
Bedeutendes in dieser Stellung trotz der großen Schwierigkeiten, die ihm die Rheinbundsfürsten und Metternich
dabei in den Weg legten.
Für Deutschland wünschte er nach seinen eigenen Worten «ein Bundeshaupt, das
sich nicht auf papierne Verträge, sondern auf Geld, Soldaten und jede Art des Regierungseinflusses stützen
sollte»; dabei aber erstrebte er zugleich die Wiederherstellung des Kaisertums im Hause Habsburg. Der Deutsche
[* 54] Bund mißfiel
ihm in den wichtigsten Punkten. 1815 von Alexander und Hardenberg nach Paris berufen, wo er für eine erheblichere Schwächung
Frankreichs eintrat, kehrte er unzufrieden im September nach Deutschland zurück, um sich fortan ganz der
Bewirtschaftung seiner Güter in Nassau und in Westfalen, wo er die Domäne Kappenberg besaß, und seiner Familie zu widmen.
Jede polit. Stellung ablehnend, beteiligte er sich nur seit 1826 regelmäßig an den Verhandlungen des westfäl. Provinziallandtags
als Landtagsmarschall. 1818 ging er auf Einladung Alexanders zum Kongreß nach Aachen,
[* 55] 1820/21 unternahm
er eine Reise nach der Schweiz
[* 56] und Italien, 1822 und 1828 nach Schlesien. Trotz seiner polit. Zurückhaltung nahm er dabei doch
lebhaften Anteil an der Entwicklung der Dinge in Deutschland; als liberaler Aristokrat verfolgte er mit besonderm Interesse
das junge Verfassungsleben in Baden
[* 57] und Württemberg,
[* 58] wie er auch die Einführung einer repräsentativen
Verfassung in Preußen gern gesehen Hütte.
Mit Genugthuung begrüßte er die Anfänge des Zollvereins und die Erhebung der Griechen, die er auch durch Geld unterstützte.
Die meiste Befriedigung aber fand S. in der Förderung von Kunst und Wissenschaft. Er wirkte für die Restauration
der Marienburg,
[* 59] die Erhaltung schöner kirchlicher Gebäude in den Rheinlanden, die Bildung eines rhein.-westfäl. Kunstvereins
und gründete 1819 mit bedeutenden Geldopfern die «Gesellschaft für ältere deutsche
Geschichtskunde», von deren großer und epochemachender Veröffentlichung, den «Monumenta
Germaniae historica» (s. d.), noch bei seinem Leben zwei Bände erschienen. Ebenso wirkte S., in dessen
Charakter eine lautere Frömmigkeit den Grundzug bildete, segensreich und gemeinnützig im Sinne praktischer christl. Liebesthätigkeit.
S. starb zu Kappenberg. Auf der
¶