Hettner
,
Hermann
Theodor, Litterarhistoriker und Kunstschriftsteller, geb. zu Leysersdorf bei
Goldberg in
Schlesien,
[* 3] besuchte das
Gymnasium zu
Hirschberg,
[* 4] studierte in
Berlin,
[* 5]
Halle
[* 6] und
Heidelberg
[* 7]
Philosophie und
Philologie,
wendete sich aber seit 1843, namentlich während eines Aufenthalts in
Breslau,
[* 8] von den abstrakt philosophischen zu kunst-
und litterargeschichtlichen
Studien. Zu diesem
Zweck unternahm er 1844 eine mehrjährige
Reise nach
Italien,
[* 9] verweilte namentlich
längere Zeit in
Rom und
[* 10]
Neapel
[* 11] und kehrte erst
Ostern 1847 nach
Deutschland
[* 12] zurück. Als
Früchte der italienischen
Reise erschienen die »Vorschule zur bildenden
Kunst der Alten« (Oldenb. 1848) und »Die
neapolitanischen
Malerschulen« (in
Schweglers
»Jahrbüchern«). Hettner
habilitierte sich darauf in
Heidelberg als
Privatdozent der
Ästhetik und
Kunstgeschichte, verheiratete sich mit der Tochter des
Freiherrn v.
Stockmar (s. d.) und entwickelte fortan eine
rege akademische und litterarische Thätigkeit.
Sein Werk »Die romantische
Schule in ihrem Zusammenhang
mit
Goethe und
Schiller« (Braunschw. 1850) veranlaßte seine
Berufung an die
Universität
Jena,
[* 13] wohin er
Ostern 1851 als außerordentlicher
Professor der
Ästhetik, der
Kunst- und Litteraturgeschichte ging. Im
Sommer 1852 unternahm er von hier aus gemeinsam mit
Göttling
und L.
Preller eine
Reise nach
Griechenland,
[* 14] die er in den
»Griechischen Reiseskizzen«
(Braunschweig
[* 15] 1853)
beschrieb.
Noch vorher war sein
Buch »Das moderne
Drama« (Braunschw. 1852) erschienen.
Ostern 1855 ward er als
Direktor der königlichen Antikensammlung und des
Museums der
Gipsabgüsse sowie als
Professor der
Kunstgeschichte
an der
Akademie der bildenden
Künste nach
Dresden
[* 16] berufen. Durch die spätere Übernahme der
Direktion auch
des historischen
Museums und die
Berufung zum ordentlichen
Professor der
Kunstgeschichte am königlichen
Polytechnikum erweiterte
sich hier Hettners
Wirkungskreis noch bedeutend.
Noch bevor er
Jena verließ, war der erste Teil seines umfassenden Hauptwerkes:
»Litteraturgeschichte des 18.
Jahrhunderts«, erschienen, welche bis 1870 vollendet ward und aus drei Hauptteilen:
»Englische
[* 17] Litteraturgeschichte des 18.
Jahrhunderts« (Braunschw. 1856, 4. Aufl. 1881),
»Französische Litteraturgeschichte des 18. Jahrhunderts« (das. 1859, 4. Aufl. 1881) und »Deutsche [* 18] Litteraturgeschichte des 18. Jahrhunderts« (das. 1862-1870; 3. Aufl. 1879, 4 Bde.), besteht. Diese zugleich wissenschaftlich tief begründete und durch lebendig fesselnde Darstellung doch populäre Litteraturgeschichte gehört zu den geistvollsten und weit nachwirkendsten historischen Werken der Gegenwart, und obschon sie ¶
mehr
durchgehends den kulturgeschichtlichen Standpunkt der Erklärung aller Litteratur- und Kunstschöpfungen aus allgemeinen Einflüssen
der Zeiten teilt, so bewahrt sie doch ein feines Verständnis für die Individualitäten. Nach Vollendung seiner Litteraturgeschichte
wendete sich Hettner
wiederum vorwiegend kunsthistorischen Studien zur Geschichte der Renaissance zu, als deren erste Frucht die
»Italienischen Studien« (Braunschw. 1879) hervortraten, Abhandlungen, die
sich durch Gründlichkeit und klare, gewinnende Form gleich sehr auszeichnen. Hettner
starb Er schrieb
noch: »Die Bildwerke der königlichen Antikensammlung zu Dresden« (Dresd. 1856, 3. Aufl. 1875),
»Das königliche Museum der Gipsabgüsse in Dresden« (4. Aufl., das. 1880),
»Der Zwinger zu Dresden« (Leipz. 1873, mit 46 Tafeln) und gab Anselm Feuerbachs »Schriften«, die »Dichtungen« des Malers Müller sowie »Briefwechsel Georg Forsters mit Sömmerring« (Braunschw. 1877) heraus. Seine »Kleinen Schriften« erschienen nach seinem Tod (Braunschw. 1884).