grossen Ausgaben für die Tessinkorrektion, über 4 Mill. Fr., wovon die Hälfte vom
Bund, 1/5 vom Kanton Tessin
und der Rest von den
beteiligten Gemeinden bestritten worden sind, vollkommen gerechtfertigt. Das Prinzip der Korrektion bestand in der Anlage
eines Doppelprofiles mit Leitwerk und Hochwasserdamm. Die Heftigkeit der Strömung wird durch spornartig
in den Flusslauf hinausragende Steintraversen gebrochen, die zugleich die Anschwemmung von Neuland begünstigen.
Dieses von
Bellinzona bis zum
Langensee 14 km lange grossartige Werk der Tessinkorrektion schützt nun «bei 2000 ha
Land gegen alljährliche Ueberschwemmungen. Wenn man vor nur 12 Jahren den
Monte Ceneri hinauffuhr, bot sich dem
Auge das trostlose
Bild eines wild umherirrenden, verwüstenden Flusses. Heute sind auf der Tessinebene die mächtigen Kiesflächen
verschwunden, und an ihre Stelle ist eine Waldfläche von
Erlen,
Weiden und Pappeln mit einer Ausdehnung von 330 ha getreten,
wovon 260 ha künstlich aufgeforstet wurden» (Kantonsforstinspektor F. Merz 1903). Zwecks Vollendung der
Hochwasserdämme, verschiedener Ergänzungsarbeiten, Korrektion des
Trodo und Landerwerbungen im Gesamtbetrag von 1,8 Mill.
Fr. ist dem Kanton im Jahr 1908 eine weitere Bundessubvention von 50% zugesichert worden. Ueber das Gesamtwerk der Tessinkorrektion
vergl. den Schlussbericht des leitenden Ingenieurs G. Martinoli: La correzione del fiumeTicino. 1896.
Auf seinem gesamtenLauf vom
Nufenenpass bis zum
Langensee wird der Tessin
von zahlreichen
Eisen- oder
Steinbrücken
überschritten. Am zahlreichsten sind diejenigen der von
Bellinzona dem Fluss aufwärts bis auf den
Gotthard führenden Kantonsstrasse,
die bis
Airolo 75 km lang ist und auf dieser Strecke 11 Tessinbrücken von mehr als 10 m Oeffnung zählt.
Noch bedeutender und nicht weniger zahlreich sind die Brücken der Gotthardbahn, die alle aus
Eisen bestehen und seit ihrer
ersten Anlage zum Teil bereits haben verstärkt werden müssen (z. B. diejenigen von
Polmengo und
Monte Piottino).
Hydrometrische Notizen.
Der Wasserstand des Tessin
weist in den verschiedenen Jahreszeiten ganz ungeheure Schwankungen auf, indem z. B.
in
Bellinzona einem Niedrigwasserstand von 13,98 m3 ein Hochwasserstand von nicht weniger als 2500 m3 (im Jahr 1868)
gegenüber stehen kann. Besonders verheerende Hochwasser waren neben demjenigen des Jahres 1868 besonders auch die von 1514 (plötzliche
Entleerung des durch den
Bergsturz bei
Biasca aufgestauten Tessin- und Brennosees), von 1807 und 1839. Das
Tessingebiet zählt 24 Pegelstationen, wovon 2 mit Registrierinstrumenten ausgerüstet sind und 4 ihre Aufzeichnungen täglich
an das eidg. hydrometrische Bureau in Bern
melden.
Das Tessinthal ist wie alle seine Seitenthäler sehr reich an Wasserkräften aller
Art und eignet sich vorzüglich zur Produktion von elektrischer Energie. Hervorragende Energiequellen sind besonders die
Seen des
Val Piora, der
Lago di
Tremorgio und die Tessinfälle und -schnellen selbst. Auf direkten Messungen
und Berechnungen beruhende neuere Schätzungen haben ergeben, dass das Tessinthal beim äussersten Niedrigwasserstand eine
Kraft von 65000 PS und bei gewöhnlichem Niedrigwasser eine solche von 78000 PS zu liefern vermöchte. Diese wahrscheinlich
eher noch zu klein angesetzten Ziffern zeigen die wirtschaftliche Bedeutung des Tessinflusses und die
Entwicklung, deren sein Thal noch fähig ist. Zur Zeit bestehen am Tessin
folgende
¶
städtisches
Elektrizitätswerk Bellinzona mit 1350 PS. - Der Name Tessin,
lateinisch Ticinus, leitet sich nach Holder von einer
keltischen Wurzel tek = «rasch fliessen» her.
italienisch Ticino, französisch Tessin.
Kanton der schweizerischen Eidgenossenschaft, in der offiziellen Reihenfolge
der Kantone der achtzehnte.
1. Lage, Name, Grenzen und Grösse.
Der Kanton Tessin
gehört nahezu ausschliesslich der S.-Flanke der Alpen an und bildet ein gleichschenkliges Dreieck,
dessen Grundlinie sich dem Gotthardmassiv anlehnt, während die Spitze nahe dem S.-Ende des Comersees gleich einem Keil in
die Lombardei vorstösst. Er liegt zwischen 8° 25' und 9° 09' OL. von Greenwich, sowie zwischen und 45° 46' 45" und 46°
31' 15" NBr. Seine grösste Länge beträgt vom Piz Valdraus (im Greinagebiet) im N. bis Pedrinate bei
Chiasso (Grenzstein 75 A) im S. 90,7 km, seine grösste Breite (senkrecht zur Längsachse gemessen) vom Grieshorn zum Vogelberg
(Poncione della Parete; 2980 m) hinten über dem Calancathal 54,7 km. Die schief auf die Längsachse stehende TransversaleGrieshorn-San Joriopass misst 67,7 km. Der Kanton und sein Name sind neuern Ursprungs und stammen aus der
Zeit der Mediationsakte von 1803, durch welche die eidgenössischen Vogteien s. der Alpen (die urnerische Vogtei Livinen, die
von den drei Urkantonen abhängigen Vogteien Blenio, Riviera und Bellinzona,
die den 12 alten Orten unterstehenden Vogteien Locarno,
Maggiathal, Lugano und Mendrisio)
zu einem einheitlichen Kanton zusammengefasst wurden. Der Kanton Tessin
grenzt: im NW. auf eine Strecke von 18 km
an den Kanton Wallis,
im N. auf eine Strecke von 24 km an Uri,
im NO. und O. auf eine Strecke von 101 km an Graubünden,
sowie im SO.,
S. und W. auf eine Strecke von 208 km an das Königreich Italien. Die Gesamtlänge seiner Grenzlinie beträgt 351 km. Die
Grenze gegen das Wallis
folgt der Wasserscheide zwischen Rhone und Po vom Grieshorn (2926 m) bis zum Wittenwasserstock (etwa 3000 m),
von wo die Grenze gegen Uri,
die weit auf die N.-Flanke des Gotthardpasses hinübergreift und so die Passhöhe
samt ihren Seen dem Tessin
zuweist, sich bis zum Piz Alv (2771 m)
hinzieht.
Die Grenze gegen Graubünden
reicht vom Piz Alv (das Val Cadlimo, das oberste Quellthal des Medelser Rheins, dem Tessin
zuweisend) über den Lukmanier,
den Scopi, die Greina, das den höchsten Punkt des Kantons bildende Rheinwaldhorn (3398 m) und die Kette
zwischen der Riviera
und dem Calancathal bis zur Cima di Cugn (2237 m) nahe dem San Joriopass. Von da bis zum Langensee grenzt der Tessin
an
die Lombardei (Provinz Como) und geht die Grenzlinie über den Monte Garzirola (2119 m), den O.-Arm des
Luganersees, den Monte Generoso und s. hinab bis Chiasso, um dann dem italienischen Varesotto zu folgen, in den W.-Arm des Luganersees
zu fallen, dessen Ausfluss (der Tresa) einige Kilometer weit zu folgen und endlich über den Monte Paglione (1588 m) den Langensee
zu erreichen.
Diese Grenzstrecke ist durchaus künstlicher Natur, zeigt zahlreiche ein- und ausspringende Winkel und erscheint in dem sie
fast überall bedeckenden Buschwald nur undeutlich markiert, so dass sie von den italienischen Grenzwächtern mit oder ohne
Willen und Vorsatz nur zu oft verletzt wird. Vom Langensee bis zum Grieshorn folgt die Grenze gegen Piemont
(Provinz Novara), die trotz ihres Verlaufes im Bergland ebenfalls ziemlich künstlich ist und nur in ihrem n. Abschnitt,
d. h. vom Sonnenhorn an, sich längs der wasserscheidenden Kette zwischen Maggia und Tosa hinzieht, während sie vom Langensee
bis zum Sonnenhorn die obern Abschnitte der rechtsseitigen Nebenthäler der Maggia (Centovalli und beide
Onsernonethäler) abschneidet und Italien zuweist. Sie trägt den Basodino (3276 m), einen der Hochgipfel des Tessin,
der nahe dem
Ursprung der nach verschiedenen Richtungen ausstrahlenden Thäler des Tessin,
der Maggia und der Tosa steht.
Die vom Camoghè zum Tamaro ziehende und zwischen diesen beiden Gipfeln zum Passübergang des Monte Ceneri
sich senkende Kette trennt den Kanton in zwei ungleich grosse Abschnitte, die auch mit Bezug auf ihre topographische Beschaffenheit,
die Volksdichte, die Sitten
und selbst den Charakter ihrer Bewohner nicht unerheblich voneinander verschieden sind: den Sopra Ceneri
im N. und den Sotto Ceneri im S. Der Kanton hat eine Gesamtfläche von 2800,9 km2, wovon 1870,3 (oder
66,8%) auf produktives und 930,6 (oder 33,2%) auf unproduktives Land entfallen. Er zählt 138638 Ew., wovon 67440 im Sopra Ceneri
und 71198 im Sotto Ceneri. Dichte der Bevölkerung für den ganzen Kanton 51, für den Sopra¶