Tschechen
(Tschechoslawen, Češi]), Volksstamm der Nordslawen in der österreichisch-ungar. Monarchie, vorwiegend in Böhmen [* 2] und Mähren seßhaft, wohin sie zu Ende des 5. Jahrh. n. Chr. aus dem Karpathenland an der obern Weichsel nebst andern verwandten Stämmen einwanderten. In Böhmen erlangten sie bald ein solches Übergewicht, daß ihr Name bereits im 9. Jahrh. die allgemeine Bezeichnung für sämtliche im Land wohnende Slawen ward und Böhmen selbst die Bezeichnung Tschechy erhielt.
Ihr
Name stammt nach gewöhnlicher
Annahme von ihrem ersten Anführer,
Tschech. Der tschechische
Stamm umfaßt außer
den eigentlichen Tschechen
in
Böhmen auch die
Mähren oder mährischen Tschechen
(Moravani) in
Mähren (im westlichen
Gebirge
Horaken, in der
Hanna
Hannaken, im östlichen
Gebirge
Walachen genannt), zum Teil auch in
Schlesien,
[* 3] ferner die
Slowaken im nordwestlichen Teil
Ungarns. Sonst sind die Tschechen
in einzelnen Ansiedelungen auch in andern
Kronländern vertreten.
Ein starker Zuzug tschechischer
Handwerker und
Arbeiter (namentlich
Erd- und Bauarbeiter) findet nach
Niederösterreich, insbesondere
nach
Wien
[* 4] statt. Die Gesamtzahl der Tschechen
beträgt 7,14 Mill. Die tausendjährige Anstrengung,
das
eigne
Wesen vor dem mächtigern Deutschtum zu retten, hat dem Tschechen
manchen Charakterzug aufgedrückt, der sonst
den
Slawen fremd ist: Mißtrauen, Verschlossenheit und eine gewisse verbitterte nationale Erregtheit,
da er sich immer durch den
Deutschen gedrückt meint, hinter
dem er, mit Vorliebe dem
Ackerbau obliegend, in
Gewerbe und
Handel
zurückbleibt.
Seine Natur zeigt aber manche schöne Eigenschaften. Er ist arbeitsam, tüchtig als Soldat und Beamter, hat natürlichen Verstand und rege Phantasie, faßt schnell, eignet sich leicht fremde Sprachen an und treibt gern Poesie, Musik und Wissenschaft. Eine gemeinsame Nationaltracht aus älterer Zeit hat sich nicht erhalten; dagegen besitzen einzelne Gegenden, wie die Hanna, malerische Kostüme. [* 5] Die volkstümliche Bauart des Block- und Pfahlwandbaues mit geringer Breite [* 6] des Hauses, hohem Dach [* 7] u. waldkantig behauenen Blöcken, die auf gemauertem Unterbau ruhen, und deren Zwischenräume mit Lehm und Moos verstopft sind, hat sich nur im östlichen Teil Böhmens erhalten. Weiteres s. in den Artikeln »Böhmen«, »Österreich«, [* 8] »Slawen« etc.
Vgl. Vlach, Die Čecho-Slawen (Teschen 1883).