Neukaledonien
,
[* 1] franz.
Archipel des
Stillen
Ozeans, von
Cook 1774 entdeckt und benannt (der aus dem
Hafen Balad gebildete,
ganz unpassende
Name
Baladea ist längst vergessen), besteht aus der großen
Insel gleiches
Namens zwischen 20-22° 15'
südl.
Br. und 164-167° 30' östl. L. v. Gr., den
Loyaltyinseln, der
Fichteninsel und einer Anzahl kleiner
Inseln und
Riffe (s.
Karte
»Ozeanien«)
[* 2] mit einem Gesamtareal von 19,950 qkm (362 QM.). Die Hauptinsel Neukaledonien
zieht
sich bei geringer
Breite
[* 3] etwa 440 km gegen SO. u. hat mit kleinen Nebeninseln
16,712 qkm (303,5 QM.) Flächeninhalt.
Sie ist auf beiden Seiten von großen Barrierriffen begleitet, die an den Enden, besonders am nördlichen, weit hinaus in das Meer reichen und so einen über 700 km langen Gürtel [* 4] bilden. An der Westseite sind sie nur durch wenige schmale Pässe durchschnitten, die zu schönen Häfen (Numea, St.-Vincent) führen; im O. fehlt das Riff auf längere Strecken, die dahinter liegenden Häfen (Balad, Yengen, Kanala) sind daher zugänglicher. Das Innere scheint größtenteils die Form einer Hochebene zu haben, über die sich einzelne Gipfel (Kando oder Humboldtpik, 1650 m) erheben.
Die Gesteine [* 5] zeigen Verwandtschaft mit denen der Berge Ostaustraliens; sie sind außerordentlich reich an Metallen und Mineralien (Kupfer, [* 6] Nickel, Eisen, [* 7] Antimon, Kobalt, Gold, [* 8] Kohle). Küstenebenen finden sich besonders an der Westseite, sie sind gewöhnlich dürr und felsig; an der Ostküste pflegen die Berge steil zum Meer herabzusinken. Nur in den Schluchten der kleinen Bergströme findet sich eine üppige Vegetation, die eine Mischung von indischen, neuseeländischen und hauptsächlich australischen Pflanzenelementen zeigt.
Die Fauna ist der der nördlichen melanesischen Archipele verwandt. Das Klima [* 9] ist schön und gesund. In der Trockenzeit (April bis November) weht der Passat aus SO., welchem die Ostküste die größere Feuchtigkeit und üppigere Vegetation verdankt; in der heißern Regenzeit herrschen überwiegend Westwinde. Die Ostküste eignet sich zu tropischen Kulturen, die Westküste ist dem Anbau von Pflanzen der gemäßigten Zone günstig. Doch wird Ackerbau nur in sehr unbedeutendem Maß getrieben; die mit großen Hoffnungen begonnene Zuckerindustrie ist ganz zurückgegangen. Hauptkulturen sind Mais, Kaffee, Baumwolle, [* 10] Kokosnüsse, Reis; doch befriedigt die Produktion die Bedürfnisse keineswegs. Auch die Viehzucht [* 11] ist trotz günstiger Bedingungen gering, man zählte 1885: 119,379 Rinder, [* 12] 12,238 Schafe [* 13] etc. Die ursprünglichen melanesischen Bewohner (s. Tafel »Ozeanische Völker«, [* 14] Fig. 6) zeichneten sich bei Ankunft der Europäer durch große Kriegslust und auch durch unverkennbare Talente vor andern Melanesiern aus, zeigten in ihrer Kulturentwickelung aber höchst auffallende Gegensätze und verbanden mit einer entschiedenen Roheit in allen äußerlichen Beziehungen und großer Vorliebe für die Anthropophagie doch im Landbau ein auffallendes Geschick und bewun-
[* 1]
^[Abb.:
Karte von Neukaledonien
und den
Loyaltyinseln.]
¶
mehr
dernswerte Ausdauer. Diese Anlagen haben sich unter französischer Herrschaft nicht weiter entwickelt, die Neukaledonier
sind
vielmehr sichtlich verkommen. Die Franzosen annektierten Neukaledonien
1853 angeblich zur Unterstützung der Bekehrungsversuche katholischer
Geistlichen, in Wahrheit wohl mehr aus Eifersucht auf die aufblühende australischen Kolonien Englands. Anfangs von Tahiti
[* 16] abhängig,
wurde die Kolonie Neukaledonien
1860 selbständig und zugleich Deportationsniederlassung, welche infolge
der Ereignisse von 1871 durch massenhafte Einführung verurteilte Kommunisten Bedeutung erhielt, die aber schnell vorüberging,
indem durch Mac Mahon und Grévy fast sämtliche politische Verbrecher begnadigt wurden und nach Frankreich zurückkehren.
Die bis jetzt rein militärische Regierung ist zu kompliziert; die Anwendung der Deputierten als Arbeiter hat wenig gewirkt, die Kolonisten ziehen noch immer die melanesischen Einwanderer als solche vor, da die eingeborne Bevölkerung [* 17] dauernd zu Arbeiten nicht zu bewegen ist, und die Versuche, den Anbau tropischer Kulturpflanzen zu fördern, sind ebenso unbedeutend geblieben wie die Viehzucht. Die Zahl der weißen Bewohner war 1885: 20,813, davon Kolonisten 6437, Freigelassene 3814, Deportierte 7544, der Rest Truppen und Beamte.
Die einheimische Bevölkerung zählte 1885: 35,650, die Gesamtbevölkerung also 56,463 Seelen. Der Handel geht nach Australien [* 18] und England, nur zum kleinern Teil nach Frankreich; doch haben sich durch den Verkehr der Dampfer der Messageries-Maritimes die Beziehungen mit dem Mutterland gehoben. Eingeführt werden: Kohle, Bauholz, Gewebe, [* 19] Eisenwaren, Lebensmittel und Spirituosen, ausgeführt: Kupfer-, Nickel-, Kobalt-, Eisen-, Antimon- und Bleierze, Kopra, Orangen, Häute, Wolle.
Die Einfuhr betrug 1885: 8,5, die Ausfuhr 4,6 Mill. Frank. Es liefen 138 Schiffe [* 20] ein und 121 aus. Das Budget der Kolonie betrug 2,376,000, das der Kommunen 351,000, die Ausgaben des Mutterlandes 7,957,000, die Kolonialschuld 882,000 Frank, die Post beförderte durch 28 Ämter 325,674 Sendungen. Hauptstadt ist Numea am Port de France mit (1885) 4601 Einw., Sitz eines deutschen Konsuls.
Vgl. Faure-Biguet, Geographie de la Nouvelle Calédonie (Par. 1876);
Lemire, La colonisation française en Nouvelle Calédonie (Numea 1878);
Derselbe, Voyage à pied en Nouvelle Calédonie (Par. 1884);
Rivière, Souvenirs de la Nouvelle Calédonie (das. 1880);
Chartier, La Nouvelle Calédonie et les Nouvelles Hébrides (das. 1884);
Cordeil, Origines et progrès de la Nouvelle Calédonie (Numea 1885);
Moncelon, Le [* 21] bagne et la colonisation pénale à la Nouvelle Calédonie (Par. 1886).