Proteinkörper
(Eiweißkörper, Albuminkörper), im Pflanzen- und Tierreich weitverbreitete Substanzen von sehr komplizierter, noch keineswegs näher bekannter Zusammensetzung, finden sich gelöst oder ungelöst, amorph, in Kristallform oder organisiert und werden hauptsächlich in den Pflanzen durch den Lebensprozeß gebildet. Mit der Nahrung und als unentbehrlicher Bestandteil derselben gelangen sie in den tierischen Körper und werden hier zum Teil mannigfach modifiziert und zur Bildung von Körperteilen benutzt, teils aber auch in einfachere Verbindungen zerlegt.
Die einzelnen Proteinkörper
zeigen wenig scharf ausgeprägte
Eigenschaften und sind so schwierig rein darzustellen, daß man oft im
Zweifel
bleibt, ob zwei Proteinkörper
identisch sind oder nicht, ob nicht vielleicht die geringen Verschiedenheiten, welche
sie darbieten, auf Verunreinigungen zurückzuführen sind. Die Proteinkörper
bestehen aus 50,4-54,8
Proz.
Kohlenstoff, 7,3-6,8 Proz.
Wasserstoff, 15,4-18,2 Proz.
Stickstoff, 24,1-22,8 Proz.
Sauerstoff, 0,4-1,8 Proz.
Schwefel und
hinterlassen beim Verbrennen eine wesentlich aus phosphorsaurem
Kalk bestehende
Asche.
Sie sind amorph, hornartig, durchscheinend, geruch- und geschmacklos, löslich oder unlöslich in
Wasser und
Alkohol, nicht
löslich in
Äther, dagegen gewöhnlich löslich in überschüssigen verdünnten
Säuren und
Alkalien. Die
wässerige
Lösung reagiert neutral. Aus derselben werden die Proteinkörper
gefällt durch Erhitzen, durch starke
Mineralsäuren, ferner
durch
Essigsäure,
Weinsäure,
Zitronensäure etc., wenn man gleichzeitig konzentrierte
Lösungen von Alkalisalzen hinzufügt.
Auch
Kupfer-,
Blei-,
Quecksilber-,
Silbersalze,
Gerbsäure,
Alkohol,
Chloral,
Phenol,
Pikrinsäure scheiden die Proteinkörper
aus ihren
Lösungen
ab. Enthält eine
Lösung sehr geringe
Mengen von Proteinkörper
(0,0001 Proz.), so färbt sie
sich rot, wenn man sie mit einer
Lösung von salpetersaurem
Quecksilberoxyd, welche
salpetrige Säure enthält, bis zum
Kochen
erhitzt. Man kann die Proteinkörper
in fünf
Gruppen teilen: eigentliche Eiweißstoffe, wie sie in den tierischen
Flüssigkeiten vorkommen
(Eiweiß, Bluteiweiß,
Vitellin,
Myosin, fibrinogene und fibrinoplastische
Substanz,
Fibrin,
Käsestoff etc.);
eiweißartige Stoffe, welche die Hauptmasse der im Tierreich so sehr verbreiteten Bindesubstanzen bilden und sich beim Kochen mit Wasser in Leim verwandeln;
tierische Schleimstoffe;
Proteinkörper
der epidermoidalen Gebilde;
Pflanzeneiweißstoffe (Pflanzeneiweiß, Pflanzenkaseine und Kleberstoffe).
Neutrale
Lösungen der Eiweißarten, des
Fibrins, des
Käsestoffs und der
Globuline gerinnen beim Erhitzen,
durch
Alkohol,
Äther und
Salzsäure, indem die Proteinkörper
in eine Modifikation (koaguliertes
Eiweiß) übergehen, in welcher sie in
Wasser,
Alkohol,
Äther und verdünnter
Salzsäure unlöslich, in verdünnter
Kalilauge schwer löslich sind.
Kalilauge löst die
geronnenen Proteinkörper
zu Kalialbuminat, und konzentrierte
Salzsäure löst sie unter
Bildung von
Syntonin. Ob das
koagulierte
Eiweiß aus verschiedenen Proteinkörpern
identisch ist, ist nicht erwiesen, auch nicht wahrscheinlich, irgend
wesentliche Unterschiede sind aber nicht bekannt.
Fast alle
Eiweißkörper gehen, in verdünnten Ätzalkalien gelöst, in
Alkalialbuminate über, welche in
Wasser und
Alkohol löslich
sind, und deren verdünnte alkalische
Lösungen sich wie eine Käsestofflösung verhalten. Aus diesen
Lösungen fällt
Essigsäure Proteine, welche in sehr verdünnten
Säuren und
Alkalien löslich sind, nach dem
Trocknen aber sich
nur noch schwer lösen. Auch durch
Säuren werden die Proteinkörper
in eigentümliche Modifikationen
(Acidalbumine,
Syntonine) übergeführt,
welche mit den Proteinen große
Ähnlichkeit
[* 3] haben.
Stark verdünnte
Säuren und
Alkalien, auch die
Fermente
des
Magensafts
(Pepsin) und des
Bauchspeichels
¶
mehr
(Pankreatin) verwandelt die Eiweißstoffe in Peptone, und diese Umwandlung bezeichnet das erste Stadium des Verdauungsprozesses.
Konzentriertere Säuren und Alkalien erzeugen aus den Eiweißstoffen kristallisierbare Zersetzungsprodukte, wie Leucin, Tyrosin
etc. Dieselben oder ähnliche Produkte entstehen bei der Fäulnis, und bei tiefer greifender Zersetzung treten Schwefelwasserstoff
und Ammoniak auf. Im tierischen Organismus werden die Proteinkörper
zur Bildung von Gewebsbestandteilen verwendet,
und diese zerfallen schließlich wieder in einfache Verbindungen, von denen Harnsäure, Hippursäure, Harnstoff im Harn erscheinen.
Manche Zersetzungen der Proteinkörper
deuten darauf hin, daß dieselben ein Kohlehydrat oder Fett als nähern Bestandteil enthalten oder
wenigstens Atomgruppen, aus welchen letztgenannte Körper leicht hervorgehen können. Beim Erhitzen blähen
sich die Proteinkörper
auf und entwickeln den bekannten Geruch nach versengten Haaren. Bei trockner Destillation
[* 5] geben sie empyreumatische
Öle
[* 6] und kohlensaures Ammoniak neben brennbaren Gasen. Die Proteinkörper
erscheinen im Pflanzen- und Tierkörper überall in größter Menge,
wo sich die größte Lebensthätigkeit entfaltet, und wo dem entsprechend die meisten chemischen Prozesse
verlaufen.
Hieraus ergibt sich die hohe Bedeutung der Proteinkörper
für Pflanzen und Tiere. Unter den Nahrungsmitteln der Tiere nehmen die Proteinkörper
in mehr
als einer Hinsicht die erste Stelle ein, und zwar erscheinen pflanzliche wie tierische Proteinkörper
insofern gleichwertig, als sie dieselben
Umwandlungsprodukte liefern, also für die nämlichen Zwecke im Organismus verwendbar sind. Da für die
Proteinkörper gegenüber den andern Nahrungsstoffen der Stickstoffgehalt bezeichnend ist, so spricht man oft von der Bedeutung des Stickstoffs
oder der stickstoffhaltigen Substanzen für die Ernährung und setzt dabei voraus, daß der Stickstoff in Form von Proteinkörpern
zugegen sei.
Diese Bezeichnung gründet sich darauf, daß der Gehalt einer Substanz an Proteinkörper einfach durch Bestimmung des Stickstoffgehalts ermittelt wird. Dies ist für die Analyse die einzige anwendbare Methode, weil sich die Gesamtheit der Proteinkörper einer bestimmten Substanz in keiner Weise in wägbare Form bringen läßt.
Vgl. Sachße, Die Chemie und Physiologie der Farbstoffe, Kohlehydrate und Proteinsubstanzen (Leipz. 1877);
Schimper, Untersuchungen über die Proteinkristalloide der Pflanzen (Straßb. 1878).