Poggio
Bracciolīni (spr. poddscho brattscho-), Gian-Francesco, berühmter ital. Humanist, geb. im Castell Terranuova bei Florenz, [* 2] kam sehr jung nach Florenz, wo er sich durch Schreiberdienste ernährte, trat 1403 als Sekretär [* 3] in den Dienst der päpstlichen Kurie, begleitete Johann XXIII. zum Konzil von Konstanz [* 4] (1414-18), begab sich nach demselben im Geleit von Henry Beaufort, Bischof von Winchester, nach England, um dort sein Glück zu machen, kehrte aber unbefriedigt Ende 1422 nach Rom [* 5] zurück und verblieb, Ansehen und Reichtümer sich erwerbend, im Dienste [* 6] der Päpste, bis er 1453 als Staatskanzler nach Florenz berufen wurde.
Vor 1458 legte er auch dieses Amt nieder und starb in Florenz. Durch Aufspürung und Herbeischaffung von damals verlornen Werken der lateinischen Litteratur, besonders aus den Klöstern der Schweiz [* 7] und Deutschlands [* 8] von Konstanz aus, wie des Quintilianus, Valerius Flaccus, Asconius, vieler Reden Ciceros, der »Silvae« des Statius, des Manilius, Lucretius, Ammianus Marcellinus, Columella, Petronius, Nonius, [* 9] des größten Teils von Tacitus und Plautus, des Frontin, hat er sich unvergängliche Verdienste um die lateinische Litteratur erworben. Er ist der Meister des humanistischen Briefstils. Dies bewies er auch in seinen zahlreichen Streitigkeiten, besonders mit Filelfo u. Valla. Außer mehreren Übersetzungen griechische Schriften (des Diodor, der »Cyropädie« des Xenophon u. a.) erwähnen wir die »Facetiae«, eine Sammlung witziger, zum Teil höchst unanständiger Geschichten (bis 1500 in 26 Aufl.; neueste Ausg., Rom 1884),
»De varietate fortunae« (zuletzt Par. 1723) und eine lateinische Geschichte von Florenz 1350-1455 (zuletzt Vened. 1715). Seine Briefe sind am besten herausgegeben von Tonelli (Flor. 1832-61, 3 Bde.); eine Ausgabe von Wilmanns ist in Vorbereitung. Seine Werke erschienen Straßburg [* 10] 1510 und Basel [* 11] 1538 u. 1556.