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walte geboten ist (s.
Anwaltsprozeß), kann nur ein bei dem Prozeßgericht zugelassener Rechtsbele
hrung die Vertre- tung als Prozeßbevollmächtigter
übernehmen. In der mündlichen Verhandlung, einschließlich der vor dem Prozeßgericht erfolgenden Beweisaufnahme, kann
jedoch jeder N. die Ausführung der Partei- rechte und für den Fall, daß der bei dem Prozeß- gerichte
zumProzeftbevollmächtigtcn bestellte N. ihm die Vertretung überträgt, auch diese übernehmen.
Der N. ist verpflichtet, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und innerhalb und außerhalb desselben sich achtungswürdig zu verhalten. Er muß, wenn er sich über eine Woche von seinem Wohnsitz ent- fernen will, für Stellvertretung sorgen und dem Gericht Anzeige erstatten, über die Annabme von Mandaten hat er sich obne Verzug zu erklären. Zu versagen hat er seine Thätigkeit, wenn ihm eine pflichtwidrige Handlung angesonnen wird, oder wenn er in derselben Rechtssache bereits eine andere Partei im entgegengesetzten Interesse bedient oder als er- kennender Nichter mitgewirkt bat. Er ist zur Her- ausgabe der Handakten vor Bezahlung seiner Ge- bühren und Auslagen nicht verpflichtet.
Seine Pflicht, im Civilprozesse sich armen Parteien beiord- nen zu lassen (f.
Armenrecht) und in Strafsachen die Verteidigung
zu führen, bestimmt sich nach der
Civil- und Strafprozeßordnung; doch ist außerdem im Civilprozesse die Beiordnung zulässig,
namentlich wenn im Anwaltprozesse der Antragsteller keinen
Anwalt finden kann und die Rechtsvcrfolgung
oder Verteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos ist. Als wesentliche Ergänzung zu dem Gesetze vom ist noch
die Gebührenordnung für Rechtsbele
hrung vom erlassen. (S. Gebühren und Gerichtskosten, Bd.
7, S. 853 d.) Die innerhalb des
Bezirks eines Oberlandes- gerichts zugelassenen Rechtsbele
hrung bilden eine
Anwalts-
kamm er, welche ihren Sitz am Orte des Oberlandes- gerichts hat.
Dieselbe wählt einen Vorstand, wel- cher ihre Angelegenheiten verwaltet, außerdem die
Aufsicht und die ehrengerichtliche
Strafgewalt über ihre Mitglieder führt und Streitigkeiten unter den- selben und mit den Parteien vermittelt (f.
Ehren- gericht) und seinerseits wieder unter der
Aufsicht des Oberlandesgerichtspräsidenten steht.
Beim
Reichs- gericht erfolgt
die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und die Zurücknahme der Znlassung durch das Präsi- dium des Reichsgerichts. Die bei
dem Reichsgericht zugelassenen Rechtsbele
hrung dürfen bei einem andcrn Gericht nicht auftreten. Die Anwaltskammer
bei dem Reichsgericht wird durch die bei demselben zuge- lassenen Rechtsbele
hrung gebildet. -
Im Sept. 1894 gab es im
Deutschen
Reich 5743 Rechtsbele
hrung, von denen 19 beim
Reichs- gericht, 4 beim bayr. obersten Landcsgericht, 794 bei
den Oberlandesgerichten, 4241 bei den Land- gerichten, 1159 nur bei
Amtsgerichten zugelassen sind. In manchen
Ländern, namentlich
in England und
Frankreich, hat sich eine
Teilung der Advokatur in Prokuratur (eigentliche Parteivertrctung)
und Ad- vokatur im engern
Sinne (Rechtsbeistand vor
Ge- richt) vollzogen. In
Frankreich ist der Hvouo vonl kvol^t streng geschieden.
Jener betreibt die gesamte Instruktion des Prozesses und ist der eigentliche Vertreter der Partei gegenüber dem Gericht; er gilt als Beamter und erhält sein Amt von der Regierung verliehen, ist übrigens berechtigt, seine Stelle in der Weise zu verkaufen, daß er der Regierung einen Nachfolger präsentiert. Der avocat dagegen ist der- jenige, welcher in den mündlichen Verhandlungen vor Gericht die Sache seines Klienten verteidigt, plaidicrt; seine Berechtigung beruht auf der Zu- lassung der Disciplinarkammer, welche erteilt wird, sobald die Erlangung des Licentiats, einer jurist.
Gclehrtenwürde, und die Absolvierung einer drei- jährigen Übungszeit nachgewiesen ist. Die avocatg werden in eine Matrikel eingetragen und bilden das 1)^1-6^1 des betreffenden Gerichtshofs. Eine beson- dere Stellung nehmen in Frankreich die avocatZ 5. In. ccnii' llß c^88^tion ein, welche lediglich vor dem höchsten Gerichtshofe, dem Pariser Kassationshofe, plaidiercn, die Funktionen des Hvous und avocat in sick vereinigen und ein geschlossenes Kollegium von beschränkter Mitglicderzahl (60) bilden. - Ähnlich wie in Frankreich sind in England die Lolicitors, früher attoi-ne^ (s. Lai-i-i^sr und solicitoi-), den franz. i^vou68 entsprechend, von den dari-i8t6r8, den eigentlichen plaidierenden Advokaten, geschieden.
Litteratur. Über die französische Advokatur vgl. Dupin, Ii'ck638ioQ ä'avoc^t (5. Aufl., 2 Bde., Par. 1832);
Gaudry, IIi8toii-6 6n dari-san äs?Hri8 (2 Bde., ebd. 1864);
Mollot, 1^168 äs 1a pro- j'o38ion ä'Hvocg.t (2. Aufl., 2 Bde., ebd. 1866); Berryer, 1^6 inini8t6i'6 pudlio et 16 da^re^n (ebd. 1860);
Favre, I'ikiäo^i^ 6t äi8cour8 än datonnat (ebd. 1892).
über die englische Advokatur vgl. Rüttimann, Engl. Civilprozeß (Lpz. 1851); Gneist, Das engl. Vcrwalwngsrecht (2. Aufl., 2 Bde., Verl. 1867); Hoftf, Genossenschaften der Anwälte in Eng- land (im «Gerichtssaal», 1863). Für deutsche Zu- stände sind besonders folgende Schriften einflußreich geworden: Veschorner, Reform des Advokatenstandes (Lpz. 1840);
Leonhardt, Zur Reform des Civilpro- zesses in Deutschland [* 3] (.hannov. 1865);
Gneist, Freie Advokatur (Berl. 1867);
Iaques, Die freie Advokatur und ihre legislative Organisation (Wien [* 4] 1868).
Die letztere Schrift enthält in einem Anhang eine Über- sicht über die damalige Lage der Advokatur in den einzelnen deutschen Staaten, über das geltende Recht vgl. F. Meyer, Die Rechtsanwaltsordmmg vom erläutert (Berl. 1879); ders., Die Ge- bührenordnung für 3t. vom erläutert (ebd. 1879); Siegel, Die gesamten Materialien zu der Nechtsanwaltsordnung (Lpz. 1883). Rechtsbehelf, soviel wie Rechtsmittel (s.d.) im weitern Sinn. Nechtsbelehrung wird auf Anfrage von Par- teien in zweifelhaften Rechtsfällen von Rechtsanwäl- ten oder Rechtslehrern erteilt (s. Rechtsfall).
Den
Geschworenen, die nach der
Deutschen
Strafprozeß- ordnung nicht bloß über die Thatfragc, sondern über die zugleich die
Subsumtion unter den Ver- brechensbegriff ausdrückende Schuldfrage entschei- den, wird von dem Vorsitzenden
eine Belehrung über die rechtlichen
Gesichtspunkte, welche sie bei der Lösung der ihnen gestellten
Aufgabe in
Be- tracht zu
ziehen haben, erteilt. Diese Rechtsbele
hrung, welche von keiner Seite einer Erörterung unterzogen wer- den darf,
deren Unrichtigkeit (abweichend von der Dsterr. Strafprozeßordnung) keinen Nichtigkeits- gruud bildet, und die deshalb
auch nicht der Protokollierung unterliegt, hat, ohne für die
Ge- schworenen bindend zu sein, die Bedeutung einer autoritativen
Meinungsäußerung. Ein auf die Ve- wcisfrage bezügliches Ne'sume' (s. d.),
wie solches dem franz.
Verfahren folgend auch in die deutschen Prozeßgesctze aus der Mitte des 19. Jahrh, auf- genommen worden
und noch jetzt in der Osterr. Strafprozeßordnung vorgeschrieben ist, findet nicht
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