zweimaliges Schmelzen erforderte, bereitet, oder brennt man jetzt das M. durch direktes Zusammenschmelzen der beiden Metalle.
Ein Messingbrennofen enthält eine Anzahl Tiegel, in welche
Kupfer und
Zink in Stücken abwechselnd mit Kohlenklein eingeschichtet
und mit einer dicken Schicht von Kohlenstaub überdeckt werden. Die flüssig gewordene Masse aller Tiegel wird in
einen großen zusammengegossen, gerührt und abgeschäumt. Nun erfolgt der Guß zu Stückmessing, oder zu Tafelmessing. Im
ersten Falle gießt man in Mulden, die im
Boden der Hütte in Stand gemacht sind, hebt das Metall, sowie es erstarrt ist,
noch heiß heraus und zerschlägt es in Stücke, welche für Gelbgießereien u. a.
das Rohmaterial bilden. Die Messingtafeln von 6-20 mm Dicke werden entweder sofort oder nach nochmaligem Umschmelzen zwischen
zwei großen mit Lehm und Kuhmist überzogenen Granitplatten gegossen.
Die Tafeln finden zum Teil direkt Verwendung; die stärkeren bei Pumpen- und Spritzenfabrikanten, und Graveuren. Etwas dünneres
Tafelmessing gebrauchen Gürtler, Wagenbauer u. a. Die Tafeln kommen aus
dem Guß rauh und durch Oxyd geschwärzt und erhalten daher erst eine mehr oder weniger sorgfältige Zurichtung ihrer Oberfläche
durch Beizen, Schaben oder Behandlung auf der Hobelmaschine, meist auch durch Glätten zwischen stählernen Glättwalzen.
Ein andrer Teil des rohen Tafelmessings wird auf den Hütten durch Zerschneiden und mehrmaliges Strecken
auf Walzwerken zu den verschiednen Sorten von Messingblech (s. unter
Blech) verarbeitet. Aus
Blechen geht ferner der Messingdraht
in seinen verschiednen
Stärken hervor, indem jene auf
Maschinen in schmale vierkantige Leistchen, Drahtband, zerschnitten
werden, welche die Drahtzieher verarbeiten. -
Das M. tritt in seinen ungemein zahlreichen Anwendungen überall vor Augen. Es findet viel häufiger
als
Kupfer und
Zink allein Verwendung. In dem M. sind die guten Eigenschaften der beiden Metalle vereinigt und es wird dadurch
gleichsam ein drittes, höher gewertetes Metall geschaffen, das weniger kostet als
Kupfer. Das M. ist härter als dieses,
weniger der Abnutzung und atmosphärischen Einflüssen unterworfen, besitzt eine gefälligere Farbe und
große Politurfähigkeit.
Vom
Kupfer hat es die Eigenschaft, in kaltem Zustande in hohem Grade dehn- und hämmerbar zu sein; es läßt sich mit Leichtigkeit
strecken, treiben, zu dem dünnsten
Blech auswalzen und dem feinsten
Draht ausziehen, allerdings unter der Voraussetzung, daß
es bei diesen Bearbeitungen wiederholt ausgeglüht wird, um ihm die Härte zu nehmen, die es bei dem
Walzen etc. erhielt. Im glühenden Zustande sind viele Messingsorten brüchig, doch erweisen
sich
Legierungen mit 35-40%
Zink als sehr gut unter dem Hammer und Walzen streckbar (schmiedbares M.). -
Als Gußmaterial hat das M. hohen Wert; es ist dünnflüssig, füllt deshalb die Formen gut aus und gibt
dichte Güsse. - Der Rotguß wird in ganz gleicher Weise wie das M. hergestellt; für manche Zwecke wird ihm noch ein sehr
kleiner Anteil
Zinn beigegeben. Er ist vermöge seines größern Kupfergehalts nicht nur
tiefer von Farbe, sondern auch
feiner im Korn, weicher und dehnbarer. Rotguß findet zu den verschiedensten Zwecken Anwendung, sowohl zu größeren Stücken,
Maschinenteilen u. dgl., als zu Kurzwaren. Der
tiefere Farbenton macht die kupferreicheren Legirungen besonders geeignet für zu vergoldende Artikel, und dienen solche
daher in großer Ausdehnung zu
Bijouteriewaren (unechtem Goldschmuck). Hierher gehören auch die sog.
Leonischen Waren aus vergoldetem
Draht und
Lahn in Form von Tressen,
Kantillen, Quasten u. dgl.
Bei solchen
Drähten und dann auch bei dem Flitter- oder Rauschgold greift auch eine andre noch zu erwähnende Messing- oder
Tombakbildung Platz, die sich nur auf der Oberfläche vollzieht, die sog. Zementation. Man
bringt die kupfernen
Drähte und dünnen
Bleche in feuerfeste und luftdicht zu verschließende Kästen zugleich mit
Zink, welches
zu unterst liegt. Durch die darauf einwirkende Hitze wird das
Zink erst geschmolzen und dann in Dämpfe verwandelt, die sich
mit dem
Kupfer zu M. verbinden. Derselbe Vorgang findet auch bei dem gewöhnlichen Schmelzen statt: das
zu unterst liegende
Zink verdampft und die Dämpfe verbinden sich mit dem
Kupfer zu leichtflüssigerem M., bis endlich der
ganze Einsatz in Fluß gekommen ist. -
Die Darstellung des M. geschieht teils in den Fabrikstädten, welche dasselbe stark verarbeiten, wie Nürnberg, Fürth, Iserlohn,
Berlin etc., teils gibt es in verschiednen Gegenden besondre Messinghütten,
die sich nur mit Darstellung von Platten und
Blechen, resp.
Draht beschäftigen. Sehr schönes Tafelmessing und
Blech wird jetzt
in Berlin erzeugt, in Sachsen in Niederauerbach. In England ist der Hauptsitz der Messingindustrie Birmingham, in Belgien
Lüttich und Namur, in Frankreich Romilly und Givet. - Zoll: s. Tarif im Anh.
Nr. 19 a bis d. Vergoldete oder versilberte Messingwaren, ferner fein gearbeitete und
zugleich vernierte desgl. vernickelte Galanterie- und Quincailleriewaren werden gem.
Tarif Nr. 20 b 1, bzw. 2 des Tarifs verzollt.
es sind dies farbige Überdruck- oder Abziehbilder, welche im Wege des Buntsteindrucks
mit der nötigen Anzahl Farbplatten hergestellt werden, nur mit dem Unterschiede, daß der Druck nicht auf gewöhnliches,
sondern auf präpariertes
Papier erfolgt das auf der Druckseite mit einem Grund von Stärkekleister und
Gummi überzogen und
dann wieder getrocknet ist. Solche Bilderbogen sind jetzt in großer Mannigfaltigkeit im Handel. Um die
Bilder dahin zu versetzen, wo man sie haben will, überzieht man die betreffenden Gegenstände mit fettem
Lack, legt die Bilder
auf und reibt sie an und entfernt nach dem Trocknen
Papier und Grund mittels eines nassen Schwammes. Wasserfeste Gegenstände,
nämlich von
Glas,
Porzellan und Email, werden einfach in Wasser gelegt oder gestellt, bis die
Papiere abfallen.
Die ersten solcher Bilder kamen von Paris und die ganze Sache erschien als eine französische Spielerei; sie hat sich aber
in wenigen Jahren ganz bedeutend entwickelt und über ein großes Gebiet ausgedehnt. Man druckt jetzt nicht nur
¶
mehr
Massen kleiner Bilder für hölzerne Spiel- und Galanteriewaren, Verse und Bilder für Dosen, Kästchen u.
dgl., sondern selbst die Verzierung großer Theebretter und andrer Lackierwaren,
selbst ganzer Tischplatten. Ebenso hat man das Verfahren mit Erfolg auf Einbrennbilder für Glas, Porzellan und Email anwendbar
gemacht. Die hierzu nötigen Schmelzfarben lassen sich in vielen Fällen, wenn sie mit Firnis angerieben
sind, nicht drucken. Man hilft sich daher so, daß man die
[* 2]
Figuren mit bloßem Firnis vordruckt und die Farben auf pudert.
Derartige Einbrennbilder kommen sehr schön von Paris, werden aber auch in Berlin und Leipzig gefertigt. Außerdem ist Nürnberg
der Sitz einer starken Fabrikation von Abziehbildern. - Zollfrei.
(Halbflorence, Halbtaffet) ist leichtes, taffetartig gewebtes, glänzendes Seidenzeug, dünner und glänzender
als Taffet oder Zeug mit seidener Kette und baumwollenem Schuß, welches ausschließlich zu Unterfutter von Mützenmachern
etc. verwendet wird.
Man hat den Stoff in verschiednen Breiten und den meisten Farben. - Zoll: gem.
Tarif Nr. 30 e und f.
frisch und kondensiert. Die Versorgung der städtischen Bevölkerungen mit guter, reiner
M. gehört zu den wichtigsten Gegenständen der Fürsorge für den Lokalverkehr, da die M. auf weitere Entfernungen nicht
versendet werden kann. Neuerdings hat man besondre Milchwirtschaften unter sanitätlicher Kontrolle in den Städten selbst
errichtet, um für Kinder und Kranke (Genuß der frischgemolkenen M. im Lokal selbst und Lieferung in
das Haus) eine zusagende M. zu erzeugen, wobei es hauptsächlich auf gleichbleibende (Trocken-) Fütterung ankommt.
Für den Hauptverbrauch sind die Landwirte vor den Thoren der Städte in bestimmt begrenztem Umkreis die Lieferanten und
dieser Umkreis kann kein großer sein, weil die M. früh zu rechter Zeit geliefert werden muß und bei
weitem Transport zu leicht säuert. Mit Hilfe der Eisenbahnen kann ein größerer Umkreis mit in Betracht kommen. Im Durchschnitt
beträgt, soweit genaue statistische Angaben bis jetzt vorliegen, der Verbrauch in Deutschland etwa 100 l pro Jahr und Kopf;
er sollte, im Interesse einer guten Volksernährung, 120 l pro Kopf sein, eine Ziffer, welche nur die
amerikanische Statistik angibt. In Hamburg wurden 104 l ermittelt, in Berlin unter 90 l. In Betracht kommen als Handelsware
die Milchpräparate, die reine frische und die abgerahmte M., der Rahm oder die Sahne; Sauermilch, Buttermilch und Molken
nur ausnahmsweise.
In der Regel besorgen den Milchhandel die kleinern Zwischenhändler und dadurch wird der Verschleiß
ungewöhnlich verteuert und dem Abnehmer leichter, als bei direktem Bezug von den Landwirten möglich ist, durch Verfälschungen
aber benachteiligt. Die Landwirte in der Nähe unsrer größern
Städte lösen selten über 18, meist nur 14-16 Pf. pro l
M., die Städter müssen in Handlungen über 22 und loco Küche bis 30 Pf. und mehr bezahlen, ein Preisunterschied,
welcher so ungebührlich hoch ist, daß allerwärts die Versorgung der Städter mit M. besser organisiert werden sollte.
In Stockholm besteht dafür eine besondre Gesellschaft, an welcher auch die Landwirte beteiligt sind und durch welche
zu allseitiger Zufriedenheit der Bezug und die Abgabe der M. an die Kunden geordnet ist. Manche Landwirte bei uns unterhalten
eigene Verkaufslokale für M. in den Städten, wodurch der Bezug unverfälschter Ware allerdings gesichert wird, aber meist
zu hohe Kosten entstehen; die direkte Lieferung in die Häuser kann nur in beschränktem Maße ermöglicht
werden. In der Regel nehmen besondre Händler die M. auf den Bahnhöfen oder von den Landwirten in Empfang und versorgen
einen bestimmten Kundenkreis damit. -
Der Milchhandel hat seine Schattenseite besonders dadurch, daß es bis jetzt noch kein sicheres und leicht ausführbares
Verfahren gibt, die M. auf ihre Güte zu prüfen und nach dieser zu verkaufen, andrerseits dadurch, daß
die Kühe keine sich gleichbleibende M. liefern, sondern daß diese je nach Jahreszeit und besonders je nach Fütterung verschieden
ist und ferner auch wechselt mit der Zeit nach dem Kalben. Die Güte der M. ist hauptsächlich bedingt durch
die Rasse, zum Teil individuell verschieden und beeinflußt durch Witterung und Futter. In manchen Städten wird von den
Sanitätsbehörden M. von bestimmter Beschaffenheit verlangt und jede M., welche dieser nicht entspricht, konfisziert; sind
die Vorschriften hierzu zu streng gezogen, dann kann der Landwirt ihnen nicht entsprechen, geben sie zu weiten
Spielraum, dann nützen sie nicht viel.
Der Wasserzusatz, die einfachste Art der Fälschung, ist nicht leicht zu ermitteln, wenn er nicht zu grob betrieben wird,
weil die M. ein Gemenge mehrerer Substanzen von je verschieden spezifischem Gewichte darstellt und zwar so, daß einzelne,
z. B. das Butterfett, leichter, andre, z. B. der
Milchzucker und der Käsestoff, spezifisch schwerer als Wasser sind. Die auf das spezifische Gewicht basierten Milchprüfer
(Milchwagen) arbeiten nicht zuverlässig genug, die optischen Instrumente (Prüfung der M. vor dem Licht) setzen geübtere
Personen voraus, und die zuverlässigste Probe, durch Analyse, kann nur von Chemikern vorgenommen werden.
Die M. enthält 1) Wasser, 80,32-87,41-91,5% in der Kuhmilch, 82,25 bis 89,76 in der Ziegen- und
76,7-87,02% in der Schafmilch;
für die Kuhmilch ist 87,25% ein gutes Mittelverhältnis;
je nach Rasse, Individuum, Fütterung,
Futtermittel etc. kann aber unter Umständen, ohne Zusatz, bis 91% Wasser in der M. enthalten
sein;
gute M. soll nicht mehr wie höchstens 90% haben.
2) Albumin (Eiweißstoff), normal 0,4% (Ziegenmilch bis 1,2, Schafmilch bis 1,7%). Schwankungen bis 0,6 und herunter bis
0,2%, höher unmittelbar nach dem Kalben, sog. Kollostralmilch, welche nicht verkauft werden
kann.
3)
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Kaseïn oder Käsestoff, normal von 2,5% bis 3,5%; mögliche Schwankungen bis herunter zu unter 2% und bis über 6,0%, meist
nur bis 5% (Schafmilch am reichsten, 7%).
4) Milchzucker, 3-6%, im Mittel 4 und 4,6%, die Ursache des Sauerwerdens der M., da der Milchzucker leicht in Milchsäure übergeht,
worauf alsdann der Käsestoff flockig wird, zu verhindern durch Abkochen oder durch Zusatz von Soda.
5) Fette, Butterfett oder Butter in der Gesamtheit genannt, der wertvollste Bestandteil und der, welcher deshalb oft durch
Abrahmen der M. zum Teil entzogen wird. Der Gehalt an Fetten ist verschieden, besonders nach Rasse, und schwankt von
2-5% und selbst darüber (Büffel-, Ziegen- und Schafmilch sind reicher an Fett); gute M. soll mindestens 3% enthalten, unverfälschte
M. kann aber bis 2,3% und noch tiefer herunter Fett haben.
6) Aschenbestandteile (0,3-0,8%), Gase (Kohlensäure etc.), als unwesentlichere Bestandteile.
-
Wichtig für die Erkennung von absichtlicher Fälschung ist nicht die Einzelanalyse der Bestandteile,
sondern die Prüfung des Gesamtgemenges und besonders das spezifische Gewicht; festgestellt wurde, daß M. von einem spez.
Gewicht unter 1,029 und über 1,033 als verdächtig anzusehen und also genauer Prüfung zu unterziehen ist, zwischen diesen
Grenzen aber kann die unverfälschte M. sich bewegen; als normal wird 1,031 bezeichnet; Wasserzusatz
kann das spez. Gewicht unter 1,029, Abrahmung über 1,033 bringen, aber in beiden Fällen erst, wenn der Zusatz oder die
Abrahmung schon sehr beträchtlich sind, über 17% Wasserzusatz und bis zu 2% Abrahmung. Nur das spez. Gewicht, das Aussehen,
der Geschmack, das Prozentverhältnis von Fett, Wasser etc. entscheiden
über die Fälschungen der angegebenen Art. Künstliche Mittel, um Geschmack und Aussehen, Farbe etc.
wieder herzustellen, sind Eiweiß und Eigelb, Mehl- und Stärkekleister, Hammelsgehirn u. dgl.,
welche alle leicht erkennbar sind durch mikroskopische Probe. -
Noch schwieriger als die Feststellung des Begriffs Normalmilch ist die des Begriffs Rahm und bei der
großen Verschiedenheit dessen, was Rahm sein kann, das relative Verhältnis der Preise. Läßt man M. ruhig stehen in dazu
geeigneten Gefäßen und Temperaturen (jetzt meist mit Anwendung von Eis), so steigt der spezifisch leichtere Fettgehalt obenauf
und bildet eine mehr oder minder starke Schicht über der (blauen) Magermilch, welche, wenn jener abgeschöpft
wird, auch abgerahmte M. heißt. Je mehr man abnimmt, um so wertloser, je weniger, um so wertvoller muß der Rahm sein und
umgekehrt die Magermilch. Diese bildet ein für die menschliche Ernährung noch sehr wertvolles Nahrungsmittel, welches reicher
an stickstoffhaltigen Bestandteilen als die Milch, aber arm an Fett ist, während der Rahm fast nur Fettteile
und Wasser enthalten soll. Aus dem Rahm wird die Butter gemacht; man braucht, je nach Güte der M. und der Butter, in der Praxis
von 20-50 l M. zu 1 kg Butter. Als gute Ergebnisse von vorzüglichen Milchwirtschaften der Neuzeit sind zu
bezeichnen:
Die richtigen Preissätze für diese einzelnen Bestandteile, in welche M. zerlegt werden kann, festzustellen,
verhindert auch die Zurechnung der Kosten; oft sind die Nebenbestandteile gar nicht verkäuflich und meist haben die Hauptbestandteile
sehr verschiedne Zusammensetzung. Kaffeesahne mit noch großem Gehalt an Magermilch und Rahm zu Butter mit möglichst viel
Butterfett sind wesentlich verschiedne Handelsartikel; je nach dem in der Magermilch verbliebenen Fettgehalt,
ganz vollständig kann die Abscheidung nicht bewirkt werden, muß auch deren Preis verschieden sein. Guter Rahm soll bis 29 und
mehr Prozent Fett enthalten, Magermilch nicht unter 0,6%.
Die in manchen Städten polizeilich gegebene Verfügung für Magermilchverkauf von 1% Fett (Konfiskation für geringhaltigere
Sorten) ist nicht gerechtfertigt, selbst die bis auf 0,2% herabgebrachte, die sog.
Zentrifugenmilch, gewonnen aus Abscheidung des Rahms durch Zentrifugalmaschinen, ist noch ein brauchbares Nahrungsmittel,
da das fehlende Fett anderweitig beschafft werden kann. Wohl aber muß der Preis für eine solche M. entsprechend sein, d. h.
er darf höchstens 0,3 des Preises der M. betragen, während für fettreichere Magermilch 0,5 und bis
0,7, für Rahm, je nach Güte vier- bis sechsmal, für Buttermilch nur 0,6, für Molken nur 0,2-0,3fach zu nehmen ist. Genaue
Vorschriften lassen sich darüber nicht geben. Angebot und Nachfrage regeln auch hier die Preise. In sächsischen und rheinischen
Fabrikgegenden wird Magermilch normal an Arbeiter verkauft und hat man selbst dafür Trinkbuden errichtet;
die Preise bewegen sich in den oben angegebenen Grenzen (½ bis 7/10 des Milchpreises). -
Für reine Milch gibt es in Deutschland auf Gütern als Preissätze noch zwischen 5 und 18 Pf., in Städten 12 bis 50 Pf.
In Milchwirtschaften in der Stadt muß von 24 Pf. an gerechnet werden. Der Milchhandel erfordert vor allem die größte Reinlichkeit,
gute, kühle Aufbewahrungsräume mit reiner Luft und geeignete Transportwagen mit entsprechend großer Zahl von Milchgefäßen;
diese müssen voll gehalten werden, so lange die M. gefahren wird; im Sommer verwendet man auch Eis zum
Transport. Es gibt jetzt vorzügliche Konstruktionen von Wagen und Gefäßen. Die beste Auskunft über alles, was den Milchhandel
betrifft, gibt die „Milchzeitung“, Verlag von Heinsius in Bremen. -
Kondensierte M. ist ein Kunstprodukt, welches aus der M. in Gegenden, wo solche billig zu haben ist, für
den Welthandel angefertigt wird, hauptsächlich durch Eindampfen, mit und ohne Zuckerzusatz. Der Verbrauch in Hamburg stellte
sich auf 0,44 kg
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pro Kopf. Die im Handel vorkommenden Sorten sind sehr verschiedenwertig, mehr oder weniger lange haltbar, im ganzen aber
nicht sehr beliebt, wie obige Verbrauchsziffer beweist. Der Händler muß sich sehr genau nach der Bezugsquelle erkundigen.
Nach Fleischmann enthalten die Handelssorten in Prozenten von 22,73 bis 35,66 Wasser, 8,61-14,68 Fett, 30,18-51,78
Milch- und Rohrzucker, 9,92-16,35 Proteïnsubstanzen und 1,81-3,12 Aschenbestandteile. Versendet werden sie in Büchsen;
beim Gebrauch löst man die Masse in vierfacher Menge von Wasser. Die Präparate können die frische M. aber nicht ersetzen;
für Schiffe und Festungen sind sie jedoch sehr nützlich und außerdem bieten sie die alleinige Möglichkeit, den
Überfluß zu verwerten. Die ersten Fabriken entstanden dafür in Amerika, die ersten in Europa 1866 durch die „Anglo Swiss
Condensed Milk Company“ in Cham (Verarbeitung 3000 kg täglich), dann noch in der Schweiz, in England, Österreich und
Deutschland. -
Die M. wird in Vakuumpfannen bis zur Honigbeschaffenheit eingedampft; man verwendet nur besten Rohrzucker
als Zusatz und zwar von 12% und darüber. Von den Fabriken sind manche wieder eingegangen. Nägeli in München versetzt in
noch nicht bekanntem, patentiertem Verfahren M. in einen Zustand, in welchem sie, in verschlossenen Flaschen, längere Zeit,
ohne zu säuern, aufbewahrt werden kann. Milchkonserven nennt man Präparate aus kondensierter M. mit
Zusätzen, um sie für Kinder verwertbar zu machen und die große Süße zu reduzieren, sog.
Kindermehle, z. B. von Neßler, jetzt vielfach dargestellt, die Farine factée von Cham,
Lakto-Leguminose nach Gerber u. dgl. mehr, Präparate,
in welchen ähnlich wie in den Kunstpräparaten nach Liebig die Zusammensetzung der natürlichen M. möglichst
erreicht werden soll. Die Analysen ergaben in Prozenten 5,78-9,47 Wasser, 1,15-7,08 Fett, 6,38-18,77 Alluminate, 0,44-2,98
Aschenbestandteile und den Rest als lösliche und unlösliche sog. Kohlenhydrate (Zucker etc.). -
Auch die Kindermehle dieser Art werden nur in geringem Maße verbraucht und meist nur in Apotheken verkauft; sie kommen
der guten, durch gleichmäßige Fütterung erzielten Kuhmilch nicht gleich; für diese zahlt man in Städten, in verschlossenen
Flaschen loco Haus geliefert, schon 40-50 Pf. pro l, ein zu hoher Preis, wenn allgemein davon Gebrauch gemacht werden soll.
Milchhandel und Milcherzeugung in und für die Großstädte haben noch eine große Zukunft. - Die M. ist
zollfrei. Kondensierte M. gem. Tarif im Anh. Nr. 25 p 1.
eine starke organische Säure, von der man zwei verschiedne, ihrer prozentischen
Zusammensetzung nach aber gleiche Arten hat;
die eine wird gewöhnliche M. oder Äthylidenmilchsäure, auch Gärungsmilchsäure
genannt, die andre Fleischmilchsäure oder Äthylenmilchsäure;
nur die erstere kommt im Handel vor und
entsteht bei Säuerung der Milch aus dem Milchzucker derselben, aber auch sonst bei sehr vielen Gärungsprozessen;
sie ist
es unter andern, welche
den Geschmack des Sauerkrautes und der sauren Gurken, sauer gewordenen Kleisters etc. verursacht.
Im tierischen Körper findet sich dagegen die Fleischmilchsäure im Muskelfleisch und im Magensaft.
Die reine konzentrierte Gärungsmilchsäure ist eine farb- und geruchlose syrupdicke Flüssigkeit von stark saurem Geschmack,
die aus der Luft Wasser anzieht und sich in jedem Verhältnis mit solchem wie mit Weingeist mischt. Sie wird medizinisch
verwendet und dient hauptsächlich zur Darstellung des milchsauren Eisenoxyduls (Ferrum lacticum), eines
der beliebtesten Eisenmittel und andrer milchsaurer Salze. Die Darstellung der Säure durch Gärungsprozesse beruht im allgemeinen
darauf, daß Rohr- oder Stärkezuckerlösung, gemischt mit magerer Milch oder Molken, durch einen Zusatz von altem Käse in Gärung
gesetzt wird.
Die entstehende Säure wird von hinzugebrachtem Kalk oder Baryt aufgenommen, das hierdurch gebildete Kalk-
oder Barytsalz gereinigt, mit Schwefelsäure zersetzt etc. Wird die Gärung länger als 10 Tage und bei hoher Temperatur
fortgeführt, so verwandelt sich sämtliche Milchsäure in Buttersäure. Die milchsauren Salze werden auch mit dem Namen Lactate
belegt, von diesen werden hauptsächlich das Eisenlactat und Natriumlactat medizinisch verwendet; auf
den Preisverzeichnissen findet man außerdem noch Magnesialactat (milchsaure Magnesia, Magnesia lactica), Morphiumlactat (milchsaures
Morphium, Morphium lacticum), Zinklactat (milchsaures Zinkoxyd, Zincum lacticum) u. a., welche jedoch
nur höchst selten noch medizinisch verwendet werden. - Zollfrei einschließlich der genannten Präparate.
(Saccharum lactis, frz. sucre de lait; engl. sugar of milk);
eine eigentümliche, vom gewöhnlichen Zucker verschiedne, schwer gärungsfähige Zuckerart, die sich in der Milch aller säugenden
Geschöpfe zu 3-6% (im Mittel zu 4,5%) aufgelöst findet und nachdem diese abgerahmt und der Käsestoff abgeschieden, in
den dann übrig bleibenden Molken enthalten ist. Die süßen Molken bestehen eben nur aus einer wässerigen
Lösung des Milchzuckers, begleitet von geringen Mengen von Salzen.
Man gewinnt den M. in der Regel nur als Nebenprodukt bei der Bereitung von Süßmilchkäse. In fester Form, aber zunächst
nicht rein und weiß, wird der Zucker einfach erhalten durch Eindampfen der aus Kuhmilch gewonnene Molken bis zur Sirupdicke,
wo dann derselbe beim Erkalten herauskristallisiert. Die Kristallmasse wird dann von dem Übrigen abgesondert,
wieder im heißen Wasser gelöst, die Lösung durch Aufkochen und Abschäumen geklärt, wieder eingedickt, was in größeren
Etablissements mit Vorteil in Vakuumapparaten geschieht, und zur Kristallisation hingestellt. Man hängt dabei in die Flüssigkeit
Stäbchen oder Fäden, um welche sich ein Teil der Kristalle ansetzt und zu sog.
Trauben anwächst, cylindrische, bis fußlange, am einen Ende verjüngte Kristalldrusen. An den Wandungen der Kristallisierkufen
setzt sich die Masse in plattenförmigen Krusten an. In diesen beiden
¶
mehr
Formen, gewöhnlich halb und halb, gelangt die Ware zur Versendung. Die Einzelkristalle bestehen aus vierseitigen rhombischen
Prismen, sind weiß, hart und zwischen den Zähnen knirschend, auch gepulvert geben sie im Munde noch ein sandiges Gefühl.
Der Geschmack ist wegen der geringern Löslichkeit dieses Zuckers nur schwach süß, erst als Nachgeschmack
mehr hervortretend. Es gehören zur klaren Lösung etwa 7 Teile kaltes oder halb so viel heißes Wasser. Die Lösungen sind
nicht sirupartig.
Im Detailhandel erscheint die Ware in verschiednen Feinheitsgraden gepulvert. Auch gibt es eine Sorte von Pulver, welche
durch Ausfällen mit Weingeist aus einer konzentrierten wässerigen Lösung erhalten wird. Da der Zucker
in starken Weingeist nicht löslich ist, so wird er durch diesen aus der wässerigen Lösung in Form feinster Kristalle ausgeschieden.
Gute reine Ware muß gepulvert schneeweiß aussehen und darf keinen fremden Beigeschmack oder ranzigen Geruch haben und keine
saure Reaktion zeigen, welche verraten würde, daß bei der Bereitung halbsaure Molken mit verwendet worden
seien.
Die Ware kommt hauptsächlich aus der Schweiz, wird dort aus den beim Käsemachen abfallenden Molken bereitet; Hauptabnehmer
der Ware sind Italien, Nordamerika und Deutschland; in Schlesien und Ostpreußen wird auch M. fabriziert, doch ist die Menge
im Vergleiche zur schweizerischen Produktion nicht bedeutend. Die Verwendung ist nur zu pharmazeutischen
Zwecken als geschmackverbessernder Zusatz wie zum Einmischen kleiner Arzneigaben, besonders homöopathischer. - Zollfrei.
Tausendstreifige, werden feine ganz klein gestreifte Musseline und ähnliche feine, weiße wie bunte Baumwollstoffe
genannt. - Verzollung gem. Tarif Nr. 2 d 5.
(Halbsilber) ist eine in Frankreich aufgekommene Art Neusilber mit den Bestandteilen Kupfer, Nickel, Wolfram
oder Antimon und Aluminium. Es ist hämmerbar wie Silber, kommt demselben an Farbe und Glanz sehr nahe, hält sich aber länger
glänzend als jenes.
eine giftige Bleifarbe, durch das Chromgelb meist außer Kurs gesetzt, wird erhalten durch
Zusammenschmelzen von Bleioxyd oder Mennige mit Salmiak und ist basisches Chlorblei. - Zollfrei.
Unter diesem Namen versteht man sowohl die in der Erde natürlich vorkommenden öligen Flüssigkeiten,
die unter verschiednen Benennungen, Erd- oder Steinöl, Petroleum, Naphta, im wesentlichen doch von gleicher
oder ähnlicher Natur sind, als im
weitern Sinne auch solche durch Destillation gewonnene ölige und flüchtige aus Gemengen
von Kohlenwasserstoffen bestehende Produkte, zu welchen die Natur nur die Rohstoffe geliefert hat in Form von Stein- und
Braunkohlen, Bergteer, bituminösen Schiefern etc. Diese Industrieerzeugnisse werden auch wohl unter dem
Namen künstliche M. zusammengefaßt. Im gewöhnlichen Leben versteht man unter M. meist nur das Photogen. Das Weitere bei
Petroleum und Photogen. - Zoll:Erd- oder Steinöl, Petroleum, Naphta, Photogen, Braunkohlenteeröl, Schieferöl etc. gem. Tarif
Nr. 29. Steinkohlenteeröle sowie alle Mineralschmieröle sind zollfrei.
im allgemeinen gleichbedeutend mit anorganischen Säuren, d. h. solche,
welche nicht aus dem Pflanzen- oder Tierreiche, sondern aus der unorganischen Natur abstammen. Im Transportverkehr und in
der Industrie umfaßt dieser Begriff nur die Schwefel-, Salz- und Salpetersäure, für welche als stark saure und zerstörende
Flüssigkeiten besondere Vorschriften hinsichtlich der Verpackung bestehen (s.
diese Säuren). - Zollfrei.
es sind dies bekanntlich solche Quellwässer, welche sich durch einen größern Gehalt an festen,
bei der Abdampfung zum Vorschein kommenden Salzen, häufig auch durch einen Gasgehalt (Kohlensäure oder Schwefelwasserstoff),
und zum Teil durch die warme oder heiße Temperatur, mit welcher sie aus der Erde quellen, von gewöhnlichem
Brunnenwasser unterscheiden. Die Bestandteile solcher Wässer sind nach Art und Menge sehr verschieden und man hat sie hiernach
in folgende Klassen gebracht:
1) Eisen- oder Stahlwässer; enthalten viel Kohlensäure und in dieser kohlensaures Eisenoxydul aufgelöst. Man bezeichnet
sie auch näher als Eisensäuerlinge. In einzelnen Fällen ist das Eisen auch als Vitriol vorhanden.
2) Schwefelwässer, zeigen einen mehr oder minder deutlichen Geruch nach faulen Eiern oder vielmehr, wie diese auch, nach
Schwefelwasserstoff, enthalten aber meist noch verschiedne Salze und Kohlensäure.
3) Alkalische Wässer, mit vorwiegendem Gehalt an kohlensaurem Natron, daher laugenhaft schmeckend, in der
Regel noch gasförmige Kohlensäure enthaltend.
4) Bitterwässer, durch einen Gehalt an schwefelsaurer Magnesia deutlich bitter schmeckend.
5) Salzwässer oder Soolen, deren Hauptbestandteil Kochsalz ist, bilden zum Teil warme Quellen.
6) Säuerlinge. Bei ihnen ist die Kohlensäure der charakteristische Bestandteil, der ihnen den angenehm säuerlich-prickelnden
Geschmack verleiht. Infolge dieses Gehaltes an freier Kohlensäure enthalten diese Säuerlinge häufig
auch gewisse Mengen kohlensauren Kalk und kohlensaure Magnesia aufgelöst, ebenso wie die Stahlwässer das kohlensaure Eisenoxydul;
beim Stehen an der Luft scheiden sich dann diese Karbonate infolge des Entweichens der freien und halbgebundnen Kohlensäure
in Form von unlöslichen Flocken aus.
Viele unsrer Mineralwässer werden bekanntlich in wohlverschlossenen steinernen oder gläsernen Flaschen
versendet und
¶
mehr
dadurch Handelsartikel. Große derartige Handlungen führen gegen 60 verschiedne Wässer. Die Füllung der Flaschen unmittelbar
aus den Quellen erfordert Aufmerksamkeit und Sorgfalt, damit von den Gasen möglichst wenig verloren gehe und die Füllung
frei von Staub und andern Unreinigkeiten gehalten werde, durch welche der Flascheninhalt in der Regel bald verdirbt.
Eisenwässer sind sehr empfindlich gegen Luft, die etwa mit in die Flaschen gelangt, indem sich durch Einwirkung derselben
der Eisengehalt ausscheidet und schlammförmig absetzt.
Überhaupt sind nur die kalten und an Gasen nicht zu reichen Wässer versendbar, ohne an Kräftigkeit viel einzubüßen.
Die Füllung und Versendung der Wässer geschieht im Frühjahr und enthalten die Flaschenstöpsel meistens
auf der Unterseite die laufende Jahrzahl eingebrannt. Früherhin waren die Abnehmer völlig zufrieden gestellt durch einige
Garantie, daß die Wässer von diesjähriger Füllung seien; gegenwärtig bieten die Brunnendirektionen, aus Anlaß der starken
Konkurrenz der künstlichen Mineralwässer, selbst mehr.
Eine Anzahl Direktionen halten auf Hauptplätzen Zentrallager, die durch beständige Zusendungen immer
frisch erhalten werden und von denen die kaufmännischen Kunden durch bloßen Umtausch gegen Ware, die über einen Monat
alt geworden, frische beziehen können. Auf dieser Liste stehen: Adelheidsquelle, Bilin, Friedrichshall, Püllna und Saidschitz,
Driburg, Eger, Ems, Homburg, Krankenheil, Karlsbad, Kissingen, Marienbad, Pyrmont, Salzbrunn, Schwalbach,
Selters, Vichy, Weilbach, Wildungen. -
Die künstliche Nachbildung der natürlichen Mineralwässer wurde schon in frühern Jahrhunderten versucht, konnte aber erst
durch die heutige Verfeinerung der chemischen Analyse perfekt werden und es werden jetzt die meisten gangbaren Wässer auch
künstlich fabriziert. Natürlich kann nur auf Grund der genauesten Ermittelungen der Bestandteile eines
natürlichen Wassers und ihrer Mengenverhältnisse auch eine genaue Nachbildung desselben aus destilliertem Wasser unter
Hinzufügung derselben Bestandteile, die man in den natürlichen M. gefunden hat, mit Erfolg unternommen werden, während
eine Nachahmung aus dem Gröbsten viel leichter thunlich ist.
Bekanntlich war der Apotheker Dr. Struve in Dresden der erste, der die Industrie
der künstlichen M. ergriff und ausbildete, und durch Errichtung von Trinkanstalten in verschiednen Städten seine Produkte
populär machte. Ob diese künstlichen Erzeugnisse wirklich die natürlichen völlig ersetzen können oder nicht, hängt
nur von der bei der Bereitung angewendeten Sorgfalt ab, sodaß auch die kleinsten Mengen eines in einem
natürlichen M. gefundenen Stoffs, auch wenn er scheinbar für unwirksam gehalten werden sollte, in dem künstlichen Wasser
in der richtigen Menge und derselben Verbindung sich wieder finden; ist dies nicht der Fall, so kann ein solches künstliches
M. das natürliche auch nicht vollständig ersetzen. -
Die Bestandteile, welche sich in verschiednen Mineralwässern vorfinden, sind wie gesagt sehr mannigfaltig.
So finden sich im Selterswasser außer der Kohlensäure und
den Hauptingredienzen Kochsalz und kohlensaures Natron noch kleine
Mengen von schwefelsaurem Kali, Chlorkalium, phosphorsaurem Kalk, sowie Spuren von Thonerde, Fluorcalcium, kohlensauren Kalk,
Strontians, Baryt, Lithion, Magnesia, Eisen, Kieselsäure. Die abführenden Wässer wirken durch ihren Gehalt
an Glaubersalz oder Bittersalz und Chlormagnesium. Einzelne Quellen sind brom- und jodhaltig und genießen dadurch das Zutrauen
besondrer Heilwirkungen; viele enthalten auch sehr kleine Spuren von Cäsium, Rubidium, Mangan, Arsen u. a. Metallen. -
Einige Wässer werden nicht bloß in Erwartung einer medizinischen Wirkung, sondern auch als bloßes
Erfrischungs- und Durstlöschungsmittel getrunken und in ihnen ist die Kohlensäure das Wesentliche. Es sind diese das reine
kohlensaure Wasser, das Soda- und das Selterswasser. Das letztere bildet eigentlich ein Mittelding, indem es ebensowohl Gesunden
als ein ausgezeichnetes Durstlöschungs- und Erfrischungsmittel, wie Patienten in einer ganzen Reihe krankhafter Zustände
dient. Es war auch dasjenige, dessen Nachahmung zuerst versucht wurde.
Solche Wässer, bei denen es sich also nicht um strikte Nachbildung einer bestimmten Quelle handelt, sind bekanntlich in
neurer Zeit in den ausgedehntesten Verbrauch gekommen und überall käuflich. Sie sind stets Fabrikware und man hat es dabei
in der Gewalt, ihnen einen viel stärkern Kohlensäuregehalt zu geben als die natürlichen Wässer nach
ihrer Abfassung in Flaschen haben können. Die Bereitung solcher Wässer zum Privatverbrauch wird, wie bekannt, sehr häufig
in den hierzu käuflichen kleinen Apparaten vorgenommen.
Bei fabrikmäßiger Darstellung gestalten sich Apparate und Operationen anders; die drei Arbeitsstadien sind: Entwickeln
des Kohlensäuregases aus kohlensauren Mineralien, Reinigen und gewaltsames Einpressen desselben in reines
Wasser. Die besten Materiale zur Säuregewinnung sind die natürliche kohlensaure Magnesia (s. Magnesit) und Abfälle von weißem
Marmor. Aus gewöhnlichem Kalkstein und Kreide bringt das Gas einen übeln Geruch mit, der die Reinigungsarbeit schwieriger
macht.
Der Entwickler des Apparats ist ein metallener Cylinder mit Bleifütterung, in dessen Deckel sich drei
verschließbare Öffnungen befinden. Durch die eine wird das kohlensaure Mineral, gepulvert und mit heißem Wasser angerührt,
eingegeben; auf der andern steht ein Trichter, aus welchem durch einen Hahn absatzweise Schwefelsäure ins Innere fließen
gelassen wird; in der dritten ist das Rohr eingesetzt, durch welches die entwickelte Kohlensäure ab-
und in die Waschgefäße geleitet wird. Im Entwickler findet sich ein Rührwerk, dessen stehende Welle durch den Deckel gasdicht
nach außen geht und das in Umdrehung gesetzt wird, wenn die erste stürmische Gasbildung nachläßt. Der Reinigungsapparat
besteht aus drei durch Rohrleitungen verbundenen geschlossenen Gefäßen von der Einrichtung der sog.
Woulffschen Flaschen; das erste enthält eine Lösung von Eisenvitriol, das zweite eine solche von doppeltkohlensaurem Natron,
das dritte reines Wasser. Nachdem das
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