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mit Rhynchonellen, Terebrateln und ziemlich viel Kieselsäure. Die Höhlungen der Oberfläche des angewitterten und zernagten Kalkes sind mit Bohnerz gefüllt, das oberhalb Laufen bei niedrigem Wasserstand im Winter 1829/30 in grösseren Mengen aus den Schluchten und Spalten des Flussbettes gewonnen wurde. An der «Buchhalde» folgen dann über dem Rheinniveau die Sande und Mergel der untern Süsswassermolasse.
Ungefähr in der Mitte des Eiszeitalters hat der Rhein in jener Gegend in die harten Kalkbänke ein schmales Thal gegraben, das von der heutigen Flussrichtung ziemlich stark abweicht. Die Sohle der alten Rinne ist selbst unterhalb des Rheinfalles ebenso tief oder noch tiefer als der heutige Rhein, und bei Schaffhausen liess sie sich tief unter dem Spiegel des Flusses nachweisen. Der frühere Rhein muss also jene Stelle ohne einen wesentlichen Gefällsbruch passiert haben, d. h. der Rheinfall hat damals noch nicht existiert. In späterer Zeit hat der Rheingletscher seine Eismassen über die Stelle des jetzigen Rheinfalles vorgeschoben, die Schmelzwasser haben mit ihren Kiesen die alte Rinne zugeschüttet, das Eis legte eine mächtige Schicht von Moräne darüber, und erst auf diese hat dann der Rhein beim Rückzug des Gletschers ein neues Terrassensystem gebaut. Am Schluss der Eiszeit begann der Rhein mit der Tiefenerosion; er grub sich eine Rinne in die Terrasse, wo er zu jener Zeit gerade seine Wasser dahinwälzte und zwar ganz unabhängig von dem in der Tiefe vorgezeichneten und nun zugeschütteten Thal.
Unterhalb Neuhausen fand der Rhein sein altes Bett wieder, und da dieses mit einem nur teilweise verkitteten Kies ausgefüllt war, konnte er sich hier in dem weichen Material relativ leicht in die Tiefe bohren. Schon am Schluss der Eiszeit, als der Rheingletscher sich aus der Gegend von Diessenhofen zurückzog, kam die Sohle des Flusses bei Neuhausen auf Jurakalk, welcher wegen seiner Zähigkeit die Tiefenerosion ungemein verlangsamte, während flussabwärts das weiche Material sehr leicht abgetragen wurde.
Infolge dieser ungleichen Erosion musste sich hier an der Vereinigungsstelle von altem und neuem Thal ein immer höher werdender Gefällsbruch entwickeln, so dass der Rhein jetzt über den linken Felsabhang seines alten Thales stürzt. Der Rheinfall fällt heute nicht mehr genau mit dem linken Ufer des alten Thales zusammen, d. h. er hat sich im Laufe der Zeit etwas flussaufwärts verlegt, wie dies bei Wasserfällen allgemein konstatiert werden kann. Auf der kanadischen Seite des Niagarafalles hat man z. B. von 1842-1890 einen jährlichen Rückschritt von 0,67 m gemessen, der Rheinfall dagegen hat sich seit der Eiszeit d. h. in einem Zeitraum von mindestens 20000 Jahren nur um 40-60 m nach rückwärts verschoben, per Jahr also kaum einige Millimeter. Vergegenwärtigen wir uns, dass der Kalkriegel am Rheinfall etwa 1500 m lang ist ¶
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und dass bei Schaffhausen noch eine ähnliche Schwelle folgt, so können wir dem Wasserfall ein ungemein langes Leben prophezeien. Die grösste Gefahr für die Verunstaltung des Rheinfalles besteht in der weiteren Ausnutzung für industrielle Zwecke. Verschiedene derartige Projekte gaben 1887 dem Schweizer Alpenklub und 1900 der Schweizerischen Geologischen Gesellschaft Anlass zu lebhaftem Protest.
Bibliographie:
Würtemberger, L. Ueber die Entstehung des Schaffhauser Rheinfalles. (Jahrbuch für Mineralogie. 1871); Pletscher. Sam. Der Rheinfall bei Schaffhausen, beschrieben und im Spiegel der Dichtung betrachtet. Schaffhausen 1878; Schaffhausen und der Rheinfall. (Europ. Wanderbilder. 18); Hug. J. Geologische Karte des Rheinlaufes unterhalb Schaffhausen. (Beiträge zur Geologie der Schweiz. Neue Folge 15, Spezialkarte 35). Bern 1905; Hug, J. Vergletscherung der nördl. Teile des Kantons Zürich. (Erscheint 1906 als Lieferung 15 der Beiträge zur Geologie der Schweiz).
[J. Hug.]