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Jurafalten, die auch fast ausnahmslos nach N. überliegen: Tödi-Windgällen; Eiger-Blümlisalp stehen im engsten Zusammenhang mit den Zentralmassiven.
c) Die Zentralmassive. Unter diesem Namen versteht man grössere Partien von krystallinen Gesteinen, hauptsächlich Gneiss, welche mehr oder minder vollständig von sedimentären Mulden eingeschlossen sind. Im Grundriss erscheint ein solches Massiv gewöhnlich in der Streichrichtung des Gebirges elliptisch getreckt ^[richtig: gestreckt]. Die Schichtung ist meist sehr steil, stellenweise senkrecht.
Die Zahl der Zentralmassive wird sehr verschieden angegeben, gewöhnlich unterscheidet man eine nördliche Reihe: Aiguilles Rouges, Mont-Blanc, Aarmassiv, Gotthardmassiv, - und eine südliche: Mont Colon, Monte Rosa, Monte Leone, Tessiner Massiv, Adulamassiv, Berninamassiv. Die südliche Reihe hat den einfachern Bau; sie bilden weitgespannte gewaltige Gewölbe, so namentlich das Massiv des Monte Leone, das Tessinermassiv, aber auch das Adulamassiv. Das letztere weicht insofern von den übrigen ab, als es nicht im allgemeinen Alpenstreichen liegt, sondern von S. nach N. streicht.
Komplizierter sind die nördlichen: Die Aiguilles Rouges, der Mont-Blanc, der Gotthard zeigen deutliche Fächerstructur;
die Schichten stehen in der Mitte senkrecht, im N. fallen sie nach S., im S. nach N., sie divergieren also nach oben.
Das Aarmassiv endlich bildet gewissermassen einen schiefstehenden Fächer. Zwischen solchen Massiven, die sich fast berühren, wie z. B. Aiguilles Rouges und Mont-Blanc, oder Aar- und Gotthardmassiv, findet man schmale, spitz gequetschte Mulden von Sedimentgesteinen, die ebenfalls steilgestellt sind, wie die Zentralmassive selbst.
Die Natur der Zentralmassive war lange streitig. Weil in denselben ächte Eruptivgesteine vorkommen, so erklärte man sie früher überhaupt als Eruptivmassen, welche in weichem Zustande aus der Tiefe emporgequollen seien und dabei die Sedimente links und rechts bei Seite geschoben hätten. Dieser Ansicht widersprechen nun aber eine Reihe von Tatsachen: 1. Es fehlen alle Kontakterscheinungen bei der Berührung von Zentralmassiv und Sediment, wie sie bei Berührung von vulkanischen Ergüssen und Sedimenten auftreten. 2. Stellenweise gehen die Sedimente als Brücke über ein Zentralmassiv hinweg (Tödigruppe).
Die Sedimente einer solchen Brücke zeigen keine Spuren, dass das Massiv von unten wie ein Keil gewirkt habe; sie weisen vielmehr selber Faltung, also seitlichen Zusammenschub, nicht Zerreissung auf, wie es sein müsste, wenn die Massive als Eruptionen emporgekommen wären. 3. Wenn die Zentralmassive Eruptivmassen wären, müssten die Eruptionen im Tertiär erfolgt sein, denn damals falteten sich die Alpen. Nun findet man aber z. B. schon im Dogger an der Windgälle Gerölle von dem darüber liegenden Porphyr, der allerdings ächt eruptiv ist. Er ist also älter als Dogger, mithin zur Tertiärzeit als ein Teil des Zentralmassives passiv mitgehoben worden. Die Eruptivgesteine der Zentralmassive sind also viel älter als die Alpenfaltung.
Bei den südlichen Zentralmassiven sieht man dies schon aus ihrer Form, bei den nördlichen ergibt es sich aus dem obigen: Die Zentralmassive sind Falten oder Faltenkomplexe, welche in der Tiefe unter hohem Drucke durch seitlichen Zusammenschub entstanden sind, gleichzeitig und eben so passiv wie die Falten der Sedimente. Weil Falten und Zentralmassive nur verschiedene Formen des Zusammenschubs sind, können sie einander auch ablösen, ersetzen.
Der kolossale Druck, unter dem die Gesteine der Zentralmassive gefaltet wurden, hat auch die Gesteinsmetamorphose bewirkt, die man an ihnen makroskopisch und mikroskopisch bemerkt. Da findet man z. B. in den Protoginen sandigen Quarz, oder zerbrochene Feldspäte, verbogene Glimmerblättchen und dergl.; der Sericit in den Sericitgneissen etc. ist ein Mineral, von dem man keine andere Entstehung kennt als durch hohen Druck. Dadurch sind auch, wie oben angedeutet, viele paläolithische und sogar mesolithische Sedimente halb und ganz krystallin geworden. Dahin gehört der jurassische Kalk (Malm) der Mulde von Andermatt, der zwischen den zwei Zentralmassiven in Marmor verwandelt wurde;
ebenso der Marmor von
Grindelwald,
die «Kalkkeile» (spitze
Mulden) an der
Jungfrau;
dahin gehören die meist liasischen Bündnerschiefer;
die Schiefer auf dem Nufenenpass etc. Petrefacten in den Sedimenten wurden dabei oft ganz verwischt, oft gequetscht (elliptische Ammoniten), oft zerrissen (Belemniten).
d) Die Glarner Doppelfalte (Profil 1) ist eine so gewaltige Erscheinung, dass sie wohl eine gesonderte Betrachtung verdient. Vom Walensee an legt sich eine breite Falte nach S. über bis zu der Linie Richetlipass-Foopass-Graue Hörner. Der Kern der Falte wird vom Verrucano gebildet, darauf liegen Rötidolomit, Lias, Dogger, Malm und Kreide in normaler Reihenfolge. (Der ganze Mürtschenstock ist nur eine sekundäre Runzelung innerhalb des Gewölbeschenkels.) Unter dem Verrucano folgt am Bützistöckli die Schichtserie: Rötidolomit, Dogger, Malm in verkehrter Lagerung, das jüngste zu unterst.
Alles aber liegt auf Eocän. Am Bützistöckli ist also der Mittelschenkel der Falte vollständig; an andern Stellen ist er dagegen so stark ausgezogen, ausgewalzt worden, dass meist ausser dem Verrucano des Gewölbekerns nur noch das mächtigste Glied, der Malm, ausgehalten hat; er bildet von der Lochseite bei Schwanden an bis zum Kalkstöckli eine zusammenhängende schiefe Ebene, die unter einem Winkel von ca. 12° nach S. ansteigt. Bei diesem Auswalzen wurde die Mächtigkeit des Malm von ca. 600 m (normal) reduziert auf 20, 10, 2, 1 m; manchmal auf O. Das Gestein, das Arn. Escher als Lochseitenkalk bezeichnete, zeigt helle und dunkle Fasern völlig durcheinander geknetet. Die obere Begrenzung ist ganz eben, die untere wellig unregelmässig; Brocken des Kalkes stecken in den darunterliegenden eocänen Schiefern, und diese sind förmlich in Klüfte des Kalksteines hineingepresst.
Die Eocänmasse, auf welche diese gewaltige Falte von N. hinauf geschoben worden ist, bildet eine grosse Zahl isoklinaler (paralleler) Falten, die alle mit ca. 30° nach S. fallen. Es sind grosse Massen von Flyschschiefern, mit Bänken von Nummulitenkalk, Nummulitensandstein und mit den berühmten Fischschiefern von Engi und Elm.
Südlich von Elm, an den Mannen und am Saurenstock wiederholt sich die selbe Erscheinung: Oben auf das Eocän folgt wieder Lochseitenkalk (Malm), darüber Verrucano. Aber hier senkt sich die Falte nach S.; bald stellt sich im Mittelschenkel der S.-Falte der Malm in voller Mächtigkeit ein, sogar noch Kreide.
Daraus geht hervor, dass hier eine grosse Falte von N. und eine zweite von S. her über das Eocän gegeneinander geschoben worden sind; ihre Scheitel sind beide abgewittert, hätten sich aber auf der Linie Richetli-Foopass beinahe berührt. Eine solche Ueberschiebung von beiden Seiten her war nur möglich, wenn gleichzeitig die mittleren Partien einsanken. Hier ist also das Gegenteil geschehen wie bei den Zentralmassiven und speziell wie beim Aarmassiv: Die Glarner Doppelfalte ist ein negatives Zentralmassiv, ein nach unten geöffneter Fächer;
sie löst das Aarmassiv nach Osten hin ab und beweist gerade dadurch wieder, dass auch die Zentralmassive Falten sind.
Denn da die Doppelfalte einem Zusammenschub von 32 km gleich ist, muss auch das Aarmassiv gleichviel zusammengeschoben, d. h. gefaltet sein; sonst könnten nicht die gleichen Erscheinungen nördlich (Kreidefalten) und südlich (Mulde von Urseren-Rheinthal) von beiden ungestört durchstreichen.
e) Die südlichen Kalkalpen. Am Südabhang der Alpen zeigen die Sedimente eine viel geringere Ausbreitung; von Osten her reichen die Kalkalpen, mit abnehmender Breite, nur bis zum Langensee. Westlich von diesem stossen die krystallinen Gesteine direkt an die Alluvionen der Poebene. Von der ganzen Reihe der Sedimente sind östlich vom Langensee fast nur Triasgesteine vertreten; dazu kommen noch etwas Jura, wenig Kreide. Die Fazies der Gesteine ist eine andre als in den nördlichen Kalkalpen; sie stimmt mit den Ostalpen überein. Eine bedeutende Rolle spielen noch die grossen Quarzporphyrmassen, welche in der Permzeit als vulkanische Ergüsse emporgequollen sind. Im ganzen ist es eine mässig gefaltete, durch Brüche und Verschiebungen mehrfach zerstückelte Gebirgsmasse, die diskordant auf den steil gestellten krystallinen Schiefern liegt.
f) Die Klippen. Am Nordrande der Alpen sind ausserdem noch drei Phänomene zu beachten, die lange jeder ¶
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befriedigenden Erklärung spotteten, die aber wahrscheinlich im Zusammenhang unter einander stehen: exotische Blöcke, Klippen und Préalpes romandes.
Die exotischen Blöcke sind Bruchstücke fremdartiger, sedimentärer oder krystalliner Gesteine, von kleinen Geröllen bis zu über hausgrossen Blöcken, welche da und dort schwarmweise im Flysch eingebettet sind. Das berühmteste Beispiel dafür bietet das Habkernthal mit seinen merkwürdigen Granitblöcken. Die exotischen Blöcke stehen oft im Zusammenhang mit Bänken von Breccie, welche aus den gleichen Gesteinen bestehen und in den Flysch eingelagert sind; ebenso finden sie sich am häufigsten in der Nähe grösserer Gesteinsmassen von gleicher oder ähnlicher Zusammensetzung, welche ihrer Umgebung auch fremd sind, nämlich bei den Klippen.
Die Klippen bilden eine Reihe isolierter Berge: Roggenstock, Mythen, Buochserhorn, Stanzerhorn, Giswilerstöcke, welche alle hinter der nördlichsten Kreidekette, in einer Eocänmulde liegen. Sie bestehen aus Trias, Lias, Dogger und Malm; ihre Gesteine sind also viel älter als diejenigen der nördlich und südlich von ihnen liegenden Ketten. Die Klippengesteine sind aber auch von ganz andrer Fazies als die gleich alten, normalen Gesteine der nördlichen Kalkalpen. Dagegen stimmen Klippengesteine und exotische Blöcke vollkommen überein mit den südlichen Kalkalpen (Luganer Alpen) und mit den Ostalpen (mediterrane Fazies von Trias und Jura). Endlich ist auch nachgewiesen, dass die Klippen keine Wurzel nach der Tiefe haben, sie «schwimmen» auf dem Flysch.
Préalpes romandes und Chablaisgruppe (Profil 3). Bei Betrachtung der nördlichsten alpinen Ketten wurde oben das Stück westlich vom Thunersee ausser Betracht gelassen, weil sich hier ganz andre Verhältnisse zeigen. Anstatt der normalen ersten Kreidefalten finden sich da (Profil 3) an der Nordgrenze gleich mehrfach übereinander geschobene Falten aus allen Gesteinen von Trias bis Kreide. Die Fazies der Préalpes und der Chablaisgruppe stimmt wieder mit den Klippen, mit den Luganeralpen und Ostalpen überein, weicht aber stark ab von der helvetischen Fazies von Trias und Jura in nächster Nähe (Wildhorn, Wildstrubel etc.). Die Préalpes und die Chablaisgruppe haben auch keine Wurzel, sie schwimmen auch auf dem Flysch. Durch eocäne Mulden werden die Préalpes in mehrere Streifen geteilt, dabei ist fast immer die südlicher gelegene Partie mehr oder weniger auf die nördliche hinaufgeschoben.
Schneegebiet über 2500 m.
Alpengebiet von 1200-2500 m.
Berggebiet von 600-1200 m.
Hügelgebiet unter 600 m.
Exotische Blöcke, Klippen, Préalpes und Chablaiszone stimmen also in den Faziesverhältnissen überein; auch die Klippen zeigen Faltenbau mit Ueberschiebungen, soweit man das an diesen einzelnen Bergen noch konstatieren kann. Daher scheinen alle drei genetisch dasselbe zu sein und sich nur in den Dimensionen zu unterscheiden, und es ist für sie folgende einheitliche Erklärung aufgestellt worden: Beim Beginn der Alpenfaltung schob sich vom Südfuss der Alpen her eine grosse gefaltete Masse von Trias- bis Kreidegesteinen über den Flysch der noch wenig oder nicht gehobenen mittlern und nördlichen Teile hinweg und gelangte bis zu der Linie Bonneville (Arve)-Gruyères-Spiez-Habkern-Giswil-Mythen-Roggenstock. Unterwegs oder am Ende entstanden mehrfach Brüche in der Schubmasse und die südlichen Teile wurden auf die nördlichem teilweise hinaufgeschoben. Die Gesteine der Préalpes und der Klippen zeigen denn auch zahlreiche Spuren mechanischer Deformation.
Die Chablaiszone und die Préalpes blieben als zusammenhängende Ketten erhalten, nur von wenigen Querthälern durchschnitten. Die Klippen sind Erosionsreste, vereinzelte Berge, aus ähnlichen Ketten herausgeschnitten. Die exotischen Blöcke endlich sind einzelne Trümmer, welche während des Schubes sich loslösten und schwarmweise in den Flysch eingebettet wurden. Dass man südlich von der Zone der Klippen, auf den Alpen mit helvetischer Fazies, keine Fetzen der frühern Ueberschiebungsdecke mehr findet, erklärt sich durch die viel stärkere Erosion. Während und nach der grossen Ueberschiebung begann nämlich die normale Alpenfaltung; die «Nachzügler» der Schubmasse kamen in sehr bedeutende Höhen, wo die Erosion viel kräftiger arbeitete. Hier ist die Abtragung bis auf die archäischen Gesteine hinunter gegangen, die Ueberschiebungsreste also längst ¶