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beidseitig hier einmündenden, nur ganz unbedeutenden Bächen aus ihren in die Molasse des Seerückens eingerissenen «Döbeln» (Schluchten) herabgeschwemmte Material zu einer Aufschüttung von so bedeutenden Dimensionen unmöglich hätte ausreichend sein können. Die Geschiebe der Lütschine vermochten wohl das «Bödeli» zwischen Brienzer- und Thunersee zu bilden, nicht aber die Geschiebe dieser kleinen Bäche das Land zwischen Ober- und Untersee (Eberh. Graf Zeppelin, in Bodenseeforschungen; a. a. O. Abschn. III, S. 95), obwohl auch sie natürlich ihren entsprechenden Beitrag dazu geliefert haben.
Als viel später der Rhein seinen jetzigen Ablauf über die Felsschwelle unterhalb Schaffhausen gefunden hatte und damit der postglaciale Bodensee um etwa 30 m auf sein heutiges Niveau gefallen war, schieden sich Ober- und Untersee von einander, und es entstand in kürzester Zeit das beide Seen sofort wieder verbindende und noch heute bestehende Rinnsal des Rheines durch den Stauriegel u. den Flachgrund Im Feld. (M. Honsell. Der Bodensee und die Tieferlegung seiner Hochwasserstände. Stuttg. 1879. S. 49 und 53). Die Strömung des Wassers des Rheins macht sich schon in der Entfernung von 1 km oberhalb Konstanz geltend und hat auf dem die Rheinfurche begleitenden seichteren Grund zu jener eigentümlichen Kalktuff-Bildung Anlass gegeben, die durch die Thätigkeit gewisser einzelliger Algen in leichtströmendem und kohlensäurehaltigem Wasser bewirkt wird und darin besteht, dass durch Entzug eines Teiles des im Seewasser gelösten doppeltkohlensauren Kalkes einfachkohlensaurer Kalk sich niederschlägt, der die absterbende Alge zusammen mit ihrem Substrat (Steine, Muscheln etc.) mit Jahresringen umhüllt und derart Knollen bis zu 20 cm Durchmesser zu bilden vermag.
Die Uferzone unterscheidet sich vom tiefen Seekessel namentlich insofern, als sie einem mehr oder weniger ununterbrochenen Wechsel ihrer Gestaltung in ungleich höherem Masse unterworfen ist als dieser, und zwar sowohl in Bezug auf Auswaschung (an gefährdeten Stellen Uferschutzbauten oder sonstige geeignete Vorbeugungsmassregeln, z. B. Anpflanzung eines Phragmitetum) als auf Anschwemmung. Ein nach beiden Richtungen ganz besonders interessantes Gebiet ist die württembergische Uferstrecke zwischen Friedrichshafen und Langenargen.
Dem Anprall des Gewells bei den am Bodan vorherrschenden Westwinden in erster Linie ausgesetzt, ist diese Strecke zumeist sehr flach und besteht zum grössten Teil aus leichterem Material, wie es die in der dortigen Gegend mündenden Flüsse zugeführt haben. Bei Hochwasserstand überfluten die vom Westwind getriebenen Wellen des Sees das flache Land oft ziemlich weit, wühlen das weichere Material des Landes überall auf, spühlen es aus, tragen es zu einem grossen Teil, vielfach sogar bis zu ansehnlicher seitlicher Entfernung von seinem Ausgangspunkt, dem Land wieder zu und bilden seewärts neues Land überall da, wo diese Anschwemmungsprodukte in bestehenden Wasserpflanzen (Röhricht, Schilf u. s. f.) den nötigen Schutz vor erneutem Fortgespühltwerden finden. An den hier seltenen Stellen, an denen der Uferrand steinig war oder ist, findet dagegen eine solche Neulandbildung im Allgemeinen nicht statt, indem das Gewell durch Ausspühlung und Wegschaffung des die grösseren Steine umgebenden Erdreichs sich bei eintretendem Hochwasser den Weg zu weiterem Vordringen landeinwärts ebnet.
Während so zur Zeit der Hochwasserstände ein Vorrücken des Sees und ein Vorrücken des Landes sich hier geradezu die Wage halten können, so liegen während der Niederwasserstände breite Flächen der sonst überspühlten Uferzone trocken; die Wellen häufen den von ihnen erst aufgewühlten Sand auf einem vom Uferrand ziemlich entfernten Streifen zu grösseren Erhebungen zusammen, entweder in langen wallartigen Linien, hinter denen mit dem offenen See oft nur durch schmale Durchlässe verbundene Wassertümpel (Nehrungs- und Lagunenbildung) liegen bleiben, oder auch um einen festen Körper (z. B. einen erratischen Block) als Kern in zunächst rundlichen, mehr haufen- oder hügelartigen Höckern. Je nach den Umständen können sich dann diese allmählich sogar zu kleinen Inseln entwickeln, wie die erst seit etwa zehn Jahren bestehende sog. «Schulzen-Insel» bei Eriskirch. Im Uebrigen werden diese Erhebungen durch mehrere nachfolgende Hochwasser in der Regel wieder verwischt und ausgeglichen; Fuss fassende Vegetation verfestigt das abgelagerte Material, neue Anschwemmung erhöht die Ablagerung und es bildet sich vorrückendes Neuland.
Das Ergebnis aller dieser Vorgänge in der Natur lässt sich nun auch gerade für das wüttembergische Ufer an Hand der 1824 und 1825 hergestellten Kataster-Karten in 1:2500, wie solche für die Ufer der anderen Staaten fehlen, genau verfolgen und ausmessen. Es ist dies für die Zeit bis 1889, da die Neuaufnahme dieses Ufers für die neue Bodenseekarte stattfand, geschehen und hat sich dabei ergeben, dass der Landzuwachs hier auf einer Strecke von 15 km Länge bei einer mittlern Breite von 34 m im Ganzen 51,12 ha betrug (Eberh. Graf Zeppelin. Bodenseeforschungen; a. a. O., Abschn. III; S. 90 ff.). Die Neulandbildung schreitet seitdem mit Ausnahme der früher erwähnten Stellen, an denen die Landabnahme überwiegt, auch jetzt noch in gleicher Weise weiter, ja westlich von Eriskirch, wo man das neuentstehende Land als erfreulichen Zuwachs zu den wertvollen Streuwiesen der Anstösser stets eifrig in Besitz nimmt, waren einzelne Stücke schon 1893 bis zu 70 m über die Grenze von 1889 seewärts wieder mit Grenzmarken versehen worden und hatte das so neu-vermarkte Gebiet schon einen Flächengehalt von ca. 12 ha.
Wenn wir für unsere Darstellung das württembergische Ufer eben wegen der hier seit 1824 zahlenmässig festzustellenden Wirkung der besprochenen Vorgänge als Beispiel gewählt haben, so schliesst das natürlich nicht aus, dass das Nämliche in gleicher Weise nicht auch an den übrigen Uferstrecken des Bodensees sich vollziehen könne. So war u. a. ein namhafter Landzuwachs namentlich auf der W.-Seite des Rohrspitz zu beobachten, bevor der Rhein seit dem durch sein neuerstelltes Bett sich in die Fussacher Bucht ergoss. Ein Landverlust macht sich dagegen seit einigen Jahren in immer bedenklicher werdendem Masse längs des gesamten thurgauischen Ufers von Arbon bis Eschenz (am Untersee) geltend, indem sich hier die Bildung von Kliff, Hang und ausgewaschener Wysse in immer schneller weitergreifendem Umfang vollzieht. Wenn hier nicht in absehbar kurzer Zeit vollends grössere Flächen des wertvollen, hier zumeist bis unmittelbar an den See reichenden Baulandes von den ¶