Villa, in Rom, unmittelbar vor der Porta del Popolo, der Sommerpalast des Borghesischen
Fürstengeschlechts, mit ausgedehnten Parkanlagen (ca. 50 qkm groß), einst weltberühmt wegen seiner Schätze antiker Kunst,
vom Kardinal Scipio Borghese, Papst Pauls V. Neffen, auf dem Grund und Boden und angeblich auch mit dem konfiszierten Vermögen der
unglücklichen Cenci erbaut. Die hier einst bewahrten berühmten Kunstwerke des klassischen Altertums,
darunter der Hermaphrodit, der sogen. sterbende Seneca und der Borghesische Fechter (s. d.), wanderten unter Napoleon I. (1806)
in das Museum von Paris, wurden zwar 1815 der Familie zum Teil zurückgegeben, aber noch vor dem Rücktransport in Paris größtenteils
veräußert. In neuerer Zeit ist wieder das sogen. Statuenkasino eingerichtet
worden mit einer reichen Sammlung zum Teil bedeutender Antiken, darunter die sitzende Statue Anakreons, ein Bacchus, eine Juno
Pronuba, eine Tyrtäosstatue, ein sitzender Pluto, tanzender Silen etc., meistens Funde neuern Datums. - Der Palast Borghese, seiner
Form nach auch »il Cembalo Borghese« genannt, die städtische Wohnung der Borghesischen Familie, ist eins der
prachtvollsten Gebäude Roms, von Martin Lunghi 1590 begonnen, von Flaminio Ponzio vollendet.
Die herrliche Bogenhalle des innern Hofs tragen 100 Granitsäulen. Die unschätzbare Gemäldesammlung in diesem Palast füllt
zwölf große Säle des Erdgeschosses. Hier finden sich: die Grablegung von Raffael, die Jagd der Diana und
die cumäische Sibylle von Domenichino, Arpinos Raub der Europa, Madonnen von Fr. Francia, Lorenzo di Credi, A. del Sarto, Lorenzo
Lotto, Giulio Romano, Correggios Danae, Tizians Erziehung des Amor durch Venus und die Grazien sowie dessen himmlische und irdische
Liebe, van Dycks Christus am Kreuz und Grablegung u. a.
Camillo Filippo Ludovico, Fürst zu Sulmona und Rossano, geb. zu Rom aus der berühmten Familie,
welche aus Siena stammte und durch Camillo Borghese, der als Paul V. 1605 den päpstlichen Stuhl bestieg, zu Ehren und Reichtümern
gelangte, trat 1796 in französische Dienste und heiratete 1803 Napoleons I. zweite Schwester, Pauline, Witwe
des französischen Generals Leclerc. Infolge dieser Vermählung erhielt er 1804 die Würde eines französischen Prinzen, ward 1805 Eskadronschef
der kaiserlichen Garde, bald darauf Oberst und später Divisionsgeneral und Herzog von Guastalla, 1808 Generalgouverneur von
Piemont und 1809 Oberkommandant der 27. und 28. Militärdivision. Nach Napoleons Sturz trennte er sich von
seiner Gemahlin, lebte seit 1818 in Florenz und abwechselnd in Rom und starb in Florenz ohne Leibeserben. - Ihn beerbte
sein Bruder Francesco Borghese, Fürst Aldobrandini, geb.
1776 zu Rom, Generalmajor in französischen Diensten, gest. Derselbe
hinterließ drei Söhne: Marco Antonio, Fürst Borghese, geb. Camillo Borghese, Fürst Aldobrandini, geb.
vom 10. März bis päpstlicher Kriegsminister, und Scipione Borghese, Herzog von Salviati, geb. Die Besitzungen
der Borghese umfassen außer den Fürstentümern Rossano und Sulmona die schönsten Ortschaften und Güter im
Patrimonio di San Pietro in Sabina und den elften Teil der ganzen Campagna di Roma.
Fürst Mario Antonio, starb in seinem Schloß bei Frascati;
ihm folgte als Oberhaupt der Familie Fürst
Paolo, geb. Dessen Bruder Prinz Giulio (geb. erbte durch seine Vermählung mit der
Tochter des Prinzen Alexander Torlonia dessen Titel und Besitzungen.
röm. Adelsfamilie, aus Siena stammend, gelangte besonders durch Camillo Borghese, der 1605 als
Paul V. den päpstl. Stuhl bestieg, zu Ansehen und Reichtum. Die heute noch blühenden Borghese stammen ab von Pauls V. Bruder Francesco.
Der Sohn eines andern Bruders des Papstes, Marco Antonio, erhielt von letzterm 1605 das Fürstentum Sulmona
und starb als span. Grande 1658. - Hervorzuheben sind ferner:
Scipione Borghese, Schwestersohn Pauls V., welchem dieser die Erbschaft der Cenci (s. d.) zuwies; er ist der
Erbauer des Palastes Borghese.
Giovanni Borghese, Sohn des Marco Antonio, gest. 1658, wandte durch Heirat mit Olimpia Aldobrandini einen Teil
der großen Güter dieses Geschlechts (Villa Miollis, Belvedere von Frascati u. a.) und den Titel «Fürsten von Rossano» seiner
Familie zu. Doch wurde der Prozeß darüber gegen die Pamfili (s. d.) erst 1769 unter
seinem Enkel Marco Antonio III. entschieden, dessen Vater Marco Antonio II. wieder durch Heirat mit Flaminia
und dann mit Violante Spinola neue Reichtümer an die Borghese brachte.
Camillo Filippo Ludovico Borghese, Sohn und Erbe des Marco Antonio Borghese III., Fürst von Sulmona und Rossano, geb. zu Rom,
nahm, als in den Revolutionskriegen die Franzosen in Italien eindrangen, Dienste in ihrem Heere und schloß
sich eng an Bonaparte an, dessen zweite Schwester Pauline er 1803 heiratete. Er wurde nun franz.
Prinz, 1805 Rittmeister in der kaiserl. Garde, darauf Oberst, später Divisionsgeneral, 1806 Herzog von Piacenza und Guastalla.
Nachdem er an dem Feldzuge von 1806 gegen Preußen teilgenommen hatte, erhielt er eine Sendung nach Warschau,
um die Polen zum Aufstande zu bestimmen; 1808 wurde er zum Generalgouverneur der transalpinischen, d. i. piemont. Departements
ernannt. Nach Napoleons Thronentsagung trennte er sich von seiner Gemahlin und lebte seit
1818 in Florenz, wo er starb.
- Seine Gemahlin, Marie Pauline, früher Carlotta genannt, Napoleons I. zweite Schwester, geb. zu
Ajaccio, heiratete 1801 den General Leclerc (s. d.), dem sie auch nach San Domingo folgte und in allen Gefahren mutvoll zur Seite
blieb. Nach dessen Tode vermählte sie sich mit Fürst Borghese. Sie liebte Napoleon zärtlich, hatte aber eine Abneigung
gegen die Kaiserin Marie Luise und mußte, als sie sich einst dieser gegenüber vergaß, den Hof meiden. Von ihrem Gemahl
getrennt, lebte sie zu Rom und starb zu Florenz.
Francesco Borghese, Fürst Aldobrandini, Bruder und Erde von Camillo Filippo Ludovico Borghese, geb. zu Rom,
gest. war General in franz. Diensten. Er hinterließ drei Söhne: Marco Antonio, Fürst Borghese, geb. zu Paris,
gest. in Frascati, dem sein ältester Sohn, Fürst Paolo, geb. succedierte; Camillo, Fürst
Aldobrandini, geb. war 10. März bis päpstl. Kriegsminister;
Scipione, Herzog von Salviati, geb. starb Der jüngere Bruder des Fürsten Paolo, Giulio, geb.
nahm infolge seiner Vermählung mit der einzigen Tochter des Fürsten Alessandro Torlonia (s. 0.) den Namen Torlonia an. Der
Palast Borghese (s. unten) gehört dem ersten Zweige der Familie.
Die städtische Wohnung der Familie Borghese ist der Palast Borghese (Palazzo Borghese), einer der prächtigsten in Rom. Er wurde von Martino
Lunghi und Flaminio Ponzio Ende des 16. Jahrh. erbaut und heißt seiner Form nach Il Cembalo (die Zimbel). Der Portikus des
innern Hofs (s. Tafel: Italienische Kunst VIII,
[* ]
Fig. 1) wird von 96 Granitsäulen getragen. Die Gemäldesammlung behauptete
bisher neben der vatikanischen den ersten Rang unter den röm. Galerien, hat aber durch die Ende 1888 erfolgte Entfernung
zahlreicher bedeutender Bilder nicht unwesentlich verloren. Sie enthält u. a. an Meisterwerken: Die Grablegung
von Raffael;
Danae von Correggio;
Jagd der Diana, Cumäische Sibylle von Domenichino;
Raub der Europa
von Arpino;
Erziehung Amors durch Venus und die Grazien, Himmlische und irdische Liebe von Tizian;
Grablegung, Christus am Kreuz
von van Dyck. Zur Befriedigung der Gläubiger des verschuldeten jetzigen Fürsten Paolo Borghese kamen 1892 die Kunstschätze
und das Mobiliar des Palastes Borghese zur Versteigerung. -
Vgl. Lermolieff (G. Morelli), Kunstkritische Studien über ital. Malerei. 1. Bd.:
Die Galerien und Doria Panfili in Rom (Lpz. 1890). -
Die Villa Borghese vor der Porta del Popolo in Rom, der Sommerpalast des Borghesischen Fürstengeschlechts, vom Kardinal Scipione
Borghese angelegt und später durch die Gärten Giustiniani vergrößert, mit reizenden, etwa 50 qkm umfassenden
Anlagen, war ehemals wegen ihrer Kunstschätze berühmt, die sich jetzt großenteils in Paris befinden, u. a. der sog. Borghesische
Fechter (s. Agasias). Das Kasino der Villa, 1782 prächtig erneuert, enthält auch gegenwärtig noch eine ansehnliche Sammlung
antiker Statuen (z. B. die Statue eines tanzenden Satyrs), einige bedeutende moderne Skulpturen (die Statue
der Pauline Borghese, Schwester Napoleons I., von Canova) und Inschriften, auch schöne Fresken von Rossi.
Von dem Fürsten Camillo vergrößert, litten die Anlagen sehr bei der Belagerung Roms 1849, sind jedoch jetzt wieder ein beliebter
Aufenthaltsort.