Villa, inRom,
[* 2] unmittelbar
vor derPorta del Popolo, der Sommerpalast des Borghesischen
Fürstengeschlechts, mit ausgedehnten Parkanlagen
(ca. 50 qkm groß), einst weltberühmt wegen seiner
Schätze antiker
Kunst,
vom
KardinalScipioBorghese,
PapstPauls V.
Neffen, auf dem
Grund und
Boden und angeblich auch mit dem konfiszierten
Vermögen der
unglücklichen
Cenci erbaut. Die hier einst bewahrten berühmten Kunstwerke des klassischen
Altertums,
darunter der Hermaphrodit, der sogen. sterbende
Seneca und der Borghesische
Fechter (s. d.), wanderten unter
Napoleon I. (1806)
in das
Museum von
Paris,
[* 3] wurden zwar 1815 der
Familie zum Teil zurückgegeben, aber noch vor dem Rücktransport in
Paris größtenteils
veräußert. In neuerer Zeit ist wieder das sogen. Statuenkasino eingerichtet
worden mit einer reichen Sammlung zum Teil bedeutender
Antiken, darunter die sitzende
StatueAnakreons, ein
Bacchus, eine
Juno
Pronuba, eine Tyrtäosstatue, ein sitzender
Pluto, tanzender
Silen etc., meistens
Funde neuern
Datums. - Der
PalastBorghese, seiner
Form nach auch »il
CembaloBorghese« genannt, die städtische
Wohnung der Borghesischen
Familie, ist eins der
prachtvollsten Gebäude
Roms, von
Martin Lunghi 1590 begonnen, von Flaminio Ponzio vollendet.
röm. Adelsfamilie, aus Siena stammend, gelangte besonders durch Camillo Borghese, der 1605 als
Paul V. den päpstl. Stuhl bestieg, zu Ansehen und Reichtum. Die heute noch blühenden Borghese stammen ab von Pauls V. BruderFrancesco.
Der Sohn eines andern Bruders des Papstes, Marco Antonio, erhielt von letzterm 1605 das Fürstentum Sulmona
und starb als span. Grande 1658. - Hervorzuheben sind ferner:
Scipione Borghese, Schwestersohn Pauls V., welchem dieser die Erbschaft der Cenci (s. d.) zuwies; er ist der
Erbauer des PalastesBorghese.
GiovanniBorghese, Sohn des Marco Antonio, gest. 1658, wandte durch Heirat mit Olimpia Aldobrandini einen Teil
der großen Güter dieses Geschlechts (Villa Miollis, Belvedere von Frascati u. a.) und den Titel «Fürsten von Rossano» seiner
Familie zu. Doch wurde der Prozeß darüber gegen die Pamfili (s. d.) erst 1769 unter
seinem Enkel Marco Antonio III. entschieden, dessen Vater Marco Antonio II. wieder durch Heirat mit Flaminia
und dann mit Violante Spinola neue Reichtümer an die Borghese brachte.
Camillo Filippo Ludovico Borghese, Sohn und Erbe des Marco Antonio Borghese III., Fürst von Sulmona und Rossano, geb. zu Rom,
nahm, als in den Revolutionskriegen die Franzosen in Italien
[* 8] eindrangen, Dienste in ihrem Heere und schloß
sich eng an Bonaparte an, dessen zweite Schwester Pauline er 1803 heiratete. Er wurde nun franz.
Prinz, 1805 Rittmeister in der kaiserl. Garde, darauf Oberst, später Divisionsgeneral, 1806 Herzog von Piacenza und Guastalla.
Nachdem er an dem Feldzuge von 1806 gegen Preußen
[* 9] teilgenommen hatte, erhielt er eine Sendung nach Warschau,
[* 10] um die Polen zum Aufstande zu bestimmen; 1808 wurde er zum Generalgouverneur der transalpinischen, d. i. piemont. Departements
ernannt. Nach Napoleons Thronentsagung trennte er sich von seiner Gemahlin und lebte seit
1818 in Florenz, wo er starb.
- Seine Gemahlin, Marie Pauline, früher Carlotta genannt, Napoleons I. zweite Schwester, geb. zu
Ajaccio, heiratete 1801 den GeneralLeclerc (s. d.), dem sie auch nach San Domingo folgte und in allen Gefahren mutvoll zur Seite
blieb. Nach dessen Tode vermählte sie sich mit Fürst Borghese. Sie liebte Napoleon zärtlich, hatte aber eine Abneigung
gegen die Kaiserin Marie Luise und mußte, als sie sich einst dieser gegenüber vergaß, den Hof
[* 11] meiden. Von ihrem Gemahl
getrennt, lebte sie zu Rom und starb zu Florenz.
Francesco Borghese, Fürst Aldobrandini, Bruder und Erde von Camillo Filippo Ludovico Borghese, geb. zu Rom,
gest. war General in franz. Diensten. Er hinterließ drei Söhne: Marco Antonio, Fürst Borghese, geb. zu Paris,
gest. in Frascati, dem sein ältester Sohn, Fürst Paolo, geb. succedierte; Camillo, Fürst
Aldobrandini, geb. war 10. März bis päpstl. Kriegsminister;
Scipione, Herzog von Salviati, geb. starb Der jüngere Bruder des Fürsten Paolo, Giulio, geb.
nahm infolge seiner Vermählung mit der einzigen Tochter des Fürsten Alessandro Torlonia (s. 0.) den NamenTorlonia an. Der
Palast Borghese (s. unten) gehört dem ersten Zweige der Familie.
Die städtische Wohnung der Familie Borghese ist der Palast Borghese (Palazzo Borghese), einer der prächtigsten in Rom. Er wurde von Martino
Lunghi und Flaminio Ponzio Ende des 16. Jahrh. erbaut und heißt seiner Form nach Il Cembalo (die Zimbel). Der Portikus des
innern Hofs (s. Tafel: Italienische Kunst VIII,
[* 12]
Fig. 1) wird von 96 Granitsäulen getragen. Die Gemäldesammlung behauptete
bisher neben der vatikanischen den ersten Rang unter den röm. Galerien, hat aber durch die Ende 1888 erfolgte Entfernung
zahlreicher bedeutender Bilder nicht unwesentlich verloren. Sie enthält u. a. an Meisterwerken: Die Grablegung
von Raffael;
Danae von Correggio;
Jagd der Diana, Cumäische Sibylle von Domenichino;
Erziehung Amors durch Venus und die Grazien, Himmlische und irdische Liebe von Tizian;
Grablegung, Christus am Kreuz
von van Dyck. Zur Befriedigung der Gläubiger des verschuldeten jetzigen Fürsten Paolo Borghese kamen 1892 die Kunstschätze
und das Mobiliar des Palastes Borghese zur Versteigerung. -
Vgl. Lermolieff (G. Morelli), Kunstkritische Studien über ital. Malerei. 1. Bd.:
Die Galerien und Doria Panfili in Rom (Lpz. 1890). -
Die Villa Borghese vor derPorta del Popolo in Rom, der Sommerpalast des Borghesischen Fürstengeschlechts, vom Kardinal Scipione
Borghese angelegt und später durch die Gärten Giustiniani vergrößert, mit reizenden, etwa 50 qkm umfassenden
Anlagen, war ehemals wegen ihrer Kunstschätze berühmt, die sich jetzt großenteils in Paris befinden, u. a. der sog. Borghesische
Fechter (s. Agasias). Das Kasino der Villa, 1782 prächtig erneuert, enthält auch gegenwärtig noch eine ansehnliche Sammlung
antiker Statuen (z. B. die Statue eines tanzenden Satyrs), einige bedeutende moderne Skulpturen (die Statue
der Pauline Borghese, Schwester Napoleons I., von Canova) und Inschriften, auch schöne Fresken von Rossi.
Von dem Fürsten Camillo vergrößert, litten die Anlagen sehr bei der BelagerungRoms 1849, sind jedoch jetzt wieder ein beliebter
Aufenthaltsort.
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