in dem Farbenkreis, den ihre nächsten Verwandten zeigen. Bei der Gartennelke (Dianthus Caryophyllus) treten z. B. die verschiedensten
Nüancen zwischen dem dunkelsten Rot und dem reinen Weiß, daneben gelbe Farben auf; niemals aber ist eine blaue Gartennelke
trotz aller von den Nelkenzüchtern aufgewendeten Mühe erzeugt worden. Denselben Kreis der Farbenvariationen finden
wir bei den wild lebenden Arten der Gattung Dianthus; vorherrschend sind rot und weiß gefärbte Arten, seltener gelbe; blaublütige
existieren nicht.
Ähnlich verhalten sich die Blüten der Stockrose (Althaea rosea), bei denen sich zwar vielfache Nüancen zwischen dunklem, fast
schwarz erscheinendem Violett und Weiß, aber niemals ein reines Blau findet. In diesen und vielen ähnlichen
Fällen zeigt sich, daß, wenn eine rote oder gelbe Spezies variiert, die Variation sich danach richtet, welche Farbe die Mehrzahl
der verwandten Spezies derselben Gattung oder der ganzen Familie zeigt. Herrscht in der Gattung das Rot vor, so kann in der Variation
eine Annäherung zum Blau eintreten; herrscht dagegen Gelb vor, so findet eine solche Annäherung nicht statt.
Die meisten blaublütigen Pflanzen, wie Salvia pratensis, die Kornblume, das Immergrün, die Scilla, variieren wohl zwischen Violett,
Rot und Weiß, aber nicht zum reinen Gelb hin; nur bei der Gartenhyazinthe treten die drei Hauptfarben, Blau, Rot und Gelb,
in voller Reinheit nebeneinander auf. Wenn eine Pflanzenart in der Farbe variiert, so findet sich stets Weiß unter den Variationsfarben.
Viele Pflanzen ändern nur nach Weiß als der am leichtesten zu erreichenden und zugleich am häufigsten vorkommenden Blütenfarbe.
Auch bei farbenwechselnden Blüten, wie den zuerst weißen, dann gelblichen und endlich roten Blüten von
Hibiscus mutabilis oder den zuerst gelben, dann blauen Blüten von Myosotis versicolor, sowie bei Blüten, die an demselben Pflanzenstock
an verschiedenen Sproßgenerationen mit wechselnder Farbe, wie bisweilen bei Hyazinthen und Nelken, auftreten, kommen ähnliche
Gesetze zum Vorschein.
Vgl. Hildebrand, Die Farben der Blüten (Leipz. 1879).
Die Blütenfarbstoffe sind noch wenig untersucht. Der blaue Farbstoff (Anthocyan) findet sich meist im Zellsaft
gelöst, wird durch Säure rot und findet sich auch in dieser Modifikation in den Blüten. Blaue Blüten haben neutral, rote
einen sauer reagierenden Zellsaft. Blaue und rote Blüten kommen mit allen Übergängen an derselben Pflanze vor
(Ochsenzunge, Natterkopf), und bei manchen ändert sich das Blau in Rot oder umgekehrt im Lauf eines Tags. Durch schweflige Säure
wird der rote Farbstoff gebleicht, taucht man aber eine in solcher Weise gebleichte Rose in verdünnte Schwefelsäure, so wird
der rote Farbstoff wiederhergestellt. Ammoniak färbt diesen Farbstoff grün.
gefüllte, stellen eine Abweichung von der normalen Bildung dar, eine Ausartung, die sich zum Teil geschlechtlich
fortpflanzt, meist aber nur durch ungeschlechtliche Vermehrung erhalten werden kann. In der Regel entstehen g. Blüten, durch Versetzen
der Pflanzen in ungewöhnliche, bessere Verhältnisse; doch kommt es auch vor, daß eine Füllung der Blüte eintritt,
wenn die Pflanze aus bessern Wachstumsbedingungen in schlechten übergeht. Als Seltenheit findet man g. Blüten, bei wild wachsenden
Pflanzen, z. B. bei Cardamine pratensis, Saxifraga granulata, Chelidonium majus, Caltha palustris, Ranunculus etc. Die gefüllten
Blüten spielen in der Gärtnerei eine große Rolle, und manche Pflanzen, vor allen Rosen, Nelken, Levkojen, Gänseblümchen,
haben in der That erst den jetzigen gärtnerischen Wert
erhalten, seitdem man gefüllte Varietäten von ihnen züchtet; andre
dagegen, wie Datura, Ipomoea, sind durch die Füllung häßlich geworden. Manche Blüten büßen bei der Füllung an Geruch ein,
wie das Veilchen und manche Rosen, während andre stärker, anhaltender, sogar anders riechen als die nicht
gefüllten. Gefüllte Blüten finden sich in sehr vielen Familien.
Sie entstehen durch Umbildung und Vermehrung der einzelnen Teile der Blüte, und zwar kann sich der Blätterkreis einer Blumenkrone
verdoppeln, ohne die Befruchtungsorgane zu benachteiligen; in andern Fällen verwandeln sich die Staubgefäße und selbst der
Griffel in Blumenblätter, auch kann sich die normale Zahl der Blumenblätter durch ungewöhnliche Erzeugung
ähnlicher Korollengebilde ungemein stark vermehren, und die Staubfäden und Pistille können dadurch unterdrückt werden.
Bisweilen wird auch der Kelch blumenkronenartig, wie bei der halbgefüllten Campanula Medium calycanthemum, wo er, von derselben
Farbe wie die Blüte, diese flügelartig gelappt wie eine Manschette umschließt. Bei Kompositen verwandeln
sich die kurzen Scheibenblumen in verlängerte Röhrenblüten oder in blatt- oder zungenförmige Strahlenblüten, wie bei
Astern, Georginen, Zinnien, Tagetes, und wie es sich schon von Natur bei manchen Kompositen, am schönsten bei Taraxacum und
Hieracium, findet.
Bei Centaurea und Gaillardia mit kleinen, trichterförmigen Randblüten besteht das Gefülltwerden darin,
daß sich auch in der Mitte ähnliche Blüten mit geteilter Korolle bilden. Bleibt wenigstens ein Teil der Befruchtungsorgane
erhalten, so können die gefüllten Blüten Samen tragen, wenn auch weniger reichlich als die einfachen Blüten. Blieb das
Pistill unverwandelt, während die Staubfäden zur Befruchtung unfähig wurden, so kann man Samen durch
künstliche Befruchtung mit fremdem Pollen erzielen. Dies geschieht z. B. bei den gefüllten Petunien, deren Narben man mit
dem Pollen andrer halbgefüllter Sorten befruchtet.
Sehr oft bringt Überfluß an Nahrung jene üppige Wucherung der Blütenteile hervor, indes sind die hier waltenden Verhältnisse
noch wenig erforscht, da z. B. die am üppigsten Bewachsenen Levkojen einfache, absichtlich kümmerlich
im Topf gezogene, gegen Regen und Tau geschützte Pflanzen aber meist gefüllte Nachkommenschaft liefern. Es ist bisher, außer
bei Levkojen und dem nahe verwandten Goldlack, auch noch nicht gelungen, durch besondere Kultur einen Samen zu erziehen, aus
welchem gefüllte Pflanzen erwachsen; vielmehr erzielt man diese Eigenschaft immer nur durch sorgfältige
Auswahl und Absonderung der Samenträger.
Die Erlangung gefüllter Blüten ist zunächst Sache des Zufalls. Ist aber einmal ein Ansatz dazu aufgefunden, dann schreitet
der Gärtner ein und bringt es in der Regel bald zu dem gewünschten Erfolg. Gärtner, welche sich mit Neuzüchtungen
beschäftigen, haben an einfachen Blumen gewisse Anzeichen für das Gefülltwerden und widmen solchen besondere Aufmerksamkeit.
Bei vielfarbigen Blumen sind es bisweilen gewisse Farben, welche unter Sämlingen besonders viele g. Blüten, bringen; in andern Fällen
ist eine ungewöhnliche Vergrößerung der Blüten einzelner zwischen andern stehender, gleich behandelte Pflanzen oder die
Verdoppelung und Vergrößerung der grünen Kelchblätter das Zeichen bald eintretender Füllung. Aus
Sämlingen solcher Pflanzen, die schon der Größe der Blumen wegen mit besonderer Sorgfalt behandelt werden, bilden sich zuweilen
in der folgenden Generation oder später die ersten Ansätze der Füllung aus. Ob diese dann in spätern
mehr
Generationen fortschreitet, ist ungewiß; das meiste bleibt vom Zufall abhängig, und das den Züchtern gespendete Lob ist
oft ein wenig verdientes. In vielen Fällen freilich repräsentiert eine schöne gefüllte Blüte eine außerordentliche Summe
von Fleiß, Beharrlichkeit und Intelligenz, welche der Gärtner viele Jahre hindurch auf die Anzucht derselben verwandte.