(Mandajje, »die von Manda di chajje [ihrem Christus] Abstammenden«),
eine religiöse Sekte Vorderasiens, am untern
Euphrat und Tigris, von den Missionären früher Johannischristen, sonst auch Nazoräer, Zabier oder Sabier (von Sobba, »Täufer«)
genannt und oft mit den Sabäern oder Himjariten des alten Arabien verwechselt. Die Mandäer bedienen sich jetzt
der arabischen Sprache; doch sind ihre Religionsschriften in einem eigentümlichen, dem Syrischen am nächsten stehenden Dialekt
verfaßt, den neuerlich Nöldeke grammatikalisch (»Mandäische Grammatik«, Halle 1875) behandelt hat.
Von ihren Religionsschriften kennt man in Europa: »Sidra rabba« (»Das große Buch«),
gewöhnlich, aber grundlos »Liber Adami« genannt
(hrsg. von Petermann: »Thesaurus sive liber magnus etc.«, Leipz. 1867, 2 Bde.);
»Sidra di malke« (»Königsbuch«) oder »Sidra di Jahja« (»Buch des Johannes«);
»Qolasta« (»Quintessenz«) oder »Sidra di Gatana«,
das Ritual der Mandäer (hrsg. von Euting, Stuttg. 1867);
den »Diwan« der Mandäer;
»Asfar malwâschê« (»Buch des Tierkreises«) nebst Liedern,
Formeln etc. Die Religionslehre der Mandäer basiert auf dem
gnostischen Dualismus, doch ist eine genaue Darstellung derselben bei den oft ganz unklaren und sich widersprechenden Angaben
schwierig.
Ursprünglich waren die Menschen nach ihrer Meinung fromm; später wurden sie von falschen Propheten irre geleitet,
deren vier aufgezählt werden: Abrahim, Mischa (Moses), Enbu M'schicha (»Prophet Messias«) und Muhammed bar
Bisbat (Mohammed). Nach dem Tod gelangen die Mandäer in die Ätherwelt, wo ihnen die unmittelbare Anschauung des »großen Geistes«
(Mânâ rabbâ) zu teil wird. Stets wiederholte Taufe ist ihnen Bedingung der Sündenvergebung. Ihrer Sittenlehre liegen die Zehn Gebote
zu Grunde, Fasten haben sie nicht. Priester gibt es drei Grade. Früher war die Sekte der Mandäer sehr ausgebreitet,
namentlich werden Basra, Schuschter, Dizful, Bagdad, Kamalawa etc. als ihre Hauptsitze genannt; jetzt findet man sie noch in
Schuschter und in der Gegend von Basra. Von den Mohammedanern werden sie bis heute bedrückt. Die besten Nachrichten über
die Mandäer besitzen wir von Petermann (»Reisen im Orient«, Bd. 2, Leipz. 1861).
Vgl. Euting, Die Mandäer (im »Ausland« 1876, Nr. 12);
Chwolson, Die Sabier und der Sabismus (Petersb. 1856, 2 Bde.);
Siouffi, Études sur la religion des Soubbas ou Sabiens (Par. 1880).
(nicht Mendäer oder Mendarten), eine gnostische Sekte, deren Reste in den Sumpfgegenden des untern Babyloniens
und im benachbarten pers. Chusistan wohnen. Andersgläubigen gegenüber nennen
sie sich Subbâ, d. i. Täufer (Zabier, Sabier), um von den Mohammedanern als die Sabier des Korans geduldet zu werden; untereinander
bezeichnen sie sich als Mandäer, von dem Mittler und Erlöser ihrer Religion, dem Manda d'Hajjê, der personifizierten «Lebenserkenntnis».
Ihr Ursprung ist nicht vom Christentum, auch nicht von den Johannesjüngern (s. d.)
abzuleiten, sondern geht zurück auf eine dem Gnosticismus verwandte chaldäische Spekulation über das Rätsel des menschlichen
Schicksals, wonach die Seele einer bessern Welt angehört und nur zeitweilig an den Leib gefesselt ist, weshalb die Religion
der Mandäer die Zurückführung der Seele aus der körperlichen Welt in die des Geistes bezweckt. Diese Gnosis
hat mit assyr.-babylon. Mythen, mit Vorstellungen und Namen des Judentums und mit den pers. Vorstellungen von der Auffahrt der
Seele zum «Orte des Lichts» operiert, woran sich zuletzt, im 3. oder 4. Jahrh.
n.Chr., die Lichtkönigslehre, der monotheïstische Mandäismus, anschloß. Am Anfang des 2. Jahrh.
befreundete sie sich mit dem Glauben an Christus, weshalb sich die Mandäer damals Nasoräer zu nennen anfingen.
Später verfeindeten sie sich infolge mönchischen Bekehrungseifers mit dem kath. Christentum. Dem manichäischen System stehen
die Mandäer fern. Doch ist ersteres aus der altmandäischen Schule hervorgegangen, da der Vater des Manes (s. d.) ein Mandäer war,
und in spätern mandäischen Schriften finden sich auch manichäische (dualistische) Vorstellungen. Die Mandäer haben eine Hierarchie
in drei Klassen. Ihre Hauptceremonie ist die Taufe, die sowohl als Aufnahmeritus als auch als Weihe-und Reinigungsakt bei den
verschiedensten Anlässen dient.
Auch eine Art Abendmahlsfeier mit Brot und Wein ist bei ihnen üblich. Sie haben Wochenfeste (den Sonntag)
und Jahresfeste. Unter letztern ist das fünftägige Tauffest das wichtigste. Den Priestern ist die Ehe geboten; die Vielweiberei
ist gestattet. Unter den heiligen Schriften der Mandäer, die in einem eigenen aramäischen Dialekte geschrieben und mehrfach überarbeitet
sind, ist namentlich «das große Buch», Sidrarabba, zu nennen. Zur Zeit der Abbasiden sollen die in Babylonien 400 Gotteshäuser
besessen und noch im 17. Jahrh. sich auf 20000 Familien belaufen haben. Jetzt sollen sie (nach
Petermann) nur etwa 1500 Seelen zählen.
Die einzig brauchbare Ausgabe des Sidra rabba ist von Petermann («Thesaurus sive liber
mehr
ma-541 gnus», 2 Bde., Lpz.
1867),
das Qolasta ist von Euting (Stuttg. 1807) herausgegeben, eine Mandäische Grammatik verfaßte Th. Nöldeke (Halle 1875).
Mitteilungen über die Mandäer gaben J. H. Petermann in den «Reisen im Orient», Bd. 2 (Lpz. 1861),
sowie Lycklama a Nijeholt, «Voyage en Russie, au Caucase eten
Persie, dans la Mésopotamie etc.» (4 Bde.,
Amsterd. 1872–75). –
Vgl. Chwolsohn, Die Ssabier und der Ssabismus (2 Bde., Petersb.
1856);
Siouffi, Études sur la religion des Soubbas ou Sabéens (Par. 1880);
E. Babelon, Les Mendaites, leur histoire etdoctrine religieuse (ebd. 1882);
Keßler in der «Theol. Realencyklopädie», Bd. 9 (2.
Aufl., Lpz. 1881), S. 205. Epochemachend sind die Forschungen von J.
H. W. Brandt: Die mandäische Religion, ihre Entwicklung und geschichtliche Bedeutung (Lpz. 1889) und Mandäische Schriften aus
der großen Sammlung heiliger Bücher, übersetzt und erläutert (Gött. 1893).