durch Kegel,
Obelisken oder geschweifte Aufsätze, schloß die Fenster oben mit Rundbogen oder Flachbogen, vielfach auch gerade
ab, oder bildete das gotische
Stab- und Maßwerk um, indem man beispielsweise die
Pfosten durch Tragfiguren ersetzte. Auch
das Rippenwerk spitzbogiger
Gewölbe erhält zuweilen antike Formen. Kurz gesagt, es zeigt sich eine Vermengung
des Gotischen und Antiken, ersteres giebt die Grundzüge und Leitlinien, letzteres die äußerliche Bildung der Formen an.
Daß dadurch die innere Einheitlichkeit, die Uebereinstimmung der Teile mit dem Ganzen verloren gehen mußte, ist begreiflich;
es war auch nicht leicht, diese verschiedenen Grundteile mit einander in Einklang zu bringen, immerhin ergab
sich aber daraus eine eigenartige, oft ungemein reizvolle Wirkung. Man kann diese deutsche Renaissance
in hohem Sinne «malerisch»
nennen; ihre Schöpfungen sind zierlich und gefallsam und machen mit ihrem reichen Schmuck und durch ebenmäßige Verhältnisse
einen nachhaltigen Eindruck auf das Auge.
Als ein Hauptverdienst darf
man es den Baukünstlern jener Zeit
anrechnen, daß sie Maß zu halten verstanden
und ihrer lebhaften Einbildungskraft nicht ungezügelten Lauf ließen. Die Formen der italienischen Renaissance
waren ihnen
hauptsächlich durch die Werke der Maler und Bildner vermittelt worden; und darin lag auch ein gewisser Vorteil, denn dies
bewahrte sie vor bloßer Nachahmung und gab eigentlich nur «Anregung»
zur Verwertung und Ausgestaltung derselben.
Wenn auch die deutschen Baumeister durch die Zunfteinrichtung immer etwas im Banne des Handwerksmäßigen gehalten wurden und nicht zur freien und vollen Entfaltung ihrer künstlerischen Persönlichkeit gelangen konnten, so besaßen sie doch eine so reiche schöpferische Kraft und Erfindungsgabe, daß sie völlig Selbständiges leisten konnten. Vermochte
^[Abb.: Fig. 472. Rathaus in Rothenburg o. T.] ¶
sich der Einzelne nicht allzuhoch über seine Genossen zu erheben, so stand dafür die Gesamtheit auf einer höheren Stufe,
das Durchschnittsmaß war künstlerisch bedeutender. Auch in der Arbeitsfertigkeit sind die deutschen Baumeister durchwegs
hervorragend. Diese gründliche Tüchtigkeit lag ebenso im deutschen Wesen, wie die tiefe Empfindung und dichterische Stimmung.
So wurden denn auch die Renaissanc
eformen im Sinne dieser deutschen Eigenart frei behandelt und geadelt.
Besondere Eigentümlichkeiten. Da die deutsche Renaissance
eines sogenannten «Systems»
entbehrt, d. h. kein oberstes Gesetz den Zusammenhang der Teile unter einander oder die Gliederung
des Ganzen regelt, so genügt es auch, nur auf einzelne Eigentümlichkeiten dieser Richtung hinzuweisen.
^[Abb.: Fig. 473. Rathaus und Bürgerhäuser in Danzig.] ¶