Aussehen gehabt. Man überzog sie daher mit Stuck, dem man einen gleichmäßigen Farbenton geben konnte. Bei dem später verwendeten Marmor war das grelle Weiß störend, das allerdings im Laufe der Zeit infolge der Einflüsse von Luft und Licht vergilbt. Dies erfolgt aber ungleichmäßig, und man zog es daher vor, sofort dem Marmor durch Beizen einen einheitlichen Farbenton zu geben.
Nun kam aber in Betracht, daß nicht nur Stein, sondern auch Holz und Metall zur Verwendung gelangten, und ferner, daß die verschiedenen Teile des Baues auch eine verschiedene Aufgabe hatten, welche dem Auge verdeutlicht werden sollte. Der Grundton (des Stucküberzuges) kennzeichnet die Hauptglieder der eigentlichen Baufügung; jene Teile, welche Verschalung, Verschluß, Bekleidung bedeuteten, wie z. B. die Dreischlitze (Triglyphen), wurden durch eine besondere Färbung hervorgehoben. Hierbei kamen Blau für die hervortretenden, Dunkelroth für die zurückliegenden Teile hauptsächlich in Anwendung. Die Farbe wurde gleichmäßig, aber nicht vordringlich, aufgetragen. - In letzter Linie kam dann noch die Verzierung (Ornament) hinzu, um auch feinere Glieder - Abacus, Gesimse - in ihrer Bedeutung hervortreten zu lassen.
Diese Verzierungen wurden auch in einfachen Farben, ohne Schattierung, ausgeführt; stets blieb die Hauptsache, daß die ursprüngliche Form nicht verdeckt oder verändert wurde; die Färbung unterordnete sich gänzlich dem Baulichen, sie «diente» nur zur Erhöhung der Wirkung desselben. Erst in der späteren Zeit treten auch eigentliche Gemälde auf den inneren Wandflächen auf, welche nicht mehr bloß dem Baulichen dienen, sondern schon selbständig wirken wollen.
Bildnereischmuck. Noch bevor aber Letzteres eintrat, hatte sich jedoch eine Wandlung in der Ausschmückung der Tempel vollzogen, welche eine Folge der Entwicklung der Bildnerei war. Die vorhin geschilderte Färbung war die ältere ursprüngliche Schmuckform, die in ihrer Einfachheit den Bau an sich zur ausschließlichen Geltung kommen ließ. Nunmehr wurde aber das Farbenornament der Flächen durch Arbeiten der Bildhauerkunst ersetzt. Im Anfange bewahrten auch diese noch eine gewisse Unterordnung, mit dem Fortschritte der Bildnerei treten sie aber immer mehr in den Vordergrund und ziehen zuletzt die ganze Aufmerksamkeit zu Ungunsten des Baues auf sich. Den Höhepunkt dieser Entwicklung bezeichnet der Ersatz der Säulen durch Standbilder, Karyatiden (Fig. 90). In der Bildnerei lag ja der Schwerpunkt der griechischen Kunstübung, die auf diesem Felde zu höchster Vollendung gelangte, und da ist es nur natürlich, daß sie alles andere beherrschte.
^[Abb.: Fig. 95. Bogenschütze vom Ostgiebel des Tempels zur Aegina.
München. Glyptothek. (Nach Photographie von Bruckmann.)] ¶
Ursprungsstätten der Baukunst. Wenn man nur nach den Oertlichkeiten, an denen die Ueberreste der ältesten Denkmale sich vorfinden, auf die Hauptstätten der Entwicklung griechischer Baukunst schließen wollte, so käme man zu der Annahme, daß sie nicht im Mutterlande, sondern in Kleinasien, auf den Inseln und in Italien zuerst Ausbildung fand. Erklärlich würde dies auch insofern sein, als dort die Berührung mit anderen, bereits vorgeschrittenen Kunstkreisen einerseits, der raschere Aufschwung zu Reichtum andererseits Anregungen und Mittel boten. Indessen muß man wohl auch in Betracht ziehen, daß auf dem griechischen Festlande vielfach ältere Bauten in späterer Zeit durch neue ersetzt worden sein mochten. Eines erscheint mir nur sehr wahrscheinlich, daß hier der Holzbau, mindestens die teilweise Verwendung von Holz (Decken und Gebälke) etwas länger währte.
Zeiträume der Entwicklung griechischer Kunst. Eine andere Frage ist, welche Zeitabschnitte in der Entwicklung der griechischen Baukunst zu unterscheiden seien. Je mehr die Untersuchung ins einzelne geht, desto mehr solcher Abschnitte würde man auch aufstellen können; in der Hauptsache aber genügt es, wenn man im Anschlusse an die politisch-geschichtlichen Vorgänge drei Zeiträume unterscheidet.
Erster Zeitraum bis zu Ende der Perserkriege. Der erste reicht bis zum Abschluß der Perserkriege (467 v. Chr.); während desselben hatte sich die Einigung der griechischen Stämme zu einem «Volke» vollzogen, auf Grund gemeinsamer religiöser Anschauungen, Sitten und Ziele, kürzer gesagt: gemeinsamer Kultur. Das «Gefühl der Zusammengehörigkeit» ersetzt das fehlende politische Band, denn Griechenland bleibt in kleine Staaten geteilt, zwischen denen manche Interessengegensätze auftreten.
Zwei dieser Staaten gewinnen eine ausschlaggebende Bedeutung; sie sind Vertreter der zwei Hauptstämme und in ihrer Einrichtung und Eigenart gründlich verschieden. Der eine ist der dorische «Militär-Staat» Sparta mit einer straffen, die Freiheit der Einzelperson beschränkenden und dem Staatsgedanken unterwerfenden Ordnung. Der zweite ist Athen, die jonische Hauptmacht; hier kommt die Freiheit des Einzelnen zur Geltung, entwickelt sich der «Volksstaat». Im Gegensatze zu der spartanischen Einseitigkeit tritt in Athen uns Vielseitigkeit entgegen, der bewegliche jonische Geist bildet alle seine Seelen-
^[Abb.: Fig. 96. Gefallener Krieger vom Ostgiebel des Tempels zu Aegina.
München, Glyptothek. (Nach Photographie von Bruckmann.)] ¶