dieses Kloster genannt: Considera! (Gieb Acht!) in der Volkssprache Hebacht! ein Name, der ihm vielleicht von dem Buch der Betrachtungen (considerationes) des hl. Bernhard beigelegt worden ist. Auch wird es genannt als Kloster der hl. Jungfrau Maria, weil es ihr zu Ehren an einer bergigen, waldigen und einsamen Stelle gegründet worden ist nach Art der ersten Klöster jenes Ordens, der im Jahr des Herrn 1098 begann, lange vor dem hl. Bernhard. Wer aber dieses Kloster gegründet hat, wollen wir jetzt sehen.
Als das bedeutende Kloster Salem 1) gegründet worden war und in diesem ganzen Orden rühmlich genannt wurde und die Klöster schott sehr reich wurden und allzu prächtig waren, verurteilte der ehrwürdige Mann, der Cisterzienser-Abt Stephan das Übermaß der zeitlichen Güter: er rief viele Äbte zusammen, setzte ihnen die Gefahren bei solchem Reichtum auseinander und verfaßte, mit ihnen zusammensitzend und beratend, im Jahr des Herrn 1107 die «Charte der Liebe» 2) die er mit dem Gewicht des apostolischen Siegels versah. In dieser Charte war ein Lobgesang vorne angeheftet. Von dieser Zeit an nun verwarfen sie im Orden Wildschuren und Pelzwerk, wollene Röcke und Kapuzen, Hosen und Brustlatze, Decken und Matratzen in den Betten, verschiedene Gänge der Speisen im Refektorium, Fett und alles, was der Reinheit der Regel widersprach. Sie verwarfen auch Kirchen, Altäre, Opfer, Zehnten und Begräbnisse von andern Leuten, auch Backöfen, Mühlen, Dörfer und Bauern, weil sie weder im Leben (pag. 180) noch in der Regel des hl. Benedikt lasen, daß dieser Heilige dergleichen besessen habe, noch auch daß Frauen seine Klöster betreten haben, oder verstorbene Frauen in seinem Kloster begraben worden seien mit Ausnahme seiner Schwester, der hl. Scholastika.
Dies sagt Sigibot, 3) und es findet sich in spec. hist. parte 2. lib. 27. cap. 1. Solange nun die Cisterzienser unter der eben gegebenen Form lebten, strömte eine solche Menge junger Männer in dem Orden zusammen, daß die Klöster sie nicht fassen konnten. Aber auch Jungfrauen entsagten, durch diese Beispiele getrieben, dem Weltleben und strömten scharenweise bei den Klöstern der Cisterzienser zusammen und baten, daselbst vor den Toren sich niederwerfend, daß sie unter dem Orden stehen dürfen.
Daher wiesen die Äbte, durch die dringenden Bitten der Klopfenden besiegt, ihnen Plätze auf ihren Feldern, Wäldern, Bergen und Tälern an. Zu dieser Zeit wies der Abt von Salem den Jungfrauen mehrere Orte an, in welchen heute hervorragende Klöster sind, für die er zu sorgen hat, darunter das Kloster Hegbach, das in jener Zeit des Eifers seinen Anfang nahm und auf Kosten der Jungfrauen unter Beihilfe des Abts von Salem erbaut wurde. Und es hatte keine anderen Gründer, obgleich die Edlen von Friberg sich den Titel der Gründer darum anmaßen, weil sie daselbst ihre Begräbnisstätten und bestimmte Jahrtage haben.
Endlich aber als der Eifer der Liebe erkaltete, ging auch die Charte der Liebe zu Grund und wurde verworfen und der Orden der Cisterzienser ließ nach und nahm ab, wie auch die übrigen Orden, und viele Jahre blieb der heilige Orden in Auflösung bis auf die Zeiten, da der Orden des hl. Benedikt wieder aufzuleben anfing, damals sind auch die Cisterzienser wieder aufgerichtet worden. In unserer Zeit nun war in Heggbach eine Äbtissin, eine Frau, die jedenfalls des Andenkens der guten Frauen würdig und ohne Zweifel heilig war, Frau Elisabet Krelin, die betrübt über den Zerfall ihres Klosters bei
1) Veesenm.: Im badischen Seekreis nördlich von Meersburg, östlich von Überlingen.
2) Charta caritatis, die erste Festsetzung genauer Vorschriften über die Lebenshaltung der Cysterzienser Mönche.
2) Veesenm.: Er war einer der 3 Brüder von Rugg oder Ruck, die das Kloster Blaubeuren stifteten. ¶
sich an eine Reformation dachte. Und weil sie voraus wußte, daß sie von ihren Oberinnen keine große Hilfe hiebei haben werde, ging sie darauf aus, daß sie ihr wenigstens kein Hindernis bereiten. Daher fing sie als kluge Jungfrau, die ihre Lampe brennend erhielt, die Sache scharfsinnig allmählich auf diese geschickte Weise an. Zur Zeit der Sonnenhitze befahl sie ihrem Knechte einen Wagen anzuspannen und verließ, wie wenn sie zum Vergnügen einen Ausflug machen und in ein Bad gehen wollte, mit einer Schwester (pag. 181) und Dienerin das Kloster: sie fuhr in weit entfernte Gegenden und besuchte die Frauen- und Männerklöster ihres Ordens, indem sie zu sehen wünschte, ob einige den gleichen Wunsch haben, wie sie.
Sie fand aber einige reformierte Klöster; in diese wurde sie eingelassen und bemerkte und schrieb sich alles auf, was zur Zucht gehörte. Und als sie mehrere Klöster von ihrem und anderen Orden durchforscht hatte, kehrte sie voll guter Hoffnungen in ihr Kloster zurück, wie wenn sie im Bade sich länger aufgehalten hätte und geheilt zurückgekommen wäre. Sie tat aber nichts anderes als daß sie junge, unschuldige Mädchen an sich zog und öfters beeinflußte, zur Flucht aus der Welt bewog, ihnen die Benützung des Rades 1) untersagte und nie mehr vor die Augen der Leute zu kommen erlaubte und die Mädchen die sie aufnahm, zu derselben Beobachtung der Ordensregel brachte, indem sie ihren Freunden und Eltern erklärte, daß sie sie nie mehr sehen werden.
Die älteren Schwestern aber ließ sie unberührt und erlaubte ihnen zu tun, was sie gewöhnt waren, und hielt so als vorsichtige Frau die Mitte zwischen diesen und jenen, daß sie in einigen Jahren in Frieden und Ruhe sich befanden, und in dieser Zeit wuchs die Zahl der Jungen und die Herzen der Alten wurden erweicht, so daß alle zumal in einer Sehnsucht nach der reinen Ordensregel und weltlichen Abschließung eifrig trachteten. In dieser Erwägung ließ die ehrwürdige Frau an einem passenden Tage Zimmerleute, Wagner, Maurer und andere Handwerker kommen und verschloß alle Öffnungen des Klosters, indem sie die Pförtchen und Fenster ringsherum verrammelte, die Gitter des Sprachzimmers mit eisernen Platten verkleidete und die Räder befestigte, versah die Tore mit den festesten eisernen Schlössern und Riegeln und erhöhte die Mauern des inneren Klosters so sehr, daß ich keine so hohen Mauern in irgend einem Kloster gesehen habe.
Aber auch den äußeren Hof, der früher mit einem Zaun umgeben war, schloß sie mit einer Mauer ab und brachte so sich und die Ihrigen in göttliche Gefangenschaft. Dies alles vollbrachte die kluge, jungfräuliche Herrin ohne Unruhe und ohne Berufung von Reformatorinnen; denn sie selbst, die man hätte reformieren müssen, waren die eifrigsten Reformatorinnen der Sitten sowohl als der Mauern und erlangten einen solchen Ruf der Frömmigkeit, daß Ihresgleichen Schwaben (pag. 182) nicht hat. Es strömten aber ihnen zu viele fromme Töchter der Edlen und der Bürger von Ulm, Biberach und andern Orten, und das Kloster wurde geehrt und berühmt. Es starb aber die genannte ehrwürdige Frau im Jahr des Herrn 1480, während ich am Grabe des Herrn in Jerusalem mich befand.
Als ich aber von ihrem Hingang hörte, ward ich von nicht geringer Trauer und Kummer ergriffen; denn sie war mir in dem Herrn sehr befreundet als geistliche Mutter und Tochter in Christo. Durch ihre Verdienste ist es ohne Zweifel geschehen, daß nach ihr die Nachahmerin ihres Lebens und ihrer Sitten Agnes Sutterin gewählt wurde, eine sonderlich fromme und der Verstorbenen so ähnliche Frau, daß es nicht leicht ist, zwischen der Vorgängerin und Nachfolgerin zu unter-
1) Veesenm.: Die rota (Rad) ist eine Drehscheibe zum Verkehr des Klosters mit der Außenwelt. ¶