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Dessau, Köthen, Koswig und Roßlau erhielt. Es entstanden so die Ascherslebensche, die ältere Bernburger und die ältere Zerbster Linie. Die Ascherslebensche Linie erlosch schon 1315 mit Otto II., dem Enkel Heinrichs I., und ihre Besitzungen fielen an die Bernburger Linie, deren Gründer Bernhard I. (1252-86) sich Graf von Anhalt nannte. Sein Sohn Bernhard II. (1286-1318) erlangte eine Erweiterung seines Besitzes durch die Ascherslebensche Erbschaft, von der er den Titel eines Grafen von Askanien und Fürsten in Anhalt annahm, obwohl sein Bruder Albrecht, Bischof von Halberstadt, Ansprüche auf Aschersleben erhob.
Die Streitigkeiten darüber dauerten unter Bernhard III. (1318-48) fort und führten sogar 1324 und 1340 zu Fehden, die das Bistum im faktischen Besitz von Aschersleben ließen. Nach Bernhard IV. (1348-54) und Heinrich IV. (1354-74) regierte Bernhard V. mit seinem Oheim Otto III. und später mit dessen Sohn Otto IV. gemeinschaftlich (1374-1410). Der letzte Fürst aus der Linie, Bernhard VI., versuchte 1439 vergebens, Aschersleben wiederzuerobern, u. starb 1468 kinderlos.
Die Zerbster Linie, von Siegfried I. (1251-1290 oder 1298) gestiftet, besaß anfangs Zerbst, Koswig, Dessau und einen Teil von Köthen. Unter Siegfrieds Sohn und Nachfolger Albrecht I. (1298-1316) wurde die Stadt Zerbst erworben. Albrechts Söhne Albrecht II. (1316-62) und Waldemar I. (1316-62) erhoben 1320 vergeblich Ansprüche auf die Mark Brandenburg. Johann I., Albrechts Sohn (1367-82), erwarb für Anhalt durch ein Darlehen 1370 die Grafschaft Lindau. Seine drei Söhne regierten zunächst gemeinschaftlich.
Als Waldemar III. 1391 starb, teilten die beiden andern 1396 nochmals ihre Besitzungen, so daß jetzt aus der alten Zerbster Linie zwei neue entstanden. Der Stifter der einen, der Albrechtschen Linie, war Albrecht III. (1396 bis 1423), Johanns I. zweiter Sohn, unter dessen Regierung der bis 1407 von allen anhaltischen Fürsten geführte Krieg mit dem Erzbischof Günther von Magdeburg die schönsten Landesteile von Köthen bis Dessau zur Wüste machte. Albrechts Söhne Waldemar V. (gest. 1435), Adolf I. (gest. 1473) und Albrecht IV. (gest. 1475), welche seit 1424 gemeinschaftlich regierten, gerieten in Händel mit ihrem Vetter, dem Fürsten Georg von Dessau, und der Stadt Zerbst. Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg als Schiedsrichter brachte einen Vergleich zu stande, in welchem Zerbst sein Vorrecht, stets dem Ältesten der Linie anzugehören, verlor. Adolfs Söhne Magnus I. und Adolf V. regierten ebenfalls gemeinschaftlich. Im J. 1508 überließen beide Brüder ihre Gebiete der andern Zerbster Linie und traten in den geistlichen Stand.
Die jetzt den Anteil der alten Zerbster Linie wieder ganz besitzende Siegmundsche war 1396 von Siegmund I. (1396-1405), dem ältesten Sohn Johanns I., gestiftet worden. Von Siegmunds Söhnen erlangte Georg I., der allein das Geschlecht fortsetzte, die Regierung über Köthen und Dessau, welche Besitzungen er nach dem Vergleich von 1413 mit Albrecht III. statt des Zerbster Teils übernehmen mußte. Vergebens erhob er mit seinen Brüdern und dem Herzog von Lauenburg Ansprüche auf Sachsen, wo 1422 der letzte askanische Kurfürst, Albrecht III., gestorben war.
Die Streitigkeiten Georgs mit seinen Vettern von Zerbst wurden 1460 durch einen Vergleich geschlichtet, nach welchem unter anderm auch die bernburgischen Länder an Siegmunds Nachkommen fallen sollten, was 1468 mit dem Ableben Bernhards VI. von Bernburg wirklich eintrat. Georg nahm 1473 eine neue Teilung seiner Länder zwischen seinen Söhnen Waldemar VI. und Ernst I. vor, wodurch jener Köthen, Harzgerode, Sandersleben, Freileben, Hecklingen, dieser (Stifter der Ernestinischen oder ältern Dessauer Linie) Dessau und andre Orte erhielt.
Die Harzer etc. Bergwerke, Plötzkau und einiges andre blieben gemeinschaftlich. Waldemar VI. (1473-1508), welcher so der Stifter der nach ihm benannten Waldemarschen oder ältern Köthenschen Linie wurde, erhielt 1498 Bernburg und hob den Bergbau im Harz. Er starb 1508 zu Köthen. Sein Sohn Wolfgang (1508-62, s. d.) vermehrte seinen Länderbesitz 1508, nach Abdankung der Zerbster Fürsten, durch Dornburg, Koswig und andre zerbstische Orte, 1525 durch das Stift Ballenstedt, 1526 durch das Stift Mehringen.
Da er als eifriger Freund und Beförderer der Reformation, die er 1522 in seinem Land einführte, den Zorn des Kaisers auf sich gezogen hatte, so wurden nach der unglücklichen Schlacht bei Mühlberg 1547 Bernburg und Köthen von den Kaiserlichen besetzt und das ganze Land Wolfgangs, der in die Acht erklärt worden war, dem kaiserlichen Höfling Siegmund von Ladrona gegeben, der es an Heinrich von Reuß, Burggrafen zu Meißen, für 32,000 Thlr. verkaufte. Für diese Summe löste es Wolfgang 1552 nach dem Passauer Vertrag wieder ein. Wolfgang überließ, da er keine Kinder hatte, sein Land 1562 der von allen anhaltischen Linien allein noch bestehenden Dessauischen, die 1473 mit Ernst I. ihren Anfang genommen hatte.
Ernst I. (1473-1516), im Besitz der oben erwähnten Länder, erwarb sich um die Kultur derselben sowie um die Stadt Dessau große Verdienste. Seine drei Söhne regierten anfangs gemeinschaftlich und erhielten nach dem Aussterben der von Albrecht III. gestifteten Zerbster Linie in einem Vergleich 1542 mit dem Fürsten Wolfgang von der Köthenschen Linie die Stadt Zerbst und die Hälfte des Zerbster Landes sowie 1546 Harzgerode und Günthersberge nebst dem Harzteil.
Sie führten 1533 in ihrem Lande die Reformation ein, traten 1536 zu dem Schmalkaldischen Bund, nahmen aber an dem Krieg keinen thätigen Anteil. Im J. 1546 teilten sie, wobei Johann II. Zerbst mit den auf dem rechten Elbufer liegenden Gebieten, Georg III. Plötzkau, Warmsdorf, Güsten und den Harzdistrikt, Joachim I. Dessau, Raguhn, Lippehne, Jeßnitz, Wörlitz und Zubehör erhielt. Da Georg III. 1553 und Joachim I., Luthers und Melanchthons Freund, 1561 unvermählt starben, so fielen ihre Länder an die Söhne Johanns IV. welcher bereits 1551 gestorben war.
Von diesen starb Karl I. schon 1561, seine Brüder Bernhard VII., ein Pate Luthers, und Joachim II. Ernst erbten daher Karls und Joachims I. Länder und beherrschten seit 1562, nach Wolfgangs Abdankung, ganz Anhalt. Da Bernhard 1570 kinderlos starb, so fiel das ganze Land an Joachim II. Ernst (1570-86), welcher 1572 die mit Zuziehung der Stände verfaßte Anhaltische Landesordnung erließ. Nach ihm regierten seine Söhne 17 Jahre gemeinschaftlich. Die wichtigste Begebenheit dieser Zeit war die Einführung der reformierten Lehre (1596), wozu die Streitigkeiten wegen der Konkordienformel die erste Veranlassung gaben. Am vereinigten sich die Fürsten über eine Teilung des Landes, wodurch Johann Georg I. Dessau, Christian I. Bernburg, Rudolf Zerbst, Ludwig Köthen erhielt. Ein fünfter Bruder, August, ward mit Geld abgefunden, bekam aber später
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Plötzkau abgetreten, und seine Linie beerbte 1665 die erlöschende zu Köthen. 1610 traten die anhaltischen Fürsten der Union bei. Nach Auflösung derselben infolge der Schlacht bei Prag 1620 nahmen sie zwar keinen weitern Anteil am Krieg, sahen aber trotzdem ihre Lande bald allen Drangsalen desselben preisgegeben. Durch das Restitutionsedikt 1629 wurde das Stift Gernrode dem Fürsten Christian von Bernburg entzogen. Im Westfälischen Frieden erhielt Anhalt zwar Gernrode zurück, mußte aber Aschersleben an Brandenburg abtreten. Im J. 1635 ward ein Erbeinigungsvertrag, der sogen. Senioratsrezeß, abgeschlossen, worin bestimmt wurde, daß der Älteste des fürstlichen Hauses die Gesamtangelegenheiten desselben besorgen, bei wichtigen Sachen aber in einer Zusammenkunft aller Fürsten die Mehrheit der Stimmen entscheiden und der Senior den Beschluß ausführen sollte. 1665 schlossen die anhaltischen Fürsten nach dem Erlöschen der Köthenschen Linie einen neuen Erbvergleich, wonach beim Aussterben eines Hauses die übrigen sich zu gleichen Teilen in das Land teilen sollten.
Dieser Fall trat 1797 ein, nachdem Fürst Friedrich August von Zerbst 1793 ohne Kinder gestorben war. Nach der Schlacht bei Jena besetzten die Franzosen das Land, und 1807 mußten die anhaltischen Fürsten, unter Annahme des Herzogstitels, dem Rheinbund beitreten. Am trat Anhalt zum Deutschen Bund; aber alle Bemühungen seiner Fürsten, auf dem Kongreß zu Wien das von ihnen mit Recht beanspruchte Aschersleben und Lauenburg zu erhalten, blieben fruchtlos.
Die Teilung Sachsens brachte in die engste Berührung mit Preußen, dessen Gebiet nun das anhaltische fast gänzlich umschloß. Die Folge dieses Verhältnisses war zuerst der Beitritt der drei Herzogtümer zu der 1821 abgeschlossenen Elbschiffahrtsakte, dem der Anschluß aller anhaltischen Lande an den preußischen Zoll- und Handelsverein folgte, nachdem Bernburg schon den übrigen beiden Herzogtümern mit seinem Beispiel vorangegangen war. Die Zerbster Linie war, wie erwähnt, 1793 erloschen, die Köthensche Linie hatte 1847, die Bernburgische 1863 das gleiche Schicksal, so daß in letzterm Jahr Herzog Leopold Friedrich von Anhalt-Dessau (1817-71) alle anhaltischen Besitzungen wieder zu Einem Staate, dem Herzogtum Anhalt, vereinigte.
[A.-Dessau.]
Johann Georg I., ältester Sohn Joachim Ernsts, der Stifter der Dessauer Linie des Hauses Anhalt, starb 1618 und hinterließ zwei Söhne, von denen bei der Teilung (1632) der ältere, Johann Kasimir, in Dessau folgte, der jüngere, Georg Aribert, zu seinem Anteil Radegast, Kleutsch und Wörlitz erhielt, welche Landesteile aber bald nach seinem Tod (1643) an Dessau zurückfielen. Johann Kasimir hatte 1660 seinen Sohn Johann Georg II. zum Nachfolger. Ihm folgte 1693 unter mütterlicher Vormundschaft sein Sohn Leopold, als Feldherr unter dem Namen »der alte Dessauer« berühmt.
Gleichen Ruhm als preußischer Heerführer erwarb Leopolds jüngster Sohn, Moritz. Leopolds erstgeborner Sohn, Wilhelm Gustav, der durch seine heimlich eingegangene Ehe mit Johanne Sophie Herre, einer Bauerntochter aus Dessau, Ahnherr der Grafen von Anhalt wurde, starb (1737) vor dem Vater, daher diesem 1747 der zweite Sohn, Leopold II. Maximilian, in der Regierung folgte. Er starb schon 1751. Sein Sohn und Nachfolger Leopold III. Friedrich Franz, der zuerst unter Vormundschaft seines Oheims, des Fürsten Dietrich, stand, ist der Gründer des Wohlstands seines Landes geworden.
Während seiner Regierung fiel Anhalt-Zerbst an die Dessauische Linie. Er starb 1817 und hatte seinen Enkel Leopold IV. Friedrich zum Nachfolger. Unter ihm blieb Dessau von den Bewegungen des Jahrs 1848 nicht unberührt. Von Volksversammlungen aus ergingen Petitionen um Gewährung einer Verfassung und freiheitlicher Reformen an die Regierung. Diese gab nach einigem Sträuben nach und suchte durch Berufung des volkstümlichen Ministeriums Habicht-Köppe Herr der Bewegung zu bleiben.
Die vom 29. Okt. datierende Verfassungsurkunde verkündigte eine »demokratisch-monarchische« Regierungsform, ein Ausgehen aller Gewalten vom Volk, Abschaffung des Adels etc. Aber 1849 trat vornehmlich infolge preußischen Einflusses auch hier eine Reaktion ein, deren Repräsentant das berufene Ministerium Plötz war. Dieses drang auf Abänderung der Verfassung, und obwohl die Majorität des Landtags die Mehrzahl der ministeriellen Propositionen genehmigte, so kam doch eine Einigung nicht zu stande.
Unter diesen Umständen schritt das Ministerium 12. Nov. zur Auflösung sowohl des vereinigten Landtags als der beiden Sonderlandtage in Dessau und Köthen. Da die neuberufenen Landtage sich den Wünschen der Regierung nicht fügsamer zeigten, so wurden auch sie nach kurzer Thätigkeit aufgelöst, und erfolgte die Aufhebung der Verfassung vom Eine vom Herzog zur Regelung der Verfassungsangelegenheiten ernannte Kommission legte im April. 1852 dem Herzog von Anhalt-Dessau als dem Senior des Hauses den Entwurf einer neuen landständischen Verfassung für ganz Anhalt vor, gegen welchen jedoch der engere Ausschuß der alten Landschaft des gesamten Herzogtums, besonders die Ritterschaft von Bernburg und Köthen, 1853 beim Bundestag Protest erhob. Am wurde der Vertrag wegen völligen Anfalls des Herzogtums Anhalt-Köthen an das Herzogtum Anhalt-Dessau ratifiziert.
Die auf diese Weise durch ein Patent zu Einem Staat vereinigten Herzogtümer hießen von nun ab Anhalt-Dessau-Köthen. Auf von seiten des Bundes 1854 ergangene Aufforderung setzten sich die Regierungen von Dessau und Bernburg mit den noch vorhandenen Mitgliedern der anhaltischen Gesamtlandschaft in Einvernehmen, dessen Resultat die auch von dem Bernburger Landtag angenommene feudalständische Landschaftsordnung für ganz Anhalt war, welche in Kraft trat.
Vergebens petitionierten die Stadtverordneten von Köthen 1861 um Wiederherstellung der Verfassung von 1848, der Bundestag gab einen ablehnenden Bescheid. Am ward der erste Landtag für das vereinigte Herzogtum eröffnet. Mit Preußen durch eine Militärkonvention verbunden, stand Anhalt bei dem Bundesbeschluß auf seiten dieser Macht; doch nahmen die anhaltischen Truppen, als Bestandteil der Reserve, an der eigentlichen Aktion keinen Anteil. Im Innern dauerte inzwischen die Spannung fort.
Nach den Ereignissen von 1866 trat die das Domanialvermögen betreffende Frage in den Vordergrund, indem das herzogliche Haus bestrebt war, eine Vereinbarung mit der Landesvertretung dahin zu treffen, daß das gesamte Stammgut nebst den von den anhaltischen Fürsten im Lauf der Zeit gemachten Erwerbungen als Privateigentum des herzoglichen Hauses anerkannt werde, wogegen dieses einen Teil der Landesschuld übernehmen und eine bestimmte jährliche Summe zur Bestreitung der Staatsausgaben
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beitragen solle. Die Landesvertretung wies die hierauf bezügliche Vorlage, als dem Interesse des Landes nachteilig, beharrlich zurück, und erst 1872 kam die Auseinandersetzung des herzoglichen Hauses mit dem Land in betreff des Domanialbesitzes zu stande. Auf Herzog Leopold Friedrich folgte sein Sohn Leopold Friedrich.
[A.-Bernburg.]
Christian I. (gest. 1630) war der Stifter der jüngern Bernburgischen Linie. Ihm folgten 1630 seine Söhne Christian II. (gest. 1656) und Friedrich (gest. 1670), von denen letzterer bei der Teilung 1635 Harzgerode nebst dem sogen. Harzbezirk erhielt und Stifter der Linie Bernburg-Harzgerode wurde. Mit seinem Sohn Wilhelm erlosch 1709 die Linie Bernburg-Harzgerode wieder, und ihre Besitzungen fielen an Bernburg zurück. Hier folgte auf Christian II. Viktor Amadeus, der 1677 die Primogenitur einführte.
Als er 1718 starb, erhob sich zwischen seinen beiden Söhnen Karl Friedrich und Leberecht ein Streit über Harzgerode, der durch Österreichs Vermittelung dahin geschlichtet wurde, daß Karl Friedrich als der Erstgeborne Harzgerode erhalten, Leberecht aber mit einer Abfindungssumme von 18,000 Thlr. und dem Amt Hoym und einigen andern Gütern, diese wie jenes unter der Landeshoheit Bernburgs, entschädigt werden sollte. So wurde Leberecht der Stifter der Nebenlinie Bernburg-Hoym, welche sich später, nachdem sie die Herrschaften Schaumburg und Holzapfel im Nassauischen erworben, Anhalt-Bernburg-Schaumburg-Hoym nannte und 1812 erlosch, worauf die anhaltischen Besitzungen derselben an die Hauptlinie Bernburg zurückfielen.
Die Hauptlinie Bernburg wurde von Viktor Amadeus' ältestem Sohn, Karl Friedrich (1718-21), fortgepflanzt. Ihm folgte sein Sohn Viktor Friedrich (1721-65), diesem Friedrich Albrecht (1765-96), der, wie sein Vater, das Wohl des Landes sich sehr angelegen sein ließ. Unter der Regierung seines Sohns und Nachfolgers Alexius Friedrich Christian (1796-1834) wurden die bernburgischen Lande durch den Anfall des dritten Teils von Zerbst vergrößert. Bei der körperlichen und geistigen Schwäche seines Sohns und Nachfolgers Alexander Karl (1834-63) hatte er demselben einen Geheimen Konferenzrat zur Seite und an die Spitze der Geschäfte gestellt. Im J. 1848 glaubte der Konferenzrat am klügsten zu handeln, wenn er selbst den Wünschen des Volks, die sich in zahllosen Petitionen und Beschwerden äußerten, entgegenkäme, und erließ 3. Mai eine provisorische Verordnung, wonach der Konferenzrat selbst in die Stellung eines konstitutionellen verantwortlichen Ministeriums der künftigen Ständeversammlung gegenüber eintrat. Am 5. Juli erschien der langersehnte Verfassungsentwurf, auf Grund dessen der Zusammentritt der Volksvertreter auf den 31. Juli festgesetzt wurde.
Als aber die Verfassung (31. Okt.) zu stande gekommen war und dem Herzog zur Sanktion übergeben werden sollte, versagte dieser von Quedlinburg aus, wohin er sich begeben, seine Zustimmung. Zugleich erfolgte die Entlassung des bisherigen Ministeriums und die Ernennung v. Krosigks zum interimistischen Staatsminister. Der Landtag wandte sich darauf an den Erzherzog-Reichsverweser um Sendung eines Reichskommissars. Als solcher kam (16. Nov.) der Appellationsgerichtsrat v. Ammon aus Köln, worauf auch der Herzog nach Ballenstedt zurückkehrte. Am 29. Nov. faßte der Landtag mit 18 Stimmen gegen eine den Beschluß, daß wegen der eigentümlichen Verhältnisse in der herzoglichen Familie der Herzog von Anhalt-Dessau die Regentschaft des Landes, dessen Selbständigkeit unbeschadet, übernehmen und sofort die Verfassung sanktionieren solle. Doch wurde 14. Dez. der Landtag aufgelöst und zugleich eine oktroyierte Verfassung veröffentlicht, deren Revision dem nächsten ordentlichen Landtag vorbehalten wurde. Als die Wahlen zu diesem letztern, die auf den angesetzt waren, ein für das Ministerium ungünstiges Resultat brachten und dieses aus eigner Machtvollkommenheit eine Wahl für ungültig erklärte und eine Neuwahl anordnete, gab solches Verfahren Veranlassung zu einem blutigen Zusammenstoß 16. März in Bernburg. Die bernburgische Regierung war die erste, die sich 9. Juni von der Reichsverfassung lossagte und dem Dreikönigsbündnis anschloß. Die Revision der oktroyierten Verfassung war Ende Februar 1850 beendet, und 15. Mai wurde letztere zugleich mit einem neuen Wahlgesetz und einer Gemeinde- und Kreisordnung publiziert. Der im Juli einberufene außerordentliche Landtag geriet mit der Regierung wieder in Konflikt und wurde deshalb 1. Sept. aufgelöst. Nachdem auf Grund des Bundesbeschlusses vom eine weitere Revision der Verfassung vorgenommen worden war, nahm der Landtag die von den zwei anhaltischen Regierungen gemeinsam festgestellte Vorlage in betreff der vom Bundestag aus empfohlenen Gesamtverfassung der anhaltischen Lande an und beschloß damit seine Sonderexistenz. 1855 machte es der fortdauernde Schwächezustand des Herzogs notwendig, daß der Herzogin Friederike die Mitregentschaft übertragen wurde. Als Herzog Alexander Karl ohne Erben starb, fiel das Land kraft des Erbvertrags von 1665 an Anhalt-Dessau-Köthen, dessen Herzog Leopold Friedrich 30. Aug. den Titel eines »Herzogs von Anhalt« annahm.
[A.-Köthen.]
Als Ludwig, der Stifter der Linie Anhalt-Köthen, einer der Gründer der Fruchtbringenden Gesellschaft, 1650 starb, hatte er seinen unmündigen Sohn Wilhelm Ludwig zum Nachfolger. Nach dessen kinderlosem Absterben 1665 fiel das Land an die Söhne Augusts von Plötzkau, des bei der Teilung abgefundenen dritten Sohns Joachim Ernsts, die Prinzen Leberecht und Emanuel. Leberecht starb schon 1669 kinderlos, Emanuel 1670, und diesem folgte sein nachgeborner Sohn Emanuel Leberecht, der erst 1692 die Regierung antrat und schon 1704 starb. Er hatte seine Söhne Leopold (gest. 1728) und August Ludwig (gest. 1755) zu Erben.
Des letztern Sohn und Nachfolger Karl Georg Leberecht, kaiserlicher Feldmarschall, fiel im Kriege gegen die Türken zu Semlin 1789. Ihm folgte sein Sohn August Christian Friedrich, der ebenfalls kaiserlicher Feldmarschall war. Ein großer Verehrer Napoleons, suchte er seit 1810 in seinem Ländchen alles auf französischem Fuß einzurichten. Er teilte dasselbe in zwei Departements, bildete einen Staatsrat, führte den Code Napoleon ein und stiftete 1811 einen Verdienstorden.
Alle diese Schöpfungen hörten bei seinem Tod (1812) wieder auf. Sein Nachfolger war der unmündige Sohn seines Bruders Ludwig, mit dem 1818 die Linie erlosch. Seine ungeregelte Finanzwirtschaft, Soldatenspielerei und Jagdleidenschaft hatten die Schulden des Landes auf 2 Mill. Thlr. gesteigert, was zur Folge hatte, daß unter Vermittelung Kursachsens die Finanzverwaltung der Hauptsache nach unter ständische Leitung gestellt ward. Das Land fiel darauf an Ferdinand, einen Sprößling der Linie Anhalt-Köthen-Pleß. Diese war von dem Vater des eben erwähnten Ferdinand Friedrich Erdmann, dem
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zweiten Sohn des Herzogs August Ludwig, nach Erwerbung der Herrschaft Pleß in Oberschlesien 1765 als Sekundogenitur gestiftet worden. Ferdinand trat 1825 nebst seiner Gemahlin in Paris zur katholischen Kirche über und führte die Barmherzigen Brüder und die Jesuiten in Köthen ein. Ihm folgte 1830 sein Bruder Heinrich, der bisher die Sekundogenitur Anhalt-Köthen-Pleß innegehabt hatte. Diese ging nun wieder auf den jüngern Bruder, Ludwig, über, der aber selbst 1841 kinderlos starb.
Herzog Heinrich trat hierauf das Fürstentum Pleß dem nächsten Fideikommißerben, dem Grafen von Hochberg-Fürstenstein, gegen eine lebenslängliche Rente von 30,000 Thlr. ab. Die völlige Zerrüttung der finanziellen Angelegenheiten des Herzogtums, welche 1845 an den Tag kam (die Staatsschuld bezifferte sich auf 4,323,249 Thlr.), ist ihm nicht zur Last zu legen, sondern datierte aus frühern Zeiten. Die Agnaten und Preußen nahmen sich der Sache an, und einem preußischen Beamten, der in köthensche Dienste trat, v. Goßler, gelang es, wenigstens finanzielle Ordnung einzuführen, wie er sich auch als Minister Vertrauen im Land erwarb.
Der Herzog starb ohne Leibeserben worauf der Herzog von Anhalt-Dessau als Senior für die beiden andern Linien von Anhalt-Köthen Besitz ergriff und es auf Grund des abgeschlossenen Vertrags mit Anhalt-Dessau vereinigte.
Vgl. Beckmann, Historie des Fürstentums Anhalt (Wittenb. 1710, 7 Tle.);
Stenzel, Handbuch der anhaltischen Geschichte (Dessau 1820);
G. Krause, Urkunden, Aktenstücke und Briefe zur Geschichte der anhaltischen Lande und ihrer Fürsten unter dem Druck des Dreißigjährigen Kriegs (Leipz. 1862-66, 5 Bde.);
in kürzerer Fassung: Heine, Geschichte des Landes Anhalt und seiner Fürsten (Köthen 1866);
Siebigk, Das Herzogtum Anhalt. Historisch, geographisch und statistisch dargestellt (Dessau 1867).