Titel
Zwickau
,
Holywood - Holz

* 5
Holz.
[* 1] 1) Hauptstadt der gleichnamigen sächs. Kreishauptmannschaft, in einem
anmutigen
Thal
[* 3] und am linken
Ufer der Zwickauer
Mulde,
Knotenpunkt der
Linien Zwickau
-Chemnitz,
Werdau-Zwickau,
Zwickau-Ölsnitz
und
Zwickau-Schwarzenberg der
Sächsischen Staatsbahn, 288 m ü. M., ist in seinem ältern Teil unregelmäßig
gebaut und von altertümlichem Aussehen. Unter den 6
Kirchen (worunter eine neue katholische) zeichnet sich die seit 1451 im
reinsten gotischen
Stil erbaute, 1839-42 renovierte schöne Marienkirche mit einem 87 m hohen
Turm,
[* 4] der
größten
Glocke
Sachsens, mehreren alten Grabdenkmälern und trefflichen altdeutschen Gemälden (von
Wolgemut und
Lukas
Cranach
dem jüngern), einem sehenswerten, angeblich von
Adam
Krafft in
Holz
[* 5] geschnitzten
Flügelaltar und einer kunstvollen
Holzschnitzerei
(das
Heilige Grab) von 1507 aus. 1884 ist mit einer umfassenden
Restauration der Außenseiten und mit
Ausstellung
zahlreicher
Statuen an denselben begonnen worden.
Steinkohleformation II

* 7
Steinkohleformation III. (Einseitige Farbtafel).
Die Katharinenkirche (an welcher
Thomas
Münzer von 1520 bis 1522
Prediger war), ebenfalls im gotischen
Stil erbaut, ist mit
wertvollen Gemälden von
Hans von
Kulmbach geziert. Sonst sind zu nennen: das
Rathaus (von 1581, mit dem Ratsarchiv, welches
auch das von
Hans
Sachs geschriebene
Manuskript einer größern Anzahl
Bände seiner Gedichte enthält),
das in spätgotischem
Stil 1522-24 erbaute
Gewandhaus (als
Theater
[* 6] und zu
Konzerten benutzt), das
Schloß
Osterstein (jetzt
Strafanstalt
für
ca. 1100 männliche Gefangene), das Gymnasial- und Realgymnasialgebäude (vor ersterm das Kriegerdenkmal), das Gebäude
der Reichspost etc. Bemerkenswert sind auch: das Geburtshaus des
Komponisten
Robert
Schumann am
Markt und
ein andres
Haus daselbst, in welchem
Luther und
Melanchthon bei ihrer Anwesenheit in Zwickau
wohnten. Die Zahl der Einwohner belief
sich (1885) mit der
Garnison (ein Infanteriereg. Nr. 133) auf 39,243
Seelen, darunter 37,850
Evangelische und 1068 Katholiken.
Zwickau
ist
Mittelpunkt des Steinkohlenbergbaues im
Erzgebirge (s. das
Profil auf Tafel
»Steinkohlenformation
III«).
[* 7]
Die
Kohlenlager, etwa 8 qkm im
Umfang und 7-17 m mächtig, welche die Hauptquelle des
Reichtums der ganzen Gegend bilden und
sich außer dem
Weichbild der Stadt namentlich noch auf die
Fluren der Umgegend verbreiten, werden zwar schon 1348 erwähnt,
aber erst seit 1823 im großen ausgebeutet. Gegenwärtig sind über 80
Gruben mit einer Arbeiterzahl von
mehr als 8000 im Betrieb, die
Produktion beträgt über 2½ Mill.
Ton. jährlich. Außerdem hat Zwickau
chemische und Steinzeugwaren-,
Zwickel - Zwiebel

* 9
Seite 16.1016.
[* 1]
^[Abb.:
Wappen
[* 8] von Zwickau.]
¶
mehr
Porzellan-, Glas-, Neusilberwaren-, Segeltuch-, Maschinen-, Kessel-, Armatur-, Draht- und Hanfseil-, Treibriemen-, Farbewaren-, Papier-,
Strumpfwaren-, Portefeuille-, Handschuh-, Blechlöffel-, Kokosfaserwaren- und Lampenfabrikation, viele große Ziegeleien, eine
große Dampfschneidemühle, Metallgießerei, Vigognespinnerei, Woll- u. Baumwollzeugweberei, Gerberei, Färberei, Faßfabriken,
Koksanstalten, Gärtnerei, Kunsttischlerei, Bierbrauerei
[* 10] etc. Der Handel, unterstützt durch eine Reichsbanknebenstelle, eine
Filiale der Sächsischen Bank, die Zwickauer
Bank und andre Geldinstitute sowie durch eine Börse (hauptsächlich
für Kohlenaktien), ist sehr lebhaft, besonders in Getreide,
[* 11] Leinen, Wolle, Steinkohlen, Ziegeln etc. Allwöchentlich finden zweimal
besuchte Wochenmärkte statt. An Bildungs- und ähnlichen Anstalten hat Zwickau
ein Gymnasium mit einer für die Reformationsgeschichte
wertvollen Bibliothek (20,000 Bände), ein Realgymnasium, eine Handels- und eine Bergschule, ein Waisenhaus,
einen Kunstverein, eine mineralogisch-geologische Sammlung (Richterstiftung) etc. Die städtischen
Behörden zählen 11 Magistratsmitglieder und 30 Stadtverordnete.
Weberei

* 12
Weberei.
Sonst ist die Stadt Sitz einer Kreis- und einer Amtshauptmannschaft, eines Landgerichts, eines Hauptsteueramtes, einer Berginspektion
und andrer Behörden. In der Umgebung sind bemerkenswert: der an der Südwestseite der Stadt gelegene
Stadtpark mit dem Schwanenteich und dem Schwanenschlößchen und der Windberg mit hübscher Aussicht. Wichtige Orte im Steinkohlenrevier
sind: Bockwa mit Ziegelbrennereien u. 2079 Einw., Schedewitz mit Kammgarnspinnerei, Fabrikation von Halbwollwaren und 5728,
Reinsdorf mit 4953, Niederkainsdorf mit dem großen Eisenhüttenwerk Königin Marien-Hütte (Fabrikation von Bessemerstahl und
Eisenbahnschienen) und 3067, Niederplanitz mit der schönsten Dorfkirche Sachsens (in welcher Gemälde von Lukas Cranach), einem
Schloß mit Park und 7328, Oberplanitz mit 5211, Oberhohndorf mit Porzellanfabrik und 1426, Wilkau mit Kammgarnspinnerei, Zuckerwarenfabrikation,
Bierbrauerei und 5309 und Marienthal mit Weberei
[* 12] und 3696 Einw. Sämtliche Orte haben Steinkohlenbergbau. - Zum Landgerichtsbezirk
Zwickau
gehören die 16 Amtsgerichte zu: Eibenstock,
[* 13] Glauchau,
[* 14] Hartenstein, Hohenstein-Ernstthal, Johanngeorgenstadt, Kirchberg, Lichtenstein,
Lößnitz, Meerane,
[* 15] Schneeberg, Schwarzenberg, Waldenburg
[* 16] i. S., Werdau,
[* 17] Wildenfels und Zwickau.
- Zwickau
(fälschlich durch Cygnea, »Schwanenstadt«,
erklärt) ist sorbischen Ursprungs und blühte bald empor, da es an der Handelsstraße lag, die von Sachsen
[* 18] nach Böhmen
[* 19] führte.
Schon um 1030 erscheint es als Stadt, gehörte ursprünglich dem Osterland, dann dem Pleißengau an und war einem Vogt unterstellt, weil es unmittelbar zum Reiche gehörte. Markgraf Heinrich der Erlauchte von Meißen [* 20] erhielt die Stadt zunächst als Unterpfand für die Mitgift bei der Verlobung seines Sohns Albrecht mit Margarete, Kaiser Friedrichs II. Tochter. Dennoch behielt Zwickau eigne Verwaltung. 1311 und 1323 ward der Pfandbesitz den Markgrafen von Meißen neu bestätigt, von Karl IV. jedoch in ein Lehen verwandelt. 1403 wurde die ganze Stadt ein Raub der Flammen.
Blutbewegung (chemisch

* 21
Blüte.Wieder aufgebaut, entfaltete sie sich zu immer größerer Blüte, [* 21] namentlich nach der 1470 erfolgten Entdeckung der Schneeberger Silberbergwerke. Die Reformation ward schon 1521 eingeführt, und von hier ging die Sekte der Wiedertäufer (s. d.) aus. Durch den Dreißigjährigen und Siebenjährigen Krieg wurden der Stadt tiefe Wunden geschlagen, von denen sie sich erst in neuester Zeit wieder erholt hat.
Vgl. Herzog, Chronik der Kreisstadt Zwickau (Zwick. 1839-1845, 2 Bde.);
Derselbe, Geschichte des Zwickauer Steinkohlenbaues (Dresd. 1852);
Derselbe, Geschichte des Zwickauer Gymnasiums (Zwick. 1869);
»Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen«, Heft 12 (Dresd. 1889).
Die Kreishauptmannschaft Zwickau (s. Karte »Sachsen«) umfaßt 4619 qkm (83,89 QM.) mit (1885) 1,190,849 Einw. (darunter 1,170,081 Evangelische, 16,448 Katholiken und 979 Juden) und besteht aus den 10 Amtshauptmannschaften:
Qkilom. | QMeilen | Einwohner (1885) | Einw. auf 1 QKilom. | |
---|---|---|---|---|
Annaberg | 434 | 7.88 | 93![]() |
215 |
Auerbach | 427 | 7.76 | 77![]() |
183 |
Chemnitz (Stadt) | 15 | 0.27 | 110![]() |
- |
Chemnitz | 497 | 9.03 | 166![]() |
335 |
Flöha | 404 | 7.34 | 77![]() |
191 |
Glauchau | 316 | 5.74 | 128![]() |
313 |
Marienberg | 404 | 7.34 | 59![]() |
146 |
Ölsnitz | 457 | 8.30 | 53![]() |
116 |
Plauen | 543 | 9.86 | 123![]() |
227 |
Schwarzenberg | 511 | 9.28 | 95![]() |
186 |
Zwickau | 610 | 11.08 | 205![]() |
337 |
2) (Böhmisch-Zwickau) Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Gabel, an dem Flügel Röhrsdorf-Zwickau der Böhmischen Nordbahn, hat ein Bezirksgericht, Baumwollweberei, Färberei, Bierbrauerei und (1880) 5124 Einwohner.