das namentlich in
Frankreich bei den besitzenden
Klassen herrschende Bestreben, die Zahl der
Kinder
in der
Ehe auf zwei zu beschränken. Die gleiche
Teilung des Vermögens und des Grundbesitzes, die die
franz. Gesetzgebung sowohl wie die
Sitte fordert, hat jedenfalls viel dazu beigetragen, solchen
Anschauungen, die zuweilen
auch sogar fast offiziell begünstigt worden sind, in der öffentlichen
Meinung
Boden zu verschaffen. Infolge der Herrschaft
des Zweikindersystem ist in
Frankreich die Geburtenfrequenz und damit die Volksvermehrung sehr gering. (S.
Geburtsstatistik undBevölkerung.)
[* 2]
[* 2] die einem bestimmten Gebiet (Land, Provinz, Wohnort, Stromgebiet etc.) angehörende
Volksmenge. Dieselbe wird gewöhnlich nur für ein geschlossenes Staatsgebiet oder einen administrativen Teil desselben statistisch
erhoben und zwar als innerlich durch Abstammung, Sprache,
[* 5] Sitte und andre Gemeinsamkeiten verbundene Einheit, deren Glieder
[* 6] nach
physiologischen und sozialen Merkmalen, wie Geschlecht, Alter, Familienstand, Wohnplätzen etc., sich gruppieren lassen.
Größe der und ihrer Unterabteilungen sowie deren Änderungen sind nicht allein praktisch für Staatsleben
und Volkswohlfahrt von Wichtigkeit, sondern es sind auch diese Änderungen, da sie gewisse teils auf bestimmte Ursachen zurückführbare,
teils noch der Aufklärung harrende Regelmäßigkeiten aufweisen, von hoher wissenschaftlicher Bedeutung. Infolgedessen ist
die Bevölkerung Gegenstand einer besondern Wissenschaft, der Bevölkerungslehre, geworden. Dieselbe zerfällt in:
1) die Bevölkerungsstatistik, welche sich mit Erhebung und Zusammenstellung der die Bevölkerung betreffenden statistischen Thatsachen
befaßt und nicht allein, weil die Bevölkerung den Mittelpunkt des Staatslebens bildet, sondern vorzüglich auch deshalb, weil die
Bevölkerung reiches, zu Vergleichungen brauchbares und kontrollfähiges Material liefert, den wichtigsten Teil
der Statistik ausmacht;
2) die Theorie der Bevölkerung (Bevölkerungslehre im eigentlichen Sinn oder Populationistik), welche die aus
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mehr
den statistischen Thatsachen sich ergebenden allgemeinen Gesetze und Regelmäßigkeiten aufstellt und begründet;
3) die Bevölkerungspolitik, welche die Aufgaben behandelt, die sich aus jenen Thatsachen und Regelmäßigkeiten für das öffentliche
Leben, insbesondere für ein ordnendes Eingreifen der Staatsgewalt, ergeben.
Die ersten Keime dieser Wissenszweige reichen zum Teil bis in das Altertum zurück. Man suchte zu bestimmten
Zwecken (Besteuerung, politische Verfassung etc.) die Volkszahl zu ermitteln. Mit fortschreitender politischer Entwickelung erkannte
man nicht allein in der Volkszahl eine wichtige Bedingung für Kraft
[* 8] und Wohlstand des Staats, sondern man war auch mit weiterer
Ausbildung des Verkehrs genötigt, die einzelne Person als Trägerin von Rechten und Pflichten bestimmt zu
bezeichnen. So entstanden die Listen für Geburten, Heiraten und Sterbefälle.
Chr. Bernoulli (»Handbuch
der Populationistik«, Ulm
[* 15] 1840 u. 1843) in Deutschland. Eine echt wissenschaftliche Bearbeitung erfuhr die Bevölkerungslehre
vorzüglich durch die belgischen StatistikerQuételet (»Sur l'homme, ou essai de physique sociale«, Par. 1835; deutsch von
Riecke, Stuttg. 1838; neu bearbeitet unter dem Titel: »Physique sociale«, Brüss. u.
Par. 1869, 2 Bde.),
Die Wissenschaft der Bevölkerung befaßt sich zunächst mit der Ermittelung des derzeitigen Zustandes einer bestimmten
Volksmenge, ihrer Zahl und Eigenschaften (Stand der Bevölkerung), dann mit Erforschung und Erklärung der Veränderung dieses Zustandes
(Gang,
[* 17] Bewegung, Wachstum der Bevölkerung).
Die Ermittelung von Stand und Bewegung der Bevölkerung erfolgt teils direkt durch systematische Aufzeichnungen (Zivilstandsregister,
Steuerkataster etc.) und Zählungen, teils indirekt durch Schätzung und Berechnung. Die indirekte Methode knüpft an Verhältnisse
an, welche zur Zahl in Beziehung stehen (Zahl der Familien, Wohnhäuser,
[* 18] der Geburten, Sterbefälle etc.). Dieselbe führt nur
unter bestimmten Voraussetzungen (Unveränderlichkeit der gesamten Volkszahl, genaue Ermittelung von Aus- und Einwanderung
etc.) zu richtigen Ergebnissen und bildet, wenn sie sich nicht auf vorausgegangene
Zählungen stützen kann, einen wenig brauchbaren Notbehelf.
Ganz unzuverlässig ist das Verfahren, nur einen Teil des zu beobachtenden Gebiets auszuzählen und das gewonnene Ergebnis
auf das ganze Gebiet nach dem Verhältnis seiner Größe anzuwenden. Denn die Voraussetzung, auf welche es sich
stützt, daß der Teil gleichsam eine Verjüngung des Ganzen darstelle, wird in der Praxis nicht erfüllt. Sonach bildet eine
unumgängliche Grundlage der Bevölkerungsstatistik die direkte Auszählung, welche von Zeit zu Zeit zu wiederholen und inzwischen
durch fortlaufende Aufzeichnungen und Berechnungen zu ergänzen ist (s. Volkszählungen).
Zu unterscheiden sind absolute und relative Bevölkerung. Die erstere, welche die Einwohnerzahl
eines ganzen Zählgebiets angibt, ist von Bedeutung für Beurteilung der volkswirtschaftlichen, militärischen und finanziellen
Leistungsfähigkeit eines Volkes. Schwierig ist bei der heutigen Verkehrsentwickelung die Ermittelung der rechtlichen (ortsansässigen,
am Zählungsort heimatsberechtigten, bez. staatsangehörigen) Bevölkerung, weil
hierbei Abwesende zu berücksichtigen und die Angaben der Anwesenden richtig zu stellen sind; dieselbe
hat eine besondere Bedeutung, wenn sie als Maßstab
[* 19] der politischen Rechte und Pflichten dient.
Leichter ist die Zählung der faktischen oder thatsächlichen Bevölkerung. Als solche gilt einmal die Wohnbevölkerung,
d. h. diejenige, welche sich regelmäßig dauernd an einem Ort aufhält, dann die rein faktische, d. h.
diejenige, welche augenblicklich sich am Ort befindet. Letztere wird in Deutschland gezählt, wobei jedoch neben der rein faktischen
auch die Wohnbevölkerung ermittelt werden kann; erstere zählen die Niederlande,
[* 20] wobei freilich die Bestimmung des Begriffs
»dauernde Anwesenheit«, die Zuzählung abwesender Ortsangehörigen und
die Ausscheidung von anwesenden Fremden große Schwierigkeiten bereiten.
Die relative oder spezifische Bevölkerung gibt das Verhältnis der Volkszahl zum Flächeninhalt des Zählgebiets (durchschnittliche
Bevölkerung der Flächeneinheit) oder die Volksdichtigkeit an. Dieselbe ist von Land zu Land, dann in einzelnen Teilen
eines und desselben Landes sehr verschieden, wie folgende Tabelle zeigt.
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Ausführlichere Angaben enthält die unsrer Karte beigegebene Tabelle.
Eine große Dichtigkeit der Bevölkerung ist im allgemeinen möglich bei großer Fruchtbarkeit des Landes, einfachen Bedürfnissen
der Bevölkerung (Java), intensiver Bodenwirtschaft (China,
[* 24] Lombardei), hoher Entwickelung des Verkehrswesens und der Industrie (England,
Belgien,
[* 25] Sachsen)
[* 26] etc. Sie kann aber auch entstehen, ohne daß das Gebiet, auf welchem sie sich befindet,
ausreichende Unterhaltsmittel für dieselbe zu liefern vermag. Wie eine große Stadt ihre Nährmittel aus einem großen Umkreis
bezieht, ohne dieselben immer direkt durch Gegenleistungen aus dem Gebiet von Handel und Industrie zu vergüten
(Rentner, Beamte, persönliche Dienstleistungen etc.), so kann auch die Bevölkerung eines
größern Landes sich erhalten, ohne gerade auf dem Boden, auf welchem sie lebt, alle Vorbedingungen einer dauernden Existenz
zu finden, sei es, daß ihr der Zwischenhandel genügenden Erwerb verschafft, oder daß ihr Kolonialländer
mit oder ohne Vergeltung die nötigen Mittel liefern (Verzehrung von in der Kolonie durch Industrie, Handel oder in öffentlichen
Stellungen erworbenem Vermögen, Tribute etc.), oder daß ihr das AuslandZinsen zu zahlen hat. Es kann aber auch eine sehr dichte
Bevölkerung die Folge von leichtfertiger Eheschließung und Kinderzeugung sein.
Fehlt es in einem solchen Fall an genügender wirtschaftlicher Rührigkeit und Thatkraft, so bildet sich eine Übervölkerung.
Ganz allgemein spricht man von Übervölkerung, wenn das eigne Wohngebiet nicht die genügenden Nährmittel liefern kann.
Da aber auch in einem solchen Fall eine sehr dichte Bevölkerung nicht allein dauernd ihren Unterhalt finden, sondern
selbst in Wohlstand leben kann, so bezeichnet man als Übervölkerung im engern und eigentlichen Sinn eine solche Bevölkerung, welche
so dicht ist, daß ein Teil derselben keine Gelegenheit zu genügendem Erwerb zu finden vermag.
Allgemeine Symptome derselben sind eine verhältnismäßig große Zahl von Armen, von Auswanderungen, Vergehen
gegen das Eigentum etc. Nun ist der Spielraum der Ernährungsmöglichkeit ein verschiedener je nach natürlichen Verhältnissen,
nach dem Stande der Kultur und des Verkehrs. Hiernach ist der Begriff der Übervölkerung ein durchaus relativer. Sind bei ungünstigem
Klima,
[* 27] bei ungünstiger Lage und Beschaffenheit des Bodens (Gebirgsland, Wüste), bei geringer Entwickelung
von Transport und Handel, von industrieller und landwirtschaftlicher Technik (Jägervölker, Nomadentum) nur wenig Menschen auf
gegebener Fläche sich zu ernähren im stande, so kann auf gleichgroßer Fläche unter den entgegengesetzten Verhältnissen
eine sehr dichte Bevölkerung allenfalls einen reichlichen Unterhalt finden (fruchtbare Ebene, Flußniederung, lebhafter Handel,
industrielle Blüte).
[* 28]
Eine gewisse Dichtigkeit der Bevölkerung mit städtischen Zentralpunkten ist allerdings Vorbedingung für Entwickelung der Kultur; bei
zu dünner Bevölkerung, möge sie unter günstigen oder ungünstigen natürlichen Verhältnissen leben, können wichtige
geistige und wirtschaftliche Kräfte überhaupt nicht zur Ausbildung kommen. Innerhalb gewisser Grenzen
[* 29] ist daher auch die Dichtigkeit
der ein Maßstab für die Kulturhöhe derselben. Bei Vergleichung der Dichtigkeit der Bevölkerung verschiedener
Ländergebiete ist selbstverständlich auf die Beschaffenheit des Wohnraums und auf die Art der auf demselben gebotenen Erwerbsbedingungen
Rücksicht zu nehmen.
Die Zahlen an und für sich, insbesondere Durchschnittszahlen aus großen Ländern, gewähren zur Vergleichung kein richtiges
Bild. Bei Ländern mit großen unbewohnbaren Flächen ergibt leicht die Durchschnittszahl ein zu ungünstiges, die Betrachtung
von Stadtgebieten (London, Paris,
[* 30] InselMalta), welche in engster Beziehung zu einem größern Hinterland stehen und mit demselben
ein wirtschaftliches Ganze bilden, ein zu günstiges Bild. Im übrigen ist bei Betrachtung der Dichtigkeit einer
Bevölkerung immer der Zweck im Auge
[* 31] zu behalten, für welchen Vergleichungen vorgenommen werden (verwaltungsrechtliche, politische,
Einfluß des Zusammenlebens auf Stand der Moral, der Bildung, der Vermögensverteilung, wirtschaftliche, politische Kraft etc.).
in der neuern Zeit Göhlert (»Statistische Untersuchungen über
die Ehen«, Wien
[* 44] 1870) mit dem Altersvorsprung des Vatersvor derMutter und dessen Maß zu erklären; doch
ist die Richtigkeit dieser sogen. Hofacker-SadlerschenHypothese, welche sich auf die Untersuchung einer begrenzten Zahl von
Ehen stützte, in der neuern Zeit in Zweifel gezogen worden. Mit wachsendem Alter tritt nun das umgekehrte Verhältnis ein. Das
männliche Geschlecht weist eine größere Zahl von Früh- und Totgeburten und eine größere Kindersterblichkeit
auf. Dazu kommt später der Einfluß der männlichen Beschäftigungen (aufreibende Unternehmungen, gefährliche Gewerbe, Kriege),
von Trunksucht, Ausschweifungen, Auswanderungen etc., während die Sterblichkeit des weiblichen Geschlechts mit seinem regelmäßigen
Leben trotz der Entbindungsgefahren auch in höherm Alter eine geringere ist. So kamen auf 1000 männliche Personen
weibliche