Titel
Zuständigkeit
(Geschäftskreis,
Kompetenz,
Ressort), der einer Behörde gesetzte
Kreis
[* 3] ihrer Wirksamkeit und ihre hiernach
für den einzelnen
Fall sich bestimmende amtliche Befugnis. Diese Zuständigkeit
ist zunächst eine sachlich begrenzte je nach der
Verschiedenartigkeit der Amtsthätigkeit der Behörden
(Justiz-,
Verwaltungs-,
Gemeinde-,
Finanz-, Militärbehörden etc.). Innerhalb
dieser verschiedenen Berufssphären ist dann die Zuständigkeit
wiederum sachlich abgegrenzt, indem z. B.
Übertretungen und leichte
Vergehen vor die
Schöffengerichte, schwere
Verbrechen vor die
Schwurgerichte,
Handelssachen vor die
Kammern für
Handelssachen gehören.
Dazu kommt die räumliche Abgrenzung der
Amtsbezirke und das
Verhältnis der über- und Unterordnung, in welchem die Behörden
zu einander stehen (Instanzenzug). Die Zuständigkeit
der
Gerichte insbesondere, welcher der
Gerichtsstand
(Forum),
[* 4] d. h. die Verpflichtung,
sich dem
Gericht zu stellen und seinen
Aussprüchen zu unterwerfen, entspricht, ist in der Justizgesetzgebung,
namentlich durch die deutschen
Justizgesetze, genau geregelt (s.
Gericht). Ist die
Frage, welches
Gericht im einzelnen
Fall zuständig
(kompetent) sei, zwischen verschiedenen
Gerichten streitig, so spricht man von einem
Kompetenzkonflikt und zwar von einem positiven,
wenn jedes der mehreren
Gerichte seine Zuständigkeit
behauptet, während, wenn jedes
Gericht sich für unzuständig
(inkompetent) erklärt, ein negativer
Kompetenzkonflikt vorliegt.
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In solchen Fällen ist die Entscheidung des betreffenden Obergerichts maßgebend. Schwieriger gestaltet sich die Frage, wenn
es streitig ist, ob eine Angelegenheit vor die Verwaltungsbehörden, oder ob sie vor die Gerichte gehöre, ob sie also eine
Justiz- oder eine Verwaltungssache sei (s. Verwaltung). Neuerdings wird sogar der Ausdruck »Kompetenzkonflikt« nur
zur Bezeichnung dieses Falles gebraucht, während man im Gegensatz hierzu von einem Kompetenzstreit spricht, wenn die Zuständigkeit
mehrerer Gerichts- oder mehrerer Verwaltungsbehörden untereinander in Frage steht. Nach dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetz
(§ 17) haben bei Kompetenzkonflikten der erstern Art prinzipiell die Gerichte über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu entscheiden.
Die Landesgesetzgebung kann jedoch die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden
oder Verwaltungsgerichten über die Zulässigkeit des Rechtswegs besondern Behörden nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen
übertragen:
1) Die Mitglieder eines Kompetenzgerichtshofs werden für die Dauer des zur Zeit ihrer Ernennung von ihnen bekleideten Amtes oder, falls sie zu dieser Zeit ein Amt nicht bekleiden, auf Lebenszeit ernannt. Eine Enthebung vom Amt kann nur unter denselben Voraussetzungen wie bei den Mitgliedern des Reichsgerichts stattfinden.
2) Mindestens die Hälfte der Mitglieder muß dem Reichsgericht oder dem obersten Landesgericht oder einem Oberlandesgericht angehören. Bei Entscheidungen dürfen Mitglieder nur in der gesetzlich bestimmten Anzahl mitwirken. Diese Anzahl muß eine ungerade sein und mindestens fünf betragen.
3) Das Verfahren ist gesetzlich zu regeln. Die Entscheidung erfolgt in öffentlicher Sitzung nach Ladung der Parteien.
4) Sofern die Zulässigkeit des Rechtswegs durch rechtskräftiges Urteil des Gerichts feststeht, ohne daß zuvor auf die Entscheidung der besondern Behörde angetragen war, bleibt die Entscheidung des Gerichts maßgebend.
In vielen Staaten sind nämlich für die Entscheidung der Kompetenzkonflikte zwischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten besondere Gerichtshöfe eingerichtet, welche teils aus richterlichen, teils aus administrativen Beamten zusammengesetzt sind; so z. B. in Preußen [* 6] der Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte, welcher nach der Verordnung vom aus elf vom König auf Vorschlag des Staatsministeriums ernannten Mitgliedern besteht, wovon sechs Mitglieder des Kammergerichts und fünf für den höhern Verwaltungsdienst oder zum Richteramt befähigt sein müssen.
Zur »Erhebung des Kompetenzkonflikts« sind nur die Zentral- und Provinzialbehörden befugt. Haben sich sowohl die Gerichte als die Verwaltungs- oder Verwaltungsgerichtsbehörden für unzuständig erklärt, so entscheidet der Kompetenzgerichtshof auf Antrag einer beteiligten Partei. In Baden [* 7] werden die Kompetenzkonflikte durch das Staatsministerium unter Ausschluß des beteiligten Fachministers und unter Zuziehung von drei Mitgliedern der Gerichtshöfe entschieden, in Hessen [* 8] durch den Verwaltungsgerichtshof. In Frankreich steht die Entscheidung dem Staatsrat, in England den Reichsgerichten, in Holland und Belgien [* 9] dem Kassationshof, in Nordamerika [* 10] den Justizbehörden, in Italien [* 11] und Spanien [* 12] dem Staatsrat und in den meisten schweizerischen Kantonen dem Großen Rat zu. In Österreich [* 13] entscheidet Kompetenzkonflikte das Reichsgericht und Kompetenzkonflikte zwischen dem letztern und dem Verwaltungsgerichtshof ein aus je vier Mitgliedern beider Gerichtshöfe zusammengesetzter Senat unter dem Vorsitz des Präsidenten des obersten Gerichtshofs oder seines Stellvertreters. Im Deutschen Reich, wo selbst die Angelegenheit fast in allen Staaten durch die Gesetzgebung geordnet ist, kann die Entscheidung der Kompetenzkonflikte auf Antrag eines Bundesstaats und mit Zustimmung des Bundesrats auch dem Reichsgericht durch kaiserliche Verordnung überwiesen werden.
Kompetenzstreitigkeiten zwischen Verwaltungsbehörden u. Verwaltungsgerichten werden in Preußen vom Oberverwaltungsgericht, in Württemberg [* 14] vom Kompetenzgerichtshof und in Bayern [* 15] von einem besondern Senat des Verwaltungsgerichtshofs entschieden, der sich aus höhern Verwaltungsbeamten und Mitgliedern des obersten Verwaltungsgerichtshofs zusammensetzt. Endlich ist auch die Kompetenzfrage in Ansehung der richterlichen und der gesetzgebenden Gewalt vielfach erörtert worden, und die Ansicht, daß der Richter zwar nicht über die Rechtmäßigkeit eines Gesetzes, d. h. über die verfassungsmäßige Entstehung desselben, unmittelbar entscheiden, wohl aber in einem gegebenen Fall ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit seiner Entstehung oder Verkündigung für unanwendbar erklären und somit mittelbar über dessen Gültigkeit erkennen könne, ist jetzt als die herrschende zu bezeichnen.
Vgl. Pfeiffer, Praktische Ausführungen, Bd. 3, S. 182-632; Bd. 5, S. 201 ff.; Bd. 6, S. 1-124 (Hannov. 1831-41);
Baasel und Harnisch, Die Zuständigkeit
der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbehörden (Düsseld. 1889);
weitere Litteratur beim Artikel Verwaltung.