ein halbmondförmig gekrümmtes Seebecken der schweizer. Hochebene, das 87,78 qkm große Bassin der Linth,
die als Limmat den See wieder verläßt, hat eine Länge von 39,7 km, ist zwischen Stäfa und Richterswyl
fast 4,5 km breit, zwischen Thalwyl und Herrliberg 143 m tief und liegt 409 m ü. M.
Er ist einer der anmutigsten und belebtesten Seen der Schweiz; 14 Dampfschiffe, darunter auch Salondampfer, Schraubenboote und
ein Schleppdampfer, sowie eine Menge Segelschiffe besorgen den Transport von Personen und Waren.
Hübsche Ortschaften umsäumen den See, eine ununterbrochene Doppelstadt bildend; zwischen den Häusergruppen erblickt man
Obstgärten, Wiesen, Äcker und Weinberge in lieblichem Wechsel, und von der Höhe der Uferberge schaut der Wald ernst, vom Hintergrund
her der Schneegebirgskranz feierlich auf die heitere Welt herab. Aus den Fluten tauchen die liebliche Insel
Ufenau und das kleine Nachbareiland Lützelau. Ein Bahndamm führt über die Enge, welche das Kopfende einer vorweltlichen
Moräne bezeichnet, von Rapperswyl (s. d.) nach Hurden und trennt so den teilweise schilfbewachsenen, zwischen den Kantonen St.
Gallen und Schwyz
eingebetteten Obersee von dem im Kanton Zürich
liegenden Rumpfkörper ab. Als sein Uferland sind, abgesehen
von Zürich
und seinen Nachbargemeinden, rechterseits der Züricher Bezirk Meilen und der St. Galler Seebezirk, linkerseits der Züricher
Bezirk Horgen und die Schwyzer Bezirke March und Höfe anzusehen, im ganzen eine Bevölkerung von 150,000 Seelen repräsentierend.
Der Obersee friert fast alljährlich zu, der Untersee seltener, zum letztenmal 1880/81, wo auf der Eisfläche
ein außerordentlich buntes und bewegtes Leben sich entwickelte. Eine eigne Erscheinung ist im Frühling das sogen. Blühen,
wobei sich der See mit einem gelblichen oder schmutzig weißlichen Schaum bedeckt, der teils von Infusorien, teils vom Blütenstaub
verschiedener Pflanzen herrührt. Für die Schiffahrt ist der See ohne Gefahr, da überall gute Landungsplätze
sich finden. Er nährt an 30 Arten von Fischen, unter denen der Hecht der größte, die Lachsforelle und die Trüsche die geschätztesten
sind. Längs des Obersees zieht bereits seit 1859 die Eisenbahnstrecke Rapperswyl-Uznach hin; 1875 ward die linksuferige Seebahn
Zürich-Horgen-Richterswyl-Lachen (Glarus)
eröffnet, 1877
die Zweigbahn Wädenswyl-Einsiedeln, gegenwärtig ist
auch die rechtsuferige Zürichseebahn im Bau. Bei Meilen entdeckte man 1854 die erste der Pfahlbauten, die seither in den Schweizerseen
aufgefunden worden sind.
(Kt. Zürich,
Schwyz
und St. Gallen).
Der Zürichsee ist der viertgrösste aller Schweizerseen. Er ist wie der Bodensee ganz in die Molasse
eingelagert und entbehrt deswegen wie jener den Reiz des Hochgebirgs, wenngleich nicht in so starkem
Masse, da der Obersee schon den stattlichen Voralpenstöcken Hirzli, Schänniserberg und Speer recht nahe gerückt ist. Wegen
seiner sanften Ufer und vielen idyllischen Buchten hat man ihn den lieblichsten der Schweizerseen genannt.
1. Name.
Die früheste Erwähnung des Zürichsees findet man in der Vita St. Galli aus dem 8. Jahrh., wo er lacusde Turegum heisst. Später (1250) wird er lacus Turicinus genannt; aber schon 1286 erscheint zum erstenmal der Name Zürichse,
der als «Zürichsee» bis in die Gegenwart geblieben ist. Die Bezeichnung
«Zürichersee» auf den neuern Karten ist offenbar nur eine
Analogiebildung, ähnlich wie Zugersee, Genfersee etc., wird aber nirgends gesprochen oder sonst geschrieben.
2. Karten.
Die älteste Darstellung des Zürichsees findet man auf der Schweizerkarte von Tschudi (1538), allerdings mit vielen Unrichtigkeiten.
Schon besser ist die Umgrenzung auf der Karte vom Zürichbiet von Joost Murer (1566). Viel genauer ist
unser See auf der vorzüglichen Gygerkarte (1667) im Massstab 1:32000 dargestellt. Eine noch für die Jetztzeit mustergiltige
Darstellung bringt die Dufourkarte (1834-1864) im Massstab 1:100000. Die Aufnahmen dazu wurden im Seegebiet 1843-1851 von
Ingenieur J. Wild gemacht und später in
Mce. BOREL & Cie. – NEUCHÂTEL nach der eidg. Karte 1:25000
Nach Prof. Dr. C. Dändliker
ATTINGER SC.
ZÜRICHSEE
mehr
1:25000 im Siegfriedatlas publiziert. Die Tiefenmessungen (erste genaue Auslotung eines grössern Schweizersees) wurden für 1210 Punkte
im eigentlichen Zürichsee und 460 Punkte im Obersee durchgeführt, also 19,2 Punkte pro km2. (Genfersee 20,8; Bodensee 20,7;
Neuenburgersee 9,7 Punkte pro km2). Die genaueste Karte der Seeufer wurde 1850-52 von der Zürcher
Regierung in 1:1000 erstellt. Diese nicht publizierte sog. Seekarte (in 59 Blättern) wird heute noch zum Eintragen aller
Veränderungen des Seeufers benutzt. Eine handliche Karte in Reliefton wurde in den letzten Jahren von Kümmerly und Frey
in Bern
in 1:50000 herausgegeben.
3. Geographische Lage.
Der Zürichsee, dessen Mitte unter 47° 14' 00" nördl. Br. und 6° 21' 50" östl. Länge von Paris liegt,
erstreckt sich über 0,4156 Längengrade (= 0° 24' 56") und 0,1761 Breitengrade (= 0° 10' 34").
O. Länge
N. Br.
Südlichster Punkt bei Rotbach zwischen Lachen und Altendorf
Westlichster Punkt beim Muraltengut zwischen Enge und Wollishofen
6° 11' 52"
47° 21' 8"
Differenz
0° 24' 56"
0° 7' 46"
4. Morphologie.
Gestalt. Der Zürichsee ist durch eine starke Einschnürung, den Damm von Rapperswil, in zwei nur durch zwei enge Wasserstrassen
verbundene Becken getrennt: den Obersee und den eigentlichen Zürichsee. Gewöhnlich führt nur das untere, grössere Becken,
das fast ganz vom Zürcher Lande umschlossen ist, den Namen Zürichsee, ähnlich wie das auch beim Bodensee
und Untersee der Fall ist. Der Zürichsee hat annähernd die Form eines Ringstückes von etwa 24 km Radius, und zwar lässt
sich ein Streifen von 600 m Breite mit diesem mittlern Krümmungshalbmesser so in den See legen, dass (abgesehen von der Hurdner
Landzunge) vom Einfluss der Linth bis zum Ausfluss der Limmat keines der beiden Ufer gestreift wird.
Der Mittelpunkt dieses Kreises liegt etwas nördl. des Dorfes Wila im Tössthal, der Zentriwinkel bestimmt sich zu 94° 16'
und die zugehörige Sehne ist 354 km lang. Die Länge des Sees misst 39,5 km (Hauptbecken 28 km, Obersee 11,5
km). Die grösste Breite des Sees zwischen dem Bachdelta unterhalb Kehlhof-Stäfa und der Stelle beim Inselchen Schönenwerd
oberhalb Richterswil beträgt 3,85 km und die geringste Breite auf der Strecke Rapperswil-Zürichhorn, zwischen dem Küsnachterhorn
und der Rotfarb Rüschlikon 1,57 km. Die mittlere Breite des ganzen Sees beträgt 2,2 km, (für das Hauptbecken
allein 2,4 und für den Obersee 1,7 km). Die auf beiden Seiten des geometrischen Ringstückes gelegenen Partien des Sees sind
ungefähr gleich gross.
Bemerkenswerte Abweichungen von der allgemeinen Ringform bilden vor allem die Kapuzinerbucht bei Kempraten, sodann die Bucht
von Richterswil mit dem kleinen Wallensee bei der Bächau, ebenso die Bucht von Lachen und der Frauenwinkel
bei Pfäffikon. Die kleinen, zu Hafenanlagen benutzten und mit Schutzmauern versehenen Buchten werden «Haab»
genannt, die grössern (wie in Horgen, in
Herrliberg u. s. w.) heissen «Sust». Landpartien, die in den See hineinragen, sind
die Deltaanlagerungen («Horn» genannt) vom Hornbach bei Zürich,
vom Küsnachterbach, vom Feldbach und am Obersee die
Delta der Jona und der Wäggithaler Aa. Dazu kommen die Rapperswiler Halbinsel, die Au bei Horgen (0,4 km2), die Bächau (0,13
km2) und die Landzunge von Hurden (0,6 km2), die drei letztern glazialen Ursprungs. Da alle diese Abweichungen nur klein
sind, vermögen sie die Ringform des Sees nicht wesentlich zu beeinflussen.
Von Zürich
aus ergibt sich die längste mögliche Sichtlinie über die freie Wasserfläche vom Arboretum in der Enge nach Naglikon
unterhalb der Halbinsel Au: sie misst 14,5 km. Die Wölbung der Wasseroberfläche zwischen diesen beiden Punkten berechnet
sich zu 4,14 m. Die längste Visur über die Seefläche überhaupt, von Ludretikon-Thalwil bis Pfäffikoner
Schloss misst 19 km; die Wölbung hiefür ist 7,10 m, während sie für die grösste Breite nur 0,29 m beträgt.
Die gesamte Uferlänge (ohne Berücksichtigung der ganz kleinen Einbuchtungen und Vorsprünge) misst 93 km (= 19,4 Wegstunden).
Hieran partizipieren: der Kant. Zürich
mit 52 km (links 25, rechts 27 km), der Kant. Schwyz
mit 25 km (Hauptbecken 10, Obersee 15 km),
der Kant. St. Gallen
mit 16 km (Hauptbecken 3,5 und Obersee 12,5 km). Beim Dreiländerstein, nahe dem südl. Ende des Rapperswiler Dammes
treffen sich die 3 Kantonsgrenzen.
Die Oberfläche des Zürichsees beträgt bei mittlerm Wasserstand etwa 87 km2 (Hauptbecken 67, Obersee
20). Sie verringerte sich infolge von künstlichen Landanlagen fortwährend, doch nicht um vieles; so in den 50 Jahren 1857-1906
im Kant. Zürich
rund um 1100000 m2 oder etwa 1½%. Die Auschüttungen betragen:
Uebrige Ausfüllungen im Zürcher Seegebiet (1857-1906)
818915
Total der Ausfüllungen im Zürcher Seegebiet (seit 1857):
1088465
oder durchschnittlich per Jahr
21769
Die Fläche dieser Auffüllungen würde, auf das gesamte 52 km lange zürcherische Ufer gleichmässig verteilt, einen Streifen
von 21 m ergeben. Diese Erweiterung der Ufer wird künftig weniger gross sein, da man (namentlich im
untern Teil) meistenorts bereits bis an die Halde vorgerückt ist. Die kaum in Betracht fallenden Vergrösserungen der Seefläche
infolge von Ufereinbrüchen betrug 1860-1906 nur etwa 15000 m2.
Der kubische Inhalt des ganzen Sees wird zu rund 4000 Millionen m3 angegeben, wonach sich die mittlere
Tiefe zu 46 m berechnet. Da das Hauptbecken rund 3600 Mill. m3 und der Obersee rund 400 Mill. m3 fassen, ergeben sich
die mittleren Tiefen dieser Seeteile zu etwa 54, bezw. 20 m.
Die grösste gelotete Tiefe des ganzen Sees in der Richtung Steinrad-Herrliberg nach Tischenloo-Oberrieden, 800 m
vom rechten und 1050 m vom linken Ufer entfernt, beträgt 143 m. Die tiefste Stelle im Obersee zwischen Oberbolligen und Guntlinweid-Buchberg,
etwa 700 m vom rechten Ufer entfernt, liegt 50 m unter dem Wasserspiegel.
An Inseln hat der See nur die Ufenau und Lützelau
mehr
aufzuweisen, wenn man von dem kleinen Inselchen Schönenwerd (5,2 Aren) bei Richterswil absieht, welches offenbar nur eine
künstlich erhöhte Delta-Sandanhäufung darstellt. Während die Ufenau (Eigentum des Klosters Einsiedeln) mit einem Flächeninhalt
von 10,3 ha einen Meierhof, 1 Kirche, 1 Kapelle und einen kleinen Turm trägt, findet sich auf der Lützelau
(3 ha) nur etwas altes Gemäuer, welches von einem frühern Kloster herrühren soll. Eine zeitlang wurden hier die vorzüglichen
Sandsteine in einem Steinbruch ausgebeutet und in Rapperswil (Eigentümerin der Lützelau) verwendet.
Beide Inseln liegen mit der Nagelfluhbank des Rapperswiler Schlosses in dem selben geologischen Horizont und sind offenbar
wegen ihres widerstandsfähigen Materiales bei der Herausmodellierung des Seebeckens von der Erosion
verschont worden. Während bei der Lützelau nur die Sandsteinrippe aus dem Wasser hervorschaut, ist auf der Ufenau auch noch
die Nagelfluhbank und zwischen beiden ein fruchtbarer Landstrich mit Mergeluntergrund erhalten geblieben. In der Folge wurde
die frühere Rapperswiler Insel durch das Jonadelta dem Land angegliedert; Ufenau und Lützelau aber blieben
Inseln, allerdings nur durch seichte Röhrichtstellen vom südl. Ufer getrennt.
Neben diesen Inseln gibt es noch einige grössere erratische Blöcke, die aus dem Wasser etwas hervorragen, so der etwa 15 m3
grosse und 33 cm über dem Mittelwasserstand aufragende «Stäfnerstein»;
er liegt auf einer 150 m langen und etwa halb so breiten untiefen Stelle, die sich in einer Entfernung von rund 300 m dem
Ufer parallel zieht. Bei sehr ausgesprochenem Niedrigwasserstand taucht hier eine dreieckige Insel von 120 m Länge, 30 m
Breite und 1500 m2 Fläche über den Seespiegel empor (März 1909). Dann ist zu nennen der «Stierenstein»
bei der Au, 25 m3 gross und 48 cm über Mittelwasser. An einigen Stellen nehmen auch eine grosse Zahl erratischer Blöcke
an der Uferbildung teil, so bei Kehlhof-Stäfa, beim Rapperswiler Damm, bei Bollingen am Obersee u. s. w.
Andere untiefe Stellen sind: Das «Tannli» bei Rapperswil, ein Nagelfluhriff (Fortsetzung der Schlossnagelfluh),
4 cm
unter dem tiefsten Wasserstand (seit 1810). Der «Gubelfelsen», eine Sandsteinbank 59 cm
unter dem Mittelwasser, bei tiefem Seestand sichtbar, sonst durch eine Boje markiert. Der «Punkt
405» in der Kapuzinerbucht, etwa 1,5 m unter dem Wasserspiegel, durch ein schwimmendes Holzstück
gekennzeichnet; er ist der äusserste Punkt des alten Jonadeltas, als dieselbe noch über Kempraten nach W. floss. Das «Rahmensteinhorn»
bei der Ziegelhütte im Aussenfeld-Männedorf, 2 m unter Mittelwasser, zur Zeit nicht markiert. Das «Bergli» bei Wollishofen,
eine etwa 1 m tiefe Stelle, die sich durch gelbliche Färbung an der Oberfläche bemerkbar macht, durch 2 Pfähle
und ein Tannli markiert. Früher hatte es auch im innern Hafen von Zürich
zwei solche Stellen, der «Grosse» und «Kleine
Hafner» genannt, die beide Pfahlbautenreste trugen; bei Gelegenheit der Quaibauten wurden dieselben, weil dem
Schiffverkehr sehr hinderlich, weggebaggert.
Der eigentliche Seekessel erstreckt sich von Zürich,
wo er langsam gegen die Endmoräne ansteigt, nur bis auf
die Höhe von Wädenswil und hat bis hieher normale Wannenform. Von hier an ist aber der Seeboden ganz flach
und nirgends mehr
als 30 m unter dem Seespiegel gelegen. Offenbar muss man diese Erscheinung auf Einschwemmungen von S. her
zurückführen und der ziemlich plötzliche Abbruch des unterseeischen Plateaus von Rapperswil bis Wädenswil wird wahrscheinlich
durch eine Moräne bedingt, die sich zwischen Wädenswil und Oetikon erstreckt, aber das Seeniveau nicht erreicht. So wird
wohl der sehr merkwürdige Verlauf der Tiefenlinie von 385 m gedeutet werden müssen.
Das ursprünglich tiefere Becken südl. dieses Moränenwalls wäre dann nach und nach bis an den Rand
ausgefüllt worden. Der Obersee gliedert sich in 2 Becken, von denen das obere bei Bolligen etwa 50 m und dasjenige in der
Bucht von Lachen nicht ganz 40 m tief ist. Die ziemlich breite trennende Barre liegt nur etwa 20 m unter
dem Seeniveau. Ob dieser etwa 30 m hohe unterseeische Hügelzug, der die Längsrichtung des Sees direkt quert, eine Moräne
des Gletscherrückzuges darstellt (was wahrscheinlich ist), kann zur Zeit noch nicht entschieden werden, immerhin finden
wir an der betr. nördl. Uferstelle bei Unter-Staffel eine grosse Zahl von erratischen Blöcken.
Die Uferausbildung ist eine ziemlich gleichmässige. Meist ist Flachufer mit nicht allzufernem Steilabfall vorhanden. Steilufer
mit eigentlichem Kliff finden wir nur am Untern Buchberg und ein wenig an der Halbinsel Au. Obschon auch bei Herrliberg, nördl.
von Stäfa und südl. von Richterswil das Ufer steil ansteigt, ist doch noch Platz für die Strasse und
(mit Ausnahme von Stäfa) für die Bahn. Auch den schiefen Hang finden wir selten, während die fast flache Wysse (hier «Boden»
genannt) und die steile «Halde» meist miteinander abwechseln. Es entspricht das der übrigen Ausbildung des Ufergeländes,
welches in der Regel ausgezeichnet terrassiert ist.
Diese Terrassierung setzt sich auch unter dem Wasserspiegel fort. Da die Brandung überall schwach ist, finden wir die Böden
meist bis an den Rand der Halde mit Schilf bewachsen, sodass eine Karte mit Angabe der sog. Röhrlistellen, wie sie Fischereiaufseher
Hulftegger angelegt hat (aufbewahrt im Rathaus in Zürich),
zugleich auch die Stellen mit vorhandener Wysse angibt.
Die Ausdehnung dieser Böden war früher zweifellos viel grösser, vor allem in der Nähe von Zürich,
aber auch in allen andern Seegemeinden,
sodass schon Oswald Heer 1864 wegen der schwindenden Uferflora klagen konnte. Indem das Ufer durch Mauern und Dämme markiert
wird, gestaltet man es mehr und mehr zum künstlichen Ufer. Eine genaue Prüfung hat gezeigt, dass in den
untern (nördl.) Zürichseegemeinden jeweilen nur noch ganz kleine Strecken des Ufers ursprünglich sind (von Zollikon über
Zürich
bis Wollishofen gar keine mehr), während im obern Teil von Uerikon und Bäch an und dann am Obersee ein
viel grösserer Teil noch unverändert erscheint. Im Kanton Zürich
betrug das natürliche Ufer noch:
Jahr 1850 (m)
1906 (m)
Linkes Ufer
5200
1300
Rechtes Ufer
5400
1500
Zusammen
10600
2800
oder % der Uferlänge
20,4%
5,4%
Es unterliegt keinem Zweifel, dass kein zweiter See der Schweiz in ähnlich hohem Masse der Natürlichkeit
seiner Ufer beraubt ist, doch kann man nicht sagen, zu seinem
mehr
.
Nachteil, denn die am Platze der frühern Schilfstellen erbauten schönen Landsitze können eher als Schmuck des Ufers betrachtet
werden.
Eine mit der Hinausrückung der Uferlinie zusammenhängende Erscheinung sind die mehrmals eingetretenen Ufereinbrüche. Neben
mehreren kleinen Einbrüchen von frisch aufgeworfenem Land bei Erstellung der Quaianlagen in Zürich
sind namentlich
die Abrutschungen von Horgen und Rüschlikon zu erwähnen. Bei Horgen versank am plötzlich ein Teil des bei Erstellung
der Bahnstation neuaufgeschütteten Landes beim Thalacker mit einem älteren Gebäude in den See; nachdem hier eine neue, scheinbar
festsitzende Neuauffüllung gemacht worden war, verschwand im Herbst desselben Jahres (am 22., 23. und 24. Sept.) noch
ein viel grösseres Stück Land bei der Stationsanlage, bis an das Stationsgebäude heran, in den Fluten des Sees mit einem
langen Stück der bereits dem Betrieb übergebenen Eisenbahnanlage, im Ganzen 6560 m2. Infolge dessen musste die gesamte
Linie auf eine Erstreckung von mehr als 600 m samt den Stationsgebäulichkeiten landeinwärts verlegt
werden. - Bei Rüschlikon erfolgten 1898 nördl. vom Dampfschiffsteg am 27. Mai,7. Aug. und 28. Aug. drei Einstürze, die bis an die Seestrasse
heranreichten und ein Magazingebäude samt Materialschuppen im See begruben. Infolge des Abbruchs, der 3360 m2 betrug,
musste ein Fabrikgebäude, das sehr gefährdet war, abgebrochen werden. Der Schaden belief sich auf 60000 fr.
nebst 14000 fr. für Sicherungsarbeiten.
Der Grund dieser, sowie aller andern Uferabbrüche am Seegestade ist zu suchen in der Ueberlastung des Seeschlammes mit Aufschüttungsmaterial.
Der weiche Schlamm wird durch die Mehrbelastung hinausgequetscht und der aufgeführte Schutt rutscht nach.
Es geht daraus hervor, dass sichere Landanlagen nur auf der Wysse, nicht aber auf der Halde errichtet werden können.
Die Höhe des mittleren Seespiegels über Meer wird in der topogr. Karte zu 408,6 angegeben; nach dem eidg. Präzisionsnivellement
aber, welches von der Pierre du Niton bei Genf
ausgeht, muss sie zu 409,23 angesetzt werden. Die Grösse der
Schwankung beträgt (am Zürcher Pegel gemessen) im Mittel in den letzten 15 Jahren 1,02 m, im letzten Jahrhundert (1811-1906)
im Maximum 2,52 m; der tiefste Stand mit 2,79 m unter dem Pegelnullpunkt wurde erreicht am der höchste Stand
mit 0,27 m am In frühern Jahren waren die Schwankungen noch grösser, offenbar infolge schlechter Abflussverhältnisse.
So berichtet Hans Erhard Escher in seiner Chronik, dass man im Jahr 1343 in Zürich
mit Schiffen zum Fraumünster fahren konnte und 1664 soll
der Seespiegel 18 Zoll hoch über der Hechtplatzmauer gestanden sein. Die tiefsten Stände treten in den
Wintermonaten Dezember, Januar und Februar ein (im Februar mehr als ⅓ aller), die höchsten Stände in den
Sommermonaten
Juni, Juli, August (im Juni allein etwas mehr als ¼ aller).
Das gesamte Einzugsgebiet des Sees beträgt nach dem eidg. Hydrometrischen Bureau 1815 km2. Im Vergleich
zu der Seefläche mit 87 km2 ist dasselbe etwa 20 mal grösser. Der maximale Zufluss in den Obersee wird zu 567 m3 in
der Sek. angegeben (von Wild für die Hochwasser 1846 und 1857); für den ganzen See gibt Welti 661 m3 an (Hochwasser 1876).
Der minimale Zufluss und der minimale Abfluss kann zu 15 m3 pro Sekunde angenommen werden. Der Hauptzufluss
ist die Linth mit 1330 km2 Sammelgebiet, die seit der Linthkorrektion in einem 21,5 km langen Kanal aus dem Walensee kommt,
während sie früher ihren Weg direkt aus dem Glarnerland nahm und in vielen Krümmungen das Gaster durchfloss.
Hievon sind noch eine ganze Anzahl Rinnsale wie die Spettlinth und die «alte Linth» übrig geblieben. Der Obersee empfängt
ferner noch zwei grössere Zuflüsse, nämlich von N. her die Jona (mit 80 km2) und von S. die Wäggithaler Aa (mit 100 km2
Einzugsgebiet). Beide haben durch grosse Deltaanschwemmungen den See verkleinert. Ausserdem münden noch
der Mühlebach bei Schmerikon und der Spreitenbach bei Altendorf in den Obersee. Letzterer, ein echter Wildbach, ist durch rationelle
Verbauung (1883-87) unschädlich gemacht worden.
In den eigentlichen Zürichsee münden keine grösseren Gewässer. Der Hornbach bei Zürich,
der Küsnachterbach (13 km2, ebenfalls
verbaut), der Aabach bei Käpfnach (9 km2) sind die grössten; die von ihnen gebildeten Delta («Horn»
genannt) sind bei den zwei ersten durch Gartenanlagen dem Publikum erschlossen worden. So ist namentlich das früher unzugängliche,
z. T. sumpfige Zürichhorn in einen viel besuchten, prachtvollen Park umgewandelt. Am rechten Ufer münden noch der Erlenbach,
der Meilener Dorfbach und der Feldbach, der aus dem kleinen Lützelsee fliesst. Auf der linken Seite sind der Krebsbach von Bäch,
der seinen Ursprung im Hüttenseeli nimmt, der Freienbach und der Staldenbach bei Pfäffikon zu erwähnen. Eine Eigentümlichkeit
der drei zuletzt genannten Flüsschen ist, dass sie alle der Seerichtung entgegen, von W. nach O., fliessen;
dies wird durch die Molassekämme bedingt, die hier dem Verlauf der Alpen entsprechend diese Richtung haben.
Die Verbindung des Obersees mit dem Hauptbecken wird durch zwei im Rapperswiler Damm frei gelassene Kanäle vermittelt. Die
gesamte Durchflussöffnung beträgt etwa 215 m (Innere Brücke bei Rapperswil 122 m, äussere oder Hurdner
Brücke 93 m). Länge des Dammes zwischen den Brücken 430 m.
Den Abfluss des Sees bilden seit 1865 die Limmat und der Schanzengraben; früher bestand noch ein dritter kleinerer Abflusskanal,
der sog. Fröschengraben, der unterhalb des untern Mühlesteges in die Limmat mündete. Die aus dem See
durchschnittlich abfliessende Wassermenge beträgt etwa 87 m3 per Sek. Die grösste
mehr
sekundliche Abflussmenge seit 1811 betrug am 354 m3 (Limmat 300 m3, Schanzengraben 54 m3), während die
kleinste nur etwa 15 m3 ausmacht, am 15,5 m3. Sie verhalten sich also wie 1:24, während im Durchschnitt
das Verhältnis 1:4 ist. Die jährliche Abflussmenge berechnet sich nach obigem zu 2743632000 m3,
d. h. 2743,6 km3 oder pro km2 Einzugsgebiet zu 1512000 m3, was einer jährlichen Regenhöhe von 1,512 m entspricht.
Da dies der mittleren Regenmenge des Sammelgebietes entsprechen dürfte, kann für die Seeoberfläche eine Verdunstung von
110-130 cm angenommen werden, d. h. gleich der jährlichen Regenmenge im Seegebiet.
Der Abfluss durch die Limmat war noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts durch viele und unzweckmässige Einbauten
stark beeinträchtigt. So bestanden bei der Ausmündung des Sees zwei Pallisadenreihen und das weit ins Wasser vorspringende
Grendelgebäude; zwischen der Bauschanze und der Wasserkirche erhob sich mitten in der Limmat der Wellenbergturm. Sehr hinderlich
für den Wasserabfluss waren auch die vielen Joche der ersten Brücke beim Helmhaus und die in ungleichen Reihen stehenden
doppelten Pfeiler der breiten untern Brücke beim Rathaus.
Auch befand sich bei diesen beiden Brücken je ein Wasserrad mit schief stehenden Fangwänden, ferner nahe dem linken Ufer
bei der Schipfe ein Pumpwerk. Endlich war das Flussbett mit allerlei Fischereivorrichtungen verrammelt.
In den Jahren 1820 bis 1840 entfernte man die meisten dieser Hindernisse, und 1845 erstellte man fünf Freischleusen und
eine Schifffahrtsschleuse. Von 1885-1893 wurde das ganze Limmatbett bis zum Pumpwerke im Letten ausgebaggert, eine Mühle am
obern Steg entfernt, ein freies Ueberfallwehr und zwei weitere Schleusen errichtet.
Der Erfolg dieser Verbesserungen für den Wasserabfluss zeigt sich deutlich in den seither eingetretenen höchsten und tiefsten
Pegelständen. Der höchste Stand (seit 1892) von 102 cm entspricht dem Mittel der höchsten Stände von 1811-1845 und übersteigt
das Mittel der Maximalstände von 1846-1880 nur um 9 cm, bleibt dagegen 75 cm, bezw. 46,5 cm unter den
höchsten Ständen jener Perioden zurück. Im Winter sind die Sommerdurchfahrten beim obern und untern Steg und die fünf Schleusen
im Schanzengraben geschlossen.
Das Zürichsee-Ende hat sich im Lauf des 19. Jahrhunderts wesentlich verändert. Noch am Anfang desselben war ein
viel breiterer Abschluss vorhanden; er reichte fast genau von dem jetzigen Bahnhof Enge bis zum Bahnhof Stadelhofen, woselbst
eine komplizierte Landungsanlage vorhanden war. Schon vor Beginn der eigentlichen Quaibauten (1881)
wurde sowohl westl. wie östl. und nördl. Land angelegt, da das Ufer weit herum ganz seicht war. Die 1878 beschlossenen
und 1881-1888 ausgeführten Bauten brachten im O. eine Landvermehrung in einer Breite von 80-100 m, im
W. aber von 200 bis 300 m; dieselbe war durch eine nur etwa 0,5 m unter dem Niederwasserstand sich befindende Terrasse gleichsam
vorgezeichnet.
Das Gefälle, das zur Fortbewegung des Wassers (etwa 87 m3 in der Sekunde) vorhanden sein muss, ist
bei dem grossen Querschnitt natürlich klein. Nach einer auf genauer Höhenmessung fussenden Studie des eidg. Hydrometrischen
Bureau beträgt das Gefäll von Schmerikon bis unterhalb des Rapperswiler Dammes bei mittlerem Seestand gegen 3 cm und von
da bis zur Quaibrücke in Zürich
etwa 2 cm, also für die 40 km lange Strecke rund 5 cm, d. h. etwa 1:1000000.
Indessen konzentriert sich dieses Gefälle fast ganz auf die beiden Strecken von etwas oberhalb bis unmittelbar unterhalb
des Seedammes bei Rapperswil (als sogenannter Stau, 3 cm) und vom Zürichhorn bis zum Ausfluss (2 cm), während die Neigung
der Wasserfläche im übrigen Teil des Sees sich als unmessbar klein erwiesen hat.
Ein von Pfister und Frey ausgeführtes Nivellement beim Seedamm in der Mitte zwischen den Brücken ergab am als
Mittelwert aus vielen Beobachtungen eine Differenz des Wasserspiegels oberhalb und unterhalb des Dammes von 2,51 cm.
Aus den Pegelablesungen in Schmerikon und Rapperswil ergibt sich ferner, dass das Seegefälle nicht konstant bleibt, sondern
mit zunehmender Wasserstandshöhe wächst. So beträgt der Höhenunterschied des
Wasserspiegels zwischen den genannten Pegelstationen
nach Ingenieur Pfister im Minimum (Nachwinter) etwa 1 cm, im Maximum (Hochsommer) bis 4 cm.
5. Geologie.
Der Zürichsee ist ein typischer Thalsee. Das Becken ist fast ganz in die Süsswassermolasse eingelagert,
nur bei Bäch ist etwas Meeresmolasse; südl. davon finden wir untere Süsswassermolasse und nördl. bis Zürich
obere Süsswassermolasse.
Diese letztere besteht aus Mergel und einem leicht verwitternden Tonsandstein, wodurch hauptsächlich die rundlichen Formen
der umgrenzenden Hügelzüge bedingt sind. Die Meeresmolasse hingegen besteht aus einem viel härtern
Kalksandstein, der ein vorzügliches Baumaterial liefert («Bächer-Steine»).
Der grösste Teil der Ortschaften am Zürichsee, so vor allem fast das ganze alte Zürich,
ist aus diesem Stein erbaut worden und tiefe,
jetzt zum Teil verlassene Steinbrüche zeugen für dessen jahrhundertlange Ausbeutung. Am Obersee ist auch
die untere Süswassermolasse durch Kalkzement zu einem haltbaren Baustein verfestigt («Bolliger
Steine»),
welcher seinerseits zum Aufbau der Ortschaften an seinen Ufern verwendet wurde; auch ist stets von diesem sehr
widerstandsfähigen Stein in das Haupthecken hinunter geliefert worden. Gegenwärtig erleiden beide Steinbruchstellen durch
den künstlichen Sandstein, der in allen gewünschten Formen hergestellt wird, scharfe Konkurrenz, sodass
der Abbau fast zum Stillstand gekommen ist. - Die Sandsteinschichten laufen bei Zürich
fast völlig horizontal (2,6° Fallen gegen
NO.). Südwärts aber steigen sie immer mehr gegen die Alpen hin an, um bei Bolligen in die erste Antiklinale der Molasse einzutreten.
Durch dieses gleichsinnige Fallen der Gesteinsschichten wird das Seethal, das bis Richterswil-Stäfa ein Querthal ist, von hier
ab bis Schmerikon infolge seiner Umbiegung nach SO. zu einem eigentlichen Längsthal und zwar zwischen Bolligen und Unterem
Buchberg zu einem Isoklinalthal, indem hier die Schichten beidseitig gegen die Alpen hin einfallen.
Den Molassegesteinen sind fast überall glaziale Bildungen aufgesetzt. Am untern Teil bilden diese den
ringförmigen Abschluss des Seebeckens und ziehen sich dann, beidseitig den Kamm des Zimmerbergs und den Abhang des Zürichbergs
überdeckend dem See entlang. Der See ist offenbar durch die Endmoräne in Zürich
früher höher gestaut gewesen, da man
an verschiedenen Stellen alte Deltaanschwemmungen in der Höhe von 10-11 m über dem jetzigen Seeniveau findet, so bei Hurden,
bei Lidwil und bei Jona. Durch Durchsägen des Moränendammes wurde das Seeniveau auf die jetzige Meereshöhe von 409,23 m
erniedrigt.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Zürichsee einst viel grösser war. Er hatte sein nördl. Ende
bei Baden und reichte durch das Gaster und die March bis an den Walensee hinauf, und dieser wieder stand durch das Seezthal mit
dem alten Bodensee in Verbindung. In diesem alten, langen und fjordähnlichen See bildeten neben Ufenau und Lützelau auch der
Rapperswiler Schlosshügel und der Untere und Obere Buchberg Inseln. Die Einschränkung des Sees auf seine
jetzige Ausdehnung geschah am nördl. Ende durch die fluvioglazialen Anschwemmungen des alten Linthgletschers, als er nacheinander
sein Ende bei Killwangen, Dietikon und dann lange Zeit bei Zürich
hatte.
Anderer Art sind die Einschwemmungen am oberen Seeende; denn während noch der Rapperswiler Damm ein glaziales
Gebilde ist, sind die Deltabildungen der Linth, der Jona und der Wäggithaler Aa postglazialen Alters. Ein bis in historische
Zeit noch vorhandener Rest des einstigen grössern Sees oberhalb dem Untern Buchberg ist der sog. Tuggener See, der noch in den
Urkunden des Klosters St. Gallen
wiederholt erwähnt wird. Er ist jetzt (wohl durch Einschwemmungen der Linth) ebenfalls
bis auf wenige sumpfige Stellen ganz verlandet.
Eigentümlich ist die Bildung der Thalfurchen des Zürichsees vor sich gegangen. Ursprünglich nämlich war das Zürichseethal
das Stammthal der Sihl, welche seinerzeit von Schindellegi direkt ostwärts gegen Richterswil und Zürich
floss.
Durch einen ihrer Nebenflüsse wurde später die Linth, die bis dahin durch das Glatthal geflossen, in das Zürichseethal
abgelenkt. Nun vertieften
Erklärungen: B = Börse, Be = Bellevue, T = Tonhalle, Th = Theater, R = Rentenanstalt, U = Unfall-Versicherung, E = Bahnhof
Enge, S = Bahnhof Stadelhofen, F = Fröschengraben, H = Grosser Hafner (bei Anlass der Quaibauten weggebaggert).
Bel = Belvoir-Park, Ti = Tiefenbrunnen, W = Bahnhof Wollishofen, Ba = Bahnhofstrasse, Se = Seefeldstrasse, Bl = Bleicherweg,
Sch = Schanzengraben, Hi = Hirschengraben, G = Gemüsebrücke, M = Münsterbrücke, Q = Quaibrücke, V = Villen.
Mce. Borel & Cie.
Attinger sc.
ZUR ENTSTEHUNG DES ZÜRICH-SEES
mehr
die beiden Flüsse vereint das Thal (Heim). Erst die Moränenwälle der letzten Gletscherzeit zwangen die Sihl, dem Albisabhang
entlang zu fliessen und sich ein neues Bett, das jetzige enge Sihlthal, zu graben. Dadurch wurde der Zimmerberg vom Albis getrennt;
immer noch aber zeugen reichliche Quellen ob Richterswil von dem alten zugedeckten Sihllauf. Durch die
Abstauung der Sihl bei Schindellegi entstand zunächst ein ziemlich grosser, postglazialer See, der erst nach und nach durch
das Gerölle der Sihl ausgefüllt wurde, sodass jetzt nur noch eine vielfach sumpfige Ebene von dem alten Sihlsee Zeugnis gibt.
In neuester Zeit will man durch einen grossen Damm bei Langrütiegg diesen See zum Teil wieder ins Leben
rufen und so ein gewaltiges Reservoir (von grösserer Ausdehnung als der Greifensee) für die Ausnutzung der Wasserkraft der
Sihl herstellen. Die Turbinenanlage bei Pfäffikon am Zürichsee würde durch einen langen Stollen unter dem Etzelstock hindurch
erreicht und dadurch dem Zürichsee das Wasser der Sihl wieder wie ehedem zugeführt werden.
Wieso es gekommen, dass das grosse alpine Erosionsthal des heutigen Zürichsees rückläufiges Gefälle erhielt, hat zwei
von einander grundverschiedene Erklärungen gefunden. Die einen Geologen (Heim und Aeppli) nehmen eine nachträgliche Einsenkung
des Alpenvorlandes an, die andern (Penck und Bruckner) führen die Uebertiefung auf Gletschererosion
zurück.
Das Zürichseeufer ist in ausgezeichneter Weise terrassiert und zwar so, dass sich häufig drei und vier Terrassen übereinander
finden (schöner Ueberblick von der Kirche von Thalwil aus). An manchen Orten kann man auch deren Fortsetzung unter den Seespiegel
verfolgen. Diese Terrassen sind für die Kulturen (Wein oder Ackerbau), für den Fischfang an der Halde,
für die Anlage von Strassen und Eisenbahnen und für Ufererweiterungen von allergrösster Bedeutung. Während nun diese Ueberreste
alter Thalböden entsprechend ihrer Entstehung im untern Teil des Sees gegen Zürich
hin sich allmählich gegen N. senken, bemerken
wir bei der Au am W.-Ufer und bei Männedorf am O.-Ufer auf kurze Erstreckung horizontalen Verlauf und
hierauf ein Senken gegen die Alpen hin.
Dieses widersinnige, rückläufige Gefälle erstreckt sich westwärts von der Au bis Wädenswil und ostwärts von Männedorf
bis Kehlhof-Stäfa, worauf sich wieder ein Ansteigen gegen die Alpen hin zeigt. Diese Erscheinung deutet
auf ein Einsinken der ganzen Landschaft hin, das zwischen Wädenswil und Kehlhof in der sog. Synklinale der Terrassen sein
Maximum erreichte. Diese Senkung beträgt allerdings nur etwa 80 m, während der Zürichsee 143 m Maximaltiefe aufweist; da
aber in den alten Schottern des Uto und der Albishochwacht eine noch viel grössere Senkung nachzuweisen
ist, so ist nicht nur die grössere Tiefe des Sees, sondern auch sogar die Zeit der Einsenkung des Landes festgestellt, nämlich
zwischen der ersten und der letzten Gletscherzeit.
Denn die Moränen der letzten Gletscherzeit steigen ungestört langsam gegen die Alpen hin an, während die früher gebildeten
Terrassen sich senken. Diese Erklärungsweise, die von Albert Heim auf alle grossen Alpenrandseen ausgedehnt
worden ist, findet an den rückläufigen Terrassen auf der Insel des Iseosees eine weitere Stütze. Die
Anhänger der Gletscher-Erosionstheorie
(Brückner) erklären die Terrassen am Zürichsee als Schichtterrassen und die ganze Erscheinung als blosse «Rippung»,
die durch Aushobeln der weichern Schichten zwischen härtern Bänken entstanden sei. (Darnach müssten
die Molasseschichten bei Kehlhof-Wädenswil eine flache Synklinale bilden, was auch Brückner nachzuweisen versucht hat.)
Vielleicht mag dies bei einzelnen Terrassen der Fall sein, z. B. bei den Nagelfluhterrassen von Uerikon.
Dass es aber nicht für alle gelten kann, zeigt unwiderleglich die grosse Zollikonerterrasse, die teilweise
bis auf eine Tiefe von 20 m aus losem glazialen Material aufgebaut ist. Allerdings weist Brückner diese letztere einem früheren
interglazialen Thalboden zu. Aber auch sonst gibt es eine ganze Zahl von Terrassen, die nicht mit der Schichtung verlaufen,
so z. B. die neu angeschnittene bei Schlatt oberhalb Feldbach, die Terrasse ob Erlenbach u. s. w. Eine definitive
Entscheidung der Frage können aber nur weitere eingehende Studien bringen, da im Gebiet der rückläufigen Terrassen das
Fallen und Streichen der Gesteinsschichten selten genau festgestellt werden kann.
Im Zürichsee wurden im Jahre 1854 in Obermeilen von Lehrer J. Aeppli die ersten Pfahlbautenreste der
Schweiz entdeckt und als Ueberreste früherer Menschenansiedelungen erkannt. Seither sind hier (wie in fast allen grössern
Schweizerseen) noch weitere (10) solche Stellen aufgefunden und ausgebeutet worden, darunter die reiche Bronzestation Wollishofen
bei Zürich,
die 7000 Fundgegenstände lieferte.
6. Meteorologie.
Am Zürichsee sind neben 8 Regenmessstellen 2 meteorologische Stationen vorhanden: Zürich
und Wädenswil. Wir
stellen deren Daten im Vergleich zu den Seetemperaturen und den Angaben von Winterthur zusammen:
1) 37jährige Periode 1864-1900. 2) Nach dem Panorama vonZürich.
3) Angaben der meteor. Zentralanstalt in Zürich.
Aus obigen Zahlen geht klar die mildernde Wirkung des Sees auf seine Gestade hervor. Am sprechendsten ist
das Minimum im Januar -13,7° für Zürich
und -16,2° für Winterthur, ebenso die extremen Amplituden von 52,7°, 54° und 61,4°.
Der See bedingt also für seine Ufer eine Milderung der mittleren Wintertemperatur von 2,5°. Dass diese weniger grosse
Winterkälte direkt vom See herrührt, zeigen deutlich die beiden Angaben der mittleren Temperatur von
Zürich
8,5° und vom Zürichsee 10,9°, woraus hervorgeht, dass die Seeoberfläche im Durchschnitt volle 2,4° wärmer als das Ufer
ist. Dies prägt sich auch deutlich in der Jahresisothermenkarte der Schweiz aus (Manuskript der meteorolog. Zentralanstalt),
wo die Ufer am Zürichsee mit dem Walensee im extremsten Monat Januar eine Wärmeinsel von über -1°
mehr
bilden, während das umliegende Land ein Januarmittel von unter -2° aufweist.
Der Wärmeausgleich zwischen Wasser und Land erfolgt zumeist durch die Land- und Seewinde. Es hat sich ergeben, dass im allgemeinen
die abendliche Strömung der Luft zum Wasser, d. h. der Landwind stärker ausgeprägt ist, als die Morgenströmung vom See
zum Land, d. h. der Seewind. Im ferneren sind diese Winde im Sommer stärker als im Winter, und am östl. Ufer auffallender
als am westl., wo sie stellenweise (Rüschlikon) so schwach auftreten, dass nur aufmerksame Fischer sie bemerken. An vielen
Stellen (so bei Küsnacht, Richterswil, Horgen) finden wir eine interessante Verknüpfung, bezw. Unterstützung
von Berg und Landwind, während bei Rapperswil, Kempraten und Lachen, entsprechend dem flacheren Ufer, der Landwind viel reiner
ausgeprägt ist.
Eine eigentümliche Verbindung der lokalen Winde der beiden entgegengesetzten Ufer zeigen der «Bächler» zwischen Bäch und
Wädenswil und der «Katzehölzler» zwischen dem Katzenholz bei Käpfnach und Meilen, indem diese Winde, von
W. her über den See kommend, am O.-Ufer entgegen der Regel als abendliche Seewinde auftreten. Es scheint, dass sie abends
am westl. Ufer als eigentliche normale Landwinde entstehen und auf dem entgegengesetzten östl. Ufer, das noch viel länger
erwärmt wird, als anormale kühle Seewinde sich geltend machen.
Neben diesen lokalen Winden finden wir hier, wie im ganzen schweizerischen Mittelland, den Westwind und den Nordostwind vorherrschend
und zwar fast gleich häufig: NO. = 12, W. = 13. Der erstere wird im Hauptbecken der «Twärwind»
(Querwind) genannt; er bringt entsprechend seiner Herkunft meist viel Gewölk und Regen im Gefolge. Der
NO. (meist Biswind genannt) hingegen säubert den Himmel von den Wolken und bringt schönes Wetter. Bezeichnenderweise wird
aber meist nicht er, sondern einer der oben angeführten lokalen Winde, «Schönwetterwind» genannt; denn diese können überhaupt
nur bei unbedecktem Himmel zur Ausbildung kommen. Im Zürichseethal treffen sich merkwürdigerweise 2 Föhnstrassen, diejenige
des Glarnerföhns und die des Urnerföhns.
Der Glarnerföhn streicht in der Hauptrichtung des Sees von SO. nach NW. und lässt deswegen die Buchten von Lachen, Kempraten
und Richterswil unberührt. Er ist oft noch bis Zürich
hinunter stark ausgeprägt und kann hier noch eine Temperaturerhöhung von
6-8° (Maximum 11°) bedingen. Man rechnet für Zürich
40 Föhntage im Jahr (Minimum 9); davon kommen fast die
Hälfte (17) auf den Frühling. Wenn der Föhn tüchtig einsetzt, hat man bei tiefem Barometerstand für 2 Tage schönes
Wetter, worauf regelmässig Regen folgt. Es steht das in gutem Einklang mit der normalen Wanderung des Minimums von
W. nach O., von welchem ein Teilminimum in der östl. Schweiz jeweilen die Föhn-Ausbildung bedingt.
Seltener und schwächer ausgebildet ist der Urnerföhn. Im untern Teil des Sees scheint er durch die Schnabellücke herunter
zu kommen und erzeugt da schief über den See laufende Wellen. Im mittleren Teil aber kommt er offenbar
um das südl. Ende des Oberalbis herum, um
dann den See ziemlich in W.-O.-Richtung zu queren. Während diese Luftströmungen
sicherlich dem rechten Urnerföhn, der bekanntlich dem alten Reusslauf über Lowerzer- und Zugersee folgt, angehören, ist
das für den ebenfalls quer zur Thalrichtung verlaufenden zweiten Fallwind im obern Teil des Sees von
Richterswil bis Lachen wohl nicht der Fall. Hier müssen eher lokale Ursachen vorhanden sein. Er dürfte die gegen N. abströmende
Luft vom Höhenzug Hohe Ronen-Etzel sein. Damit ist auch die viel schwächere Erwärmung im Einklang; in der Tat nennt man
diesen Wind in Rapperswil speziell den «Etzelföhn». Alle diese
Winderscheinungen, namentlich aber die Föhne, machen das Zürichseegebiet zum mildesten Landstrich der Ostschweiz.
Regen und Gewitter. Die Regenmenge bewegt sich in unserm Seegebiet zwischen 113 cm (Zürich)
und 149 cm (Horgen) jährliche Regenhöhe.
Im südl. Teil ist sie grösser als im nördl., auch ist der W. etwas regenreicher als der O. Deshalb
wird der See von den Linien gleicher Regenmengen von NW. nach SO. schief geschnitten. Die Gewitter, welche unsern See berühren,
kommen meist von W. und NW. über den Albis her, um sich nach O. oder SO. zu verziehen. Sie führen nicht gar selten Hagel
mit sich (durchschnittlich 2 Hagelschläge pro Jahr, 1908 4mal im untern Seeteil), so dass wohl jeden
Sommer der eine oder andre Teil des Seegestades unter dieser Naturerscheinung zu leiden hat und zwar oft in sehr empfindlichem
Masse.
Das hat zur Gründung einer Hagelwehr-Genossenschaft am rechten Seeufer geführt, welche alle Ortschaften von Rapperswil bis
Erlenbach umfasste. Mit einer grossen Anzahl von Hagelkanonen versuchte man beim Herannahen eines hagelverdächtigen
Gewitters die Luft derart zu erschüttern, dass die Hagelbildung verhindert werde. In der nördl. anstossenden Gemeinde Küsnacht
hat man in ähnlicher Weise Versuche mit Hagelraketen gemacht. Leider sind die Erfolge so wenig befriedigend gewesen, dass
im Jahr 1908 die Genossenschaft sich auflöste, während die Versuche mit den Raketen noch fortgesetzt
werden, in der richtigen Ueberlegung, dass durch rechtzeitige Erschütterung des abnormalen Luftzustandes in der richtigen
Höhe doch das Hagelwetter beeinflusst werden könnte. - Die Nebelbildung ist am Zürichsee ähnlich wie am Genfersee gegen
das Ende hin viel häufiger.
Oft hören im Herbst die Nebel schon in der Höhe von Küsnacht auf, so dass man von hier herkommend direkt aus besonnter Landschaft
in den Nebel hineinfährt. Der Grund dieser Erscheinung aber ist wohl nicht wie beim Genfersee in der höheren Temperatur des
obern Seeteils zu suchen, da sich die Nebel nur auf die Stadt und ihre nächste Umgebung konzentrieren,
sondern eher in der Ansammlung von Rauch und Verbrennungsgasen des Bahnhofs, der vielen Fabriken, der Gasthöfe u. s. w.
Nach Aitken wird dadurch bekanntlich die Nebeltröpfchenbildung sehr befördert. Die Anhäufung von Rauch kann man namentlich
während der Zeit der sog. Heunebel über der Stadt deutlich stärker als über dem ebenfalls industriereichen
linken Ufer beobachten. Der gleichen Ursache verdanken die
mehr
rechtsufrigen untern Zürichseegemeinden (wie Zollikon, Küsnacht und Erlenbach) die wunderbaren, farbenprächtigen Sonnenuntergänge
im Hochsommer, in welcher Zeit die Sonnenstrahlen diese Dunsthülle passieren müssen. Bei schwachem Nebel beobachtet man
etwa von der Dampfschwalbe aus unter besonders günstigen Verhältnissen die ungemein zarte Erscheinung eines Nebelregenbogens,
der sich in die Tiefe des Sees zu versenken scheint.
7. Thermik.
Der Zürichsee gehört zu den temperierten Seen nach Forel, d. h. im Sommer steigt die Temperatur über 4° und im Winter sinkt
sie unter diesen Temperaturpunkt. Die genauen Messungen von Pfenninger ergaben für die Zeit von 1896-1900: für die Oberfläche
eine mittlere Julitemperatur von 20,6° C. und eine mittlere Januartemperatur von 2,2° C. Als Maximum
in diesen 4 Jahren fand er am 22,8°. Die tiefste Temperatur hat Alb. Heim am gemessen (1 cm tief im
Eis): -3,6° bei einer Lufttemperatur von -10,3° C.
Mit Bezug auf Erwärmung und Abkühlung des ganzen Seebeckens sind am Zürichsee zum erstenmal von Pfenninger 6 Perioden
(statt nur 3 nach Forel) unterschieden worden:
1. Periode: Das Wasser wird von Anfang April bis Ende Juli von 4° (grösste Dichte) auf die höchste Oberflächentemperatur
erwärmt;
dabei lagert das wärmere Wasser stets über dem kältern: Sommerstagnation.
2. Periode: Das Wasser kühlt sich (Ende Juli bis Ende November) vom Sommermaximum auf die Temperatur des Wassers am Grunde
des Sees ab;
dabei sinkt jeweilen das abgekühlte Wasser bis in jene Tiefe, wo gleichwarmes Wasser ruht: Sommerzirkulation.
3. Periode: Das Wasser kühlt sich (Ende November bis Ende Dezember) von der erreichten Temperatur des
Grundes auf 4° ab;
dabei sinkt das jeweilen an der Oberfläche ab gekühlte Wasser von dort bis ganz auf den Grund: Herbstvollzirkulation.
4. Periode: Das Wasser kühlt sich von Ende Dezember bis Anfang Februar unter 4° bis auf das Jahresminimum ab;
dabei bleibt
das jeweilen abgekühlte Wasser, da es leichter wird, an der Oberfläche liegen: Winterstagnation.
5. Periode: Das Wasser erwärmt sich von Anfang Februar bis ungefähr Mitte März auf die Temperatur des Grundes;
dabei sinkt
das jeweilen erwärmte Wasser bis in die Tiefe, wo gleich warmes Wasser ruht: Winterzirkulation.
6. Periode: Das Wasser erwärmt sich von Mitte März bis Anfang April auf die Temperatur von 4°;
dabei
bewegt sich das erwärmte Wasser jeweilen von oben bis auf den Grund: Frühlingsvollzirkulation.
Wie die beigegebene schematische Darstellung erkennen lässt, nehmen die beiden ersten Perioden weitaus den grössten Teil
des Jahres, nämlich beinahe 8 Monate zu gleichen Teilen in Anspruch, während die übrigen 4 Perioden
nur je etwa einen Monat dauern. In milden Wintern (wie z. B. 1899) fallen die Perioden IV, V und VI ganz weg, da das Oberflächenwasser
nicht einmal auf
4° sinkt; auf die Herbstvollzirkulation folgt dann direkt die Sommerstagnation und auf diese die Sommerzirkulation.
Es treten dann also nur die 3 Forelschen Perioden ein. In kalten Wintern hingegen, besonders beim Zugefrieren,
sind alle 6 Perioden ausgeprägt, wie folgende Zahlen vor und nach der letzten «Seegfrörne» 1907 (von
Seiler und Frey) verglichen mit den Werten, die im Eiszeitwinter 1880 (Heim) gefunden wurden, deutlich zeigen:
25. I. 1880 (Heim) °C.
6. II. 1907 (vor der Gfrörne) °C.
15. IV. 1907 (nach der Gfrörne) °C.
Seeoberfläche
+0,2
3.1
5.4
10 m Tiefe
+2,6
3.2
4.6
40 m Tiefe
+3,5
3.5
4.1
100 m Tiefe
+3,9
3.8
3.7
133 m (Grund)
4.0
4.2
3.9
Es war also der See am noch im Winterstagnationsstadium, und am hatte schon die Sommerstagnation
begonnen, aber die Zahl 3,9° C. zeigt uns, dass die andern Stadien auch durchlaufen wurden.
Im Zürichsee ist die sog. Sprungschicht (sprungweise Abnahme der Temperatur mit der Tiefe) namentlich im Sommer immer deutlich
zu treffen. Während sie im Frühling in den obern 5 m liegt, rückt sie gegen den Sommer zusehends tiefer, indem sie zugleich
deutlicher wird. Im September erreicht sie die maximale Tiefe von 20-25 m, um da bis in den Winter hinein immer schwächer
werdend zu verbleiben. Eine abnorme Vermengung von warmem und kaltem Wasser (wie am Boden- und Genfersee)
ist bis anhin am Zürichsee noch nicht beobachtet worden.
Hingegen kann der Föhn an der Oberfläche das warme Wasser in die Bucht von Zürich
treiben und so für kurze Zeit eine Erhöhung
von bis 5,2° bedingen. Das Gegenteil bewirkt der NO., sodass z. B. Pfenninger am bei Oberrieden
in der Seemitte 21,0° gegenüber 18,3° bei der Fassungsstelle der städtischen Wasserversorgung mass. Diese grossen Differenzen
erklären sich dadurch, dass entsprechend dem Abfliessen des Wassers an der Oberfläche in der einen Richtung, in der Tiefe
ein Gegenstrom in der entgegengesetzten Richtung entsteht. So wurde z. B. beobachtet, dass trotz Föhnwind
tiefhängende Fischernetze gegen S. seeaufwärts geführt wurden.
Da die Schweiz nahe der 0° Isotherme des Januar liegt, ist es zu erwarten, dass der Zürichsee etwa einmal vollständig zugefriert.
Während das am Obersee die Regel ist, tritt die totale Eisbedeckung für den eigentlichen Zürichsee nur
etwa viermal im Jahrhundert ein. In alten Chroniken werden folgende «Seegfrörnen»
aufgeführt: 1233, 1259, 1276, 1362, 1407, 1491, 1503, 1514, 1517, 1551, 1565, 1571, 1573, 1600, 1608, 1648, 1660, 1681,
1684, 1685, 1687, 1691, 1695, 1709, 1716, 1718, 1739, 1755, 1763, 1788, 1799, 1810, 1830, 1857, 1880, 1891,
1895, 1907 (nur 3 Tage). In vielen von diesen Jahren war der See offenbar
mehr
nur teilweise zugefroren. Vollständige Seegfrörnen, d. h. solche, wo die ganze Seefläche gefahrlos als Tummelplatz benutzt
werden konnte, traten wahrscheinlich ein: 1233, 1362, 1491, 1517, 1573, 1660, 1695, 1709, 1716, 1718, 1740, 1799, 1810, 1830,
1857, 1880, 1891. Während die Seegfrörne von 1880 vom 23. Januar bis 1. März, also volle 35 Tage dauerte und
das Eis im Hafen von Zürich
30 cm dick wurde, war die jüngste Eisbedeckung im Jahr 1907 nur 3 Tage vollständig, immerhin so stark,
dass hunderte von Menschen in der Höhe von Küsnacht während 3 Tagen (11.-13. Februar) den See passieren konnten.
Die Dicke des Eises, 100 m vom Ufer entfernt, betrug 8-10 cm. Es mögen hier die Zahlen folgen, die wir
kurz vor der Seegfrörne am in verschiedener Entfernung vom Lande bei Herrliberg massen: Seemitte über dem tiefsten
Punkt = 3,1° C.;
350 m vom östl. Ufer = 2,8°;
250 m = 2,1°;
150 m = 1,7°;
100 m = 1,3°;
50 m =
1,2°;
nicht weit von dieser letztern Stelle fanden wir bereits dünne Eisplättchen.
Nach 5 Tagen war der ganze See gefroren.
Man ersieht daraus, dass, sobald die Seeoberfläche in der Mitte unter 4° abgekühlt ist, zur Eisbildung nur
noch ein paar kalte Nächte nötig sind.
8. Optik.
Die Farbe des Zürichsees entspricht der Nummer VII der Forelschen Skala. Es gehört also unser See ähnlich wie der Bodensee
zu den grünen Seen. Die stark grüne Nuance soll zum grossen Teil durch das massenhafte Vorkommen des Diatomeenplanktons
bedingt sein, das durch seine gelbe Eigenfarbe das Blau des Wassers gegen das Grün verfärbt. Es kommt
etwa vor, dass durch starkes Aufsteigen des Planktons, namentlich durch die Alge Beggiatoa (meist bei Witterungswechsel),
der See tief grün erscheint.
Auch andre Verfärbungen bedingt das Plankton; so wurde im Sommer 1897 und im Herbst 1908 der See auf
weite Erstreckung durch massenhaftes Auftreten der roten Alge Oscillaria rubescens mit violetter Nuance versehen, u. zugleich
trat eine Verschlechterung des Trinkwassers ein. Die gleiche Alge färbte 1907 das Eis weit herum ganz rot (Burgunderblut);
so unterhalb Küsnacht und um die Ufenau herum. Im Jahr 1896 wurde das Wasser durch Invasion der Tabellariafenestra bräunlich trübe, sodass die Secchi-Scheibe nur noch in 2,42 m Tiefe gesehen werden konnte.
Transparenz. Die mit der
Secchi-Scheibe bestimmte Durchsichtigkeit beträgt im Durchschnitt etwa 6 m. Das Maximum treffen
wir im Winter am Anfang der Vollzirkulation (bis 16,8 m bei Oberrieden) und das Minimum zur Zeit der Sommerstagnation
(34 m bei Oberrieden), extremes Minimum bei der Fassungsstelle der stadtzürcherischen Trinkwasserversorgung mit 1,8 m. Diese
Schwankungen werden hauptsächlich durch das Plankton bedingt. Merkwürdig ist die Abnahme der Transparenz gegen das Seeende.
Im Mittelpunkt fand Pfenninger 6,5 m bei Oberrieden, 5,9 m bei Bendlikon, 5,4 m bei Wollishofen und 4,2
m bei der Fassungsstelle der Trinkwasser-Versorgung. Diese Beobachtungen stehen im Gegensatz zu denjenigen von Forel am Boden-
und Genfersee, wo gegen das Seeende hin eine zunehmende Transparenz gefunden wurde, entsprechend der fortwährenden Sedimentation
im Seebecken. Die Ursache hievon ist zu suchen in der gegen das Seeende immer dichter werdenden Bevölkerung
am Zürichsee und der damit zusammenhängenden grösseren Verunreinigung des Seewassers.
Durch Asper wurde (1881) die Durchleuchtung des Zürichseewassers durch photographische Platten bestimmt. Noch in einer Tiefe
von 40 m wurde eine Momentplatte, die nachts versenkt worden war, während eines Tages überexponiert. Auch in einer
Tiefe von 100 m erfolgte noch eine starke Schwärzung der Platten, sodass man annehmen kann, dass chemisch wirksame Strahlen
bis auf den Grund des Zürichsees (143 m) hinunter gelangen. Während normale Luftspiegelung, nämlich Ueberhöhung der Alpen
oder Verdoppelung des jenseitigen Ufers, nicht allzu selten ist, wird nur zweimal von einer seltsamen
Spiegelung der Alpenkette über Zürich,
von den Seegemeinden (Thalwil) aus gesehen, berichtet, für welches Phänomen eine Erklärung
zur Zeit noch aussteht.
Die Erscheinung der sog. «Oelflecken», hier meist «Bäche» genannt, ist am Zürichsee sehr häufig zu beobachten; am schönsten
sind sie ausgeprägt beim Eintreten von schlechtem Wetter, da sie dann durch leichte Brisen deutlicher
werden. Man sagt dann «der See bächet» oder «bächlet». Meist herrscht eine bestimmte
Richtung vor, z. B. bei Küsnacht und Wädenswil häufiger quer, bei Meilen und Herrliberg häufiger längs dem Ufer. Diese bei
schwach bewegter Seeoberfläche glatt bleibenden Stellen werden wohl zumeist hervorgerufen durch fettige,
mehr
ölige Substanzen, die von den Schiffen in den See ausgeworfen werden. So stimmen auch die Richtungen gewöhnlich mit den häufigem
Schiffskursen überein, und damit ist auch im Einklang, dass im Obersee die Erscheinung viel seltener auftritt. Da aber dieses
Phänomen bei schönem Wetter weniger deutlich oder gar nicht zu sehen ist, auch wenn die Seeoberfläche
gekräuselt erscheint, müssen wohl noch andre Faktoren mitspielen.
9. Seiches.
Am Zürichsee sind von Ed. Sarasin in der Bucht von Enge auch Spuren von Seiches-Erscheinungen festgestellt worden, und zwar
eine einfache Woge von 45,6 Min. und eine zweifache von 23,61 Min., aber beide ganz schwach entwickelt.
10. Chemie.
Die Stadt Zürich entnimmt seit 1866 einen Teil ihres Trinkwassers dem See, und zwar früher fast alles, gegenwärtig etwa
die Hälfte. Dem See wurden für Trinkwasser entnommen:
m3
1900
11700000
1901
11641980
1902
8314884
1903
5410000
1904
6800000
Die andere Hälfte (1904 = 6228683 m3) sind reines Quellwasser, das seit 1903 vom Sihlsprung und vom
Lorzetobel hergeleitet wird. Das Seewasser wird in einer Entfernung von 300 m ausserhalb des Schanzengrabenausflusses in
einer Tiefe von 13 m gefasst und durch grosse Sandfilter geleitet. Da es sich zeigte, dass die 10 Filter den rasch steigenden
Bedarf nicht auf einmal bewältigen konnten, wird das Wasser seit 1900 zweimal filtriert. Da das Wasser
jeweilen vor und nach der Filtration genau untersucht wird, besitzen wir eine grosse Anzahl vorzüglicher Analysen des Seewassers.
Zunächst mögen 2 ausführliche Analysen orientieren:
1888 (Bertschinger)
1900 (Pfenninger)
Feste Bestandteile
mmgr im Liter
152.4
156.0
Glührückstand
„
143.2
139.0
Glühverlust
„
9.2
17.0
Alkalinität
in französ. Härtegrad.
12.75
12.20
Der Glührückstand zeigte:
Alkalien (als Na2O)
mmgr im Liter
2.5
5.71
Magnesia (als MgO)
„
9.8
9.81
Kalk (als CaO)
„
62.3
56.50
Eisen und Tonerde
„
2.0
0.50
Kieselsäure (SiO2)
„
4.0
1.93
Chlor (Cl)
„
1.3
3.19
Salpeters. (als N2O5)
„
1.5
1.80
Schwefels. (als SO3)
„
9.4
11.70
Kohlens. gebunden
„
51.0
48.00
Summe
„
143.8
139.14
Der Gehalt an mineralischen Bestandteilen ist also klein im Vergleich mit den Quellwassern (nur etwa ½). Die beiden Analysen
zeigen für den Zeitraum von bloss 12 Jahren einen nicht unwesentlichen Unterschied. Vor allem fällt
die Reduktion der Kieselsäure auf die Hälfte auf, was offenbar mit dem Zurücktreten der Diatomeen (Kieselalgen) gegenüber
dem übrigen Plankton zusammenhängt, womit auch der grössere Glühverlust übereinstimmt. Im ferneren haben stark zugenommen
Natrium, Chlor und Schwefelsäure, was wohl durch die stärkere Verunreinigung des Wassers durch die
Anwohner (namentlich Kochsalz, d. h. Chlornatrium) bedingt ist. Die Untersuchung des filtrierten und unfiltrierten Seewassers
in Bezug auf seine Eignung als Trinkwasser hat ergeben:
Vor der Filtration
Milligramm im Liter
1900
1901
1902
1903
1904
Organische Substanz
21.8
20.3
21.4
24.0
21.2
Albuminoides Ammoniak
0.080
0.060
0.050
0.065
0.062
Nach der Filtration
Organische Substanz
13.9
13.1
13.8
12.6
10.4
Albuminoides Ammoniak
0.018
0.008
0.006
0.005
0.009
Diese Zahlen zeigen deutlich die grosse Wirkung der Reinigung: die organische Substanz wird fast um die Hälfte und
das albuminoide Ammoniak sogar um 9/10 verringert. Damit ist erwiesen, dass die organische Substanz und
das albuminoide Ammoniak
direkt abhängig sind von dem Plankton im Seewasser, das natürlich grösstenteils vom Filter zurückgehalten wird. Dadurch
wird auch klar, warum der Gehalt an organischer Substanz im See nach der Tiefe wesentlich abnimmt; denn
das Plankton hat naturgemäss in den obern Schichten die besten Lebensbedingungen.
Durch genaue Prüfung des Wassers verschiedener Tiefen konnte Pfenninger durch den chemischen Gehalt sogar nachweisen, dass
das Plankton während der Sommerstagnation eine ganz bestimmte Schichtung annimmt, während dieselbe durch die Sommer-Teilzirkulation
mehr und mehr verschwindet. Die neuern Untersuchungen von Lozeron haben namentlich für die Oscillatoriarubescens eine schöne Bestätigung hiefür erbracht. Es geht daraus hervor, dass die von Forel vorausgesehene, aber am Genfersee
noch nicht konstatierte Abhängigkeit der chemischen Variation des Seewassers von dem Organismengehalt im Zürichsee klar
nachgewiesen ist.
Der Bakteriengehalt des Zürichsees zeigt folgende Durchschnittszahlen:
Keimzahlen in 1 cm3
1896
1897
bei Oberrieden in der Tiefe von
5 m
1366
1254
„
30 m
825
731
„
100 m
-
822
bei der Fassungsstelle
5 m
1388
1175
„
13 m
1693
1348
Daraus geht hervor, dass die horizontale Verteilung der Bakterien ziemlich gleichmässig ist und mit
der Tiefe abnimmt. In den verschiedenen Jahreszeiten hingegen variiert der Gehalt stark, indem z. B. 1898 das Maximum im
Winter (Januar) etwa 5000 Keimungen aufweist, während das Minimum (Juni) mit nur 150 Keimungen vertreten ist. Da sich das
Plankton gerade umgekehrt verhält, muss hier eine innige Beziehung dieser beiden Gruppen von Lebewesen
vorhanden sein, welche darin besteht, dass das Plankton die Bakterien als Nahrung aufzehrt. Deswegen kommen erst im Winter,
wenn das Plankton durch die Konvektionsströme in die Tiefe geführt und dadurch getötet wird, die Bakterien recht zur Entfaltung.
Von überraschender Wirkung für den Bakteriengehalt ist die Filtration des Seewassers. So wurden im
Durchschnitt gefunden:
Pilzkeime pro 1 cm3
1900
1901
1902
1903
1904
Im unfiltrierten Wasser
1962
1701
1339
1605
1587
Im filtrierten Wasser
37
32
12
14
19
Es ist also das filtrierte Wasser fast gänzlich keimfrei.
[Dr. Hans Frey.]
11. Flora.
Wir unterscheiden im Zürichsee, wie in jedem See, drei biologische Gruppen von Pflanzen:
1) Die Schwebeflora (das Phytoplankton), die im offenen Wasser untergetaucht schwebenden oder auf seiner Oberfläche schwimmenden
mikroskopischen Algen und Pilze.
2) Die Schwimmflora (das Pleuston oder die Hydrochariten), die auf oder unter der Wasserfläche des Ufers schwimmenden
grössern Algen, Moose und Gefässpflanzen.
3) Die Bodenflora (Phytobenthos), die in oder auf dem Bodenschlamm lebenden Algen und Pilze, und die im Schlamm oder
auf Steinen festwurzelnden Algen, Moose und Gefässpflanzen (Saprophytenvereine, Nereiden und Limnaeen Warmings.)
I. Die Schwebeflora. Hier müssen wir Ober- und Untersee getrennt behandeln!
A) die Schwebeflora des untern Zürichsees besteht aus 55 Arten von Algen und zahlreichen, nicht vollständig
bestimmten Arten von Spaltpilzen. Unter den ersteren sind 24 «eulimnetisch»,
d. h. echte Schwebeformen, die übrigen «tycholimnetisch» oder «erratisch»,
d. h. Ufer- oder Grundformen, die nur zeitweise ein planktonisches Leben führen. Es sind folgende Gruppen vertreten 1)
Spaltpilze (Bakterien, Schizomyzeten) sind stets in allen untersuchten Tiefen, bis 100 m, im Zürichseewasser
vorhanden; die Keimzahl pro cm3 schwankt von 60 bis über 20000, und ist durchschnittlich in 100 m Tiefe grösser als in 30 m.
Die horizontale Verteilung ist gleichmässig; das Maximum im Laufe des Jahres fällt in den Winter (Zeit der Vollzirkulation),
das Minimum in den Sommer (Zeit der «thermischen Stratifikation»).
(Flagellaten) 6 Arten (Dinobryon spec. div., Mallomonas, Euglena sanguinea [nur im alten Hafen von Rapperswil]). - 4) Furchenalgen
(Dinoflagellaten): 3 Arten (Ceratium hirundinella, sehr häufig, Peridinium cinctum, Glenodinium pusillum). - 5) Kieselalgen
(Bacillariaceen, Diatomeen) 22 Arten, davon am häufigsten: Tabellaria fenestrata var. asterionelloides, im Sommer meist
in Sternen, im Winter in Ketten;
sehr häufig auch Fragilaria crotonensis und Asterionella gracillima.
- 6) Desmidiaceen: 2 Arten, selten. - 7) Grünalgen (Chlorophyceen) 11 Arten; stets vorhanden: Sphaerocystis Schroeteri,
häufig Botryococcus Braunii.
Das Phytoplankton des untern Zürichsees ist durch folgende Eigentümlichkeiten bezeichnet:
1) Es ist sehr reichlich vorhanden; unter einem Quadratmeter Oberfläche wurden am eine
Menge von 1000 cm3 gefischt, beinahe allein aus Tabellaria bestehend. Am waren in 1 cm3 Wasser 0,5 gr Trockensubstanz
von Plankton enthalten.
2) Die dominierenden Arten wechselten im Laufe der untersuchten Jahre (von 1896 an); es fanden sukzessive Invasionen
statt: a) bis 1898 herrschte weitaus die Kieselalge Tabellaria fenestrata; zur Zeit ihres Maximums enthielt
das untere Seebecken (bis zur Linie Zürichhorn-Wollishofen) eine Planktonmenge von mindestens 430 kg Trockensubstanz; diese
Produktion organischer Substanz ist ungefähr gleichzusetzen einer Alpenwiese von etwa 20 cm Rasenhöhe auf gleicher Fläche.
- b) Im November 1898 begann eine Invasion durch den roten Schwingfaden (Oscillatoria rubescens).
Diese feine fadenförmige Spaltalge wuchert zeitweilig so stark, dass sie die Kiemen der jungen Fische verstopft, die Benützung
des Seewassers in Färbereien erschwert, den See zeitweise braunrot färbt, in grossen weinroten Flecken eine Wasserblüte
bildet (so besonders stark am die übrigen Planktonten stark zurückdrängt und der Filtration
des Seewassers zu Trinkzwecken grosse Schwierigkeiten bereitet, die durch Einrichtung von Vorfiltern allerdings gehoben wurden.
Beim Zufrieren des Sees drängt sie sich (luftsuchend?) in die Spalten und Löcher des Eises und färbt sie weinrot. - c) Im
Dezember 1904 trat plötzlich Melosira islandica var. helvetica, eine Kieselalge, die vorher fehlte,
in Masse auf und hat sich seither in geringerer Menge gehalten.
3) Wasserblüten von Spaltalgen sind seit 1896 (wo Polycystis aeruginosa eine solche bildete) selten geworden. Dagegen
tritt im alten Hafen von Rapperswil, seitdem der Schiffsverkehr dort aufgehört hat,
im Sommer regelmässig
eine Invasion der Blutalge (Euglena sanguinea) auf, die das Bassin blutrot färbt (saprophiler Flagellatenverein).
4) Unter den Kieselalgen dominiert Tabellaria fenestrata, sehr häufig sind Fragilaria crotonensis und Asterionella;Cyclotellen und Melosiren treten stark zurück, Rhizosolenia, Atheya und Stephanodiscus fehlen völlig.
5) Die Schwalbenschwanzalge (Ceratium hirundinella) findet sich das ganze Jahr hindurch, mit Maximum
im Sommer.
6) Die Bäumchenalgen (Dinobryon) sind ausgesprochene und stark auftretende Sommerorganismen.
7) Unter den Grünalgen sind Sphaerocystis und Botryococcus vorherrschend;
die kleinen Protococcoïdeen und die Volvocineen
treten stark zurück.
8) Die Desmidiaceen spielen eine ganz verschwindende Rolle.
B) Die Schwebeflora des obern Zürichsees ist von der des untern wesentlich und konstant verschieden;
namentlich fehlen Oscillatoria rubescens und Melosira islandica völlig, Tabellaria ist sehr selten; die Quantität des Planktons
ist viel geringer.
II. Die Schwimmflora (Pleuston oder Hydrochariten) spielt eine geringe Rolle. a) Untergetauchte Formen, wurzellos flottierend.
Das Hornkraut (Ceratophyllum demersum; C. submersum) neuerdings nicht mehr gefunden [Die frühere Angabe
ist möglicherweise irrig!] ist überall häufig und wird oft in grossen Mengen ans Ufer geworfen. Die dreifurchige Wasserlinse
(Lemna trisulca) wurde im Obersee gelegentlich in der Bucht an der Jonamündung beobachtet, ebenso das kleine Schlauchkraut
(Utricularia minor) bei Schmerikon. Algenwatten von Spirogyra und Zygnema flottieren oft bei Zürich.
- b) Schwimmende
Formen, mit an die Luft angepassten Assimilationsorganen: die kleine Wasserlinse (Lemna minor) hie und da im Schutze des Röhrichts;
die bucklige Wasserlinse (Lemna gibba), früher vom Zürichhorn und in der Enge bei Zürich
angegeben, ist jetzt verschwunden.
III. Die Bodenflora (Phytobenthos) besteht aus a) der Tiefenflora (profundales Ph.) im
Schlamme lebenden mikroskopischen Algen und Pilzen, von 10 m Tiefe an, der Grenze der Makrophyten, speziell der Nitellen,
bis zur tiefsten Stelle, und b) der Uferflora (littorales Phytobenthos), von der Spritzzone bis zur Tiefe von 10 m. -
Die Gewächse der Bodenflora wurzeln entweder im losen Boden (Limnaeen) oder sind an festen Objekten
(Steinen, Holz) festsitzend (Nereiden).
A) Die Tiefenflora ist nicht untersucht. Nur eine bemerkenswerte Tatsache betreffend den Grundschlamm
mehr
möge hervorgehoben werden: er ist beinahe völlig frei von Diatomazeenpanzern, trotz der grossen Mengen von Planktondiatomeen.
Es scheint der zarte Kieselpanzer derselben vom kalkhaltigen Seewasser aufgelöst zu werden.
B) Die Uferflora. Wir rechnen sie nur so weit als der direkte Einfluss des Seewassers reicht, etwa bis zum normalen
Rand der Spritzzone (die Strandwiesen und Sümpfe fallen also ausser Betracht). Sie ist im untern Zürichsee
mit seiner ununterbrochenen Gürtelsiedelung durch Uferbauten stark reduziert worden und hat viele Verluste erlitten; nur
im obern Teil des untern Sees, besonders im Frauenwinkel, und in dem weit spärlicher besiedelten Obersee sind vorherrschend
und die Flora reicher.
Wir unterscheiden hier nach Tiefenlage, Anpassung an das Wasserleben und Pflanzenbestand verschiedene Typen, vom Wasser zum
Lande fortschreitend.
a) Von 10 m Tiefe an bis zum Minimalwasserstand: der Armleuchtertypus (Characetum bildend), Pflanze ganz submers lebend, auch
die Reproduktionsorgane unter Wasser. Die Armleuchtergewächse (Chara und Nitella) bilden namentlich längs
des linken Ufers und im Obersee bei Hurden ausgedehnte sublakustre Wiesen (Chara aspera, foetida, delicatula, jubata, dissoluta);Nitella hyalina (früher bei Schmerikon, jetzt verschwunden), N. syncarpa (beim Zürichhorn, im Obersee häufig).
Von Gefässpflanzen gehören hierher nur zwei: Das Meernixkraut (Najas marina = major) ist selten: Insel Ufenau, im Boothafen
gegenüber Pfäffikon (Schröter 1896), bei Pfäffikon (ebenso), Schirmensee (Hegetschweiler), Naglikon, Au
(noch 1889). Thalwil (Kölliker), beim Venedigli in der Enge, noch 1873 von Muret gefunden, jetzt durch Quaibauten verschwunden.
Der kriechende Teichfaden (Zannichellia palustris var. repens) fand sich früher beim Zürichhorn (Heer) und jetzt noch bei
Schmerikon (Schröter 1902). Der Herbst-Wasserstern (Callitriche autumnalis) früher in der Enge bei Zürich,
ist
jetzt verschwunden.
b) von 6 m Tiefe bis ca. 20 cm: Der Laichkrauttypus (Potameten bildend), mit untergetauchten Vegetationsorganen und auftauchenden
Blüten. Hieher zunächst die zahlreichen Laichkräuter (Potamogeton): P. lucens, auch die var. acuminatus, bis 6 m Tiefe;
P. perfoliatus, sehr häufig bis 4 m, auch in der niederliegenden var. densifolius in Ufernähe bei Schmerikon
und Schirmensee;
P. crispus, im Obersee in der var. rotundifolius und latifolius;
P. mucronatus, Hafen von Lachen und Rapperswil,
bei Herrliberg, Wollishofen und im Zürichhorn-Bassin;
P. pectinatus, Obersee, Thalwil, Feldmeilen, Wollishofen, Utoquai Zürich;
P. pusillus,
Obersee bei Busskirch, Wollishofen;
P. filiformis bei Schmerikon;
P. gramineus ssp. graminifolius var. lacustris,
Bucht bei Schmerikon;
Bastard: filiformis × pectinatus bei Schmerikon.
Die kanadische Wasserpest (Helodea canadensis), seit 1880 eingeschleppt, bildet häufig unterseeische Wiesen, bis 4 m vordringend.
Von den Wasserhahnenfussarten tritt nur der gespreizte (Ranunculus divaricatus) häufig in Häfen u.
Buchten auf (Busskirch, Hurden, Schirmensee, Thalwil, Wollishofen); der haarblättrige Hahnenfuss (R. trichophyllus) nur im Hafen
von Rapperswil. Die Tausendblätter (Myriophyllum spicatum u. verticillatum) sind sehr verbreitet.
c) von 2,5 m bis ca. 20 cm: der Seerosentypus
(Nupharetum bildend) mit Schwimmblättern. Die weisse und die gelbe
Seerose (Nymphaea alba und Nuphar luteum) sind nur im Obersee und Frauenwinkel häufig; der amphibische
Knöterich (Polygonum amphibium) bei Altendorf im Obersee; am untern See verbreitet.
d) Mit vorherrschender Ausbildung auftauchender Assimilationsorgane:
α) von ca. 2,5 m bis ans Land, aber nie auf dem Trockenen, der Seebinsentypus (Scirpetum bildend). Hieher nur die Seebinse
(Schoenoplectuslacustris), die auch submerse Blätter bildet; im Untersee ausser im Frauenwinkel selten,
im Obersee häufig.
β) von ca. 2 m bis aufs Trockene: Schilftypus (Phragmitetum bildend). Das Schilf (Phragmites communis) bildet auf Schlamm-
und Kiesufer seine Röhrichte, bes. im Frauenwinkel und am Obersee; das Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) dringt weit in den
See vor (z. B. Hurden, Busskirch, Lachen, Ufenau, Schirmensee); ebenso das flutende Floringras (Agrostis alba
var. fluitans) und die behaartfrüchtige Segge (Carex lasiocarpa, Busskirch, Wurmsbach und Ufenau).
Näher am Ufer halten sich der verzweigte Igelkolben (Sparganium ramosum ssp. neglectum, bes. im Obersee: Schmerikon, Lachen,
Rapperswil), der Froschlöffel (Alisme plantagoaquatica ssp. Michaleti var. latifolium bei Schmerikon,
var. stenophyllum bei Altendorf) und das Pfeilkraut (Sagittaria sagttifolia, bei der Schifflände Nuolen); in der «alter Linth»
bei Schmerikon bildet sie mit Sparganium simplex und Potamogeton natans var. sparganifolius dichte flutende Wiesen, in ihrer
bandblättrigen Form (var. vallisnerii folia cors. et germ). Der Tannenwedel (Hippurisvulgaris) ist
bes. in seiner untergetauchten Form in stillen Buchten des Obersees nicht selten.
γ) Vorzugsweise die Grenzzone (zwischen Hoch- und Niederwasserlinie) bewohnend und amphibisch lebend, aber auch rein submers
bis gegen 3 m Tiefe vordringend: der Heleocharis-Typus (Heleocharetum bildend). Diese eigenartige Gesellschaft, welche oft
ausgedehnte niedere sammetartige Teppiche bildet, besteht aus folgenden Arten: Die Nadelbinse (Heleocharisacicularis), im Obersee häufig, bes. schön bei Busskirch, im Untersee selten: Feldbach, Schirmensee, Ufenau, Stäfa, Männedorf,
Uerikon, Feldmeilen, Herrliberg, Uetikon, Zollikon, Horgen, Au (Nägeli 1909), Zürichhorn früher!;
der Strandling (Litorella uniflora),
bei 2,8 m Tiefe: im Obersee bei Busskirch, Hurden, Lachen, Seestad, im Untersee bei Feldbach, Schirmensee, Stäfa,
Männedorf, Uetikon, Zollikon (Nägeli 1909) zwischen Gstad und Küsnacht, von Heer auch bei Thalwil und Zürichhorn erwähnt;
der
kriechende Hahnenfuss (Ranunculus reptans), Obersee bei Busskirch, Altendorf und Hurden, Untersee: Ufenau, Schirmensee, Feldbach,
Stäfa, Männedorf, Uerikon, Uetikon, Zollikon (Nägeli 1909), Au, Käpfnach, früher auch Wollishofen;
beigemengt sind
oft die Alpenbinse (Juncus alpinus, submerse Form, Busskirch), der gescheckte Schachtelhalm (Equisetum variegatum, Ufenau),
Oedus Segge (Carex Oederi, Reiherinsel bei der Ufenau) und eine untergetauchte Form des zierenden Ehrenpreises (Veronica anagallis);
sehr selten ist Nasturtium stenocarpum, Feldmeilen und Herrliberg (Nägeli 1909).
Als völlig eingebürgerte Einschleppung
ist die von Uerikon bis Gubel vorkommende rote Taglilie (Hemerocallis fulva) zu erwähnen.
mehr
e) Am und im Boden mischen sich all diesen biologischen Typen noch Algen und Moose bei, teils in und auf dem Schlamm lebend,
teils auf festen Objekten (Steinen, Pfählen, lebenden Pflanzen) festhaftend (Nereïdentypus); die Zusammensetzung und Tiefenverbreitung
dieser Gesellschaft ist im Zürichsee noch wenig studiert. Im Winter sind die Steine am Ufer von einem
braunen flutenden Diatomenpelz bedeckt, der vorwiegend aus Diatoma grande besteht. In derselben Jahreszeit tritt Ulothrixzonata in glänzend-dunkelgrünem Rasen in der Spritzzone auf, verschwindet aber Ende Mai oder Anfang Juni, wenn das Wasser
15-16° C. erreicht hat, um erst wieder im September oder noch später aufzutreten; ebenso verhält sich
Oedogonium.
Auf den Seichtgründen des Frauenwinkels bei der Ufenau finden sich zu Tausenden die hohlkugeligen Kolonien der kalkspeichernden
Spaltalgen (Schizothrix lateritia u. a.). Nicht selten treten auch im Uferkies die bekannten «erodierten
Gerölle» mit Ueberzug aus Kalkalgen auf; besonders schön bei Bendlikon. Die Oscillatoria princeps überzieht bei
Zürich
grosse Flächen schlammiger Seichtgründe mit tiefblaugrünen Filzen, die im Frühling in grossen Schollen sich loslösen
und als «Pseudopleuston» auf dem Wasser treiben; sie führen zahlreiche Grunddiatomeen mit (Campylodiscus noricus, Cymatopleurasolea, Pleurosigma etc.). Spirogyra fluviatilis überzieht alle Steine mit grünen festhaftenden Fäden.
Vergl. Bally. Der obere Zürichsee. Beiträge zu einer Monographie. Archiv. Hydrobiologie III. S. 113-117, 1908. -
Schroeter, Die Schwebeflora unserer Seen, Zürich
1896.
Zur Charakterisierung der Flora des Zürichseethales und zur Ergänzung des Artikels von Dr. Rikli über die Flora des Kantons Zürich
möge noch Folgendes hervorgehoben werden:
Der Gesamtcharakter der Flora ist derjenige der untern Stufe des schweizerischen Plateaus; als Wirkung
des Föhneinflusses sei die Tatsache erwähnt, dass das Zürichsee-Limmatthal der einzige Strich ist, in welchem der Weinbau
das schweizerische Mittelland vom Jura bis zu den Alpen durchzieht und dass im obern Teil des Sees ein reiches Vorkommen von
Viola alba, Lonicera Periclymenum und Sedum dasyphyllum konstatiert wird; als Spuren pontischer Einflüsse
das Vordringen
von Carex ericetorum bei Zürich
(Allmend ehemals, Eierbrecht) als Glazialrelict die Saxifraga aizoides im Küssnachtertobel
und Pinguicula alpina der Moose der Zürichbergkette, als Vorposten voralpiner Natur die Lonicera alpigena ebenda und auf
dem Zürichberg.
Die beidseitigen Hänge sind reich kultiviert: Futterbau, Rebbau und Obstkultur sind weitaus dominierend,
der Ackerbau tritt stark zurück: das Wiesenareal beträgt im Bezirk Meilen 58,4, im Bezirk Horgen sogar 62% des produktiven
Areals (Maximum im Kant. Zürich!), dazu kommen noch je 3,7% Riedland;
das Ackerland dagegen macht nur 3,8 resp. 4% aus.
Das
rechte Zürichseeufer gehört nach Umfang und Erzeugnis zu den ersten Weingegenden der Schweiz (Stäfa,
Meilen, Herrliberg, Erlenbach) und die Reben steigen da stellenweise über 700 m. Die Wiesenkultur, begünstigt durch die hohe
Niederschlagsmenge, ist eine äusserst intensive; die berühmten Graswirtschaften am Zürichsee erreichen bei intensiver Gülledüngung
und bei viermaligem Schnitt sehr hohe Erträge; allerdings spielt das Dominieren minderwertiger grobstengliger
Umbelliferen (Anthriscus silvester, Chærophyllum Cicutaria, Heracleum) auf diesen «Güllewiesen»
eine fatale Rolle. Bemerkenswert ist das reichliche Vorkommen von Corydalis cava auf den Wiesen des linken Ufers, während
sie auf dem rechten fast völlig fehlt. Die blühenden Obstbaumhaine besonders in der schönen Bucht von Richterswil, bieten
im Mai einen bezaubernden Anblick.
Die wilde Flora ist auf den Wald, die Gebüsche der Bachschluchten, die wenigen Felshänge, die Sümpfe und Moore und das
Seeufer beschränkt.
Die Sumpfflora ist stark zurückgegangen; verschwunden ist u. a. nach O. Nägeli: Lysimachia punctata am Zürichhorn (seit
1834), Sagittaria sagittifolia im untern See (Zürichhorn zuletzt 1839, Riesbach bis 1838, Zollikon noch
1860, Goldbach noch 1861). Scirpus mucronatus (Zürichhorn 1719).
Von der heutigen Sumpfflora möge folgendes erwähnt werden: Im Ufermoor von Schirmensee finden sich (nach Volkart) Ophioglossum,Rhynchospora fusca, Carex dioeca, Acorus Calamus, Spiranthes aestivalis, Ranunculus aconitifolius und Lingua, Œnanthe Lachenalii,Lathyrus paluster, Menthaverticillata, Gratiola officinalis, Crepis praemorsa. Bei Hurden