Zündnadelgewehr,
s. Handfeuerwaffen, S. 105.
5 Wörter, 46 Zeichen
s. Handfeuerwaffen, S. 105.
[* ] (hierzu die Tafeln »Handfeuerwaffen I-III«),
im Gegensatz zu den Geschützen diejenigen tragbaren Feuerwaffen, welche aus der Hand abgefeuert werden. Die Handfeuerwaffen mit langem Lauf werden schlechtweg Gewehr, die mit kürzerm Lauf Karabiner, mit noch kürzerm Pistolen, Revolver, ganz kleine Pistolen auch Terzerole genannt. Je nachdem die Handfeuerwaffen von der Mündung oder von hinten geladen werden, heißen sie Vorder-, resp. Hinter- oder Rückladegewehre etc. Muß das Hinterladungsgewehr zu jedem Schuß geladen werden, so ist es ein Einlader; hat dasselbe aber eine Einrichtung zur Aufnahme einer Anzahl von Patronen, welche durch den Mechanismus in den Lauf eingeführt werden, so heißt es Mehrlader, Magazin- oder Repetiergewehr und, wenn es nur die Größe einer Pistole besitzt, Revolver. Je nachdem die innern Laufwandungen glatt oder mit Zügen versehen sind, hat man glatte oder gezogene Handfeuerwaffen; die glatten Gewehre heißen Flinten, die gezogenen, mit außen kantigem Lauf, Büchsen, die entweder Jäger- oder Scheibenbüchsen sind. Jagdgewehre sind entweder ein- oder doppelläufig, im letztern Fall häufig mit einem glatten (Flinten-) und einem gezogenen (Büchsen-) Laufe versehen und werden dann Büchsflinte genannt.
Die Handfeuerwaffen bestehen in der Regel aus dem Lauf oder Rohr, Schloß, Schaft, der Garnitur und Zubehörstücken. Der Lauf ist aus Eisen oder Stahl gefertigt und oft damasziert. Die Höhlung des Laufs heißt Seele, deren Mittellinie die Seelenachse, die vordere Öffnung Mündung. Die Rohrwandungen nehmen in der Regel nach der Mündung zu an Stärke ab und haben ihre größte Stärke an der Kammer, wo die Patrone liegt. Das Schloß der Vorderlader umschließt den Mechanismus zum Abfeuern, bei den Hinterladern den zum Verschließen des Rohrs und zum Abfeuern des Gewehrs und ist meist aus Stahl oder auch aus Phosphorbronze, der Schaft aus Holz, vorzugsweise Nußbaum, gefertigt und mit dem Lauf durch Ringe verbunden. - Die ersten Anfänge der Handfeuerwaffen sind die kurz nach dem Bekanntwerden des Schießpulvers fast zugleich mit den Geschützen im 14. Jahrh. aufkommenden sogen. Donnerbüchsen, Stand-, Hand- (Textfig. 1) oder Faustrohre, aus denen sich die Hakenbüchsen (s. d.) zu Anfang des 15. Jahrh. entwickelten.
Der Lauf war aus Schmiedeeisen über einen Dorn geschweißt und in einem geraden Schaft befestigt. Sie wurden mit glühender Kohle oder Lunte abgefeuert. Zu Anfang des 15. Jahrh. versah man die Büchsen mit einem Hahn in Drachenform, in dessen Kopf die brennende Lunte geschraubt wurde, daher Luntenschloß (Textfig. 2). Durch einen Abzug wurde der Hahn auf die rechts am Lauf sitzende Zündpfanne geleitet. Die Büchsen erhielten um diese Zeit Visier und Korn, eine Ladestockrinne im Vorderschaft und die Kolbendünnung. 1429 fand zu Nürnberg bereits ein Scheibenschießen mit Handrohren statt. Ein wesentlicher Fortschritt war die Erfindung des Radschlosses (s. d.) 1517 durch einen Uhrmacher in Nürnberg. Da dasselbe häufig versagte, blieb das Luntenschloß bis zum Ende des 17. Jahrh. noch im Gebrauch. In Frankreich wurden 1543 für Reiter und Mineure die ersten Karabiner eingeführt. Um dieselbe Zeit ward in München der Doppelabzug oder Stecher und in Spanien das Schnapphahnschloß (Textfig. 3) erfunden, aus welchem sich das Steinschloß entwickelte, das, um 1630 in Frank-
[* 2] ^[Abb.: Fig. 1. Handrohr mit Streitaxt aus dem Jahr 1393.
Fig. 2. Luntenschloß.
Fig. 3. Schnapphahnschloß.]
[* ] Fig. 1. System Snider (England).
Geschlossen und gepannt.
[* ] Fig. 2. System Snider à la tabatière (Frankreich).
Zum Laden geöffnet.
[* ] Fig. 5, 6. System Remington (Schweden, Norwegen, Dänemark, Spanien, Ägypten, Griechenland, Amerika).
Fig. 5. Geöffnet und gespannt.
[* ] Fig. 6. Geschlossen und abgefeuert.
[* ] Fig. 7. System Peabody (Amerika, Schweiz).
Geschlossen und gespannt.
[* ] Fig. 8. System Peabody-Martini.
Geschlossen und gespannt.
[* ] Fig. 9, 10. System Henry-Martini (England).
[* ] Fig. 9. Geschlossen und abgefeuert
[* ] Fig. 10. Gespannt, linkes Schloßblech weggenommen.
[* ] Fig. 16, 17. System Beaumont (Niederlande).
Fig. 16. Verschlußmechanismus, die Handhabe zum Zurückziehen (Öffnen) gestellt und dadurch gespannt.
[* ] Fig. 17. Gleiche Stellung der Handhabe wie [* ] Fig. 16, im Verschlußgehäuse.
[* ] Fig. 18. System Vetterli (Italien).
Mit weggelassenem Schlagfedergehäuse, gespannt und zum Laden geöffnet.
[* ] Fig. 19. Vetterli-Repetiergewehr (Schweiz).
Abgeschossen und noch geschlossen.
[* ] Fig. 22. System Werndl (Österreich).
Zum Laden geöffnet.
[* ] Fig. 23, 24. Repetiergewehr von Spencer (Amerika).
Fig. 23. Nach dem Abfeuern der fünften Patrone, Vorrücken der sechsten Patrone in die Kammer.
[* ] Fig. 24. Geschlossen und schußfertig zum Abfeuern der fünften Magazinpatrone.
Zum Artikel »Handfeuerwaffen«.
Fig. 3. System Wänzl (Österreich).
Geschlossen und abgefeuert.
[* ] Fig. 4. System Berdan I (Spanien).
Geschlossen.
[* ] Fig. 11, 12. System Werder (Bayern).
Fig. 11. Geschlossen und gespannt.
[* ] Fig. 12. Abgefeuert und geöffnet.
[* ] Fig. 13. System Dreyse (preußisches Zündnagelgewehr).
Durchschnitt des Verschlusses.
[* ] Fig. 14. System Chassepot (Frankreich).
Zum Laden geöffnet.
[* ] Fig. 15. System Berdan II (Rußland).
Geschlossen und abgefeuert.
Rohrdurchschnitt.
Schlagbolzen.
[* ] Fig. 20, 21. System Mauser (deutsche Armee).
[* ] Fig. 20. Gespannt und zum Laden geöffnet.
[* ] Fig. 21. Durchschnitt, Ansicht des Schlagbolzens und der Patrone; geschlossen und gespannt.
[* ] Fig. 25, 26. Österreichisches Repetiergewehr für die Gendarmerie (System Fruhwirth).
[* ] Fig. 26. Geschlossen und gespannt.
Zum Artikel »Handfeuerwaffen«.
reich erfunden, 1648 als fertiges Batterie- oder Steinschloß auftrat. Es bestand aus einem Hahn, in dessen Kopf ein Feuerstein durch eine Schraube eingeklemmt war. Er schlug gegen die aufrecht stehende Schlagfläche des stählernen Pfanndeckels, wodurch Funken erzeugt wurden, und da durch den Schlag gleichzeitig der Pfanndeckel zurückgeschlagen wurde, konnten die Funken das in der nun geöffneten Pfanne liegende Pulver entzünden. Der Schloßmechanismus war im Steinschloß von 1648 schon derselbe, wie er im Perkussionsschloß (Textfig. 4) gegenwärtig noch besteht. Letzterm liegt die Anwendung von Knallpräparaten (knallsaurem Quecksilberoxyd) zu Grunde. Die erste Anwendung desselben zur Entzündung von Gewehrladungen machte 1807 der Schotte Alexander Forsyth.
Als das Ritterwesen mit seinen Harnischen zu Falle gebracht war, konnte man mit Beginn des 17. Jahrh. eine Verminderung der Kaliber und somit auch des Gewichts der Waffe eintreten lassen. Die Muskete des Dreißigjährigen Kriegs hatte 18 mm Kaliber und wog 6 kg, die des Siebenjährigen Kriegs nur 4,75 kg. 1640 ward das Bajonett (s. d.), 1730 durch Leopold von Dessau der eiserne Ladestock erfunden; der Schaft erhielt eine für den Anschlag bequeme Krümmung, und die Feuergeschwindigkeit mit diesen Gewehren war so groß, daß Friedrich d. Gr. in einer Minute fünf Schuß abgeben ließ.
Diese Handfeuerwaffen schossen bleierne Rundkugeln von 26-32 g mit 9-11 g Ladung. Die Kugeln mußten des leichten Ladens wegen mit bedeutendem Spielraum in den Lauf gehen; deshalb war trotz der bedeutenden Ladungsquotienten die Treffsicherheit und Tragweite derselben gering. Die Züge waren zwar längst bekannt, aber als solche noch nicht verstanden. Kaspar Zöllner in Wien gilt als Erfinder derselben. 1498 ward bereits in Leipzig ein Scheibenschießen mit gezogenen Gewehren abgehalten.
Diese Züge waren noch gerade (Schmutzräume), die schraubenförmig gewundenen soll Augustin Kutter erfunden haben (gest. 1630 in Nürnberg). Aus diesen Büchsen wurden Rundkugeln geschossen, die, um den Spielraum aufzuheben, in gefettete Leinwand (Talgpflaster) gehüllt in den Lauf eingekeilt wurden. Die 1631 vom Landgrafen Wilhelm von Hessen, 1641 vom Kurfürsten Max von Bayern errichteten Scharfschützenkompanien sowie die preußischen freiwilligen Jäger von 1813 führten solche gezogene Büchsen.
Eine größere Treffsicherheit (Präzision) konnte nur durch Aufhebung des Spielraums, durch Einpressung des Geschosses in die Züge und die dadurch herbeigeführte Rotation, die größere Tragweite (leichte Überwindung des Luftwiderstandes) aber nur durch eine bedeutende Länge und die ogivale (spitzbogenförmige) Zuspitzung des Geschosses erreicht werden. Das störende Einkeilen des Geschosses in die Züge vermieden Delvigne (1826) und Thouvenin (Auftreiben auf den Kammerrand oder einen Zapfen), erfolgreicher aber der französische Kapitän Minié 1849 durch die Erfindung der Expansionsgeschosse. Es waren dies lange Spitzgeschosse mit einem am Geschoßboden beginnenden Kanal (s. Geschoß, S. 214), in den ein eisernes Näpfchen (culot) eingesetzt wurde. Die Pulvergase trieben dasselbe bis zum Boden des Kanals, wodurch die Geschoßwandungen nach außen, also in die Züge eingedrückt wurden. In der Folge wurden zahlreiche Abänderungen und Verbesserungen dieses Geschosses angegeben.
Die ersten gezogenen Vorderlader hatten zumeist, wie die glatten Gewehre, ein Kaliber von 15-18 mm, das seiner Größe wegen für die letztern vorteilhaft, für erstere aber ein Hindernis zur Erreichung einer rasanten Flugbahn war, weil seine Langgeschosse zu schwer wurden. Dieserhalb mußte das Kaliber verringert werden. Für die Konstruktion der Gewehre wurden folgende Grundsätze aufgestellt: Das Gewehr darf mit Bajonett 5,3 kg, ohne 4,5-4,8 kg wiegen;
um das Feuern in zwei Gliedern zu gestatten, muß es ohne Bajonett 1,3 m lang sein;
da ferner eine Rasanz der Flugbahn nur mit wenigstens 2,5 Kaliber langen Geschossen bei einem Ladungsquotienten von 0,25-0,20 zu erreichen ist, so ergibt sich hieraus ein Kaliber von 10-11 mm, ein Geschoßgewicht von 22-25 g und eine Ladung von 4,5-5,5 g. Eine Vermehrung der Ladung oder Verringerung des Gewehrgewichts würde eine Verstärkung des Rückstoßes zur Folge haben, wie sie für die Schulter des Schützen auf die Dauer unerträglich wäre. Um aber einem so dünnen Lauf, wie ihn das Gewicht der Waffe bedingt, die erforderliche Biegungsfestigkeit für den Bajonettkampf zu geben, muß er aus Gußstahl gefertigt werden.
Von allen Vorderladegewehren ist diesen Grundsätzen allein das 1851 eingeführte schweizerische Ordonnanzgewehr des Obersten Wurstemberger von 10,5 mm nahegekommen; vollständig konnten sie nur durch Anwendung der Hinterladung und der Einheitspatrone erfüllt werden.
Versuche mit Hinterladungsgewehren traten schon früh, im 15. Jahrh., auf, wenn auch nicht so zahlreich wie mit solchen Geschützen. Textfigur 5 ist ein revolverähnliches Gewehr aus dem Anfang des 17. Jahrh. Chaumette konstruierte 1751 ein solches, das 1776 von Montalembert verbessert wurde. Der französische Gewehrfabrikdirektor Pauli erhielt 1812 ein Patent auf ein Hinterladungsgewehr, welches als der Vorläufer des Lefaucheux-Gewehrs (s. unten) anzusehen ist. Alle diese Versuche waren aber noch technisch unvollkommen, weil ihnen der gasdichte Verschluß fehlte. Die Erfindung der Patrone ist gleichfalls alt. Die Italiener verwendeten 1597 vor Neapel die seit längerer Zeit gebräuchliche Flintenpatrone, d. h. die Vereinigung von Geschoß und Ladung in einer Papierhülse. Die Erfindung der Einheitspatrone,
[* ] ^[Abb.: Fig. 4. Perkussionsschloß.
Fig. 5. Revolverähnliches Gewehr aus dem 17. Jahrhundert.]
welche Geschoß, Ladung und Zündung verbindet, ist Dreyses Verdienst. Derselbe legte 1829 der preußischen Regierung ein Zündnadelgewehr vor, das ein glatter Vorderlader mit Rundkugel und Einheitspatrone unter Anwendung eines Zündspiegels war. 1836 trat er mit seinem Hinterladungs-Zündnadelgewehr hervor, das 1841 in Preußen eingeführt wurde und durch seine Erfolge im Krieg Preußens gegen Österreich 1866 eine vollständige Umwälzung in der Bewaffnung aller Armeen hervorrief. Wenn dieses Gewehr auch bei seinem großen Kaliber von 15,43 mm, dessen Nachteile durch den sinnreichen Notbehelf der Spiegelführung, um ein Geschoß (das Langblei, s. Geschoß, S. 214) von 13,6 mm größtem Durchmesser schießen zu können, nicht beseitigt werden konnten, in ballistischer Beziehung den gezogenen Vorderladungsgewehren nicht überlegen war, so bekundete es doch durch die Hinterladung einen taktischen Fortschritt von so eminenter Bedeutung, daß kein Staat sich gegen denselben mehr verschließen konnte. In kurzer Zeit traten zahllose Konstruktionen von Hinterladungsgewehren auf, die jahrelange Versuche zur Folge hatten.
Die Gewehrfrage gliederte sich nach drei Hauptrichtungen: in die Konstruktion des Laufs, der Hinterladung und der Munition. Als die Versuche 1866 begannen, wurde bald erkannt, daß bis zu ihrem Abschluß Jahre vergehen müßten, wollte man nicht durch voreiligen Entschluß dem Staat unnützerweise ungeheure Geldopfer auferlegen. Aus militärisch-politischen Rücksichten war es aber unzulässig, die bisherigen gezogenen Vorderladungsgewehre bis dahin unverändert beizubehalten, und man griff deshalb zu dem Aushilfsmittel, diese Gewehre vorläufig in Hinterlader umzuändern, und sie erst später durch Gewehre einer Neukonstruktion zu ersetzen. Hieraus gingen eine Anzahl sogen. Transformationsverschlüsse hervor. Von diesen unabhängig wurden die Neukonstruktionen verfolgt. Während jene den alten Lauf von 14-18 mm Kaliber behielten, wurde für diese ein solcher von 10-11,5 mm festgesetzt, ebenso der Ladungsquotient von ¼-⅕, weshalb sich jene Gewehre in ihrer ballistischen Leistung nahezu gleichen.
Die ersten Neukonstruktionen der Hinterladungsverschlüsse waren unvollkommen, weil sie noch nicht die Einheitspatrone zur Grundlage hatten und meist eines besondern Dichtungsmittels am Patronenboden bedurften. Es sind dies die Systeme von Westley-Richard, Green, Benjamin, Mont-Storm etc., deren Patrone eine Papierhülse und Filzplatte am Boden hat. Die Entzündung erfolgt durch Perkussionsschloß mit Zündhütchen. Diese Konstruktionen gestatten kein wesentlich schnelleres Feuern als die Vorderlader und sind daher wenig zur Anwendung gekommen.
Die Lebensfähigkeit des Hinterladungsgewehrs wurde erst ermöglicht durch die Anwendung der Einheitspatrone u. die metallische Dichtung des Verschlusses. Den Amerikanern gebührt das Verdienst, die Metallpatronenhülsen erfunden zu haben, deren überstehender Bodenrand die Dichtung des Verschlusses, unabhängig von dem mechanischen Konstruktionssystem, bewirkt, während er es gleichzeitig ermöglicht, die abgefeuerte Hülse aus dem Lager herausziehen zu können. Die amerikanischen Patronenhülsen waren ursprünglich aus dünnem Kupferblech mit hohlem Boden (Textfig. 6) geprägt, welcher ein Knallpräparat als Zündsatz enthielt. Die englischen (Boxer-) Patronen (Textfig. 7) waren aus gewalztem Messingblech gerollt, mit Papier überklebt und in einer Bodenkappe mit eiserner Bodenplatte befestigt, in deren Mitte das Zündhütchen saß.
Hieraus haben sich die heutigen Patronenhülsen entwickelt, die aus Messingblech gezogen sind und am offenen Ende eine Verengerung als Geschoßraum haben (Textfig. 8). Durch den Boden der Zündglocke, in welche das Zündhütchen eingepreßt ist, gehen ein oder mehrere Löcher, durch welche sich das Feuer des Zündhütchens der Pulverladung mitteilt. Auf dem Boden der Zündglocke erhebt sich ein abgerundeter Kegel, der Amboß, gegen welchen das Zündhütchen durch den Schlagbolzen getrieben und zur Explosion gebracht wird.
Das Geschoß, meist aus Weichblei, in England und Frankreich aus Hartblei, ist am untern cylindrischen Teil mit Papier umwickelt, wodurch dem leichten Verbleien der Züge vorgebeugt wird. Geschoß u. Ladung werden durch einen zwischen zwei Kartonblättchen liegenden Wachspfropfen getrennt, der zur Reinhaltung des Rohrs dient und verhüten soll, daß das Geschoß beim Eintreten in die Züge von Pulvergasen umspielt wird. Dem Konstruktionssystem nach unterscheidet man:
1) Scharnier- oder Klappenverschlüsse, 2) Blockverschlüsse, 3) Cylinder- oder Kolbenverschlüsse, 4) den Wellenverschluß. Haben die Gewehre noch ein zur Aufnahme von 7-13 Patronen dienendes Magazin, so werden sie Magazin- oder Repetiergewehre, auch Mehrlader, gegenüber den Einladern, genannt, die solche Einrichtung nicht besitzen.
1) Die Scharnier- oder Klappenverschlüsse. Die Erfahrungen des dänischen Kriegs veranlaßten England zur Umwandlung des Enfield- (Vorderlade-) Gewehrs in einen Hinterlader nach dem System Snider, welchem das in Frankreich mit geringer Abänderung nachgebildete System à la tabatière entspricht, das auf Tafel I, [* ] Fig. 1 u. 2, dargestellt ist. Das Gewehr wird durch eine nach der rechten Seite zu öffnende Klappe geschlossen, durch welche schräg ein Schlagstift geht, auf dessen Kopf ein Hahn schlägt.
Das Ausziehen der Patronenhülse ist sehr mangelhaft; das Einsetzen der Patrone muß sehr sorgfältig mit der Hand geschehen. Von ähnlicher Konstruktion mit nach links zu öffnender Klappe ist das System Krnka (Rußland). In technischer Beziehung vollkommener sind die Scharnierverschlüsse mit nach vorn zu öffnender Klappe. Das Verschlußstück ist um ein auf dem Lauf, senkrecht zu seiner Achse sitzendes Scharnier drehbar, nach vorn aufzuklappen; durch dasselbe geht der Schlagstift, auf welchen ein Hahn schlägt.
Die verschiedenen Systeme unterscheiden sich im wesentlichen durch die Art der Festhaltung des Verschlußstücks in der Kammer zur Verhütung des selbstthätigen Aufschlages beim Schießen. Beim System Milbank-Amsler dient hierzu ein Schließkeil, beim System Wänzl (Österreich) wird beim Abfeuern durch den Hahn selbst ein Keil in das Verschlußstück geschoben (Tafel II, [* ] Fig. 3). Ähnlich ist das System Albini-Brändlin, nach dem Belgien transformiert
[* ] ^[Abb.: Fig. 6. Peabody-Patrone.
Fig. 7. Boxer-Patrone.
Fig. 8. Neue Patrone.]
hat. Spanien hat nach dem System I des amerikanischen Generals Berdan umgeändert (Tafel II, [* ] Fig. 4). Das Verschlußstück besteht aus zwei Teilen, von denen der vordere den Stoßboden bildet. Das Herausziehen der Patronenhülse geschieht bei diesen Systemen durch einen mit dem Scharnier verbundenen Extraktor beim Aufschlagen der Verschlußklappe. Die Hülse wird jedoch nur teilweise herausgezogen und muß durch eine ruckartige Bewegung des Gewehrs herausgeschleudert werden. Diese Scharnierverschlüsse eignen sich besonders zur Transformation, weil sie keine Durchbrechung oder Schwächung des Schafts erfordern. Für Neukonstruktionen eignen sich mehr die technisch vollkommnern
2) Blockverschlüsse, bei denen sich das Verschlußstück zum Öffnen um eine Achse nach hinten drehen läßt (System Remington), oder bei denen das um eine an seinem hintern Ende sitzende Achse drehbare Verschlußstück mit seinem vordern Teil, der den Stoßboden bildet, herunterfällt und so den Lauf öffnet, die sogen. Fallingblocks (Systeme Peabody, Martini-Henry, Werder). Ganz eigenartig ist das System des Amerikaners Remington (Tafel I, [* ] Fig. 5 u. 6). Es besteht aus zwei um starke Wellen drehbaren Hähnen B und C, von denen B das Verschlußstück, die Klappe C den Schlaghahn bildet, welcher mit seinem Kopf gegen den in der Klappe sitzenden Schlagstift schlägt und dadurch, daß er sich mit seiner obern kreisbogenförmigen Fläche unter die hintere Fläche der Klappe schiebt, das Zurückschlagen der letztern beim Abfeuern verhütet.
Mit der Klappe ist ein Extraktionsschieber verbunden, welcher bei ihrem Zurückziehen die Patronenhülse ein wenig lüftet. Diese mangelhafte Extraktion ist eine Schwäche des sonst sehr soliden und einfachen Verschlusses. Die drei Griffe sind:
1) Aufziehen des Hahns: Spannen;
2) Aufziehen der Klappe: Öffnen und Ausziehen;
3) Vorziehen der Klappe: Schließen. Das in Schweden, Norwegen, Dänemark, Spanien, Ägypten, Griechenland und Amerika gebräuchliche System Remington ist wohl das verbreitetste aller Systeme. Für die eigentlichen Blockverschlüsse mit nach unten beweglichem Verschlußblock bildete das amerikanische Peabody-Gewehr den Ausgang. Tafel I, [* ] Fig. 7, zeigt das Gewehr geladen und fertig zum Abfeuern. Zum Öffnen wird der Bügel E nach unten und vorn bewegt, wodurch der Verschlußblock D nach unten gerissen wird.
Hierbei schlägt er mit seinem Kopf auf den gabelförmigen Extraktor F, der die Patronenhülse aus dem Lager zieht und nach hinten wirft. Durch den Verschlußblock geht der Schlagstift, auf welchen der vom Verschlußmechanismus noch gesonderte Hahn schlägt. In dieser Trennung liegt die Schwäche des Systems. Es erfordert drei Griffe:
1) Aufziehen des Hahns: Spannen;
2) Vorstoßen des Bügels: Öffnen und Auswerfen;
3) Zurückziehen des Bügels: Schließen. Die Schweiz hat 15,000 Peabody-Gewehre beschafft. Der Verschlußblock mit der Drehachse an seinem hintern Ende und der mit dieser Konstruktion zusammenhängende, ausgezeichnet wirkende Extraktor sind das Bleibende für alle Blockverschlüsse geworden. Die Entwickelung dieses Systems mußte zunächst das Spannen des Hahns in den Verschlußmechanismus hineinziehen. Dies that Martini, Fabrikbesitzer zu Frauenfeld in der Schweiz (Tafel I, [* ] Fig. 8), der durch die mit dem Bügel verbundene Zugstange das Spannen des Hahns gleichzeitig beim Öffnen bewirken ließ. Da die hierzu erforderliche bedeutende Kraftanstrengung des Schützen das Gewehr zur Kriegswaffe ungeeignet machte, so verbesserte Martini sein System, indem er den Schlagstift in das Verschlußstück legte (Tafel I, [* ] Fig. 9 u. 10), so daß das Öffnen und Spannen Ein Griff wurde. Das Gewehr hat daher nur zwei Griffe:
1) Vorstoßen des Bügels: Öffnen, Auswerfen und Spannen;
2) Zurückziehen des Bügels: Schließen. Dieser Verschluß mit einem Lauf nach Henry ist unter dem Namen Henry-Martini-Gewehr in England eingeführt. - Der vollkommenste Verschluß dieses Systems wurde durch Werder, technischen Fabrikdirektor in Nürnberg konstruiert (Tafel II, [* ] Fig. 11 u. 12), indem er die weit ausgreifenden Bügelbewegungen des Henry-Martini-Gewehrs durch das Zurückziehen des hintern Abzugs ersetzte. Es sind also nur zwei Griffe erforderlich:
1) Vordrücken der Stütze: Öffnen und Auswerfen;
2) Aufziehen des Hahns: Spannen und Schließen. Dieses Gewehr, das sich im Krieg 1870/71 bewährte, ist, für die Anwendung der Patrone des deutschen Mauser-Gewehrs abgeändert, Waffe der bayrischen Landwehr.
3) Die Cylinder- oder Kolbenverschlüsse werden charakterisiert durch den in der Laufachse vor- und zurück beweglichen Verschlußcylinder oder Verschlußkolben, welcher den Schloßmechanismus enthält. In dieser Systemsgruppe geschieht die Entzündung entweder durch eine Zündnadel oder durch einen Schlagbolzen, die in der Laufachse liegen und (ausgenommen das System Beaumont) auf ihrem Schaft von einer Spiralfeder umgeben sind, welche beim Spannen zusammengedrückt wird und beim Abfeuern Nadel oder Bolzen nach vorn schnellt und so durch Anstich oder Schlag die Entzündung bewirkt. Die verschiedenen Konstruktionen unterscheiden sich daher hauptsächlich durch den Mechanismus zum Spannen; bei den ältern sind hierzu ein oder mehrere besondere Griffe erforderlich, während bei den neuern das Spannen gleichzeitig mit dem Öffnen geschieht, daher Selbstspanner. Der Verschlußcylinder (Kammer) wird mittels der Kammerwarze, die als Handhabe dient, bewegt und beim Schließen nach rechts gedreht.
Alle Kolbenverschlüsse gehen von dem Dreyseschen Zündnadelgewehr aus, dem ersten wirklich kriegsbrauchbaren Hinterladungsgewehr. Obgleich es jetzt durch neuere Konstruktionen technisch weit überholt ist, wird ihm doch in der Geschichte des Waffenwesens für alle Zeit ein hervorragender Platz gewahrt bleiben (Tafel II, [* ] Fig. 13). Das Öffnen kann erst nach dem Zurückziehen des Schlößchens in der Kammer geschehen, das Spannen nach dem Schließen durch Vorschieben desselben. Der Verschluß des französischen Chassepot-Gewehrs (Tafel II, [* ] Fig. 14) ist nur eine Modifikation des Dreyseschen, darin bestehend, daß das Spannen dem Öffnen schon vorangeht.
Die drei Griffe sind:
1) Zurückziehen des Nadelbolzens: Spannen;
2) Zurückziehen der Kammer: Öffnen;
3) Vorschieben derselben: Schließen. Aus ihm ist unter Anlehnung an das System Mauser (s. unten), namentlich in Bezug auf Einrichtung der Selbstspannung, das System Gras hervorgegangen, das als M/74 in Frankreich eingeführt wurde. Schon vor dem Krieg von 1870/71 beginnt die Übergangszeit von der Papier- zur Metallpatrone. Erstere hat den Vorzug größerer Einfachheit und der Billigkeit; sie wurde aber kompliziert, als man genötigt war, sie mit Liderungsmitteln zur Gasdichtmachung des Verschlusses zu verbinden, und erreichte den angestrebten Zweck dennoch nur unvollkommen. Zu dem Blockverschlußsystem war die Metallpatrone unentbehrlich, daher ging die Entwickelung beider Hand in Hand. Als man aber fand, daß die
Metallpatrone sich auch für die Kolbenverschlüsse eignet, wandte man sich mehr und mehr wieder ihrer Verbesserung zu. Die Schwierigkeit hierbei lag vor allem in der Konstruktion der Selbstspannung. Die Metallpatrone wurde für alle Konstruktionen als Grundlage angenommen und die Zündnadel durch den Schlagbolzen ersetzt. Der Auszieher (Extraktor) ist eine vorn mit Kralle versehene lange Feder, parallel der Laufachse außen in den Verschlußkolben eingelassen, welcher sich vor den Bodenrand der Patrone legt und diese daher beim Zurückziehen des Verschlußkolbens ganz aus dem Lauf herauszieht.
Eigentümlich ist der eine Doppelfeder bildende Auszieher des französischen Gras-Gewehrs M/74, der in der Leitschiene der Kammerwarze sitzt. Häufig war, außer dem Auszieher, noch ein besonderer Auswerfer (Ejektor) angebracht, der den Zweck hatte, die Patronenhülse aus dem Lager herauszuschleudern. Er ist bei den meisten neuern Kolbenverschlüssen wieder weggelassen, weil er den Verschluß mehr kompliziert machte, als er nützte. Wirft der Auszieher nicht schon aus, so genügt hierzu ein kurzer Ruck mit dem Gewehr. - Es sei hier vor den Kolbenverschlüssen mit Metallpatronen noch des in Rußland eingeführten Gewehrs nach einem zweiten System des Generals Berdan gedacht. Seiner Konstruktion nach gehört es zu den Gewehren mit Scharnierverschlüssen. Die Verschlußklappe (Tafel II, [* ] Fig. 15) ist nach vorn aufzuschlagen, in ihrer Längenachse sitzt ein kurzer Zündstift.
Der eigentliche Schlagbolzen, ähnlich wie bei den Kolbenverschlüssen, sitzt hinter der Klappe in einem Schloßgehäuse. Das unzeitige Aufschlagen der Klappe wird dadurch verhütet, daß der Schlagbolzen beim Abfeuern in dieselbe hineintritt; erst durch das Spannen wird er ganz aus ihr herausgezogen und gestattet nun das Öffnen der Klappe. Die drei Griffe sind mithin:
1) Zurückziehen des Schlagbolzens: Spannen;
2) Vorwärtsaufschlagen der Klappe: Öffnen und Auswerfen;
3) Zuschlagen der Klappe: Schließen. Wie bei allen Scharnierverschlüssen, ist auch bei diesem System der Auszieher mit dem Scharnier verbunden. Die Patrone des Gewehrs Berdan II wurde für das deutsche Mauser-Gewehr angenommen.
Den Übergang vom Chassepot-Gewehr zu den Kolbenverschlüssen neuerer Konstruktion mit Selbstspannung bildet das in den Niederlanden eingeführte Beaumont-Gewehr (Tafel I, [* ] Fig. 16 u. 17). Das Eigentümliche der Konstruktion ist die zweiarmige Schlagfeder in der Handhabe des Verschlußcylinders, welche den Schlagbolzen zum Abfeuern vorschnellt. Durch das Zurückziehen des letztern wird die Schlagfeder zusammengedrückt, mithin gespannt. Der sehr einfache Mechanismus bedingt nur zwei Griffe und zwar:
1) Linksdrehen und Zurückziehen der Handhabe: Spannen, Öffnen und Auswerfen;
2) Vorschieben und Rechtsdrehen der Handhabe: Schließen. Es sei erwähnt, daß die eigentümliche Schlagfeder dieses Gewehrs, das in Holland 1871 eingeführt wurde, schon bei dem 1865 von Mauser konstruierten Gewehr vorkommt. - Eine ausgezeichnete Konstruktion ist der Verschluß von Vetterli (Tafel I, [* ] Fig. 18 u. 19), technischem Fabrikdirektor zu Neuhausen. Das an den Lauf geschraubte Verschlußgehäuse bildet die Bahn für den in der [* ] Figur zum Laden herausgezogenen Verschlußcylinder. Er enthält den Schlagbolzen, der hinten noch heraussieht und vorn für die doppelte Randzündung (1872) eine Schlaggabel trägt.
In dem Schlagbolzen sitzen fest die Schlagstiftflügel, deren unterer der Rastflügel heißt, weil er hinter den Abzugsstollen greift. Für den Gang dieser Flügel, hinter denen die spiralförmige Schlagfeder liegt, hat der Verschlußcylinder einen Schlitz, um das Drehen des Schlagstifts zu verhindern. Mit ihrer vordern Fläche laufen die Schlagstiftflügel an der schraubengangartigen Fläche der mit dem Verschlußcylinder drehbar verbundenen Nuß, auf welcher die Handhabe, der Nußhebel, steht.
Wird nach dem Abfeuern die Handhabe nach links herumgedreht, so schieben sich die Schlagstiftflügel an die schrägen Flächen der Nuß, drücken den Schlagbolzen nach hinten, also die Schlagfeder zusammen und spannen somit. Hierbei sind auch gleichzeitig die Führungswarzen, die vor der Nuß auf dem Verschlußcylinder stehen, aus ihren Führungen, in denen sie gegen den Rückstoß den Widerstand bieten, herausgetreten, und der Verschluß kann geöffnet werden. Das Gewehr hat also nur zwei Griffe:
1) Linksaufstellen und Zurückziehen des Nußhebels: Spannen, Öffnen und Auswerfen;
2) Vorwärtsschieben und Rechtsdrehen des Nußhebels: Schließen. Das Vetterli-Gewehr wurde nach fünfjährigen Versuchen 1872 in Italien definitiv angenommen und wird in den Waffenfabriken von Brescia und Neapel gefertigt.
Eine den Systemen Dreyse, Chassepot, Beaumont, namentlich aber dem des Büchsenmachers Friedrich in Stettin in einzelnen Teilen ähnliche Konstruktion ist das als M/71 (Modell 1871) bei der deutschen Armee eingeführte Gewehr der Büchsenmacher Gebrüder Mauser in Oberndorf a. Neckar. In dem Verschlußcylinder, der Kammer, b (Tafel II, [* ] Fig. 20 u. 21) steckt der Schlagbolzen c mit darauf sitzendem Schlößchen k, Sicherung g, Schlagbolzenmutter d und Spiralfeder.
Den eigentlichen Stoßboden bildet der bewegliche Kolben- oder Verschlußkopf handfeuerwaffen. Die Leitschiene f der Kammer, mit welcher die Handhabe l verbunden ist, greift mit ihrem vordern Ende über die Nase des Verschlußkopfes, so daß dieser allen Vor- und Rückwärtsbewegungen der Kammer folgen muß. Das Drehen des Kammerkopfes wird durch den Auszieher i verhindert, der in einer Nute der Verschlußhülse a läuft. Das auf den Schlagbolzen aufgeschobene Schlößchen k gleitet mit seiner Leitschiene e in einem Schlitz der Verschlußhülse und wird so an jeder Drehung verhindert. Da sich nun beim Abfeuern der nach vorn stehende Ansatz des Schlößchens, die Spannvorrichtung, in einen gleichen Ausschnitt der Kammer legt, so müssen, wenn zum Öffnen die Kammer nach links gedreht wird, die schrägen Flächen des Schlößchenansatzes und des Ausschnitts (der Ausfräsung) der Kammer aufeinander fortgleiten, bis sich das Schlößchen mit dem Ansatz hinter die gerade Bodenfläche der Kammer stellt.
Durch diese Bewegung ist die Spiralfeder zusammengedrückt, also gespannt worden. Wird nun die Kammer zum Schließen wieder nach vorn geschoben und rechts gedreht, d verhindert der Abzugsfederstollen m das Vorschnellen des Schlagbolzens. Wird derselbe heruntergezogen, so muß die gespannte Spiralfeder den Schlagbolzen nach vorn schnellen und das Zündhütchen der Patrone zur Entzündung bringen. Mit dem Schlößchen ist die Sicherung g verbunden, welche, bei gespanntem Gewehr mit dem Flügel nach rechts gedreht, ein Abfeuern des Gewehrs nicht möglich macht. Die Halteschraube n verhindert das Herausziehen der Kammer aus der Verschlußhülse; wird dieselbe gelöst, die Scheibe gehoben und der Abzug angezogen, so kann das Schloß ganz aus dem Gewehr herausgezogen werden. Das Gewehr erfordert zwei Griffe:
1) Linksdrehen und Zurückziehen der Kammer:
Spannen und Öffnen;
2) Vorschieben und Rechtsdrehen der Kammer: Schließen. Der Lauf ist brüniert, die eisernen Gewehrringe sind blau angelassen. Die Jägerbüchse M/71 ist von der gleichen innern Lauf- und Verschlußkonstruktion wie das Gewehr M/71, nur ist der Lauf 13 cm kürzer. Noch kürzer ist der Karabiner, der aber die gleiche Patrone wie das Gewehr M/71 verfeuert. Auch die bayrische Armee ist mit diesen Waffen M/71 ausgerüstet.
Über die Frage, ob im Prinzip das Kolben- dem Blockverschlußsystem vorzuziehen sei oder umgekehrt, ist viel gestritten worden. Im speziellen sei erwähnt, daß die Blockverschlüsse ein vollständiges Einsetzen der Patrone mit der Hand erfordern, damit der Verschlußblock am Patronenboden vorbei kann; mit der zunehmenden Verschmutzung des Gewehrs beim Schießen wird dies schwieriger, es setzt überhaupt eine gewisse Geschicklichkeit der Hand voraus, die durch große Kälte nicht unbedenklich beeinträchtigt wird.
Bei den Kolbenverschlüssen dagegen wird die Patrone nur in die Ladeöffnung gelegt, das Einführen in das Patronenlager geschieht durch den Verschlußkolben beim Vorschieben desselben. Diesen Nachteil teilt mit den Blockverschlüssen der bis jetzt einzige Wellenverschluß des in Österreich als M/67/73 eingeführten Gewehrs nach der Konstruktion des Fabrikanten Werndl zu Steier (Textfig. 9 und Tafel I, [* ] Fig. 22). Das Verschlußstück; die Welle, ist ein massiver Cylinder mit Laderinne, Handhabe, vorderm und hinterm Zapfen zur Lagerung und einem Schlagstift mit Spiralfeder zur Zentralzündung.
Das Lager für den vordern Zapfen ist unter dem Laufmundstück, der hintere dreieckige Zapfen liegt auf einer Feder im Schweifstück; er wird durch einen von oben in das Gehäuse eingeschobenen Reiter, die Stoßplatte, gehalten. Die vordere Fläche der letztern, wie die hintere der Welle, ist eine Schraubenfläche. Beim Linksdrehen der Welle, also Schließen, gleiten dieselben aufeinander hin und pressen die Stirnfläche zum festen Verschluß gegen das hintere Rohrende.
Der Auszieher ist ein doppelter Winkelhebel, der mit dem einen Arm hinter den Patronenrand greift; auf den andern, in der Gehäusewand liegenden Arm schlägt die Welle mit der Endfläche der vorn in [* ] Fig. 9 sichtbaren Rinne beim Rechtsdrehen, also Öffnen der Welle. Die Entzündung geschieht durch einen Hahn. Der Verschluß erfordert drei Griffe:
1) Aufziehen des Hahns;
2) Rechtsdrehen der Welle: Öffnen;
3) Linksdrehen der Welle: Schließen. Bei aller Solidität hat es den Nachteil, daß durch einen besonders aufzuziehenden Hahn abgefeuert wird, wodurch der dritte Griff so lange unvermeidlich bleibt, als das Spannen des Hahns nicht mit dem Öffnen vereinigt wird, wie beim Martini-Gewehr.
Nach dem jetzigen Standpunkt der Technik ist anzunehmen, daß die zwei Griffe der Einlader: Öffnen und Schließen, sich nicht mehr vereinfachen lassen. Versuche, das Schließen und Abfeuern zu vereinigen, haben noch keinen günstigen Erfolg gehabt. Um an Schnellfeuer zu gewinnen, mußte daher das Laden vereinfacht werden. Dies geschah durch Konstruktion der Magazin- oder Repetiergewehre. Sie erfordern nur die Griffe der Einlader, von denen sich ihr Schloßmechanismus meist nur durch den hinzugetretenen Zubringer mit Federn, der die Patrone aus dem Magazin hinter den Lauf bringt, unterscheiden.
Sie müssen auch jederzeit als Einlader oder Repetiergewehre verwendbar sein. Bei ihnen hat man es in der Hand, die Überlegenheit des Schnellfeuers im geeigneten Gefechtsmoment zur Geltung zu bringen und das Füllen des Magazins, während dessen der Schütze ohne Verteidigung ist, zu gelegener Zeit vorzunehmen. Das Magazin ist entweder fest mit dem Gewehr verbunden oder an dasselbe anhängbar. Erstere Magazine liegen entweder im Vorderschaft unter dem Lauf oder im Kolben und haben die Form eines Rohrs, welches bei einigen neuern Systemen aus einem kastenförmigen Magazin im Kolben austritt. Die Patronen werden entweder durch eine Spiralfeder oder durch Zugstangen dem Zubringer zugeführt. Das Magazingewehr des Amerikaners Spencer (Tafel I, [* ] Fig. 23 u. 24) ist das einzige, das sich im Feld (im amerikanischen Krieg) bewährt hat.
Das im Kolben sitzende Magazin faßt sieben Patronen. Das Gewehr erfordert drei Griffe. Seine Vorteile den Einladern gegenüber sind gering. Tyler Henry aus New Haven verbesserte seinen Verschluß und legte das Magazin für 15 Patronen unter den Lauf. Eine wesentliche Verbesserung erhielt dieses Gewehr durch den Präsidenten der New Haven-Arms-Company, Winchester, der in der rechten Deckplatte des Verschlußgehäuses eine ovale Öffnung anbrachte, durch welche die Patronen direkt auf den Zubringer gelegt werden, so daß das Gewehr nunmehr auch als Einlader zu verwenden ist.
Hierdurch wurde das Henry-Repetiergewehr erst wirklich feldtauglich. 1869 wurde in der Schweiz eine durch Vetterli verbesserte Konstruktion dieses Systems eingeführt, bei welchem aber noch der Schlaghahn beibehalten war. Aus ihm entwickelte sich nach und nach das jetzige eidgenössische Ordonnanzgewehr, Konstruktion Vetterli (Tafel I. [* ] Fig. 19). Der eigentliche Verschlußmechanismus ist derselbe wie beim Einlader von Vetterli (Tafel I, [* ] Fig. 18); es tritt nur noch der Kniehebel mit dem Patronenzubringer (Zuschieber) hinzu.
Beim Schließen des Gewehrs schiebt der Verschlußcylinder die hinter den Rohrmund gehobene Patrone in den Lauf, worauf sich der Zuschieber wieder senkt und, in seiner untersten Lage angekommen, eine neue Patrone aus dem Magazin empfängt. Will man mit Einzelladung schießen, verschließt man das Magazinrohr durch eine Sperrvorrichtung. Das unter dem Lauf im Vorderschaft liegende Magazin faßt elf Patronen, außerdem noch eine auf dem Zubringer, eine im Lauf, so daß das Gewehr mit 13 Patronen geladen werden kann. - In Österreich ist 1872 für die
[* ] ^[Abb.: Fig. 9. Wellenverschluß des österreichischen Werndl-Gewehrs.]
Gendarmerie ein Repetiergewehr nach der Konstruktion des Wiener Gewehrfabrikanten Fruhwirth eingeführt worden (Tafel II, [* ] Fig. 25 u. 26). Der Kolbenverschluß dieses Gewehrs hat viel Ähnlichkeit mit dem des Chassepot-Gewehrs. Es wird mit acht Patronen geladen, von denen sechs im Magazin, eine auf dem Zubringer und eine im Lauf liegen, und erfordert zwei Griffe.
Auf Grund der Kriegserfahrungen gewann nach und nach die Ansicht an Geltung, daß das Repetiergewehr seiner Feuergeschwindigkeit wegen das Gewehr der Zukunft sei. Ihm wandten sich daher die Erfinder zu, und zahllose Systeme wurden bekannt, die meist vorhandene Einlader zur Grundlage hatten, so das französische Marinegewehr Gras-Kropatschek; ebenso ist das deutsche Gewehr M/71 durch Mauser, Bornmüller, Simson u. Luck u. a. umgewandelt worden. Die Nachteile des Vorderschaftmagazins (zeitraubende Einzelfüllung des Magazins, ungünstige Verschiebung des Schwerpunktes des Gewehrs nach vorn, Gefahr einer Explosion, bedingt durch die Berührung des Zündhütchens durch die Geschoßspitze der hinterliegenden Patrone, etc.) führten zum Kolbenmagazin zurück. Da die Länge des Kolbens aber nur ein kurzes Röhrenmagazin für wenige Patronen zuließ, so suchte man deren Zahl durch eine andre Form des Magazins zu erhöhen.
Werndl und Mannlicher vereinigten drei und vier Rohre zu einem um eine gemeinschaftliche Achse drehbaren Bündel, welches 20 Patronen aufnimmt, die durch Spiralfedern dem Verschluß zugeführt werden. Die Spiralfedern bezeichnet Evans mit Recht als einen Nachteil. Er lagerte in einem Magazinrohr im Kolben eine Welle von kreuzförmigem Querschnitt, deren Winkel als Magazinröhren dienten. Um das Bündel ist ein Stahlband spiralförmig gewunden, welches eine eigentümliche Einrichtung hat, so daß bei jeder Vierteldrehung der Welle eine Patrone in den Verschluß (Fallblock) befördert wird.
Das Magazin faßt 27 Patronen. Für den Feldgebrauch sind diese Gewehre durch ihre Magazinfüllung viel zu schwer. Eine andre Konstruktion Mannlichers zeigt Tafel III, [* ] Fig. 27, 28, und in der Folge ist eine ganze Anzahl Gewehre mit mehreren Magazinröhren bekannt geworden, so von Kullen, Elliot etc. Unter den Gewehren mit einfachem Magazinrohr im Kolben haben die von Hotchkiß, Chaffee-Reece (in Nordamerika angenommenen) Anerkennung gefunden. Die zeitraubende und darum sehr nachteilige Einzelfüllung dieser wie der Vorderschaftmagazine führte zu neuen Systemen.
Man höhlte den Kolben zur Aufnahme eines Patronenreservoirs aus und leitete aus ihm die Patronen durch ein Rohr zum Verschluß. Hierbei war die Spiralfeder zum Vorschieben der Patronen nicht verwendbar, man brachte statt ihrer die Zugstangen in Anwendung, die durch den Verschlußmechanismus selbstthätig vor- und zurückgeschoben werden und hierbei mit ihren Ansätzen, die hinter den Böden der Patronen liegen, diese vorwärts und die vorderste auf den Zubringer ziehen (Tafel III, [* ] Fig. 29, 30). Das Füllen erfolgt durch Einschütten der Patronen durch die Klappe [* ] (Fig. 30). Ähnlich sind die Systeme von Schulhof und dem spanischen Hauptmann Mata. Ein andres System Schulhofs hat ein sehr großes Kolbenmagazin für 15 Patronen, welches mit einemmal aus einem Karton gefüllt werden kann. Spitalski übertrug das System der Revolver auf das Gewehr (Tafel III, [* ] Fig. 31, 32).
Die mancherlei Unbequemlichkeiten, die den Gewehren mit festem Magazin anhaften, führten zum Gelegenheitsrepetierer, zum anhängbaren Magazin, dessen man sich sogleich im Augenblick des Bedarfs bedienen kann, während sonst das Gewehr als Einlader konstruiert ist und gebraucht wird. Diese anhängbaren Magazine sind entweder Schnelllader (chargeurs rapides), d. h. Patronenbehälter, die neben der Ladeöffnung am Gewehr befestigt werden, ohne daß dieses hierzu einer besondern Einrichtung bedarf, und die dem Schützen die Patronen zum schnellen Laden nur bequem zur Hand halten sollen, oder die Magazine haben selbstthätige Patronenzuführung und setzen gewisse Einrichtungen hierfür am Gewehr voraus. Zu den erstern gehören der 1878 in Rußland eingeführte Schnelllader von Krnka (Tafel III, [* ] Fig. 33) und ähnliche andre anhängbare Schachteln oder Kartons.
Anhängbare Magazine mit selbstthätiger Patronenzuführung wurden 1879 von Löwe in Berlin, U-förmig den Gewehrschaft umgebend, sowie von Vitali u. Schurda und dem Amerikaner Lee bekannt. Letzteres (Tafel III, [* ] Fig. 34, 35) ist eine Stahlblechkapsel mit fünf Patronen, welche in kurzem Griff in das Gewehr eingesteckt und ebenso leicht aus demselben entfernt werden kann. Die Öffnung im Gewehrschaft ist durch einen Schieber verschließbar, wenn man mit Einzelladung schießen will.
Ein andres System ist vom Obersten Forsbery (Tafel III, [* ] Fig. 36), und noch andre sind von Jarmann, Mannlicher, Schurda, Winkler, Matkow-Patkin, Erzherzog Johann, Leutnant Krnka u. a. angegeben worden. Die an die Magazine gestellte Bedingung der leichten, griffartigen Anbringung schließt meist auch den Nachteil ein, daß sich das Magazin ebenso leicht und oft zur unrechten Zeit vom Gewehr ablöst. Man hat sich deshalb wieder mehr den festen Magazinen zugewendet und bemüht, auf sie den Hauptvorteil der anhängbaren Magazine, Vermeidung der Einzelfüllung, zu übertragen. Dies ist bei den Kolbenmagazinen nicht ohne Erfolg geblieben.
Inzwischen hat sich mehr und mehr die Überzeugung Bahn gebrochen, daß das Kaliber unsrer Kriegsgewehre zu groß ist. Professor Hebler und Major Rubin in der Schweiz haben durch verdienstvolle Versuche bewiesen, daß man bis auf 7,5 mm heruntergehen kann. Durch Verlängerung der Geschosse auf 3,8 Kaliber haben sie eine außerordentlich rasante Flugbahn und durch Umhüllung der Geschosse mit einem angelöteten Kupfer- oder Stahlmantel (nach Vorschlägen des preußischen Artillerieoberstleutnants Bode von Lorenz in Karlsruhe angefertigt) eine ebenso ausgezeichnete Durchschlagskraft derselben und eine Anfangsgeschwindigkeit bis zu 660 m erzielt. Solche Umhüllung ist notwendig, um dem übermäßigen Stauchen so langer und dünner Geschosse zu begegnen. Norwegen hat seinem 1882 angenommenen Magazingewehr von Jarmann ein Kaliber von 10,15 mm gegeben. Das gleiche Kaliber hat das in Serbien 1880 eingeführte System Mauser-Milowanowic; diese Gewehre verfeuern Hartbleigeschosse.
Von der Annahme des kleinen Kalibers wäre die Progressivpatrone (Thiel), die am Boden ein langsam und vorn ein schnell verbrennendes Pulver, also etwa Schießpulver und Schießbaumwolle, enthält, oder eine Patrone mit gepreßter und mit einem Längskanal versehener Füllung (Rubin) unzertrennlich gewesen. Major Thiel machte ferner den Vorschlag, dessen Ausführung Maxim in London mehrfach versuchte, den Rückstoß zum selbstthätigen Öffnen, Laden und Schließen des Gewehrs zu verwerten. Durch solche und in Rücksicht auf die Entwertung der vorhandenen großen Munitionsbestände mit
außerordentlichen Kosten verknüpften Veränderungen ist die Kaliberfrage wieder in den Hintergrund gedrängt worden, und es machte sich in allen größern Staaten die Ansicht geltend, die Annahme eines Repetiergewehrs vom Beibehalt der Munition des gegenwärtig im Gebrauch befindlichen Einladers abhängig zu machen.
Deutschland ist der erste Großstaat, welcher auf dieser Grundlage das Repetiergewehr als Infanteriewaffe unter der Bezeichnung »M/71.84« [* ] (Fig. 10 u. 11) einführte. Kaliber und Munition des Gewehrs M/71 sind beibehalten, nur die Geschoßspitze ist, zur Beseitigung der Gefahr einer Entzündung der im Magazin vorliegenden Patrone durch die Geschoßspitze der hinterliegenden beim Rückstoß, abgeflacht. Auch das Schloß des Mausergewehrs ist beibehalten und nur so weitabgeändert worden, als es die Mehrladeeinrichtung bedingte.
In dem unter dem Vorderschaft liegenden stählernen Magazinrohr a wird die letzte Patrone durch die Nase der Sperrklinke b, welche sich hinter den Patronenboden legt, zurückgehalten. Beim Heben des Löffels c wird durch dessen Schnabel d die Sperrklinke so weit seitwärts in ihr Lager hineingedrängt, daß der Rand des Patronenbodens an der Nase der Sperrklinke vorbei kann, worauf die Magazin- (Spiral-) Feder die Patrone gegen den Löffel drängt und auf diesen schnellt, sobald er beim Schließen des Gewehrs in seine tiefste Lage tritt.
Wird nach dem Abfeuern die Kammer zurückgezogen, so nimmt der Auszieher k die Patronenhülse mit, die kurz vor Vollendung der Rückwärtsbewegung durch den Stoß des Auswerfers l nach rechts hinausgeworfen wird. Gleich darauf stößt die vordere Endfläche der Auswerfernute bei s an das Anschlagstück e und hebt den Löffel. Die auf dem letztern liegende Patrone wird beim Vorschieben der Kammer durch diese erfaßt, in den Lauf geschoben und der Löffel durch das Anstoßen des Anschlagstücks an die hintere Endfläche der Auswerfernute [* ] (Fig. 10) nach unten gedrückt.
Soll das Gewehr als Einzellader gebraucht werden, so muß bei geöffneter Kammer und gehobenem Löffel der Stellhebel f mit seinem Griff g nach vorn gedrückt werden, dadurch wird der Löffel so weit gesenkt, daß das Anschlagstück aus der Auswerfernute heraustritt. Der Löffel ist jetzt unbeweglich. Durch die Stellfeder h (in [* ] Fig. 10 abgebrochen gezeichnet, um die Wirkung des Auswerfers auf das Anschlagstück sichtbar zu machen), welche bei abgestelltem Magazinfeuer auch beim Auswerfen der Patronenhülsen mitwirkt, wird der Stellhebel in seiner Lage erhalten. Das Gewehr kann 10 Patronen aufnehmen, davon 8 im Magazinrohr, 1 auf dem Löffel, 1 im Lauf. Das Gewehr ist ohne Seitengewehr 1,3 m lang, leer 4,6 und gefüllt 5 kg schwer. Das Klappenvisier reicht bis 1600 m.
In Österreich hat man sich nach langen Versuchen, namentlich mit dem Spitalskyschen verwandten Systemen für das System Mannlicher M/85 entschieden, bei welchem der Kolbenverschluß in der Weise abgeändert ist, daß das Öffnen und Schließen und hiermit gleichzeitig das Laden aus dem Magazin durch einfaches Vorschieben und Zurückziehen der Kammer ohne Seitwärtsdrehen derselben erfolgt, was sich ohne Absetzen des Gewehrs von der Schulter im Anschlag ausführen läßt. Das Magazin ist seitlich aufsteckbar, soll acht Patronen in der Verpackung aufnehmen, in der sie in der Patrontasche mitgeführt werden, Einrichtungen, die eine große Feuergeschwindigkeit ermöglichen. Nähere Einzelheiten über dieses Gewehr sind noch nicht (Anfang 1887) bekannt geworden. An Stelle des Gendarmerie-Repetiergewehrs, System Fruhwirth, ist ein Repetierkarabiner, System
[* ] ^[Abb.: Fig. 10. Das gespannte Schloß, zum Magazinfeuer gestellt.
Fig. 11. Das abgedrückte Schloß, zum Magazinfeuer gestellt.
Fig. 10 u. 11. Deutsches Infanteriegewehr M/71.84.]
Kropatschek, gleich dem französischen Marinegewehr, eingeführt worden.
Die in Frankreich seit Jahren thätige Gewehrversuchskommission soll zu einem bestimmten Entschluß noch nicht gekommen sein, indessen ist ein Gewehr, System Gras-Vetterli, das Einladergewehr Gras, von Vetterli mit Mehrladevorrichtung versehen, Truppen in Versuch gegeben. Ihm erwuchs ein Konkurrent in dem Châtellerault-Gewehr M/74.84, von der Staatsgewehrfabrik Châtellerault konstruiert, eine Verbesserung des Kropatschekschen Marinegewehrs, von welchem 24 Jägerbataillone je 100 Stück zum Versuch erhielten. Das Magazinrohr des Gewehrs faßt acht Patronen. Aber auch von dem Kropatschek-Gewehr sind 60,000 Stück beschafft und ausgegeben worden, doch wird dasselbe viel getadelt. Welches Gewehr zur Einführung kommen wird, läßt sich jetzt (Januar 1887) noch nicht sagen.
In England hat man sich in Anlehnung an die Versuche in den Vereinigten Staaten von Nordamerika entschieden, mit dem Spencer-Lee-Gewehr, einer vortrefflichen Verbindung des anhängbaren Magazins mit dem Fallblocksystem, einen ausgedehntern Versuch anzustellen, und es sollten 1886 bei der Marine 3000 Repetiergewehre dieses Systems erprobt werden. Die vielen Klagen über den starken Rückstoß des Henry-Martini-Gewehrs haben Ende 1885 zur Einführung des Martini-Enfield-Gewehrs von 10,16 mm Kaliber, dessen Geschoß 24,8, die Ladung 5,5 g, das Gewehr selbst 4,14 kg wiegt. Der Verschluß (Martini) ist fast derselbe geblieben, nur der Lauf verändert. Aber auch der Blockverschluß des neuen Gewehrs wird viel getadelt und ein Kolbenverschluß verlangt. Dadurch wurde die Wahl abermals erschwert.
Italien hat 1884 bei der Marine das Mehrladersystem Bertoldo eingeführt. Es hat den Vetterli-Lauf (10,4 mm Kaliber) und die Munition desselben behalten, nur das einfache Repetierwerk Bertoldo ist zugefügt. Die Armee erhält das Magazingewehr, System des Kapitäns Vitali.
Spanien steht im Begriff, für sein nicht mehr zeitgemäßes Remington-Gewehr ein neues mit Vetterli-Verschluß u. Hebler-Lauf von 8 oder 8,97 mm Kaliber mit 3,6 Kaliber langem Geschoß einzuführen.
Über die hauptsächlichsten Ordonnanzgewehre der Gegenwart vgl. nachstehende Tabelle:
Deutschland: (Mauser) Infant.-Gewehr | Belgien, Brasil.: Comblain II-Gewehr | Dänemark: Remington-G. | Frankr.: aptiertes Chassep.-(Gras-) Gewehr | Großbritannien: Henry-Martini-Gewehr | Italien: Vetterli-Gewehr | Niederlande: Beaumont-Gewehr | Österreich: Werndl-Gewehr | Rußland: Berdan II-Gewehr | Schweiz: Vetterli-(Repetier-) Gewehr | Ver. St. N.-Am.: Springfield-Gewehr | Schweden: Jarmann-(Repetier-) Gewehr | |
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Jahr der Konstruktion | 1871 | 1871 | 1867 | 1874 | 1871 | 1872 | 1871 | 1867 u. 73 | 1872 | 1869 | 1873 | 1880 |
Kaliber. Millim. | 11 | 11 | 11.44 | 11 | 11.43 | 10.4 | 11 | 11 | 10.66 | 10 | 11.43 | 10.15 |
Gewicht des Gewehrs. Kilogr. | 4.5 | 4.3 | 4,125 | 4.2 | 4 | 4.2 | 4.35 | (4.5) 4.2 | 4.35 | 4.7 | - | 4.42 |
Verschlußsystem | Cylinder | Block | Klappe | Cylinder | Fallblock | Cylinder | Cylinder | Welle | Cylinder | Cylinder | Klappe | Kolben |
Länge des Gewehrs. Meter *1) | 1.33 | 1.21 | 1,282 | 1,305 | 1.18 | 1,345 | 1.32 | 1.3 | 1.36 | 1.3 | - | - |
Länge des Geschosses in Kalibern | 2.6 | 2.27 | 2.2 | 2.5 | 2.7 | 2.4 | 2 | (2) 2.3 | 2.5 | 2.4 | 2.5 | - |
Geschoßgewicht Gr. | 25 | 25 | 25 | 25 | 31.1 | 20.4 | 21.75 | (20.27) 24 | 24 | 20.4 | 26.2 | 21.85 |
Pulverladung Gr. | 5 | 5 | 3.9 | 5.25 | 5.5 | 4 | 4.25 | (4) 5 | 5.07 | 3.75 | 4.52 | 4.46 |
Ladungsquotient Ladung/Geschoß | 1:5 | 1:5 | 1:6.4 | 1:4.76 | 1:5.6 | 1:5.1 | 1:5.1 | (1:5.07) 1:4.8 | 1:4.73 | 1:5.4 | 1:5.8 | 1:4.4 |
Anfangsgeschwindigkeit Meter | 440 | 400 | 381 | 440 | 416 | 430 | 425 | 430 | 436 | 435 | - | - |
Wirksame Schußweite Meter | 1600 | - | 750 | 1600 | 1600 | 1000 | 750 | (800) 1200 | 1600 | 900 | - | - |
Zahl der Ladegriffe inkl. Patroneneinlegen | 3 | 3 | 4 | 3 | 3 | 3 | 3 | 4 | 3 | 2 | 4 | - |
Auf 3 Kilogr. gehen Patronen Stück | 69 | 74 | 86 | 70 | 62 | 97 | 77 | (93) 81 | 76 | 98 | 77 | - |
Gezielte Schüsse in 1 Minute | 12 | 12 | 10 | 12 | 12 | 12 | 12 | 10 | 12 | 5-15 | 10 | - |
1) Ohne Bajonett.
Über Jagdgewehre, Karabiner und Revolver s. diese Artikel.
Vgl. Weygand, Die technische Entwickelung der modernen Präzisionswaffen der Infanterie (2. Aufl., Leipz. 1878);
R. Schmidt, Die Entwickelung der Feuerwaffen (Schaffh. 1868, 2 Bde.);
Derselbe, Die Handfeuerwaffen, ihre Entstehung und Entwickelung bis zur Gegenwart (Basel 1875-78);
Hentsch, Ballistik der Handfeuerwaffen (Leipz. 1873);
Derselbe, Die Entwickelungsgeschichte und Konstruktion sämtlicher Hinterladergewehre (das. 1873-79, 6 Tle.);
Löbell, Des Zündnadelgewehrs Geschichte und Konkurrenten (Berl. 1867);
Mattenheimer, Die Rückladungsgewehre (3. Abdr., Darmst. 1871-76);
Plönnies, Neue Hinterladungsgewehre (das. 1867);
Elgger, Kriegsfeuerwaffen der Gegenwart (Leipz. 1868);
Meinecke, Das Chassepotgewehr der französischen Infanterie (Darmst. 1867);
Tackels, Kriegsfeuerwaffen (a. d. Franz., Kassel 1869);
Thiel, Das Infanteriegewehr (Bonn 1883);
»Das Gewehr der Gegenwart und Zukunft« (Hannov. 1883-86);
»Die Repetiergewehre. Ihre Geschichte, Entwickelung, Einrichtung und Leistungsfähigkeit« (Darmst. 1883 bis 1886, 2 Bde.);
Mieg, Theoretische äußere Ballistik (Berl. 1884);
Galand, Le revolvre de guerre en 1873 (2. Aufl. 1873);
Neumann, Die wichtigsten Angaben über die aller Länder (3. Aufl., Kassel 1878);
Brandeis, Die moderne Gewehrfabrikation (2. Aufl., Weim. 1886);
Thierbach, Die geschichtliche Entwickelung der Handfeuerwaffen (Dresd. 1885);
»Das Infanteriegewehr M/71.84« (Hannov. 1887);
»Instruktion über das Infanteriegewehr M/71.84« (Berl. 1887).
Eine Übersicht der Fortschritte auf dem Gebiet der Handfeuerwaffen geben v. Löbells »Jahresberichte über die Veränderungen etc. im Militärwesen« (Berl., seit 1875).