Zollnieder
lagen,
Räumlichkeiten, in welchen fremde unverzollte
Waren unter
Aufsicht des
Staats aufbewahrt werden. Die
Waren werden aus denselben entweder in freien
Verkehr gesetzt, d. h. nach erfolgter Verzollung so abgefertigt,
als wenn sie über die
Zolllinie kämen, oder unter amtlicher
Aufsicht in das
Ausland zurückbefördert (Niederlagenverkehr).
In letzterm
Fall werden sie so angesehen, als hätten sie das Zollgebiet niemals berührt. Die Einrichtung solcher Zollnieder
lagen liegt
im
Interesse von
Zwischenhandel und
Durchfuhr; dies hatte bereits
Colbert erkannt.
Doch wurde das von ihm eingeführte Entrepotsystem (Niederlagensystem) auf die Beschwerden der Generalpächter hin wieder beseitigt. Doch blieben dem Zwischenhandel Marseille, [* 2] Bayonne und Dünkirchen [* 3] als Freihäfen geöffnet. Diese Hafenstädte wurden als Étranger effectif oder Zollausland behandelt. Nachdem die Revolution diese Einrichtungen beseitigt hatte, wurde erst in den 30er Jahren ein vollständigeres Niederlagensystem wieder eingeführt. Auch in England beginnt erst um diese Zeit ein größerer Aufschwung des Niederlagenverkehrs.
Die Bedeutung des Lagerhauswesens, welches sich in der neuern Zeit insbesondere in den genannten Ländern (bekannt sind die riesigen East India Docks in Liverpool, [* 4] die Docks in London, [* 5] die großen Lagerhäuser in Havre [* 6] etc.), dann in Österreich [* 7] sehr entwickelt hat, hat sich noch dadurch erhöht, daß mit demselben die Entrepotgeschäfte (Kauf und Verkauf sowie Verpfändung der lagernden Waren auf Grund von Proben und mit Hilfe der Lagerscheine) verknüpft werden (vgl. Lagerhaus und Lagerscheine).
Das
Recht zur Errichtung und zollfreien Benutzung solcher
Lagerhäuser (Packhofsrecht,
Niederlagsrecht)
wird nur solchen
Plätzen gewährt, welche mit dem
Ausland einen bedeutendern
Speditions- und Transitverkehr unterhalten. Die
Zollnieder
lagen im
Deutschen
Reich sind entweder öffentliche (entrepôts réels) oder kontrollierte Privatlager (entrepôts fictifs). Die
öffentlichen
Niederlagen sind entweder allgemeine
Niederlagen
(Packhöfe,
Hallen,
Lagerhäuser, Freihäfen), oder beschränkte
Niederlagen, oder freie
Niederlagen
(Freilager).
In der Regel wird das Niederlagsrecht in allgemeinen Niederlagen nur für solche Waren bewilligt, auf denen noch ein Zollanspruch haftet. Die in der Niederlage befindliche Ware haftet unbedingt für den darauf ruhenden tarifmäßigen Zoll. Die Lagerfrist soll in der Regel einen Zeitraum von fünf Jahren nicht überschreiten. Es wird ein Lagergeld erhoben. In den beschränkten Niederlagen (früher Zolllager) soll die Lagerfrist in der Regel sechs Monate nicht überschreiten.
Die neuern Bestimmungen haben mancherlei Vorteile und Erleichterungen für Teilungen und Umpackungen auf den Niederlagen zugestanden, ebenso wie für die Gewichtsverluste durch Eintrocknen, Eingehen, Verstauben, Verdunsten der Waren und gewöhnliche Leckage. Von den auf der Niederlage gänzlich verdorbenen und unbrauchbar gewordenen Waren wird schon nach dem Vereinszollgesetz, nachdem dieselben unter amtlicher Aufsicht vernichtet worden sind, ein Zoll nicht erhoben und bei der Zollabfertigung in der Regel das Auslagerungsgewicht zu Grunde gelegt.
Freie Niederlagen (Freilager), mit dem Hafen in Verbindung stehende freie Niederlagsanstalten, können in den wichtigern Seeplätzen des Zollvereinsgebiets errichtet werden. Derartige Niederlagen werden zollgesetzlich als Ausland behandelt. Sie unterscheiden sich dadurch von den übrigen Niederlagen, daß Güter des freien Verkehrs in letztern nur ausnahmsweise aufgenommen, zu den Freilagern dagegen allgemein zugelassen werden; daß vor der Aufnahme in die Freilager keine spezielle Revision der Waren stattzufinden hat, was für die übrigen Niederlagen als Regel vorgeschrieben ist; daß die Lagerfrist für die Freilager unbeschränkt, für die übrigen Niederlagen auf fünf Jahre festgestellt ist.
Freilager existieren zur Zeit in Lübeck, [* 8] Harburg, [* 9] Emden [* 10] und Leer. [* 11] Waren, auf denen ein Zollanspruch haftet, können auch in Privaträumen (Privatniederlagen) unter oder ohne Mitverschluß der Zollbehörden niedergelegt werden. Sind die Waren zum Absatz im Vereinsgebiet bestimmt und nur zur Sicherung des darauf ruhenden, aber kreditierten Eingangszolls niedergelegt, so heißen die Niederlagen Privatkreditlager. Für dieselben gilt amtlicher Verschluß als Regel, und es darf die Lagerungsfrist sich in der Regel nicht über sechs Monate und (bei längerer Lagerung) wenigstens nicht über das Kalenderjahr des Einganges hinaus erstrecken.
Sind die zu lagernden Waren zugleich oder ausschließlich zum Absatz nach dem Ausland bestimmt, so heißen die Niederlagen Privat-Transitlager. Dieselben sind reine Transitlager, wenn die Ware (insbesondere Holz [* 12] und Getreide) [* 13] ausschließlich zum Absatz in das Zollausland bestimmt ist, sie heißen gemischte, wenn neben der Wiederausfuhr auch der Absatz im Zollgebiet gestattet ist. Ein und derselbe Gewerbtreibende darf ein reines und ein gemischtes Transitlager an einem und denselbem ^[richtig: demselben] Platz nicht besitzen.
Für dieselben beträgt die
Lagerfrist fünf Jahre, und es gelten für sie, soweit sie unter amtlichem
Mitverschluß stehen, die Bestimmungen über die allgemeinen
Niederlagen. Die Festhaltung der
Identität der gelagerten
Waren
gilt als
Regel, welche unter Umständen
nur für
Teilungslager (Zollnieder
lagen, auf denen Umpackungen, Sortierungen,
Teilungen vorgenommen
werden dürfen) und Weintransitlager
eine Ausnahme erleiden kann. Für
Waren, welche nicht mehr als 3 Mk.
für 100 kg Eingangszoll bezahlen, und für speziell bezeichnete Gegenstände werden
Transitlager ohne amtlichen Mitverschluß
zugestanden, die halbjährlichen
Revisionen unterworfen sind.
Waren, deren
Lagerfrist abgelaufen ist, sind hier ohne Kreditierung
des
Zolles zu versteuern.