Bezirk des Kantons Aargau.
Dieser Bezirk, im SW. des Kantons gelegen, bildet eine zwischen den Kantonen Solothurn
und
Luzern
sich einschiebende
Spitze. Er ist im N. durch den Kanton Solothurn
und einen Teil des Bezirkes
Aarau begrenzt, welch letzterer mit dem Bezirk
Kulm
ihn auch im O. berührt;
der Kanton Bern
begrenzt ihn im W., derjenige von Luzern
im S. Seine Oberfläche beträgt 14180 ha.
die Zuflüsse dieses Flusses, die
Murg, die
Pfaffnern, die
Wigger und die
Suhr durchfliessen
ihn
von S. nach N. Mit Ausnahme des
Wiggerthales, welches geologisch der Molasseformation angehört, ist der Bezirk von Hügeln
bedeckt;
ungefähr ein Drittel seiner Oberfläche ist bewaldet.
Häuser beträgt 3472, diejenige der Haushaltungen 5906, diejenige der Einwohner 28705, also 202 auf den km2. Man
zählt 27585 Kathol., 1062 Reform., 28 Juden und 30 anderer Konfessionen; 28462 sprechen deutsch, 157 französisch, 74 italienisch, 4 romanisch, 9 andere
Sprachen. Die Landwirtschaft, sowie auch der Wald und Obstbau, die Milchwirtschaft (Käse) und Bienenzucht
sind sehr entwickelt.
Die Zählung des Viehstandes ergab folgende Resultate:
1886
1901
1906
Hornvieh
9439
10595
11459
Pferde
423
626
726
Schweine
2649
3344
3063
Schafe
444
245
207
Ziegen
1815
1543
1698
Bienenstöcke
2597
2718
-
Die Industrie ist sehr entwickelt; die Weberei von Wolle- und Baumwollestoffen als Hausindustrie ist fast ganz verschwunden
und hat zahlreichen andern Zweigen der Industrie Platz gemacht, es sind dies: Stickereien, in 4 Fabriken mehr als 500 Personen
beschäftigend (eine noch grössere Zahl arbeitet zu Hause), Spinnerei, Zwirnerei und Weberei von Baumwolle,
Wollweberei, Färberei, Bleicherei, Buntweberei;
Gummibänder- und Hosenträgerfabriken, Hutfabriken, Schuhfabriken, Fabriken
chemischer Produkte, Farben und Lacke, mechanische Schreinereien, Sägereien, Möbelfabriken, Kupferschmiede, Gerbereien,
Bürsten- und Korbfabriken, Ziegeleien, Granit- und Marmorschleiferei.
Die Industrie ist stark entwickelt: Tricotfabriken, Posamenterie, Gesundheitskrepp, Elastiqueweberei, Buntweberei, Wollweberei,
Filzhutfabrikation, Färberei, Fabrikation von Lacken, Farben und Firnissen, chemische Produkte, Mühlen, Holzimprägnierungsanstalt,
Fabrikation von Heizapparaten, grosse Druckerei und Lithographiegeschäfte, Brauerei, Bonbonfabrik, Kartonnagefabrik etc.
An die Hänge einer sanftgewellten, waldbekränzten Hügelkette sich anlehnend, bietet die Stadt Zofingen
einen freundlichen Anblick;
sie war früher von Mauern mit zahlreichen Türmen umgeben, von welchen aber heute nur noch drei
bestehen. Es sind dies: der «Pulverturm» der auch den Namen «Schwarzerturm»
führt und sehr gut erhalten ist;
der «Münzturm», so genannt, weil sich in demselben früher die
städtische Münze befand und der «Strecketurm» oder «Folterturm»
in welchem die Folter vorgenommen wurde;
die beiden letzteren Türme sind mit den anstossenden Bauten restauriert und renoviert
worden.
Zoll - Zoller
* 3 Seite 46.746.
Die Mauritiuskirche, welche aus der Zeit unmittelbar vor der Reformation stammt, ist gotischen Stiles und besitzt
wertvolle Glasgemälde aus dem Anfangs des 16. Jahrhunderts, welche zu den hervorragendsten Kunstwerken
gehören, die unser Land aus dieser Zeit besitzt. Ferner sind zu erwähnen das Rathaus, vor welchem sich ein Brunnen mit der
Statue des bei Sempach gefallenen Schultheissen Niklaus Thut befindet (diese Statue ist ein Geschenk der schweizerischen Studentenverbindung
Zofingia), ein prächtiges Schulhaus, eines der schönsten der Schweiz und daneben das neue Museum, das
eine 1693 begründete Bibliothek enthält (30000 Bände, unter welchen seltene Inkunabeln und wertvolle Manuskripte
¶
mehr
Zofingen von Westen.
dar wichtigsten Reformatoren). Das Museum besitzt eine interessante archaeologische Sammlung, etwa 4000 alte schweizerische
und römische Münzen, sowie eine naturhistorische Sammlung, welche der Stadt von ihrem Bürger Dr. H. Fischer-Sigwart geschenkt
wurde.
Funde aus dem neolitischen Zeitalter. Tumulus im Boowald. Römische Münzen; grosses römisches Gebäude im Eigen. In der
Nähe von Zofingen hat man 1827 die Reste römischer Gebäude gefunden, unter andrem eine römische Villa mit Heizeinrichtung,
Bädern und Mosaikböden; diese letztern wurden an Stelle belassen und überdacht. Ursprünglich gehörte die Stadt den Grafen
von Lenzburg, von welchen sie durch Heirat an die Grafen von Frohburg überging, welche auch das Recht besassen
Münzen zu prägen, Recht, das sie später an die Stadt abgaben.
Die Grafen von Frohburg sind die Stifter und ersten Vögte des Chorherrenstiftes Zofingen. In Folge eines Streites mit Rudolf
von Habsburg verlor sie Ende des 13. Jahrhunderts auf kurze Zeit Zofingen; unter der Regierung Alberts I.
ging Zofingen definitiv an Oesterreich über; die Herzoge von Oesterreich weilten häufig in Zofingen. Rudolph IV. gab 1363 der
Stadt ein Gesetz. 1386 marschierten die Zofinger unter der Führung von Niklaus Thut in den Reihen der Oesterreicher nach
Sempach; er fiel mit 12 Mann; vor seinem Tode versteckte er die Fahne der Stadt, die er von der Stange
abgerissen hatte, in seinem Munde. 1415 eroberte BernZofingen, die Stadt behielt aber ihre Rechte.
Aber als 1716 bis 1726 Zofingen von seinem Recht Münzen zu prägen Gebrauch machen wollte, widersetzte sich Bern
gegen diesen
Akt der Unabhängigkeit. Während des 14. und 15. Jahrhunderts wurde die Stadt mehrfach von grossen Feuersbrünsten
verwüstet. Die Reformation hielt 1528 ihren Einzug und das Chorherrenstift wurde aufgehoben; seine Güter wurden von einem
von Bern
ernannten Beamten verwaltet. 1798 kämpfte eine Freiwilligen-Kompagnie von Zofingen unter der Führung von Kornelius
Suter gegen die Franzosen und erntete bei Neuenegg grossen Ruhm. 1803 wurde Zofingen Hauptort eines der 11 Bezirke
des neuen Kantons Aargau,
welchem die Stadt treu blieb, als nach Aufhebung der Mediationsakte Bern
versuchte, seine alten aargauischen Besitzungen
wieder an sich zu ziehen; es war aber eine ziemlich starke
Partei Bern
zugeneigt. 1819 wurde der Zofinger Studentenverein in
dieser Stadt begründet, wo er von da an jährlich sein Zentralfest abhält. 1808 hatte sich bereits in dieser Stadt der
schweizerische Verein der Künstler und Kunstfreunde gebildet. Zofingen und Huttwil waren der Versammlungsort der luzernischen
Flüchtlinge, welche zum zweiten Male versuchten, die Luzerner Regierung zu stürzen zweite
Expedition der Freischaren). Mehrere berühmte Männer sind in Zofingen geboren: der Theologe Ringier, der Historiker Jakob
Lauffer, der Archäologe J. Georg Altmann, der Botaniker Suter. - Bibliographie. J.-J. Frickart, Chronik. - Fr. Graf. Geschichteder Stadt Zofingen. 1884. - W. Merz. Burganlagen und Wehrbauten. S. 590.