Zimmermann
ssprüche.
Wie die Grundsteinlegung (s. d.) eines Gebäudes, so wird auch die Vollendung desselben im ersten Umriß durch einen feierlichen Akt begangen, der sich gewöhnlich an die Aufrichtung des hölzernen Dachgerüstes knüpft (daher im Volksmund das Richten des Hauses genannt), wobei eine Verzierung der höchsten Dachfirste mit grünem Schmuck, sei es in Form einer Krone oder eines grünen, mit farbigen Bändern geschmückten Bäumchens oder mit Kränzen, stattfindet und der Bauleiter, sei es der Zimmermann oder Maurerpolier, eine feierliche Rede (daher Kranzrede genannt) zur Weihe des Hauses hält und eine festliche Bewirtung aller beim Bau beschäftigten Personen die Zeremonie schließt.
Bei öffentlichen und namentlich kirchlichen Gebäuden werden auch wohl ebenso wie in den Grundstein
Dokumente,
Münzen,
[* 2] Denkzeichen
aller Art in den Turmknopf eingeschlossen. Die
Sitte erinnert an den
Schmuck der Dachfirste oder des
Giebels mit schützenden
Emblemen, sei es der gekreuzten Pferdeköpfe in deutschen und wendischen
Ländern, welche als seuchenabwehrend
galten, des
Donnerbesens (s. d.) in den
Vierlanden als Wetterbannung, des
Hahns auf der
Wetterfahne als
Symbols der Wachsamkeit,
des an den
Giebel oder auf die
Schwelle genagelten
Hufeisens als Schutzmittels. In
Siam und
Polynesien setzt man im
ähnlichen
Sinn Firstmasten oder geschnitzte
Figuren auf den Hausgiebel, und den
Sinn aller dieser Maßregeln, die Beschützung
des
Hauses und seiner Bewohner vor
Blitz-,
Feuer-,
Seuchen- und andrer
Gefahr, faßt der oft in gebundener
Rede von
oben herab gehaltene
Zimmermann
sspruch in kurzer, kerniger Form zu einem Segensspruch für das neue
Haus und alle seine Bewohner
zusammen.
Vgl. »Zimmermann
ssprüche und Kranzreden« (8. Aufl.,
Weim. 1887).