Titel
Zendavesta
,
Ost-Indien

* 2
Ostindien. die
Heilige Schrift der
Parsen (s. d.), eine Sammlung der erhaltenen Überreste der uralten Religionsbücher
der alten
Iranier, in denen die von
Zoroaster (s. d.) gestiftete
Religion ihren authentischen
Ausdruck fand. Eine der ältesten
und wichtigsten Religionsurkunden der Menschheit, wurde der Zendavesta
der europäischen
Wissenschaft erst durch die
aufopfernden Bemühungen
Anquetil-Duperrons zugänglich gemacht, der 1755 nach
Ostindien
[* 2] reiste, um von den Parsenpriestern
ein
Exemplar des Zendavesta
zu erlangen, und in der That nach einem siebenjährigen Aufenthalt in
Indien nicht nur den Zendavesta
, sondern
auch eine vollständige persische Übersetzung desselben mitbrachte, die ihm ein Parsenpriester in die
Feder diktiert
hatte. Er gab hier von 1771 eine französische Übersetzung heraus, die jedoch, namentlich bei englischen
Gelehrten, starken
Zweifeln an der Echtheit und dem
Alter des
Originals begegnete.
Erst durch die
Schrift des dänischen Sprachforschers
Rask: Ȇber das
Alter und die Echtheit der Zendsprache« (1826) wurden
diese
Zweifel vermittelst einer nähern Untersuchung der
Sprache
[* 3] des
Originals selbst, auf welche sich
Anquetil
gar nicht eingelassen hatte, dauernd beseitigt, und seitdem hat die Erforschung des Zendavesta
nach
Sprache und
Inhalt rasche Fortschritte
gemacht. Es hat sich dabei mit
Gewißheit ergeben, daß der Zendavesta
in der That das letzte Überbleibsel des sehr umfangreichen
Kanons heiliger
Schriften ist, der im
Osten
Irans, wahrscheinlich in
Baktrien, schon
vor der Begründung des
persischen Weltreichs entstand, früh auch bei den Persern
Annahme fand und durch diese den Griechen bekannt wurde, deren
Angaben über den
Inhalt desselben durch den
Inhalt des Zendavesta
vollkommen bestätigt werden.
Zendel - Zengg

* 5
Seite 16.868.
Nach einer
Sage der
Parsen wurde er von
Alexander d. Gr. in
Ekbatana verbrannt; wahrscheinlicher ist es,
daß er während der langen Fremdherrschaft der Griechen und der
Parther in Vergessenheit geriet, weshalb bei Wiederherstellung
der alten zoroastrischen
Religion unter der Dynastie der
Sassaniden (seit 226
n. Chr.) sich nur noch Überreste von den 21 die
gesamten religiösen und weltlichen
Lehren
[* 4] des
Zoroaster und seiner
Jünger enthaltenden
Büchern (nosk)
des alten Werkes vorfanden, welche in die damals übliche, der Pehlewischrift ähnliche
Schriftart, die sogen. Zendschrift,
umgeschrieben und mit einer Übersetzung in das
Pehlewi oder Mittelpersisch versehen wurden. Wahrscheinlich rühren von dieser
Umschrift die meisten der höchst zahlreichen Fehler und Textverderbnisse her, welche den Zendavesta
entstellen
und seine Deutung erschweren. Er hatte übrigens auch noch später, nach der Sassanidenzeit, manche
Gefahren zu überstehen,
da nach der
Eroberung
Irans durch die Araber die alte
Religion des
Landes mit
Feuer und
Schwert ausgerottet wurde
¶
mehr
und daher nur in Indien sich eine größere Anzahl von Parsen erhalten hat, die dorthin aus Persien
[* 6] geflüchtet waren und die
ihnen noch gebliebenen Bruchstücke des Zendavesta
mitgebracht hatten. Der Name Zendavesta
kommt nicht vor der Zeit der Sassaniden vor und bedeutet
wahrscheinlich »Gesetz« oder »heiliger Text« (Avesta, auf den altpersischen Keilinschriften Abastâ) und
»Kommentar« (Zend, im Pehlewi Zand); dabei sind unter Kommentar die Glossen in Pehlewi zu verstehen, welche die Priester wegen ihrer
mangelhaften Kenntnis der Zendsprache dem Original beigefügt hatten. Die einzelnen Teile des Zendavesta
sind:
1) Der Yaçna (Izeschneh, »Buch der Opfer«),
in 72 Kapitel zerfallend, welche Hâ heißen und größtenteils
aus langen und eintönigen Anrufungen verschiedener Gottheiten bestehen. Die Kapitel 28-53 sind dagegen der älteste und wichtigste
Teil des Zendavesta;
sie enthalten namentlich die fünf Gâthâs oder Lieder, welche teilweise von Zoroaster selbst herrühren und unsre
Hauptquelle für die von ihm verkündigte Dogmatik und Moral bilden.
2) Der Vendidâd (von vî-daêvô-dâta, »gegen die Devs, d. h. Dämonen, gegeben«) enthält in seinen 22 »Fargards« Fragmente sehr verschiedenartigen Inhalts, die nur betreffs der überall durchgehenden Einkleidung in Dialoge zwischen Ormuzd (s. d.) oder Ahuramazda und seinem Propheten Zoroaster miteinander übereinstimmen. Der erste Fargard enthält die parsische Schöpfungssage, der zweite die Sage von Yima und dem goldenen Zeitalter, die folgenden größtenteils Vorschriften über Bußen und Sühnen, durch welche man die Folgen der verschiedenen Sünden oder Verunreinigungen, die man auf sich geladen hat, abwehren kann.
3) Der Vispered (von vîspe ratavo, »alle Herren oder Genien«) enthält in 23 Kards (Abschnitten) Gebete von ähnlicher Natur wie die im jüngern Teil des Yaçna, aber von viel geringerm Umfang. Die drei genannten Bücher zusammen bilden, in einer eigentümlichen Anordnung zusammengestellt, die zu gottesdienstlichen Zwecken viel gebrauchte Sammlung Vendidâd Sâde.
Quelle

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Quelle.4) Die Yashts, im ganzen 24, sind Anrufungen, je an eine bestimmte Gottheit (z. B. an Tistrya, an Mithra, an die Fravashis oder Seelen der Verstorbenen) gerichtet, deren Eigenschaften ausführlich aufgezählt und beschrieben werden. Sie sind daher eine wichtige Quelle [* 7] für parsische Mythologie.
5) Die fünf Ryâyish, die Stücke Aferîn und Afrigân und einige andre kleine Stücke und Fragmente werden häufig mit den
Yashts unter dem Namen Khorda Avesta (»kleinerer Avesta«) zusammengefaßt. Den Text des Vendidâd, Vispered
und Yaçna nebst der Pehlewi- (Huzvârejh) Übersetzung gab Spiegel
[* 8] heraus (Leipz. 1853-58, 2 Bde.),
den ganzen Text des Zendavesta
ohne Übersetzung Westergaard (Kopenh. 1852-1854) und Geldner (Stuttg. 1884 ff.,
noch unvollendet), den Text der Gâthâs Bartholomä (Halle
[* 9] 1879).
Vgl. Spiegel, Avesta: die heiligen Schriften der Parsen, aus dem Grundtext übersetzt (Leipz. 1852-1863, 3 Bde.);
Harlez, Avesta, livre sacre des sectateurs de Zoroastre (franz. Übersetzung, Lütt. 1875 bis 1878, 3 Bde.);
Haug, Die Gâthâs des Zarathustra (Leipz. 1858-60, 2 Bde.);
die englische Übersetzung des Zendavesta
von Darmesteter und Mills in den von Max Müller herausgegebenen »Sacred
books of the East« (Oxf. 1880). -
Auch die an den Zendavesta
sich anschließende, in Pehlewi und Parsi abgefaßte spätere theologische Litteratur der Parsen ist neuerdings
durch gute Ausgaben und Übersetzungen zugänglich gemacht worden, so der Bundehesch (hrsg. und übersetzt von Justi, Lond.
1868; engl. Übersetzung von
West, Oxf. 1879), der Minokhired oder Mainyo-î-Khard (hrsg.
mit engl. Übersetzung von West, Stuttg. 1871), der Dinkard (hrsg. mit engl.
Übersetzung von Peshotun Dustoor Behramju Sanjana, bis jetzt 3 Bde.,
Bombay
[* 10] 1877-81) etc.