Zehnt
(Zehent, Zehnt
recht, Dezem,
Decimae), die
Abgabe eines bestimmten, ursprünglich und in der
Regel des zehnten
Teils
der auf einem
Grundstück gezogenen
Naturalien oder von gewissen Erzeugnissen des
Gewerbfleißes. Er ist teils durch die kirchliche
Gesetzgebung, die auf
Grund der mosaischen
Bücher schon 585 zu
Mâcon den Zehnten
als
Recht der
Kirche beanspruchte,
was dann
Karl d. Gr. 779 bestätigte, teils aus privatrechtlichem Weg als eine
Reallast (s. d.) entstanden, welche entweder
in einer allgemeinen Zehnt
pflichtigkeit aller
Güter eines
Ortes, einer
Mark etc. bestand, oder auf speziellem oder privatrechtlichem
Erwerbstitel beruhte.
Die Zehnt
wurde teils mit Rücksicht auf seinen Ursprung, teils mit Rücksicht auf die zur
Erhebung berechtigten
Personen in geistlichen (decimae ecclesiasticae) und weltlichen
Zehnten
(decimae saeculares), ferner mit Rücksicht auf
den Gegenstand in großen und kleinen Zehnten
eingeteilt. Der geistliche oder Kirchenzehnt war zur Unterhaltung der
Diener der
Kirche bestimmt; der weltliche Zehnt
erscheint als gewöhnliche, an eine weltliche
Person, namentlich an den
Gutsherrn (Zehnt
herrn), zu entrichtende
Abgabe.
Der große Zehnt
ward auf alle Getreidearten, auch wohl auf alles, was
Halm und
Stengel
[* 2] treibt, daher auch auf
Heu und
Wein, der
kleine Zehnt
nur auf die andern
Früchte, z. B.
Gemüse, Baumfrüchte, Wurzelgewächse etc., bezogen. Man unterschied ferner
Natural-
(Garben-) und Sackzehnten
, je nachdem die
Früchte und
Garben, so wie sie vom
Feld weggebracht wurden, oder
ausgedroschen und gemessen, in
Körnern abgegeben werden mußten. Doch bezeichnet man mit Sackzehnt
auch ein
Surrogat des ursprünglichen
Zehnten
, namentlich ein Geldfixum.
Blutzehnt (Fleischzehnt
,
Viehzehnt, Uchtpenning) nannte man einen abzugebenden Teil des in einer
Haus- und
Feldwirtschaft gewonnenen Jungviehs oder auch wohl dessen, was das Vieh an genießbaren
Produkten lieferte, z. B.
Milch,
Eier
[* 3] etc.;
Neubruch- oder Novalzehnt
(Rottzehnt) denjenigen, der von bisher unkultiviertem, nun aber urbar gemachtem
Boden gegeben
wurde. Die moderne
Agrargesetzgebung hat den Zehnten fast überall durch
Ablösung (s. d.) beseitigt.
Vgl. Birnbaum, Die rechtliche Natur des Zehnten (Bonn [* 4] 1831).